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Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 3. Halle (Saale), 1710.

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der Optick.
[Spaltenumbruch] folget/ daß wir alles umbgekehret sehen müs-
sen/ dessen Bildlein im Auge aufgerichtet ist.

Der 3. Zusatz.

99. So lange beyde Augen gegen die
Sache so gerichtet sind/ daß die von einem
Puncte des Bildleins beyderseits zurücke ge-
führeten Strahlen in einem Puncte außer
dem Auge zusammen kommen; können wir
auch die Sache nicht mehr als einmal sehen.
So bald aber die Augen verrücket werden/
daß solches nicht mehr geschehen kan; sehen
wir die Sache zwey mal.

Die 1. Anmerckung.

100. Dieses bekräftiget die Erfahrung. Denn
wenn ihr mit dem Finger das eine Auge niedrieger/ o-
der höher drucket/ als das andere stehet; sehet ihr al-
les doppelt. Man pfleget auch/ wenn man sich starck
betruncken/ alles doppelt zu sehen.

Die 2. Anmerckung.

101. Jch habe nur die Gesetze erklähret/ nach wel-
chen sich die Natur im Sehen richtet: welches auch
die Absicht der Optick ist. Woher es aber komme/
daß/ wenn ein Bildlein von einer Sache im Auge for-
miret wird/ wir uns derselben als ausser uns bewust
sind/ ingleichen warumb in Beurtheilung dieser Sa-
che wir in allem uns nach dem 13. Lehrsatze (§. 105)
richken: wollen und dörfen wir nicht untersuchen.
Denn es käme endlich auf die Erklährung der Gemein-
schaft an/ welche die Seele mit dem Leibe hat. Diese
Arbeit aber gehöret in die Metaphy-
sick.

Ende der Optick.

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(3) D

der Optick.
[Spaltenumbruch] folget/ daß wir alles umbgekehret ſehen muͤſ-
ſen/ deſſen Bildlein im Auge aufgerichtet iſt.

Der 3. Zuſatz.

99. So lange beyde Augen gegen die
Sache ſo gerichtet ſind/ daß die von einem
Puncte des Bildleins beyderſeits zuruͤcke ge-
fuͤhreten Strahlen in einem Puncte außer
dem Auge zuſammen kommen; koͤnnen wir
auch die Sache nicht mehr als einmal ſehen.
So bald aber die Augen verruͤcket werden/
daß ſolches nicht mehr geſchehen kan; ſehen
wir die Sache zwey mal.

Die 1. Anmerckung.

100. Dieſes bekraͤftiget die Erfahrung. Denn
wenn ihr mit dem Finger das eine Auge niedrieger/ o-
der hoͤher drucket/ als das andere ſtehet; ſehet ihr al-
les doppelt. Man pfleget auch/ wenn man ſich ſtarck
betruncken/ alles doppelt zu ſehen.

Die 2. Anmerckung.

101. Jch habe nur die Geſetze erklaͤhret/ nach wel-
chen ſich die Natur im Sehen richtet: welches auch
die Abſicht der Optick iſt. Woher es aber komme/
daß/ wenn ein Bildlein von einer Sache im Auge for-
miret wird/ wir uns derſelben als auſſer uns bewuſt
ſind/ ingleichen warumb in Beurtheilung dieſer Sa-
che wir in allem uns nach dem 13. Lehrſatze (§. 105)
richken: wollen und doͤrfen wir nicht unterſuchen.
Denn es kaͤme endlich auf die Erklaͤhrung der Gemein-
ſchaft an/ welche die Seele mit dem Leibe hat. Dieſe
Arbeit aber gehoͤret in die Metaphy-
ſick.

Ende der Optick.

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[41/0050] der Optick. folget/ daß wir alles umbgekehret ſehen muͤſ- ſen/ deſſen Bildlein im Auge aufgerichtet iſt. Der 3. Zuſatz. 99. So lange beyde Augen gegen die Sache ſo gerichtet ſind/ daß die von einem Puncte des Bildleins beyderſeits zuruͤcke ge- fuͤhreten Strahlen in einem Puncte außer dem Auge zuſammen kommen; koͤnnen wir auch die Sache nicht mehr als einmal ſehen. So bald aber die Augen verruͤcket werden/ daß ſolches nicht mehr geſchehen kan; ſehen wir die Sache zwey mal. Die 1. Anmerckung. 100. Dieſes bekraͤftiget die Erfahrung. Denn wenn ihr mit dem Finger das eine Auge niedrieger/ o- der hoͤher drucket/ als das andere ſtehet; ſehet ihr al- les doppelt. Man pfleget auch/ wenn man ſich ſtarck betruncken/ alles doppelt zu ſehen. Die 2. Anmerckung. 101. Jch habe nur die Geſetze erklaͤhret/ nach wel- chen ſich die Natur im Sehen richtet: welches auch die Abſicht der Optick iſt. Woher es aber komme/ daß/ wenn ein Bildlein von einer Sache im Auge for- miret wird/ wir uns derſelben als auſſer uns bewuſt ſind/ ingleichen warumb in Beurtheilung dieſer Sa- che wir in allem uns nach dem 13. Lehrſatze (§. 105) richken: wollen und doͤrfen wir nicht unterſuchen. Denn es kaͤme endlich auf die Erklaͤhrung der Gemein- ſchaft an/ welche die Seele mit dem Leibe hat. Dieſe Arbeit aber gehoͤret in die Metaphy- ſick. Ende der Optick. An- [Abbildung TAB.] (3) D

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 3. Halle (Saale), 1710. , S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende03_1710/50>, abgerufen am 29.03.2024.