Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Elektricität.
aber das nämliche Spannungsgesetz wie für den Contact der Me-
talle gilt.

Man könnte die elektromotorische Kraft, welche zwei Metalle in einer Flüssig-
keit annehmen, in derselben Weise bestimmen, wie wir bisher die erregte Elektricität
gemessen haben: indem man nämlich die Metallplatten aus der Flüssigkeit entfernt
und die Dichtigkeit der auf jeder angesammelten Elektricität ermittelt. Aber wir be-
sitzen in diesem Fall ein weit wirksameres Mittel zur Messung der elektromotorischen
Kraft in dem fortdauernden Strome, welcher entsteht, wenn man die beiden in die
Flüssigkeit gesenkten Metalle durch einen leitenden Draht verbindet. Dieser Strom
übt, wie wir in den folgenden Capiteln nachweisen werden, bestimmte Wirkungen
theils innerhalb des Stromeskreises, theils in die Ferne aus. Nehmen wir nun die
Metallplatten immer von gleicher Grösse und erhalten wir auch alle andern Bedin-
gungen für die Bewegung der Elektricität constant, so geben jene vom Strom ausge-
übten Wirkungen unmittelbar ein Maass ab für die Dichte der in jedem Augenblick
auf den Metallplatten sich erneuernden freien Elektricität, d. h. für die Grösse der
elektromotorischen Kraft. Da jedoch diese Methode die elektromotorische Kraft der
Metalle in Flüssigkeiten zu messen von der Betrachtung der Bewegungsgesetze des
Stroms sich nicht trennen lässt, so werden wir im nächsten Capitel auf sie zurück-
kommen. Das nämliche gilt von der elektromotorischen Kraft der Thermoketten,
über die wir hier nur bemerken wollen, dass das Volta'sche Spannungsgesetz, wornach
die Ordnung der Metalle in der Spannungsreihe auch die relative Grösse der elektri-
schen Erregung angibt, für die thermoelektrische Spannungsreihe gleichfalls zutrifft.

Drittes Capitel.
Bewegung der Elektricität.

306
Arten der Elek-
tricitätsbewe-
gung.

Die auf irgend einem Körper angesammelte Elektricität geräth,
wie wir im 1. Capitel gesehen haben, in Bewegung, sobald ein lei-
tender Körper in die Nähe kommt: es wird dann auf letzterem durch
Influenz entgegengesetzte Elektricität erregt, die entgegengesetzten
Elektricitäten ziehen aber sich an, und es stellt so, wenn die beiden
Körper einander hinreichend nahe gekommen sind, ziemlich plötzlich
durch Ineinanderfliessen beider Electricitäten der neutrale Zustand
sich her. Den Act dieser Ausgleichnung bezeichnet man als den Ent-
ladungsstrom. Anderer Art ist die Elektricitätsbewegung, die ein-
tritt, wenn zwei in eine Flüssigkeit tauchende Metalle durch einen
Schliessungsdraht mit einander in Verbindung gesetzt werden: in dem
Maasse, als hier die elektrische Differenz zwischen den Metallen sich
ausgleicht, muss sie durch die an den Berührungsstellen mit der Flüs-
sigkeit vorhandenen elektromotorischen Kräfte wieder ersetzt werden,
es muss daher ein continuirlicher, so lang die elektromotorischen
Kräfte und die Bedingungen der Leitung sich nicht ändern, constanter
Austausch beider Elektricitäten durch den Schliessungsdraht geschehen;
in derselben Weise geschieht der Austausch, wenn die elektrische
Differenz durch die ungleiche Erwärmung der Löthstellen verschiedener

Von der Elektricität.
aber das nämliche Spannungsgesetz wie für den Contact der Me-
talle gilt.

Man könnte die elektromotorische Kraft, welche zwei Metalle in einer Flüssig-
keit annehmen, in derselben Weise bestimmen, wie wir bisher die erregte Elektricität
gemessen haben: indem man nämlich die Metallplatten aus der Flüssigkeit entfernt
und die Dichtigkeit der auf jeder angesammelten Elektricität ermittelt. Aber wir be-
sitzen in diesem Fall ein weit wirksameres Mittel zur Messung der elektromotorischen
Kraft in dem fortdauernden Strome, welcher entsteht, wenn man die beiden in die
Flüssigkeit gesenkten Metalle durch einen leitenden Draht verbindet. Dieser Strom
übt, wie wir in den folgenden Capiteln nachweisen werden, bestimmte Wirkungen
theils innerhalb des Stromeskreises, theils in die Ferne aus. Nehmen wir nun die
Metallplatten immer von gleicher Grösse und erhalten wir auch alle andern Bedin-
gungen für die Bewegung der Elektricität constant, so geben jene vom Strom ausge-
übten Wirkungen unmittelbar ein Maass ab für die Dichte der in jedem Augenblick
auf den Metallplatten sich erneuernden freien Elektricität, d. h. für die Grösse der
elektromotorischen Kraft. Da jedoch diese Methode die elektromotorische Kraft der
Metalle in Flüssigkeiten zu messen von der Betrachtung der Bewegungsgesetze des
Stroms sich nicht trennen lässt, so werden wir im nächsten Capitel auf sie zurück-
kommen. Das nämliche gilt von der elektromotorischen Kraft der Thermoketten,
über die wir hier nur bemerken wollen, dass das Volta’sche Spannungsgesetz, wornach
die Ordnung der Metalle in der Spannungsreihe auch die relative Grösse der elektri-
schen Erregung angibt, für die thermoelektrische Spannungsreihe gleichfalls zutrifft.

Drittes Capitel.
Bewegung der Elektricität.

306
Arten der Elek-
tricitätsbewe-
gung.

Die auf irgend einem Körper angesammelte Elektricität geräth,
wie wir im 1. Capitel gesehen haben, in Bewegung, sobald ein lei-
tender Körper in die Nähe kommt: es wird dann auf letzterem durch
Influenz entgegengesetzte Elektricität erregt, die entgegengesetzten
Elektricitäten ziehen aber sich an, und es stellt so, wenn die beiden
Körper einander hinreichend nahe gekommen sind, ziemlich plötzlich
durch Ineinanderfliessen beider Electricitäten der neutrale Zustand
sich her. Den Act dieser Ausgleichnung bezeichnet man als den Ent-
ladungsstrom. Anderer Art ist die Elektricitätsbewegung, die ein-
tritt, wenn zwei in eine Flüssigkeit tauchende Metalle durch einen
Schliessungsdraht mit einander in Verbindung gesetzt werden: in dem
Maasse, als hier die elektrische Differenz zwischen den Metallen sich
ausgleicht, muss sie durch die an den Berührungsstellen mit der Flüs-
sigkeit vorhandenen elektromotorischen Kräfte wieder ersetzt werden,
es muss daher ein continuirlicher, so lang die elektromotorischen
Kräfte und die Bedingungen der Leitung sich nicht ändern, constanter
Austausch beider Elektricitäten durch den Schliessungsdraht geschehen;
in derselben Weise geschieht der Austausch, wenn die elektrische
Differenz durch die ungleiche Erwärmung der Löthstellen verschiedener

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0476" n="454"/><fw place="top" type="header">Von der Elektricität.</fw><lb/>
aber das nämliche Spannungsgesetz wie für den Contact der Me-<lb/>
talle gilt.</p><lb/>
          <p>Man könnte die elektromotorische Kraft, welche zwei Metalle in einer Flüssig-<lb/>
keit annehmen, in derselben Weise bestimmen, wie wir bisher die erregte Elektricität<lb/>
gemessen haben: indem man nämlich die Metallplatten aus der Flüssigkeit entfernt<lb/>
und die Dichtigkeit der auf jeder angesammelten Elektricität ermittelt. Aber wir be-<lb/>
sitzen in diesem Fall ein weit wirksameres Mittel zur Messung der elektromotorischen<lb/>
Kraft in dem fortdauernden <hi rendition="#g">Strome</hi>, welcher entsteht, wenn man die beiden in die<lb/>
Flüssigkeit gesenkten Metalle durch einen leitenden Draht verbindet. Dieser Strom<lb/>
übt, wie wir in den folgenden Capiteln nachweisen werden, bestimmte Wirkungen<lb/>
theils innerhalb des Stromeskreises, theils in die Ferne aus. Nehmen wir nun die<lb/>
Metallplatten immer von gleicher Grösse und erhalten wir auch alle andern Bedin-<lb/>
gungen für die Bewegung der Elektricität constant, so geben jene vom Strom ausge-<lb/>
übten Wirkungen unmittelbar ein Maass ab für die Dichte der in jedem Augenblick<lb/>
auf den Metallplatten sich erneuernden freien Elektricität, d. h. für die Grösse der<lb/>
elektromotorischen Kraft. Da jedoch diese Methode die elektromotorische Kraft der<lb/>
Metalle in Flüssigkeiten zu messen von der Betrachtung der Bewegungsgesetze des<lb/>
Stroms sich nicht trennen lässt, so werden wir im nächsten Capitel auf sie zurück-<lb/>
kommen. Das nämliche gilt von der elektromotorischen Kraft der Thermoketten,<lb/>
über die wir hier nur bemerken wollen, dass das <hi rendition="#g">Volta</hi>&#x2019;sche Spannungsgesetz, wornach<lb/>
die Ordnung der Metalle in der Spannungsreihe auch die relative Grösse der elektri-<lb/>
schen Erregung angibt, für die thermoelektrische Spannungsreihe gleichfalls zutrifft.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Drittes Capitel</hi>.<lb/>
Bewegung der Elektricität.</head><lb/>
          <note place="left">306<lb/>
Arten der Elek-<lb/>
tricitätsbewe-<lb/>
gung.</note>
          <p>Die auf irgend einem Körper angesammelte Elektricität geräth,<lb/>
wie wir im 1. Capitel gesehen haben, in Bewegung, sobald ein lei-<lb/>
tender Körper in die Nähe kommt: es wird dann auf letzterem durch<lb/>
Influenz entgegengesetzte Elektricität erregt, die entgegengesetzten<lb/>
Elektricitäten ziehen aber sich an, und es stellt so, wenn die beiden<lb/>
Körper einander hinreichend nahe gekommen sind, ziemlich plötzlich<lb/>
durch Ineinanderfliessen beider Electricitäten der neutrale Zustand<lb/>
sich her. Den Act dieser Ausgleichnung bezeichnet man als den Ent-<lb/>
ladungsstrom. Anderer Art ist die Elektricitätsbewegung, die ein-<lb/>
tritt, wenn zwei in eine Flüssigkeit tauchende Metalle durch einen<lb/>
Schliessungsdraht mit einander in Verbindung gesetzt werden: in dem<lb/>
Maasse, als hier die elektrische Differenz zwischen den Metallen sich<lb/>
ausgleicht, muss sie durch die an den Berührungsstellen mit der Flüs-<lb/>
sigkeit vorhandenen elektromotorischen Kräfte wieder ersetzt werden,<lb/>
es muss daher ein continuirlicher, so lang die elektromotorischen<lb/>
Kräfte und die Bedingungen der Leitung sich nicht ändern, constanter<lb/>
Austausch beider Elektricitäten durch den Schliessungsdraht geschehen;<lb/>
in derselben Weise geschieht der Austausch, wenn die elektrische<lb/>
Differenz durch die ungleiche Erwärmung der Löthstellen verschiedener<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[454/0476] Von der Elektricität. aber das nämliche Spannungsgesetz wie für den Contact der Me- talle gilt. Man könnte die elektromotorische Kraft, welche zwei Metalle in einer Flüssig- keit annehmen, in derselben Weise bestimmen, wie wir bisher die erregte Elektricität gemessen haben: indem man nämlich die Metallplatten aus der Flüssigkeit entfernt und die Dichtigkeit der auf jeder angesammelten Elektricität ermittelt. Aber wir be- sitzen in diesem Fall ein weit wirksameres Mittel zur Messung der elektromotorischen Kraft in dem fortdauernden Strome, welcher entsteht, wenn man die beiden in die Flüssigkeit gesenkten Metalle durch einen leitenden Draht verbindet. Dieser Strom übt, wie wir in den folgenden Capiteln nachweisen werden, bestimmte Wirkungen theils innerhalb des Stromeskreises, theils in die Ferne aus. Nehmen wir nun die Metallplatten immer von gleicher Grösse und erhalten wir auch alle andern Bedin- gungen für die Bewegung der Elektricität constant, so geben jene vom Strom ausge- übten Wirkungen unmittelbar ein Maass ab für die Dichte der in jedem Augenblick auf den Metallplatten sich erneuernden freien Elektricität, d. h. für die Grösse der elektromotorischen Kraft. Da jedoch diese Methode die elektromotorische Kraft der Metalle in Flüssigkeiten zu messen von der Betrachtung der Bewegungsgesetze des Stroms sich nicht trennen lässt, so werden wir im nächsten Capitel auf sie zurück- kommen. Das nämliche gilt von der elektromotorischen Kraft der Thermoketten, über die wir hier nur bemerken wollen, dass das Volta’sche Spannungsgesetz, wornach die Ordnung der Metalle in der Spannungsreihe auch die relative Grösse der elektri- schen Erregung angibt, für die thermoelektrische Spannungsreihe gleichfalls zutrifft. Drittes Capitel. Bewegung der Elektricität. Die auf irgend einem Körper angesammelte Elektricität geräth, wie wir im 1. Capitel gesehen haben, in Bewegung, sobald ein lei- tender Körper in die Nähe kommt: es wird dann auf letzterem durch Influenz entgegengesetzte Elektricität erregt, die entgegengesetzten Elektricitäten ziehen aber sich an, und es stellt so, wenn die beiden Körper einander hinreichend nahe gekommen sind, ziemlich plötzlich durch Ineinanderfliessen beider Electricitäten der neutrale Zustand sich her. Den Act dieser Ausgleichnung bezeichnet man als den Ent- ladungsstrom. Anderer Art ist die Elektricitätsbewegung, die ein- tritt, wenn zwei in eine Flüssigkeit tauchende Metalle durch einen Schliessungsdraht mit einander in Verbindung gesetzt werden: in dem Maasse, als hier die elektrische Differenz zwischen den Metallen sich ausgleicht, muss sie durch die an den Berührungsstellen mit der Flüs- sigkeit vorhandenen elektromotorischen Kräfte wieder ersetzt werden, es muss daher ein continuirlicher, so lang die elektromotorischen Kräfte und die Bedingungen der Leitung sich nicht ändern, constanter Austausch beider Elektricitäten durch den Schliessungsdraht geschehen; in derselben Weise geschieht der Austausch, wenn die elektrische Differenz durch die ungleiche Erwärmung der Löthstellen verschiedener

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/476
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/476>, abgerufen am 23.04.2024.