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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von der Wärme.
kalten, den Producten aus ihren Gewichten in ihre Wärmecapacitäten umgekehrt pro-
portional ist. Bringt man daher verschiedene Körper, nachdem sie auf einen be-
stimmten Temperaturgrad erwärmt sind, in einen Abkühlungsraum von constanter
Temperatur, so lässt sich aus der Zeitdauer, die bis zur Ausgleichung der Tempera-
tur verfliesst, das Verhältniss der specifischen Wärmemengen berechnen.

Viertes Capitel.
Fortpflanzung der Wärme.

270
Wärmestrah-
lung und Wär-
meleitung.

Alle Körper haben das Streben ihren Wärmezustand mit demje-
nigen ihrer Umgebung auszugleichen, Wärme abzugeben, wenn ihre
Temperatur höher, und solche aufzunehmen, wenn sie niedriger ist.
Diese Ausgleichung des Wärmezustandes kann entweder so geschehen,
dass ein erwärmter Körper in seine kältere Umgebung Wärme aus-
strahlt, oder so, dass er einem anderen ihn berührenden Körper oder
mit ihm zusammenhängenden Theilen desselben Körpers Wärme mit-
theilt. Man bezeichnet die erste Art der Fortpflanzung der Wärme
als Wärmestrahlung, die zweite als Wärmeleitung. Die Wärme-
strahlung verhält sich vollständig wie die Lichtausstrahlung, mit wel-
cher sie häufig verbunden ist. Die Strahlen der Wärme zeigen Re-
flexion, Brechung, Interferenz u. s. w. und führen daher nothwendig
wieder auf Wellenbewegungen des Aethers zurück. Die Wärmeleitung
gleicht dagegen der geradlinigen Ausbreitung einer Flüssigkeit, ihre
Geschwindigkeit hängt ab theils von einem specifischen Leitungsver-
mögen der Körper theils von dem Unterschied der in benachbarten
Theilen vorhandenen Wärmezustände.


271
Thermoelektri-
sche Messappa-
rate.

Um die Gesetze der Wärmestrahlung sowohl wie der Wärmelei-
tung nachweisen zu können, bedarf man thermometrischer Werkzeuge,
welche sehr schnell die an einem gegebenen Ort vorhandene Tempe-
ratur zu messen gestatten. Die verschiedenen Formen des Thermo-
meters, die immer einer beträchtlichen Zeit bedürfen, bis sie die Tem-
peratur ihrer Umgebung angenommen haben, sind daher hierzu nicht
mehr geeignet. Wir besitzen aber ein Mittel zur fast augenblicklichen
Erkennung des Wärmezustandes eines gegebenen Punktes in den
thermoelektrischen Messapparaten, die sich auf die im näch-
sten Abschnitt darzulegende Erzeugung elektrischer Ströme mittelst der
Wärme gründen. Die beiden Hauptbestandtheile eines jeden thermo-
elektrischen Messapparates sind die Thermosäule und der Thermo-
multiplicator
. Beide sind in Fig. 193 schematisch dargestellt. Lö-
thet man rechtwinklig gebogene Wismuth- und Antimonstäbchen so
wie es in der Fig. geschehen ist, wo die schraffirten Stäbchen
das Antimon, die anderen das Wismuth bedeuten, zusammen, und er-
wärmt man nun die nach der einen Seite gekehrten Löthstelleu 1, 3, 5,

Von der Wärme.
kalten, den Producten aus ihren Gewichten in ihre Wärmecapacitäten umgekehrt pro-
portional ist. Bringt man daher verschiedene Körper, nachdem sie auf einen be-
stimmten Temperaturgrad erwärmt sind, in einen Abkühlungsraum von constanter
Temperatur, so lässt sich aus der Zeitdauer, die bis zur Ausgleichung der Tempera-
tur verfliesst, das Verhältniss der specifischen Wärmemengen berechnen.

Viertes Capitel.
Fortpflanzung der Wärme.

270
Wärmestrah-
lung und Wär-
meleitung.

Alle Körper haben das Streben ihren Wärmezustand mit demje-
nigen ihrer Umgebung auszugleichen, Wärme abzugeben, wenn ihre
Temperatur höher, und solche aufzunehmen, wenn sie niedriger ist.
Diese Ausgleichung des Wärmezustandes kann entweder so geschehen,
dass ein erwärmter Körper in seine kältere Umgebung Wärme aus-
strahlt, oder so, dass er einem anderen ihn berührenden Körper oder
mit ihm zusammenhängenden Theilen desselben Körpers Wärme mit-
theilt. Man bezeichnet die erste Art der Fortpflanzung der Wärme
als Wärmestrahlung, die zweite als Wärmeleitung. Die Wärme-
strahlung verhält sich vollständig wie die Lichtausstrahlung, mit wel-
cher sie häufig verbunden ist. Die Strahlen der Wärme zeigen Re-
flexion, Brechung, Interferenz u. s. w. und führen daher nothwendig
wieder auf Wellenbewegungen des Aethers zurück. Die Wärmeleitung
gleicht dagegen der geradlinigen Ausbreitung einer Flüssigkeit, ihre
Geschwindigkeit hängt ab theils von einem specifischen Leitungsver-
mögen der Körper theils von dem Unterschied der in benachbarten
Theilen vorhandenen Wärmezustände.


271
Thermoelektri-
sche Messappa-
rate.

Um die Gesetze der Wärmestrahlung sowohl wie der Wärmelei-
tung nachweisen zu können, bedarf man thermometrischer Werkzeuge,
welche sehr schnell die an einem gegebenen Ort vorhandene Tempe-
ratur zu messen gestatten. Die verschiedenen Formen des Thermo-
meters, die immer einer beträchtlichen Zeit bedürfen, bis sie die Tem-
peratur ihrer Umgebung angenommen haben, sind daher hierzu nicht
mehr geeignet. Wir besitzen aber ein Mittel zur fast augenblicklichen
Erkennung des Wärmezustandes eines gegebenen Punktes in den
thermoelektrischen Messapparaten, die sich auf die im näch-
sten Abschnitt darzulegende Erzeugung elektrischer Ströme mittelst der
Wärme gründen. Die beiden Hauptbestandtheile eines jeden thermo-
elektrischen Messapparates sind die Thermosäule und der Thermo-
multiplicator
. Beide sind in Fig. 193 schematisch dargestellt. Lö-
thet man rechtwinklig gebogene Wismuth- und Antimonstäbchen so
wie es in der Fig. geschehen ist, wo die schraffirten Stäbchen
das Antimon, die anderen das Wismuth bedeuten, zusammen, und er-
wärmt man nun die nach der einen Seite gekehrten Löthstelleu 1, 3, 5,

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[406/0428] Von der Wärme. kalten, den Producten aus ihren Gewichten in ihre Wärmecapacitäten umgekehrt pro- portional ist. Bringt man daher verschiedene Körper, nachdem sie auf einen be- stimmten Temperaturgrad erwärmt sind, in einen Abkühlungsraum von constanter Temperatur, so lässt sich aus der Zeitdauer, die bis zur Ausgleichung der Tempera- tur verfliesst, das Verhältniss der specifischen Wärmemengen berechnen. Viertes Capitel. Fortpflanzung der Wärme. Alle Körper haben das Streben ihren Wärmezustand mit demje- nigen ihrer Umgebung auszugleichen, Wärme abzugeben, wenn ihre Temperatur höher, und solche aufzunehmen, wenn sie niedriger ist. Diese Ausgleichung des Wärmezustandes kann entweder so geschehen, dass ein erwärmter Körper in seine kältere Umgebung Wärme aus- strahlt, oder so, dass er einem anderen ihn berührenden Körper oder mit ihm zusammenhängenden Theilen desselben Körpers Wärme mit- theilt. Man bezeichnet die erste Art der Fortpflanzung der Wärme als Wärmestrahlung, die zweite als Wärmeleitung. Die Wärme- strahlung verhält sich vollständig wie die Lichtausstrahlung, mit wel- cher sie häufig verbunden ist. Die Strahlen der Wärme zeigen Re- flexion, Brechung, Interferenz u. s. w. und führen daher nothwendig wieder auf Wellenbewegungen des Aethers zurück. Die Wärmeleitung gleicht dagegen der geradlinigen Ausbreitung einer Flüssigkeit, ihre Geschwindigkeit hängt ab theils von einem specifischen Leitungsver- mögen der Körper theils von dem Unterschied der in benachbarten Theilen vorhandenen Wärmezustände. Um die Gesetze der Wärmestrahlung sowohl wie der Wärmelei- tung nachweisen zu können, bedarf man thermometrischer Werkzeuge, welche sehr schnell die an einem gegebenen Ort vorhandene Tempe- ratur zu messen gestatten. Die verschiedenen Formen des Thermo- meters, die immer einer beträchtlichen Zeit bedürfen, bis sie die Tem- peratur ihrer Umgebung angenommen haben, sind daher hierzu nicht mehr geeignet. Wir besitzen aber ein Mittel zur fast augenblicklichen Erkennung des Wärmezustandes eines gegebenen Punktes in den thermoelektrischen Messapparaten, die sich auf die im näch- sten Abschnitt darzulegende Erzeugung elektrischer Ströme mittelst der Wärme gründen. Die beiden Hauptbestandtheile eines jeden thermo- elektrischen Messapparates sind die Thermosäule und der Thermo- multiplicator. Beide sind in Fig. 193 schematisch dargestellt. Lö- thet man rechtwinklig gebogene Wismuth- und Antimonstäbchen so wie es in der Fig. geschehen ist, wo die schraffirten Stäbchen das Antimon, die anderen das Wismuth bedeuten, zusammen, und er- wärmt man nun die nach der einen Seite gekehrten Löthstelleu 1, 3, 5,

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/428>, abgerufen am 28.03.2024.