Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Vom Rechte des Krieges der Völcker.
zur Vertheidigung, erfordert werde (§.
1169.). Allein wenn derjenige, wel-
chem ein Krieg angekündiget werden
soll, weder Abgesandten zuläßet, noch
auch sonst eine andere Gelegenheit vor-
handen ist
schriftliche Eröfnung davon zu
thun; so kann auch in einem Kriege zum
Anfall die Ankündigung unterlassen
werden
(§. 60.). Hingegen ist die Wie-
dervergeltung,
als welche an ihr selbst un-
erlaubt ist (§. 156.), keine rechtmäßige
Ursach die Ankündigung auszusetzen.

Endlich weil der, so den Krieg ankündiget,
nicht gehalten ist seinem Gegentheil eine ihm
schädliche Frist zu verstatten (§. 269.); so ist
erlaubt, wenn nicht sogleich nach an-
gekündigtem Kriege billige Friedens-
bedingungen vorgeschlagen werden,
ohne allen Verzug Kriegsanstalten
vorzukehren.

§. 1184.

Weil unter den Völckern ein öffentlicherVon den
Feinden
u. feind-
lichen
Sachen.

Krieg geführet wird (§. 1169.); so wird
angenommen, daß, wenn der Regent
des einen Staats dem Regenten des
andern Staats den Krieg ankündiget,
ein öffentlicher Krieg von einem gan-
tzen Volcke einem andern gantzen Vol-
cke angekündiget sey.
Derowegen da
man diejenigen Feinde (hostes) nennet, die
unter einander Krieg haben, und ihre Sa-
chen feindliche Sachen (res hostiles) heis-

sen;
J i i 3

Vom Rechte des Krieges der Voͤlcker.
zur Vertheidigung, erfordert werde (§.
1169.). Allein wenn derjenige, wel-
chem ein Krieg angekuͤndiget werden
ſoll, weder Abgeſandten zulaͤßet, noch
auch ſonſt eine andere Gelegenheit vor-
handen iſt
ſchriftliche Eroͤfnung davon zu
thun; ſo kann auch in einem Kriege zum
Anfall die Ankuͤndigung unterlaſſen
werden
(§. 60.). Hingegen iſt die Wie-
dervergeltung,
als welche an ihr ſelbſt un-
erlaubt iſt (§. 156.), keine rechtmaͤßige
Urſach die Ankuͤndigung auszuſetzen.

Endlich weil der, ſo den Krieg ankuͤndiget,
nicht gehalten iſt ſeinem Gegentheil eine ihm
ſchaͤdliche Friſt zu verſtatten (§. 269.); ſo iſt
erlaubt, wenn nicht ſogleich nach an-
gekuͤndigtem Kriege billige Friedens-
bedingungen vorgeſchlagen werden,
ohne allen Verzug Kriegsanſtalten
vorzukehren.

§. 1184.

Weil unter den Voͤlckern ein oͤffentlicherVon den
Feinden
u. feind-
lichen
Sachen.

Krieg gefuͤhret wird (§. 1169.); ſo wird
angenommen, daß, wenn der Regent
des einen Staats dem Regenten des
andern Staats den Krieg ankuͤndiget,
ein oͤffentlicher Krieg von einem gan-
tzen Volcke einem andern gantzen Vol-
cke angekuͤndiget ſey.
Derowegen da
man diejenigen Feinde (hoſtes) nennet, die
unter einander Krieg haben, und ihre Sa-
chen feindliche Sachen (res hoſtiles) heiſ-

ſen;
J i i 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0905" n="869"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Rechte des Krieges der Vo&#x0364;lcker.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">zur Vertheidigung, erfordert werde</hi> (§.<lb/>
1169.). Allein <hi rendition="#fr">wenn derjenige, wel-<lb/>
chem ein Krieg angeku&#x0364;ndiget werden<lb/>
&#x017F;oll, weder Abge&#x017F;andten zula&#x0364;ßet, noch<lb/>
auch &#x017F;on&#x017F;t eine andere Gelegenheit vor-<lb/>
handen i&#x017F;t</hi> &#x017F;chriftliche Ero&#x0364;fnung davon zu<lb/>
thun; <hi rendition="#fr">&#x017F;o kann</hi> auch <hi rendition="#fr">in einem Kriege zum<lb/>
Anfall die Anku&#x0364;ndigung unterla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
werden</hi> (§. 60.). Hingegen <hi rendition="#fr">i&#x017F;t die Wie-<lb/>
dervergeltung,</hi> als welche an ihr &#x017F;elb&#x017F;t un-<lb/>
erlaubt i&#x017F;t (§. 156.), <hi rendition="#fr">keine rechtma&#x0364;ßige<lb/>
Ur&#x017F;ach die Anku&#x0364;ndigung auszu&#x017F;etzen.</hi><lb/>
Endlich weil der, &#x017F;o den Krieg anku&#x0364;ndiget,<lb/>
nicht gehalten i&#x017F;t &#x017F;einem Gegentheil eine ihm<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;dliche Fri&#x017F;t zu ver&#x017F;tatten (§. 269.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
erlaubt, wenn nicht &#x017F;ogleich nach an-<lb/>
geku&#x0364;ndigtem Kriege billige Friedens-<lb/>
bedingungen vorge&#x017F;chlagen werden,<lb/>
ohne allen Verzug Kriegsan&#x017F;talten<lb/>
vorzukehren.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 1184.</head><lb/>
              <p>Weil unter den Vo&#x0364;lckern ein o&#x0364;ffentlicher<note place="right">Von den<lb/>
Feinden<lb/>
u. feind-<lb/>
lichen<lb/>
Sachen.</note><lb/>
Krieg gefu&#x0364;hret wird (§. 1169.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o wird<lb/>
angenommen, daß, wenn der Regent<lb/>
des einen Staats dem Regenten des<lb/>
andern Staats den Krieg anku&#x0364;ndiget,<lb/>
ein o&#x0364;ffentlicher Krieg von einem gan-<lb/>
tzen Volcke einem andern gantzen Vol-<lb/>
cke angeku&#x0364;ndiget &#x017F;ey.</hi> Derowegen da<lb/>
man diejenigen <hi rendition="#fr">Feinde</hi> <hi rendition="#aq">(ho&#x017F;tes)</hi> nennet, die<lb/>
unter einander Krieg haben, und ihre Sa-<lb/>
chen <hi rendition="#fr">feindliche Sachen</hi> <hi rendition="#aq">(res ho&#x017F;tiles)</hi> hei&#x017F;-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J i i 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;en;</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[869/0905] Vom Rechte des Krieges der Voͤlcker. zur Vertheidigung, erfordert werde (§. 1169.). Allein wenn derjenige, wel- chem ein Krieg angekuͤndiget werden ſoll, weder Abgeſandten zulaͤßet, noch auch ſonſt eine andere Gelegenheit vor- handen iſt ſchriftliche Eroͤfnung davon zu thun; ſo kann auch in einem Kriege zum Anfall die Ankuͤndigung unterlaſſen werden (§. 60.). Hingegen iſt die Wie- dervergeltung, als welche an ihr ſelbſt un- erlaubt iſt (§. 156.), keine rechtmaͤßige Urſach die Ankuͤndigung auszuſetzen. Endlich weil der, ſo den Krieg ankuͤndiget, nicht gehalten iſt ſeinem Gegentheil eine ihm ſchaͤdliche Friſt zu verſtatten (§. 269.); ſo iſt erlaubt, wenn nicht ſogleich nach an- gekuͤndigtem Kriege billige Friedens- bedingungen vorgeſchlagen werden, ohne allen Verzug Kriegsanſtalten vorzukehren. §. 1184. Weil unter den Voͤlckern ein oͤffentlicher Krieg gefuͤhret wird (§. 1169.); ſo wird angenommen, daß, wenn der Regent des einen Staats dem Regenten des andern Staats den Krieg ankuͤndiget, ein oͤffentlicher Krieg von einem gan- tzen Volcke einem andern gantzen Vol- cke angekuͤndiget ſey. Derowegen da man diejenigen Feinde (hoſtes) nennet, die unter einander Krieg haben, und ihre Sa- chen feindliche Sachen (res hoſtiles) heiſ- ſen; Von den Feinden u. feind- lichen Sachen. J i i 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/905
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 869. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/905>, abgerufen am 18.04.2024.