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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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unter den Römischen Kaisern.
Marcus Aurelius, so ganz und gar herunter kommen können. Die erho-
bene Figur des Fechters Bato 1), in der Villa Pamfili, in Lebens-
größe, ist ebenfalls ein Zeugniß hiervon: denn wenn dieses der Fechter
dieses Namens ist, welchen Caracalla prächtig beerdigen lassen, so wird
nicht der schlechteste Bildhauer dazu gebraucht seyn. Philostratus geden-
ket eines Malers Aristodemus, welcher sich um diese Zeit hervor that: er
war ein Schüler eines Eumelus.

Jn Betrachtung gedachter Arbeiten sollte man kaum glauben, daß
sich noch ein Künstler gefunden, welcher des Severus Statue von Erzt 2)
in dem Pallaste Barberini machen können, ob sie gleich nicht für schön
kann gehalten werden. Die vermeynte Statue des Pescennius Niger 3),
im Pallaste Altieri, welcher sich wider vorgedachten Kaiser aufwarf, und
von ihm geschlagen wurde, wäre noch weit seltener, als jene, und als alle
dessen Münzen, wenn dieselbe diesen Kaiser vorstellen könnte; der Kopf
aber ist dem Septimius Severus ähnlicher. Die einzige Statue des Ma-
crinus, welcher dem Caracalla folgete, befindet sich in dem Weinber-
ge Borioni.

Von den Zeiten des Heliogabalus wird eine Weibliche Statue in Le-B.
Unter dem
Heliogabalus.

bensgröße in der Villa Albani gehalten. Es stellet dieselbe eine betagte
Frau vor, mit einem so Männlichen Gesichte, daß nur die Kleidung das
Geschlecht derselben anzeiget: die Haare sind ganz schlecht über den Kopf
gekämmet, und hinterwerts hinauf genommen und untergestecket. Jn
der linken Hand hält dieselbe eine gerollete Schrift, welches an Weibli-
chen Figuren etwas außerordentliches ist, und man glaubet daher, daß
es die Mutter besagten Kaisers seyn könne, welche im geheimen Rathe

erschien,
1) Fabret. Syntagm. de Columna Traj. c. 8. Montfauc. Ant. expl. T. 3. pl. 154.
2) Maffei Stat. n. 92.
3) Maffei Stat. n. 110.
G g g 2

unter den Roͤmiſchen Kaiſern.
Marcus Aurelius, ſo ganz und gar herunter kommen koͤnnen. Die erho-
bene Figur des Fechters Bato 1), in der Villa Pamfili, in Lebens-
groͤße, iſt ebenfalls ein Zeugniß hiervon: denn wenn dieſes der Fechter
dieſes Namens iſt, welchen Caracalla praͤchtig beerdigen laſſen, ſo wird
nicht der ſchlechteſte Bildhauer dazu gebraucht ſeyn. Philoſtratus geden-
ket eines Malers Ariſtodemus, welcher ſich um dieſe Zeit hervor that: er
war ein Schuͤler eines Eumelus.

Jn Betrachtung gedachter Arbeiten ſollte man kaum glauben, daß
ſich noch ein Kuͤnſtler gefunden, welcher des Severus Statue von Erzt 2)
in dem Pallaſte Barberini machen koͤnnen, ob ſie gleich nicht fuͤr ſchoͤn
kann gehalten werden. Die vermeynte Statue des Peſcennius Niger 3),
im Pallaſte Altieri, welcher ſich wider vorgedachten Kaiſer aufwarf, und
von ihm geſchlagen wurde, waͤre noch weit ſeltener, als jene, und als alle
deſſen Muͤnzen, wenn dieſelbe dieſen Kaiſer vorſtellen koͤnnte; der Kopf
aber iſt dem Septimius Severus aͤhnlicher. Die einzige Statue des Ma-
crinus, welcher dem Caracalla folgete, befindet ſich in dem Weinber-
ge Borioni.

Von den Zeiten des Heliogabalus wird eine Weibliche Statue in Le-B.
Unter dem
Heliogabalus.

bensgroͤße in der Villa Albani gehalten. Es ſtellet dieſelbe eine betagte
Frau vor, mit einem ſo Maͤnnlichen Geſichte, daß nur die Kleidung das
Geſchlecht derſelben anzeiget: die Haare ſind ganz ſchlecht uͤber den Kopf
gekaͤmmet, und hinterwerts hinauf genommen und untergeſtecket. Jn
der linken Hand haͤlt dieſelbe eine gerollete Schrift, welches an Weibli-
chen Figuren etwas außerordentliches iſt, und man glaubet daher, daß
es die Mutter beſagten Kaiſers ſeyn koͤnne, welche im geheimen Rathe

erſchien,
1) Fabret. Syntagm. de Columna Traj. c. 8. Montfauc. Ant. expl. T. 3. pl. 154.
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[419/0107] unter den Roͤmiſchen Kaiſern. Marcus Aurelius, ſo ganz und gar herunter kommen koͤnnen. Die erho- bene Figur des Fechters Bato 1), in der Villa Pamfili, in Lebens- groͤße, iſt ebenfalls ein Zeugniß hiervon: denn wenn dieſes der Fechter dieſes Namens iſt, welchen Caracalla praͤchtig beerdigen laſſen, ſo wird nicht der ſchlechteſte Bildhauer dazu gebraucht ſeyn. Philoſtratus geden- ket eines Malers Ariſtodemus, welcher ſich um dieſe Zeit hervor that: er war ein Schuͤler eines Eumelus. Jn Betrachtung gedachter Arbeiten ſollte man kaum glauben, daß ſich noch ein Kuͤnſtler gefunden, welcher des Severus Statue von Erzt 2) in dem Pallaſte Barberini machen koͤnnen, ob ſie gleich nicht fuͤr ſchoͤn kann gehalten werden. Die vermeynte Statue des Peſcennius Niger 3), im Pallaſte Altieri, welcher ſich wider vorgedachten Kaiſer aufwarf, und von ihm geſchlagen wurde, waͤre noch weit ſeltener, als jene, und als alle deſſen Muͤnzen, wenn dieſelbe dieſen Kaiſer vorſtellen koͤnnte; der Kopf aber iſt dem Septimius Severus aͤhnlicher. Die einzige Statue des Ma- crinus, welcher dem Caracalla folgete, befindet ſich in dem Weinber- ge Borioni. Von den Zeiten des Heliogabalus wird eine Weibliche Statue in Le- bensgroͤße in der Villa Albani gehalten. Es ſtellet dieſelbe eine betagte Frau vor, mit einem ſo Maͤnnlichen Geſichte, daß nur die Kleidung das Geſchlecht derſelben anzeiget: die Haare ſind ganz ſchlecht uͤber den Kopf gekaͤmmet, und hinterwerts hinauf genommen und untergeſtecket. Jn der linken Hand haͤlt dieſelbe eine gerollete Schrift, welches an Weibli- chen Figuren etwas außerordentliches iſt, und man glaubet daher, daß es die Mutter beſagten Kaiſers ſeyn koͤnne, welche im geheimen Rathe erſchien, B. Unter dem Heliogabalus. 1) Fabret. Syntagm. de Columna Traj. c. 8. Montfauc. Ant. expl. T. 3. pl. 154. 2) Maffei Stat. n. 92. 3) Maffei Stat. n. 110. G g g 2

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/107>, abgerufen am 20.04.2024.