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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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II Theil. Von der Kunst, nach den äußern Umständen
Grausamkeit machte er das zweyte Jahr seiner Regierung, welches in die
hundert und acht und funfzigste Olympias fällt, merkwürdig. Bey dem
allen fehlete es zu Cäsars Zeiten und nachher nicht an Männern, welche
zu Alexandria die Weltweisheit mit großem Zulaufe lehreten 1).

Q.
Wiederher-
stellung der
Kunst in
Griechenland.

Die Kunst fieng also von neuem an, ihren Sitz in Griechenland zu
nehmen, und zu blühen: denn die Römer selbst wurden Beförderer dersel-
ben unter den Griechen, und ließen in Athen Statuen für ihre Lusthäuser
arbeiten, wie wir vom Cicero wissen, dem Atticus dieselben für sein Tu-
sculanum besorgete, unter welchen Hermen von Pentelischem Marmor mit
Köpfen von Erzt waren 2): der eingeführte Pracht in Rom, war eine
Quelle zum Unterhalte der Künstler auch in den Provinzen. Denn sogar
die Gesetze verstatteten den Proconsuls und Prätors, ihrem Namen zu Eh-
ren, ja ihnen selbst geweihete Tempel in den Ländern ihrer Statthalter-
schaft erbauen zu lassen 3), wozu die dem Scheine nach bey ihrer Freyheit
geschützten Griechen die Kosten aufbringen mußten. Pompejus hatte

Tempel
lehrte und geschickte Leute besonders geehret, und daß unter ihm alle Künste und Wis-
senschaften einen neuen Glanz bekommen: Athenäus aber saget nicht, daß die Erneue-
rung der Wissenschaften in Aegypten, sondern daß sie in Griechenland geschehen. Die
Verfasser der allgemeinen Weltgeschichte in Engeland, welche dem Vaillant, wie sonst
häufig neuern Ausschreibern, gefolget sind, wie aus der unrichtig angeführten Stelle
des Athenäus, so wie sie dieselbe bey jenem gefunden, zu schließen ist, können daher nicht
reimen b), daß dieser Prinz, welcher verursachet, daß die Künstler und Gelehrten aus
dem Lande gegangen, zu gleicher Zeit ein Freund und Beschützer derselben seyn sollen.
Sie führen zugleich den H. Epiphanius von Maaßen und Gewichten an, vielleicht we-
gen des Beynamens [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt], den man diesem Könige beylegte, weiter aber meldet
er kein Wort. Athenäus sagt auch nicht, daß Physcon, wie Vaillant vorgiebt, aus
allen Theilen der Welt Bücher aufsuchen lassen; er gedenket nur der vier und zwanzig
Bücher Commentariorum, in welchen dieser König Nachricht gegeben, daß er keine
Pfauen gegessen habe.
1) Appian. Bel. civ. L. 2. p. 239. l. 31.
2) ad Attic. L. 1. ep. 4. 6. 8. 9.
3) Mangault Diss. sur les honneurs rendues aux Gouverneurs etc. p. 253.
b) Hist. Vniv. T. 6. p. 474. traduct. Franc.

II Theil. Von der Kunſt, nach den aͤußern Umſtaͤnden
Grauſamkeit machte er das zweyte Jahr ſeiner Regierung, welches in die
hundert und acht und funfzigſte Olympias faͤllt, merkwuͤrdig. Bey dem
allen fehlete es zu Caͤſars Zeiten und nachher nicht an Maͤnnern, welche
zu Alexandria die Weltweisheit mit großem Zulaufe lehreten 1).

Q.
Wiederher-
ſtellung der
Kunſt in
Griechenland.

Die Kunſt fieng alſo von neuem an, ihren Sitz in Griechenland zu
nehmen, und zu bluͤhen: denn die Roͤmer ſelbſt wurden Befoͤrderer derſel-
ben unter den Griechen, und ließen in Athen Statuen fuͤr ihre Luſthaͤuſer
arbeiten, wie wir vom Cicero wiſſen, dem Atticus dieſelben fuͤr ſein Tu-
ſculanum beſorgete, unter welchen Hermen von Penteliſchem Marmor mit
Koͤpfen von Erzt waren 2): der eingefuͤhrte Pracht in Rom, war eine
Quelle zum Unterhalte der Kuͤnſtler auch in den Provinzen. Denn ſogar
die Geſetze verſtatteten den Proconſuls und Praͤtors, ihrem Namen zu Eh-
ren, ja ihnen ſelbſt geweihete Tempel in den Laͤndern ihrer Statthalter-
ſchaft erbauen zu laſſen 3), wozu die dem Scheine nach bey ihrer Freyheit
geſchuͤtzten Griechen die Koſten aufbringen mußten. Pompejus hatte

Tempel
lehrte und geſchickte Leute beſonders geehret, und daß unter ihm alle Kuͤnſte und Wiſ-
ſenſchaften einen neuen Glanz bekommen: Athenaͤus aber ſaget nicht, daß die Erneue-
rung der Wiſſenſchaften in Aegypten, ſondern daß ſie in Griechenland geſchehen. Die
Verfaſſer der allgemeinen Weltgeſchichte in Engeland, welche dem Vaillant, wie ſonſt
haͤufig neuern Ausſchreibern, gefolget ſind, wie aus der unrichtig angefuͤhrten Stelle
des Athenaͤus, ſo wie ſie dieſelbe bey jenem gefunden, zu ſchließen iſt, koͤnnen daher nicht
reimen b), daß dieſer Prinz, welcher verurſachet, daß die Kuͤnſtler und Gelehrten aus
dem Lande gegangen, zu gleicher Zeit ein Freund und Beſchuͤtzer derſelben ſeyn ſollen.
Sie fuͤhren zugleich den H. Epiphanius von Maaßen und Gewichten an, vielleicht we-
gen des Beynamens [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt], den man dieſem Koͤnige beylegte, weiter aber meldet
er kein Wort. Athenaͤus ſagt auch nicht, daß Phyſcon, wie Vaillant vorgiebt, aus
allen Theilen der Welt Buͤcher aufſuchen laſſen; er gedenket nur der vier und zwanzig
Buͤcher Commentariorum, in welchen dieſer Koͤnig Nachricht gegeben, daß er keine
Pfauen gegeſſen habe.
1) Appian. Bel. civ. L. 2. p. 239. l. 31.
2) ad Attic. L. 1. ep. 4. 6. 8. 9.
3) Mangault Diſſ. ſur les honneurs rendues aux Gouverneurs etc. p. 253.
b) Hiſt. Vniv. T. 6. p. 474. traduct. Franc.
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[378/0066] II Theil. Von der Kunſt, nach den aͤußern Umſtaͤnden Grauſamkeit machte er das zweyte Jahr ſeiner Regierung, welches in die hundert und acht und funfzigſte Olympias faͤllt, merkwuͤrdig. Bey dem allen fehlete es zu Caͤſars Zeiten und nachher nicht an Maͤnnern, welche zu Alexandria die Weltweisheit mit großem Zulaufe lehreten 1). Die Kunſt fieng alſo von neuem an, ihren Sitz in Griechenland zu nehmen, und zu bluͤhen: denn die Roͤmer ſelbſt wurden Befoͤrderer derſel- ben unter den Griechen, und ließen in Athen Statuen fuͤr ihre Luſthaͤuſer arbeiten, wie wir vom Cicero wiſſen, dem Atticus dieſelben fuͤr ſein Tu- ſculanum beſorgete, unter welchen Hermen von Penteliſchem Marmor mit Koͤpfen von Erzt waren 2): der eingefuͤhrte Pracht in Rom, war eine Quelle zum Unterhalte der Kuͤnſtler auch in den Provinzen. Denn ſogar die Geſetze verſtatteten den Proconſuls und Praͤtors, ihrem Namen zu Eh- ren, ja ihnen ſelbſt geweihete Tempel in den Laͤndern ihrer Statthalter- ſchaft erbauen zu laſſen 3), wozu die dem Scheine nach bey ihrer Freyheit geſchuͤtzten Griechen die Koſten aufbringen mußten. Pompejus hatte Tempel 3) 1) Appian. Bel. civ. L. 2. p. 239. l. 31. 2) ad Attic. L. 1. ep. 4. 6. 8. 9. 3) Mangault Diſſ. ſur les honneurs rendues aux Gouverneurs etc. p. 253. 3) lehrte und geſchickte Leute beſonders geehret, und daß unter ihm alle Kuͤnſte und Wiſ- ſenſchaften einen neuen Glanz bekommen: Athenaͤus aber ſaget nicht, daß die Erneue- rung der Wiſſenſchaften in Aegypten, ſondern daß ſie in Griechenland geſchehen. Die Verfaſſer der allgemeinen Weltgeſchichte in Engeland, welche dem Vaillant, wie ſonſt haͤufig neuern Ausſchreibern, gefolget ſind, wie aus der unrichtig angefuͤhrten Stelle des Athenaͤus, ſo wie ſie dieſelbe bey jenem gefunden, zu ſchließen iſt, koͤnnen daher nicht reimen b), daß dieſer Prinz, welcher verurſachet, daß die Kuͤnſtler und Gelehrten aus dem Lande gegangen, zu gleicher Zeit ein Freund und Beſchuͤtzer derſelben ſeyn ſollen. Sie fuͤhren zugleich den H. Epiphanius von Maaßen und Gewichten an, vielleicht we- gen des Beynamens _ , den man dieſem Koͤnige beylegte, weiter aber meldet er kein Wort. Athenaͤus ſagt auch nicht, daß Phyſcon, wie Vaillant vorgiebt, aus allen Theilen der Welt Buͤcher aufſuchen laſſen; er gedenket nur der vier und zwanzig Buͤcher Commentariorum, in welchen dieſer Koͤnig Nachricht gegeben, daß er keine Pfauen gegeſſen habe. b) Hiſt. Vniv. T. 6. p. 474. traduct. Franc.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/66>, abgerufen am 24.04.2024.