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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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IV. Th. 2. Hauptst. Von den Pflichten
Unterthanen besonders verbunden sind alle
und iede zu lieben (§. 1085.), und folglich
ein ieglicher sein Volck lieben soll (§.
974.); so muß er auch sein Vaterland
lieben.

1106.
Von den
vertrie-
benen.

Ein Vertriebener (exul) ist, welcher
aus der Stadt, oder dem Lande, wo er seine
Wohnung hat, verjaget wird, oder ohne un-
ehrlich zu werden daraus weichen muß. Der
Zustand der Vertriebenen
(exilium)
kann auch eine Strafe seyn. Man nen-
net ihn aber einen wider Willen über-
nommenen
(exilium invitum), wenn ie-
mand nach dem Ausspruch des Richters, oder
auf Befehl des Oberherrn wegzugehen ge-
zwungen wird; gleichwie man es einen frey-
willigen
(voluntarium) nennen kann, wenn
iemand um der Strafe willen, oder einer
Noth zu entrinnen von freyen Stücken aus
dem Ort, wo er seine Wohnung hat, wei-
chet. Weil man denenjenigen, welche ver-
trieben sind, und aufgenommen zu werden
suchen den Aufenthalt verstatten muß, wo
nicht besondere Gründe in dem Wege stehen
(§. 312.); so muß ein Volck auch den
verjagten eine beständige Wohnung in
seinem Lande verstatten, wenn es
nicht besondere Gründe verbieten.
Jn-
dem aber dies das Volck selbst zu beurtheilen
hat (§. 1089. 78.); so muß man es,

wenn

IV. Th. 2. Hauptſt. Von den Pflichten
Unterthanen beſonders verbunden ſind alle
und iede zu lieben (§. 1085.), und folglich
ein ieglicher ſein Volck lieben ſoll (§.
974.); ſo muß er auch ſein Vaterland
lieben.

1106.
Von den
vertrie-
benen.

Ein Vertriebener (exul) iſt, welcher
aus der Stadt, oder dem Lande, wo er ſeine
Wohnung hat, verjaget wird, oder ohne un-
ehrlich zu werden daraus weichen muß. Der
Zuſtand der Vertriebenen
(exilium)
kann auch eine Strafe ſeyn. Man nen-
net ihn aber einen wider Willen uͤber-
nommenen
(exilium invitum), wenn ie-
mand nach dem Ausſpruch des Richters, oder
auf Befehl des Oberherrn wegzugehen ge-
zwungen wird; gleichwie man es einen frey-
willigen
(voluntarium) nennen kann, wenn
iemand um der Strafe willen, oder einer
Noth zu entrinnen von freyen Stuͤcken aus
dem Ort, wo er ſeine Wohnung hat, wei-
chet. Weil man denenjenigen, welche ver-
trieben ſind, und aufgenommen zu werden
ſuchen den Aufenthalt verſtatten muß, wo
nicht beſondere Gruͤnde in dem Wege ſtehen
(§. 312.); ſo muß ein Volck auch den
verjagten eine beſtaͤndige Wohnung in
ſeinem Lande verſtatten, wenn es
nicht beſondere Gruͤnde verbieten.
Jn-
dem aber dies das Volck ſelbſt zu beurtheilen
hat (§. 1089. 78.); ſo muß man es,

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[808/0844] IV. Th. 2. Hauptſt. Von den Pflichten Unterthanen beſonders verbunden ſind alle und iede zu lieben (§. 1085.), und folglich ein ieglicher ſein Volck lieben ſoll (§. 974.); ſo muß er auch ſein Vaterland lieben. 1106. Ein Vertriebener (exul) iſt, welcher aus der Stadt, oder dem Lande, wo er ſeine Wohnung hat, verjaget wird, oder ohne un- ehrlich zu werden daraus weichen muß. Der Zuſtand der Vertriebenen (exilium) kann auch eine Strafe ſeyn. Man nen- net ihn aber einen wider Willen uͤber- nommenen (exilium invitum), wenn ie- mand nach dem Ausſpruch des Richters, oder auf Befehl des Oberherrn wegzugehen ge- zwungen wird; gleichwie man es einen frey- willigen (voluntarium) nennen kann, wenn iemand um der Strafe willen, oder einer Noth zu entrinnen von freyen Stuͤcken aus dem Ort, wo er ſeine Wohnung hat, wei- chet. Weil man denenjenigen, welche ver- trieben ſind, und aufgenommen zu werden ſuchen den Aufenthalt verſtatten muß, wo nicht beſondere Gruͤnde in dem Wege ſtehen (§. 312.); ſo muß ein Volck auch den verjagten eine beſtaͤndige Wohnung in ſeinem Lande verſtatten, wenn es nicht beſondere Gruͤnde verbieten. Jn- dem aber dies das Volck ſelbſt zu beurtheilen hat (§. 1089. 78.); ſo muß man es, wenn

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 808. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/844>, abgerufen am 29.03.2024.