Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silber, Wolfgang: Threnodia Parturientis. Görlitz, 1628.

Bild:
<< vorherige Seite

Gott einem seine HeVam/ (quae debet esse mater viventium) sein
Genes. 3. 20.liebes Weib/ mit welcher er eine friedliche Ehe besessen/ vnd
nu durch Gottes Segen Frewde/ vnd Leibes Erben mit jhr
zuerleben verhoffet/ von seiner Seitten durch den zeitlichen
todt hinweg nimmet.

Augustinus
de suo amico
quodam.
D. Augustinus schreibet von seiner bekandten einem/ wie
derselbe einen guten Freund verloren/ den er beklaget: Mein
Freund ist meine halbe Seele (dimidium animae meae) gewesen:
Denn ich habe vermercket/ Das meine vnd seine Seele eine
Seele in zweyen vnterschiedenen Leibern gewesen: Et ideo
horrori mihi erat vita, quia nolebam dimidius vivere.
Das ist:
Vnd ich hatte derohalben keine lust lenger zu leben/ denn ich
mochte nicht wie ein halber Mensch leben.

Bernhardus
de fratre suo
Gerhatdo.
Bernhardus/ da er seines Brudern Gerhards gedencket/
den er sehr lieb gehabt/ Jhme aber abgestorben war/ Da
schreibet er von jhm: Weil wir ein Hertz/ vnd eine Seele ge-
wesen/ & ipse quasialter ego; so ist ein zweyschneidend schwerd
durch beyder Seelen gegangen/ vnd hat vns von einander
gerissen: Et mediam partem collocavit in coelo, partem vero in coe[-]
no deseruit:
Das ist: Der halbe theil ist in den Himmel ver-
setzet/ der übrige theil aber auff Erden im koth geblieben:
Vnd ich bin das elende theil/ das hier im koth liegend blie-
Basilius Ma-
gnus.
ben ist. Daher auch der alte KirchenLehrer Basilius Ma-
gnus/
weyland Bischoff zu Caesarea/ nennet solche Eheschei-
dung dikhotomian/ als wenn das Hertz im Leibe zerschnitten/
Das eine theil in die Erden verscharret/ Das ander teil also
bluttend im Leibe hangen bliebe/ biß es ein wenig verheylet/
doch bald recrudesciren/ oder wieder auffreissen/ vnd schmir-
tzen köndte.

Simile.Die Gelehrten geben ein gleichnüß von einem zwiese-
lichten Räyßlein/ davon das eine abgeschliessen/ Das ander
aber/ ob es gleich auff frischem Stamme gelassen wird/ den-
noch immer ein Narben behelt/ vnd nimmers recht wieder
verwachsen wil[.] Also kan ein solcher Riß zwischen Ehe-
Leuten nicht balde verheylen/ noch überwunden werden.

Tu

Gott einem ſeine HeVam/ (quæ debet eſſe mater viventium) ſein
Geneſ. 3. 20.liebes Weib/ mit welcher er eine friedliche Ehe beſeſſen/ vnd
nu durch Gottes Segen Frewde/ vnd Leibes Erben mit jhr
zuerleben verhoffet/ von ſeiner Seitten durch den zeitlichen
todt hinweg nimmet.

Auguſtinus
de ſuo amico
quodam.
D. Auguſtinus ſchreibet von ſeiner bekandten einem/ wie
derſelbe einen guten Freund verloren/ den er beklaget: Mein
Freund iſt meine halbe Seele (dimidium animæ meæ) geweſen:
Denn ich habe vermercket/ Das meine vnd ſeine Seele eine
Seele in zweyen vnterſchiedenen Leibern geweſen: Et ideò
horrori mihi erat vita, quia nolebam dimidius vivere.
Das iſt:
Vnd ich hatte derohalben keine luſt lenger zu leben/ denn ich
mochte nicht wie ein halber Menſch leben.

Bernhardus
de fratre ſuo
Gerhatdo.
Bernhardus/ da er ſeines Brudern Gerhards gedencket/
den er ſehr lieb gehabt/ Jhme aber abgeſtorben war/ Da
ſchreibet er von jhm: Weil wir ein Hertz/ vnd eine Seele ge-
weſen/ & ipſe quaſialter ego; ſo iſt ein zweyſchneidend ſchwerd
durch beyder Seelen gegangen/ vnd hat vns von einander
geriſſen: Et mediam partem collocavit in cœlo, partem verò in cœ[-]
no deſeruit:
Das iſt: Der halbe theil iſt in den Himmel ver-
ſetzet/ der uͤbrige theil aber auff Erden im koth geblieben:
Vnd ich bin das elende theil/ das hier im koth liegend blie-
Baſilius Ma-
gnus.
ben iſt. Daher auch der alte KirchenLehrer Baſilius Ma-
gnus/
weyland Biſchoff zu Cæſarea/ nennet ſolche Eheſchei-
dung διχοτομίαν/ als wenn das Hertz im Leibe zerſchnitten/
Das eine theil in die Erden verſcharret/ Das ander teil alſo
bluttend im Leibe hangen bliebe/ biß es ein wenig verheylet/
doch bald recrudeſciren/ oder wieder auffreiſſen/ vnd ſchmir-
tzen koͤndte.

Simile.Die Gelehrten geben ein gleichnuͤß von einem zwieſe-
lichten Raͤyßlein/ davon das eine abgeſchlieſſen/ Das ander
aber/ ob es gleich auff friſchem Stamme gelaſſen wird/ den-
noch immer ein Narben behelt/ vnd nimmers recht wieder
verwachſen wil[.] Alſo kan ein ſolcher Riß zwiſchen Ehe-
Leuten nicht balde verheylen/ noch uͤberwunden werden.

Tu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0042" n="[42]"/>
Gott einem &#x017F;eine <hi rendition="#aq">HeVam/ <hi rendition="#i">(quæ debet e&#x017F;&#x017F;e mater viventium)</hi></hi> &#x017F;ein<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Gene&#x017F;.</hi> 3. 20.</note>liebes Weib/ mit welcher er eine friedliche Ehe be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en/ vnd<lb/>
nu durch Gottes Segen Frewde/ vnd Leibes Erben mit jhr<lb/>
zuerleben verhoffet/ von &#x017F;einer Seitten durch den zeitlichen<lb/>
todt hinweg nimmet.</p><lb/>
              <p><note place="left"><hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tinus<lb/>
de &#x017F;uo amico<lb/>
quodam.</hi></note><hi rendition="#aq">D. Augu&#x017F;tinus</hi> &#x017F;chreibet von &#x017F;einer bekandten einem/ wie<lb/>
der&#x017F;elbe einen guten Freund verloren/ den er beklaget: Mein<lb/>
Freund i&#x017F;t meine halbe Seele <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">dimidium animæ meæ</hi>)</hi> gewe&#x017F;en:<lb/>
Denn ich habe vermercket/ Das meine vnd &#x017F;eine Seele eine<lb/>
Seele in zweyen vnter&#x017F;chiedenen Leibern gewe&#x017F;en: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Et ideò<lb/>
horrori mihi erat vita, quia nolebam dimidius vivere.</hi></hi> <hi rendition="#fr">Das i&#x017F;t:</hi><lb/>
Vnd ich hatte derohalben keine lu&#x017F;t lenger zu leben/ denn ich<lb/>
mochte nicht wie ein halber Men&#x017F;ch leben.</p><lb/>
              <p><note place="left"><hi rendition="#aq">Bernhardus<lb/>
de fratre &#x017F;uo<lb/>
Gerhatdo.</hi></note><hi rendition="#aq">Bernhardus/</hi> da er &#x017F;eines Brudern <hi rendition="#aq">Gerhards</hi> gedencket/<lb/>
den er &#x017F;ehr lieb gehabt/ Jhme aber abge&#x017F;torben war/ Da<lb/>
&#x017F;chreibet er von jhm: Weil wir ein Hertz/ vnd eine Seele ge-<lb/>
we&#x017F;en/ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&amp; ip&#x017F;e qua&#x017F;ialter ego</hi>;</hi> &#x017F;o i&#x017F;t ein zwey&#x017F;chneidend &#x017F;chwerd<lb/>
durch beyder Seelen gegangen/ vnd hat vns von einander<lb/>
geri&#x017F;&#x017F;en: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Et mediam partem collocavit in c&#x0153;lo, partem verò in c&#x0153;<supplied>-</supplied><lb/>
no de&#x017F;eruit:</hi></hi> <hi rendition="#fr">Das i&#x017F;t:</hi> Der halbe theil i&#x017F;t in den Himmel ver-<lb/>
&#x017F;etzet/ der u&#x0364;brige theil aber auff Erden im koth geblieben:<lb/>
Vnd ich bin das elende theil/ das hier im koth liegend blie-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Ba&#x017F;ilius Ma-<lb/>
gnus.</hi></note>ben i&#x017F;t. Daher auch der alte KirchenLehrer <hi rendition="#aq">Ba&#x017F;ilius Ma-<lb/>
gnus/</hi> weyland Bi&#x017F;choff zu <hi rendition="#aq">&#x017F;area/</hi> nennet &#x017F;olche Ehe&#x017F;chei-<lb/>
dung &#x03B4;&#x03B9;&#x03C7;&#x03BF;&#x03C4;&#x03BF;&#x03BC;&#x03AF;&#x03B1;&#x03BD;/ als wenn das Hertz im Leibe zer&#x017F;chnitten/<lb/>
Das eine theil in die Erden ver&#x017F;charret/ Das ander teil al&#x017F;o<lb/>
bluttend im Leibe hangen bliebe/ biß es ein wenig verheylet/<lb/>
doch bald <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">recrude&#x017F;ciren/</hi></hi> oder wieder auffrei&#x017F;&#x017F;en/ vnd &#x017F;chmir-<lb/>
tzen ko&#x0364;ndte.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head/>
              <p><note place="left"><hi rendition="#aq">Simile.</hi></note>Die Gelehrten geben ein gleichnu&#x0364;ß von einem zwie&#x017F;e-<lb/>
lichten Ra&#x0364;yßlein/ davon das eine abge&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ Das ander<lb/>
aber/ ob es gleich auff fri&#x017F;chem Stamme gela&#x017F;&#x017F;en wird/ den-<lb/>
noch immer ein Narben behelt/ vnd nimmers recht wieder<lb/>
verwach&#x017F;en wil<supplied>.</supplied> Al&#x017F;o kan ein &#x017F;olcher Riß zwi&#x017F;chen Ehe-<lb/>
Leuten nicht balde verheylen/ noch u&#x0364;berwunden werden.</p><lb/>
              <fw type="catch" place="bottom"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Tu</hi> </hi> </fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[42]/0042] Gott einem ſeine HeVam/ (quæ debet eſſe mater viventium) ſein liebes Weib/ mit welcher er eine friedliche Ehe beſeſſen/ vnd nu durch Gottes Segen Frewde/ vnd Leibes Erben mit jhr zuerleben verhoffet/ von ſeiner Seitten durch den zeitlichen todt hinweg nimmet. Geneſ. 3. 20. D. Auguſtinus ſchreibet von ſeiner bekandten einem/ wie derſelbe einen guten Freund verloren/ den er beklaget: Mein Freund iſt meine halbe Seele (dimidium animæ meæ) geweſen: Denn ich habe vermercket/ Das meine vnd ſeine Seele eine Seele in zweyen vnterſchiedenen Leibern geweſen: Et ideò horrori mihi erat vita, quia nolebam dimidius vivere. Das iſt: Vnd ich hatte derohalben keine luſt lenger zu leben/ denn ich mochte nicht wie ein halber Menſch leben. Auguſtinus de ſuo amico quodam. Bernhardus/ da er ſeines Brudern Gerhards gedencket/ den er ſehr lieb gehabt/ Jhme aber abgeſtorben war/ Da ſchreibet er von jhm: Weil wir ein Hertz/ vnd eine Seele ge- weſen/ & ipſe quaſialter ego; ſo iſt ein zweyſchneidend ſchwerd durch beyder Seelen gegangen/ vnd hat vns von einander geriſſen: Et mediam partem collocavit in cœlo, partem verò in cœ- no deſeruit: Das iſt: Der halbe theil iſt in den Himmel ver- ſetzet/ der uͤbrige theil aber auff Erden im koth geblieben: Vnd ich bin das elende theil/ das hier im koth liegend blie- ben iſt. Daher auch der alte KirchenLehrer Baſilius Ma- gnus/ weyland Biſchoff zu Cæſarea/ nennet ſolche Eheſchei- dung διχοτομίαν/ als wenn das Hertz im Leibe zerſchnitten/ Das eine theil in die Erden verſcharret/ Das ander teil alſo bluttend im Leibe hangen bliebe/ biß es ein wenig verheylet/ doch bald recrudeſciren/ oder wieder auffreiſſen/ vnd ſchmir- tzen koͤndte. Bernhardus de fratre ſuo Gerhatdo. Baſilius Ma- gnus. Die Gelehrten geben ein gleichnuͤß von einem zwieſe- lichten Raͤyßlein/ davon das eine abgeſchlieſſen/ Das ander aber/ ob es gleich auff friſchem Stamme gelaſſen wird/ den- noch immer ein Narben behelt/ vnd nimmers recht wieder verwachſen wil. Alſo kan ein ſolcher Riß zwiſchen Ehe- Leuten nicht balde verheylen/ noch uͤberwunden werden. Simile. Tu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/509956
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/509956/42
Zitationshilfe: Silber, Wolfgang: Threnodia Parturientis. Görlitz, 1628, S. [42]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/509956/42>, abgerufen am 29.03.2024.