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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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unter den Römischen Kaisern.
ner in die Höhe gehobenen Hand vorgestellet ist, hält mit beyden Händen
vor dem Unterleibe Früchte. Aus dem Thiere, auf welchem ein Kind
reutet, weis der Erklärer nicht, was er machen soll; auf dem Kupfer
ist es ein Ochse: wenn man sich die Mühe nimmt, die Statue in der
Nase zu betrachten, so findet man, daß es die Liebe ist, welche auf ei-
nen Löwen reutet.

Jm Frühlinge des Jahres 1758. wurde eine ungezweifelte Statue desc.
Von einer
Statue des
Domitianus,
und von einem
Kopfe des
Nerva.

Domitianus gefunden, an einem Orte, welcher alla Colonna heißt, und
zwischen Frascati und Palestrina liegt, und eben da, wo kurz zuvor eine
Venus entdecket wurde. Der Leib bis auf die Knie, und ohne Arme,
hatte nicht tief unter der Erde gelegen, und war daher sehr zerfressen, und
man sah an demselben offenbare Zeichen verübter Gewaltsamkeit, Hiebe im
Kreuze, und tiefe Stöße, woraus zu muthmaßen ist, daß auch diese Sta-
tue in der Wuth wider das Andenken des Domitianus umgeworfen und
zerschlagen worden: denn es wurde sogar dessen Name, wo sich derselbe auf
Jnschriften fand, ausgehauen und vertilget 1). Der abgelösete Kopf
wurde viel tiefer gefunden, und er hat daher weniger gelitten. Diese Sta-
tue ist unbekleidet, und von großer Schönheit. Um den Kopf gieng eine
Krone von Erzt, von welcher man die Stifte sieht, an welcher sie befesti-
get war. Der Herr Cardinal Alex. Albani hat dieselbe ergänzen lassen,
und sie steht, nebst andern Kaiserlichen Statuen, unter dem größern Por-
tico des Pallastes in dessen Villa. Der seltene Kopf des Nerva im Cam-
pidoglio, ist nicht neu und vom Algardi gearbeitet, wie der Erklärer dieses

Musei
1) Fabret. Inser. c. 4. p. 274. 330. Eben so ergieng es dem Namen ANTONINVS
in den Jnschriften des Caracalla: in einer derselben, welche in dem vor einiger Zeit zu
Pozzuolo entdeckten Gymnasio gefunden worden, ist gedachter Name halb vertilget.
Es heißt dieselbe
M .... ANTONINO
COLONIA. PVTEOLANA.

unter den Roͤmiſchen Kaiſern.
ner in die Hoͤhe gehobenen Hand vorgeſtellet iſt, haͤlt mit beyden Haͤnden
vor dem Unterleibe Fruͤchte. Aus dem Thiere, auf welchem ein Kind
reutet, weis der Erklaͤrer nicht, was er machen ſoll; auf dem Kupfer
iſt es ein Ochſe: wenn man ſich die Muͤhe nimmt, die Statue in der
Naſe zu betrachten, ſo findet man, daß es die Liebe iſt, welche auf ei-
nen Loͤwen reutet.

Jm Fruͤhlinge des Jahres 1758. wurde eine ungezweifelte Statue desc.
Von einer
Statue des
Domitianus,
und von einem
Kopfe des
Nerva.

Domitianus gefunden, an einem Orte, welcher alla Colonna heißt, und
zwiſchen Fraſcati und Paleſtrina liegt, und eben da, wo kurz zuvor eine
Venus entdecket wurde. Der Leib bis auf die Knie, und ohne Arme,
hatte nicht tief unter der Erde gelegen, und war daher ſehr zerfreſſen, und
man ſah an demſelben offenbare Zeichen veruͤbter Gewaltſamkeit, Hiebe im
Kreuze, und tiefe Stoͤße, woraus zu muthmaßen iſt, daß auch dieſe Sta-
tue in der Wuth wider das Andenken des Domitianus umgeworfen und
zerſchlagen worden: denn es wurde ſogar deſſen Name, wo ſich derſelbe auf
Jnſchriften fand, ausgehauen und vertilget 1). Der abgeloͤſete Kopf
wurde viel tiefer gefunden, und er hat daher weniger gelitten. Dieſe Sta-
tue iſt unbekleidet, und von großer Schoͤnheit. Um den Kopf gieng eine
Krone von Erzt, von welcher man die Stifte ſieht, an welcher ſie befeſti-
get war. Der Herr Cardinal Alex. Albani hat dieſelbe ergaͤnzen laſſen,
und ſie ſteht, nebſt andern Kaiſerlichen Statuen, unter dem groͤßern Por-
tico des Pallaſtes in deſſen Villa. Der ſeltene Kopf des Nerva im Cam-
pidoglio, iſt nicht neu und vom Algardi gearbeitet, wie der Erklaͤrer dieſes

Muſei
1) Fabret. Inſer. c. 4. p. 274. 330. Eben ſo ergieng es dem Namen ANTONINVS
in den Jnſchriften des Caracalla: in einer derſelben, welche in dem vor einiger Zeit zu
Pozzuolo entdeckten Gymnaſio gefunden worden, iſt gedachter Name halb vertilget.
Es heißt dieſelbe
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COLONIA. PVTEOLANA.
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[399/0087] unter den Roͤmiſchen Kaiſern. ner in die Hoͤhe gehobenen Hand vorgeſtellet iſt, haͤlt mit beyden Haͤnden vor dem Unterleibe Fruͤchte. Aus dem Thiere, auf welchem ein Kind reutet, weis der Erklaͤrer nicht, was er machen ſoll; auf dem Kupfer iſt es ein Ochſe: wenn man ſich die Muͤhe nimmt, die Statue in der Naſe zu betrachten, ſo findet man, daß es die Liebe iſt, welche auf ei- nen Loͤwen reutet. Jm Fruͤhlinge des Jahres 1758. wurde eine ungezweifelte Statue des Domitianus gefunden, an einem Orte, welcher alla Colonna heißt, und zwiſchen Fraſcati und Paleſtrina liegt, und eben da, wo kurz zuvor eine Venus entdecket wurde. Der Leib bis auf die Knie, und ohne Arme, hatte nicht tief unter der Erde gelegen, und war daher ſehr zerfreſſen, und man ſah an demſelben offenbare Zeichen veruͤbter Gewaltſamkeit, Hiebe im Kreuze, und tiefe Stoͤße, woraus zu muthmaßen iſt, daß auch dieſe Sta- tue in der Wuth wider das Andenken des Domitianus umgeworfen und zerſchlagen worden: denn es wurde ſogar deſſen Name, wo ſich derſelbe auf Jnſchriften fand, ausgehauen und vertilget 1). Der abgeloͤſete Kopf wurde viel tiefer gefunden, und er hat daher weniger gelitten. Dieſe Sta- tue iſt unbekleidet, und von großer Schoͤnheit. Um den Kopf gieng eine Krone von Erzt, von welcher man die Stifte ſieht, an welcher ſie befeſti- get war. Der Herr Cardinal Alex. Albani hat dieſelbe ergaͤnzen laſſen, und ſie ſteht, nebſt andern Kaiſerlichen Statuen, unter dem groͤßern Por- tico des Pallaſtes in deſſen Villa. Der ſeltene Kopf des Nerva im Cam- pidoglio, iſt nicht neu und vom Algardi gearbeitet, wie der Erklaͤrer dieſes Muſei c. Von einer Statue des Domitianus, und von einem Kopfe des Nerva. 1) Fabret. Inſer. c. 4. p. 274. 330. Eben ſo ergieng es dem Namen ANTONINVS in den Jnſchriften des Caracalla: in einer derſelben, welche in dem vor einiger Zeit zu Pozzuolo entdeckten Gymnaſio gefunden worden, iſt gedachter Name halb vertilget. Es heißt dieſelbe M .... ANTONINO COLONIA. PVTEOLANA.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/87>, abgerufen am 18.04.2024.