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Fabricus, Elias: Letzte Ehren-Bekräntzung. Brieg, 1669.

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übeler disponiret seyn/ alß da wir uns niederlegten. Jn
Summa wir müssen gestehen/ was der Grichische Gesetzt-
geber Solon schreibet: Tota nostra vita calamitasest,Sir. 40.
v.
1.

unser gantz Leben ist voll Jammer: Oder wie der frome Hauß-
Lehrer redet: Es ist ein elend jämmerlich Ding umb aller
Menschen Leben/ von Mutter-Leibe an. Welches auch der
Gottsfürchtige Bischoff zu Hypon bejahet mit diesen worten:
Tantis malis repleta esthaec vita ut comparatio-Augustinus.
ne eorum, Mors remedium videatur non paena:
Jst doch dieses Leben mit so viel unglück und übel angefüllet/
daß in betrachtung dessen der Todt/ vielmehr vor eine bewehr-
te Artzney/ alß etwa vor einige Straffe zu halten. Wer
kan sich denn nun mit guttem fug und recht über den Todt be-
schweren/ und ihn vor das erschrecklichste Ding halten[?] Weil
wir durch denselben von allem vorhero erzehlten Beschwer/ Jam-
mer und Elend entrissen werden/ zu unzerstörlicher Ruhe kom-
men/ und die wahre Glücksäligkeit erreichen[?] Hat doch der
mehr als wohlberedte Cicero (welcher nur ein Heyde und
von der rechten Säligkeit keine gründliche Wissenschaft herge-
gen von der Natur vortrefliche Gaben gehabt) dafür gehalten
und geschlossen: Non male actum esse cum iis qui-
bus licitum est vitam cum morte commutare,
daß
denen gar nicht übel geschehe/ welche dieses Zeitliche Leben mit
dem Tode verwechseln. Ja/ wendet aber die Menschliche
Vernunft ein und saget: Es ist gleichwol das Leben lieb und
dem Menschen in die Natur gepflantzet/ daß er sich vor dem
Tode entsetzet/ zumal wenn er noch in seiner blühenden Jugend
ist. Ach es ist doch gar zu kläglich und erbärmlich wenn ein
schönes junges Blutt so bald verblassen/ und in die schwartze

Erden

uͤbeler diſponiret ſeyn/ alß da wir uns niederlegten. Jn
Summa wir muͤſſen geſtehen/ was der Grichiſche Geſetzt-
geber Solon ſchreibet: Tota noſtra vita calamitaseſt,Sir. 40.
v.
1.

unſer gantz Leben iſt voll Jammer: Oder wie der frome Hauß-
Lehrer redet: Es iſt ein elend jaͤmmerlich Ding umb aller
Menſchen Leben/ von Mutter-Leibe an. Welches auch der
Gottsfuͤrchtige Biſchoff zu Hypon bejahet mit dieſen worten:
Tantis malis repleta eſthæc vita ut comparatio-Auguſtinus.
ne eorum, Mors remedium videatur non pæna:
Jſt doch dieſes Leben mit ſo viel ungluͤck und uͤbel angefuͤllet/
daß in betrachtung deſſen der Todt/ vielmehr vor eine bewehr-
te Artzney/ alß etwa vor einige Straffe zu halten. Wer
kan ſich denn nun mit guttem fug und recht uͤber den Todt be-
ſchweren/ und ihn vor das erſchrecklichſte Ding halten[?] Weil
wir durch denſelben von allem vorhero erzehlten Beſchwer/ Jam-
mer und Elend entriſſen werden/ zu unzerſtoͤrlicher Ruhe kom-
men/ und die wahre Gluͤckſaͤligkeit erreichen[?] Hat doch der
mehr als wohlberedte Cicero (welcher nur ein Heyde und
von der rechten Saͤligkeit keine gruͤndliche Wiſſenſchaft herge-
gen von der Natur vortrefliche Gaben gehabt) dafuͤr gehalten
und geſchloſſen: Non male actum eſſe cum iis qui-
bus licitum eſt vitam cum morte commutare,
daß
denen gar nicht uͤbel geſchehe/ welche dieſes Zeitliche Leben mit
dem Tode verwechſeln. Ja/ wendet aber die Menſchliche
Vernunft ein und ſaget: Es iſt gleichwol das Leben lieb und
dem Menſchen in die Natur gepflantzet/ daß er ſich vor dem
Tode entſetzet/ zumal wenn er noch in ſeiner bluͤhenden Jugend
iſt. Ach es iſt doch gar zu klaͤglich und erbaͤrmlich wenn ein
ſchoͤnes junges Blutt ſo bald verblaſſen/ und in die ſchwartze

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[[7]/0007] uͤbeler diſponiret ſeyn/ alß da wir uns niederlegten. Jn Summa wir muͤſſen geſtehen/ was der Grichiſche Geſetzt- geber Solon ſchreibet: Tota noſtra vita calamitaseſt, unſer gantz Leben iſt voll Jammer: Oder wie der frome Hauß- Lehrer redet: Es iſt ein elend jaͤmmerlich Ding umb aller Menſchen Leben/ von Mutter-Leibe an. Welches auch der Gottsfuͤrchtige Biſchoff zu Hypon bejahet mit dieſen worten: Tantis malis repleta eſthæc vita ut comparatio- ne eorum, Mors remedium videatur non pæna: Jſt doch dieſes Leben mit ſo viel ungluͤck und uͤbel angefuͤllet/ daß in betrachtung deſſen der Todt/ vielmehr vor eine bewehr- te Artzney/ alß etwa vor einige Straffe zu halten. Wer kan ſich denn nun mit guttem fug und recht uͤber den Todt be- ſchweren/ und ihn vor das erſchrecklichſte Ding halten? Weil wir durch denſelben von allem vorhero erzehlten Beſchwer/ Jam- mer und Elend entriſſen werden/ zu unzerſtoͤrlicher Ruhe kom- men/ und die wahre Gluͤckſaͤligkeit erreichen? Hat doch der mehr als wohlberedte Cicero (welcher nur ein Heyde und von der rechten Saͤligkeit keine gruͤndliche Wiſſenſchaft herge- gen von der Natur vortrefliche Gaben gehabt) dafuͤr gehalten und geſchloſſen: Non male actum eſſe cum iis qui- bus licitum eſt vitam cum morte commutare, daß denen gar nicht uͤbel geſchehe/ welche dieſes Zeitliche Leben mit dem Tode verwechſeln. Ja/ wendet aber die Menſchliche Vernunft ein und ſaget: Es iſt gleichwol das Leben lieb und dem Menſchen in die Natur gepflantzet/ daß er ſich vor dem Tode entſetzet/ zumal wenn er noch in ſeiner bluͤhenden Jugend iſt. Ach es iſt doch gar zu klaͤglich und erbaͤrmlich wenn ein ſchoͤnes junges Blutt ſo bald verblaſſen/ und in die ſchwartze Erden Sir. 40. v. 1. Auguſtinus.

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Zitationshilfe: Fabricus, Elias: Letzte Ehren-Bekräntzung. Brieg, 1669, S. [7]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/510954/7>, abgerufen am 19.04.2024.