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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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der Zeit unter den Griechen betrachtet.
Corinth in Griechenland gefunden worden, und sich itzo in Rom zum Ver-
kauf befindet, ist entweder zu Julius Cäsars Zeiten, oder doch nicht lange
hernach, gemachet worden. Es schickete derselbe eine Colonie nach Corinth,
und ließ die Stadt wiederum aus ihren Trümmern aufbauen. Der Stil
der Arbeit deutet auch etwa auf diese Zeit, und aus demselben, noch mehr
aus einer Griechischen Jnschrift auf dem Kopfe eines Delphins zu den Füs-
sen der Statue, ist erweislich, daß sie nicht vor der Zerstörung der Stadt
gemachet sey. Es zeiget die Jnschrift an, daß die Statue vom Publius
Licinius Priscus,
einem Priester des Neptuns, gesetzet worden. Es ist
dieselbe folgende:

[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] ...

Der Name der Person, welche eine Statue machen ließ, war zuweilen,
nebst dem Namen des Künstlers, an derselben gesetzet 1). Pausanias mel-
det 2), daß jemand aus Corinth, nach Wiederherstellung der Stadt, eine
Statue Alexanders des Großen, in Gestalt eines Jupiters, zu Elis neben
dem Tempel des Jupiters, aufrichten lassen.

Es finden sich in verschiedenen Museis Köpfe, welche den Namen
Cäsar führen, und kein einziges gleichet völlig den Köpfen auf dessen Mün-
zen; es will daher der erfahrenste Kenner der Alterthümer, der Erhabenste
Cardinal Alex. Albani, zweifeln, ob sich wahrhafte Köpfe des Cäsars
erhalten haben. Eine große Thorheit aber ist es in allen Fällen, vorzuge-
ben, daß ein Busto in dem Museo des Cardinals Polignac als ein Einzi-
ges Stück anzusehen sey, und nach dem Leben gearbeitet worden 3).
Bey dieser Gelegenheit merke ich von den zehen Statuen eben dieses Mu-
sei an, welche letztgedachter Cardinal ohnweit Frascati ausgraben ließ, daß

es
1) conf. Orville Animadu. in Chariton. p. 186.
2) L. 5. p. 44. l. 11.
3) Cabinet de Polignac.

der Zeit unter den Griechen betrachtet.
Corinth in Griechenland gefunden worden, und ſich itzo in Rom zum Ver-
kauf befindet, iſt entweder zu Julius Caͤſars Zeiten, oder doch nicht lange
hernach, gemachet worden. Es ſchickete derſelbe eine Colonie nach Corinth,
und ließ die Stadt wiederum aus ihren Truͤmmern aufbauen. Der Stil
der Arbeit deutet auch etwa auf dieſe Zeit, und aus demſelben, noch mehr
aus einer Griechiſchen Jnſchrift auf dem Kopfe eines Delphins zu den Fuͤſ-
ſen der Statue, iſt erweislich, daß ſie nicht vor der Zerſtoͤrung der Stadt
gemachet ſey. Es zeiget die Jnſchrift an, daß die Statue vom Publius
Licinius Priſcus,
einem Prieſter des Neptuns, geſetzet worden. Es iſt
dieſelbe folgende:

[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]

Der Name der Perſon, welche eine Statue machen ließ, war zuweilen,
nebſt dem Namen des Kuͤnſtlers, an derſelben geſetzet 1). Pauſanias mel-
det 2), daß jemand aus Corinth, nach Wiederherſtellung der Stadt, eine
Statue Alexanders des Großen, in Geſtalt eines Jupiters, zu Elis neben
dem Tempel des Jupiters, aufrichten laſſen.

Es finden ſich in verſchiedenen Muſeis Koͤpfe, welche den Namen
Caͤſar fuͤhren, und kein einziges gleichet voͤllig den Koͤpfen auf deſſen Muͤn-
zen; es will daher der erfahrenſte Kenner der Alterthuͤmer, der Erhabenſte
Cardinal Alex. Albani, zweifeln, ob ſich wahrhafte Koͤpfe des Caͤſars
erhalten haben. Eine große Thorheit aber iſt es in allen Faͤllen, vorzuge-
ben, daß ein Buſto in dem Muſeo des Cardinals Polignac als ein Einzi-
ges Stuͤck anzuſehen ſey, und nach dem Leben gearbeitet worden 3).
Bey dieſer Gelegenheit merke ich von den zehen Statuen eben dieſes Mu-
ſei an, welche letztgedachter Cardinal ohnweit Fraſcati ausgraben ließ, daß

es
1) conf. Orville Animadu. in Chariton. p. 186.
2) L. 5. p. 44. l. 11.
3) Cabinet de Polignac.
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[383/0071] der Zeit unter den Griechen betrachtet. Corinth in Griechenland gefunden worden, und ſich itzo in Rom zum Ver- kauf befindet, iſt entweder zu Julius Caͤſars Zeiten, oder doch nicht lange hernach, gemachet worden. Es ſchickete derſelbe eine Colonie nach Corinth, und ließ die Stadt wiederum aus ihren Truͤmmern aufbauen. Der Stil der Arbeit deutet auch etwa auf dieſe Zeit, und aus demſelben, noch mehr aus einer Griechiſchen Jnſchrift auf dem Kopfe eines Delphins zu den Fuͤſ- ſen der Statue, iſt erweislich, daß ſie nicht vor der Zerſtoͤrung der Stadt gemachet ſey. Es zeiget die Jnſchrift an, daß die Statue vom Publius Licinius Priſcus, einem Prieſter des Neptuns, geſetzet worden. Es iſt dieſelbe folgende: _ … Der Name der Perſon, welche eine Statue machen ließ, war zuweilen, nebſt dem Namen des Kuͤnſtlers, an derſelben geſetzet 1). Pauſanias mel- det 2), daß jemand aus Corinth, nach Wiederherſtellung der Stadt, eine Statue Alexanders des Großen, in Geſtalt eines Jupiters, zu Elis neben dem Tempel des Jupiters, aufrichten laſſen. Es finden ſich in verſchiedenen Muſeis Koͤpfe, welche den Namen Caͤſar fuͤhren, und kein einziges gleichet voͤllig den Koͤpfen auf deſſen Muͤn- zen; es will daher der erfahrenſte Kenner der Alterthuͤmer, der Erhabenſte Cardinal Alex. Albani, zweifeln, ob ſich wahrhafte Koͤpfe des Caͤſars erhalten haben. Eine große Thorheit aber iſt es in allen Faͤllen, vorzuge- ben, daß ein Buſto in dem Muſeo des Cardinals Polignac als ein Einzi- ges Stuͤck anzuſehen ſey, und nach dem Leben gearbeitet worden 3). Bey dieſer Gelegenheit merke ich von den zehen Statuen eben dieſes Mu- ſei an, welche letztgedachter Cardinal ohnweit Fraſcati ausgraben ließ, daß es 1) conf. Orville Animadu. in Chariton. p. 186. 2) L. 5. p. 44. l. 11. 3) Cabinet de Polignac.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/71>, abgerufen am 29.03.2024.