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Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742.

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Glaubens, wornach wir in der Welt gerungen haben, ist in unsern
Händen. Hierüber bezeigte sich der selige Mann so vergnügt, daß
es diese Feder nicht genug ausdrücken kan.

§. 7.

Zum andern mal kam das Wörtgen vor in den schönen Wor-
ten, Röm. VIII, 26. Er, der Geist, selbst uperentugkhanei, vertrit
uns aufs beste.
Der Sterbende sagte abermal: uper, uper. Jch
sagte: Der Heilige Geist, als wahrer GOtt, kan freylich mehr und
besser für uns sprechen, als sonst iemand. Denn er ist 1) eine hö-
here Person. Auf der Welt legen manchmal Kinder, Alte, Frauen-
zimmer, hohe Personen, ein gut Wort ein, und bringens durch:
Aber der Heilige Geist weit besser. Denn er ist keine Person, mit
der man Mitleiden haben darf, er überredet nicht mit der Annehm-
lichkeit der Gestalt und Worte, sondern er dringet durch mit seiner
göttlichen Kraft. 2) Er hat eine bessere Sache. Wenn wir auf der
Welt etwas schlimm gemacht haben, und der Fürsprecher es selber
nicht gut heissen kan; so muß er sich endlich aufs Bitten legen.
Aber der Heilige Geist hat die schönste Sache. Derjenige, für den
er eine Bitte einleget, hat CHristum im Glauben ergriffen, damit
wird niemand vor GOttes Thron abgewiesen. 3) Er thuts in bes-
serer Form. Es brauchts hier nicht, sich vor GOtt zu demüthigen,
sondern er redet ein Macht-Wort, so ist alles gut. 4) Er gewin-
net mehr damit. Nicht etwas vergängliches, sondern die Gnade
GOttes, und mit derselbigen eine unaussprechliche Glückseligkeit.
Das heißt, eine solche Fürbitte einlegen, die über alles weggehet,
und weder ihres gleichen, noch etwas über sich hat.

§. 8.

Der Sterbende erinnerte sich der Worte Psalm LXVIII, 21.
Wir haben einen GOTT, der da hilft, und einen HErrn
HErrn, der vom Tode errettet:
darzu sagte er selbst die Hebräi-
schen Worte: tvtsvt tvml. Jch nahm diese Worte auf, und sag-
te sie erstlich teutsch: Aus dem Tode sind viel Herausführungen.
Hernach fuhr ich fort: GOTT hat viel Wege, da er uns aus dem
Tode herausführen kan. Manchen führet er aus dem Tode her-
aus kraft feiner Allmacht, als den Daniel und Jonas. Einen
andern vermöge seiner Weisheit, dergleichen er dem David mehr

als

Glaubens, wornach wir in der Welt gerungen haben, iſt in unſern
Haͤnden. Hieruͤber bezeigte ſich der ſelige Mann ſo vergnuͤgt, daß
es dieſe Feder nicht genug ausdruͤcken kan.

§. 7.

Zum andern mal kam das Woͤrtgen vor in den ſchoͤnen Wor-
ten, Roͤm. VIII, 26. Er, der Geiſt, ſelbſt ὑπερεντυγχάνει, vertrit
uns aufs beſte.
Der Sterbende ſagte abermal: ὑπὲρ, ὑπέρ. Jch
ſagte: Der Heilige Geiſt, als wahrer GOtt, kan freylich mehr und
beſſer fuͤr uns ſprechen, als ſonſt iemand. Denn er iſt 1) eine hoͤ-
here Perſon. Auf der Welt legen manchmal Kinder, Alte, Frauen-
zimmer, hohe Perſonen, ein gut Wort ein, und bringens durch:
Aber der Heilige Geiſt weit beſſer. Denn er iſt keine Perſon, mit
der man Mitleiden haben darf, er uͤberredet nicht mit der Annehm-
lichkeit der Geſtalt und Worte, ſondern er dringet durch mit ſeiner
goͤttlichen Kraft. 2) Er hat eine beſſere Sache. Wenn wir auf der
Welt etwas ſchlimm gemacht haben, und der Fuͤrſprecher es ſelber
nicht gut heiſſen kan; ſo muß er ſich endlich aufs Bitten legen.
Aber der Heilige Geiſt hat die ſchoͤnſte Sache. Derjenige, fuͤr den
er eine Bitte einleget, hat CHriſtum im Glauben ergriffen, damit
wird niemand vor GOttes Thron abgewieſen. 3) Er thuts in beſ-
ſerer Form. Es brauchts hier nicht, ſich vor GOtt zu demuͤthigen,
ſondern er redet ein Macht-Wort, ſo iſt alles gut. 4) Er gewin-
net mehr damit. Nicht etwas vergaͤngliches, ſondern die Gnade
GOttes, und mit derſelbigen eine unausſprechliche Gluͤckſeligkeit.
Das heißt, eine ſolche Fuͤrbitte einlegen, die uͤber alles weggehet,
und weder ihres gleichen, noch etwas uͤber ſich hat.

§. 8.

Der Sterbende erinnerte ſich der Worte Pſalm LXVIII, 21.
Wir haben einen GOTT, der da hilft, und einen HErrn
HErrn, der vom Tode errettet:
darzu ſagte er ſelbſt die Hebraͤi-
ſchen Worte: תואצות תומל. Jch nahm dieſe Worte auf, und ſag-
te ſie erſtlich teutſch: Aus dem Tode ſind viel Herausfuͤhrungen.
Hernach fuhr ich fort: GOTT hat viel Wege, da er uns aus dem
Tode herausfuͤhren kan. Manchen fuͤhret er aus dem Tode her-
aus kraft feiner Allmacht, als den Daniel und Jonas. Einen
andern vermoͤge ſeiner Weisheit, dergleichen er dem David mehr

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[7/0007] Glaubens, wornach wir in der Welt gerungen haben, iſt in unſern Haͤnden. Hieruͤber bezeigte ſich der ſelige Mann ſo vergnuͤgt, daß es dieſe Feder nicht genug ausdruͤcken kan. §. 7. Zum andern mal kam das Woͤrtgen vor in den ſchoͤnen Wor- ten, Roͤm. VIII, 26. Er, der Geiſt, ſelbſt ὑπερεντυγχάνει, vertrit uns aufs beſte. Der Sterbende ſagte abermal: ὑπὲρ, ὑπέρ. Jch ſagte: Der Heilige Geiſt, als wahrer GOtt, kan freylich mehr und beſſer fuͤr uns ſprechen, als ſonſt iemand. Denn er iſt 1) eine hoͤ- here Perſon. Auf der Welt legen manchmal Kinder, Alte, Frauen- zimmer, hohe Perſonen, ein gut Wort ein, und bringens durch: Aber der Heilige Geiſt weit beſſer. Denn er iſt keine Perſon, mit der man Mitleiden haben darf, er uͤberredet nicht mit der Annehm- lichkeit der Geſtalt und Worte, ſondern er dringet durch mit ſeiner goͤttlichen Kraft. 2) Er hat eine beſſere Sache. Wenn wir auf der Welt etwas ſchlimm gemacht haben, und der Fuͤrſprecher es ſelber nicht gut heiſſen kan; ſo muß er ſich endlich aufs Bitten legen. Aber der Heilige Geiſt hat die ſchoͤnſte Sache. Derjenige, fuͤr den er eine Bitte einleget, hat CHriſtum im Glauben ergriffen, damit wird niemand vor GOttes Thron abgewieſen. 3) Er thuts in beſ- ſerer Form. Es brauchts hier nicht, ſich vor GOtt zu demuͤthigen, ſondern er redet ein Macht-Wort, ſo iſt alles gut. 4) Er gewin- net mehr damit. Nicht etwas vergaͤngliches, ſondern die Gnade GOttes, und mit derſelbigen eine unausſprechliche Gluͤckſeligkeit. Das heißt, eine ſolche Fuͤrbitte einlegen, die uͤber alles weggehet, und weder ihres gleichen, noch etwas uͤber ſich hat. §. 8. Der Sterbende erinnerte ſich der Worte Pſalm LXVIII, 21. Wir haben einen GOTT, der da hilft, und einen HErrn HErrn, der vom Tode errettet: darzu ſagte er ſelbſt die Hebraͤi- ſchen Worte: תואצות תומל. Jch nahm dieſe Worte auf, und ſag- te ſie erſtlich teutſch: Aus dem Tode ſind viel Herausfuͤhrungen. Hernach fuhr ich fort: GOTT hat viel Wege, da er uns aus dem Tode herausfuͤhren kan. Manchen fuͤhret er aus dem Tode her- aus kraft feiner Allmacht, als den Daniel und Jonas. Einen andern vermoͤge ſeiner Weisheit, dergleichen er dem David mehr als

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Zitationshilfe: Schöttgen, Christian: Leben und letzte Stunden HERRN Christoph Theodosii Walthers. Halle, 1742, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/386596/7>, abgerufen am 28.03.2024.