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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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fünftes Buch.
Der Assenat
Fünftes Buch.

DIe sonne hatte mit ihren herfürbre-
chenden strahlen den Niel zu erleuch-
ten kaum begonnen: kaum hatte sie
desselben stille fluht zu vergülden ange-
fangen: kaum hatte sich ihr liebliches
antlitz über die spitzen des gebürges er-
hoben; als ein großes freudengetöhne die gantze könig-
liche stadt Memfis erfüllete. Die Trompeten warden
geblasen; die trummeln gerühret; die schällenspiele be-
weget; die zinken beseelet; die zittern geschlagen/ und
andere seitenspiele gespielet. Die Reichsstände warden
rege. Die Ritterschaft erhub sich. Mit einem großen
geschleppe zogen sie nach der Burg zu. Einieder war
aufs köstlichste gezieret/ aufs prächtigste geschmükket.
In diesem herlichen gepränge trahten sie in den Reichs-
saal. Da war der König/ mit den Reichsrähten/ schon
zugegen. Er saß auf einem köstlichen Reichsstuhle/
von hintenzu mit seinen Kammerherren und Hofjun-
kern ümringet. Auf der rechten hand hatte sich der He-
liopelsche Ertzbischof/ mit dem Reichskantzler/ und
Reichsschatzmeister/ niedergelaßen: und auf der linken
die Reichsrähte.

Als sie nun alle beisammen waren/ stund der Reichs-
kantzler auf/ und täht/ im nahmen des Königes/ an die
Reichsstände eine kurtzbündige rede. Darinnen gab er
ihnen den willen des Königes zu verstehen/ auch war-
üm er sie entbohten. Und diese rede beschlos er mit zwo
fragen: erstlich/ ob sie alle gesonnen weren den Josef
vor ihren Schaltkönig zu erkennen? darnach/ ob sie ihm

hul-
N ij
fuͤnftes Buch.
Der Aſſenat
Fuͤnftes Buch.

DIe ſonne hatte mit ihren herfuͤrbre-
chenden ſtrahlen den Niel zu erleuch-
ten kaum begonnen: kaum hatte ſie
deſſelben ſtille fluht zu verguͤlden ange-
fangen: kaum hatte ſich ihr liebliches
antlitz uͤber die ſpitzen des gebuͤrges er-
hoben; als ein großes freudengetoͤhne die gantze koͤnig-
liche ſtadt Memfis erfuͤllete. Die Trompeten warden
geblaſen; die trummeln geruͤhret; die ſchaͤllenſpiele be-
weget; die zinken beſeelet; die zittern geſchlagen/ und
andere ſeitenſpiele geſpielet. Die Reichsſtaͤnde warden
rege. Die Ritterſchaft erhub ſich. Mit einem großen
geſchleppe zogen ſie nach der Burg zu. Einieder war
aufs koͤſtlichſte gezieret/ aufs praͤchtigſte geſchmuͤkket.
In dieſem herlichen gepraͤnge trahten ſie in den Reichs-
ſaal. Da war der Koͤnig/ mit den Reichsraͤhten/ ſchon
zugegen. Er ſaß auf einem koͤſtlichen Reichsſtuhle/
von hintenzu mit ſeinen Kammerherren und Hofjun-
kern uͤmringet. Auf der rechten hand hatte ſich der He-
liopelſche Ertzbiſchof/ mit dem Reichskantzler/ und
Reichsſchatzmeiſter/ niedergelaßen: und auf der linken
die Reichsraͤhte.

Als ſie nun alle beiſammen waren/ ſtund der Reichs-
kantzler auf/ und taͤht/ im nahmen des Koͤniges/ an die
Reichsſtaͤnde eine kurtzbuͤndige rede. Darinnen gab er
ihnen den willen des Koͤniges zu verſtehen/ auch war-
uͤm er ſie entbohten. Und dieſe rede beſchlos er mit zwo
fragen: erſtlich/ ob ſie alle geſonnen weren den Joſef
vor ihren Schaltkoͤnig zu erkennen? darnach/ ob ſie ihm

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[195/0219] fuͤnftes Buch. Der Aſſenat Fuͤnftes Buch. DIe ſonne hatte mit ihren herfuͤrbre- chenden ſtrahlen den Niel zu erleuch- ten kaum begonnen: kaum hatte ſie deſſelben ſtille fluht zu verguͤlden ange- fangen: kaum hatte ſich ihr liebliches antlitz uͤber die ſpitzen des gebuͤrges er- hoben; als ein großes freudengetoͤhne die gantze koͤnig- liche ſtadt Memfis erfuͤllete. Die Trompeten warden geblaſen; die trummeln geruͤhret; die ſchaͤllenſpiele be- weget; die zinken beſeelet; die zittern geſchlagen/ und andere ſeitenſpiele geſpielet. Die Reichsſtaͤnde warden rege. Die Ritterſchaft erhub ſich. Mit einem großen geſchleppe zogen ſie nach der Burg zu. Einieder war aufs koͤſtlichſte gezieret/ aufs praͤchtigſte geſchmuͤkket. In dieſem herlichen gepraͤnge trahten ſie in den Reichs- ſaal. Da war der Koͤnig/ mit den Reichsraͤhten/ ſchon zugegen. Er ſaß auf einem koͤſtlichen Reichsſtuhle/ von hintenzu mit ſeinen Kammerherren und Hofjun- kern uͤmringet. Auf der rechten hand hatte ſich der He- liopelſche Ertzbiſchof/ mit dem Reichskantzler/ und Reichsſchatzmeiſter/ niedergelaßen: und auf der linken die Reichsraͤhte. Als ſie nun alle beiſammen waren/ ſtund der Reichs- kantzler auf/ und taͤht/ im nahmen des Koͤniges/ an die Reichsſtaͤnde eine kurtzbuͤndige rede. Darinnen gab er ihnen den willen des Koͤniges zu verſtehen/ auch war- uͤm er ſie entbohten. Und dieſe rede beſchlos er mit zwo fragen: erſtlich/ ob ſie alle geſonnen weren den Joſef vor ihren Schaltkoͤnig zu erkennen? darnach/ ob ſie ihm hul- N ij

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/219>, abgerufen am 28.03.2024.