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Droschki, Wolfgang: Senium calamitosum Leid vnd Beschwerligkeit Menschliches Alters. Wittenberg, 1612.

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Christliche LeichPredigt.
sionis, ein vorfallung/ wenn/ spricht er/ die Thür auff
der Gassen geschlossen werden/ das die Stimm
der Müllerin leise wird/ vnd erwacht wenn der
Vogel singet.
Die Gassen bedeut das Antlitz/ das ist amPlatia.
Menschen Sichtbar wie ein offene Gassen/ es wird nicht
bedeckt wie ander theil des Leibes/ die Thür ist der Mund/Ostium.
der ist die Thür vnd eingang des Leibes/ so wol im Reden
der außgang/ denn wessen das Hertz vol ist/ gehet der
Mundt vber/ sagt Christus selbst Lucae. am 6. Cap. Vnd
hat mannich Mensch/ mancher seuberlicher Mann vnnd
Jüngling/ manniche tugendsame Fraw vnd Jungfraw
gar ein schöne Thür/ gar ein zierliche gaß/ ein schönen roten
Mundt/ ein schönes zartes klares Andlitz/ sie sind holdseeli-
ge Bilde/ helle Spiegel/ in massen die Königin Esther/ wie in
jhrem Büchlein am 2. zulesen/ nicht mus die grewlichst ge-
wesen sein/ weil sie allen Jungfrawen auß 127. Lendern vor-
gezogen worden. Job/ wie in seinem Buch am 42. stehet/ hat
töchter/ dehrer gleiche an schönheit in allen Landen nicht zu
finden. Ezechielis am 24. nennet Gott selbs des Prophe-
ten Weib Machemad Enaecha, eine Augenlust/ Hertzens-
trost/ besten Schatz/ daher auch die Türcken jhres Lügengeists
vnd Abgotsnahmen entlehnet/ vnd in Machomet, den ge-
wünschten/ den geliebten/ an den jederman lust vnd frewde habe/
genennet/ vnd Pythagoras der Philosophus sol so schön
gewesen sein/ das jhn seine Schüler vor den Gott Apolli-
nen, qui ex Hyperboreis venisset,
gehalten haben: Aber

Forma bonum fragile est, quantumque accedit ad annos
Fit minor & spatio carpitur ipsa suo.

Wann der Mensch wird alt/ so wird er gantz vnd gar vn-

gestalt/
C

Chriſtliche LeichPredigt.
ſionis, ein vorfallung/ wenn/ ſpricht er/ die Thuͤr auff
der Gaſſen geſchloſſen werden/ das die Stimm
der Muͤllerin leiſe wird/ vnd erwacht wenn der
Vogel ſinget.
Die Gaſſen bedeut das Antlitz/ das iſt amPlatia.
Menſchen Sichtbar wie ein offene Gaſſen/ es wird nicht
bedeckt wie ander theil des Leibes/ die Thuͤr iſt der Mund/Oſtium.
der iſt die Thuͤr vnd eingang des Leibes/ ſo wol im Reden
der außgang/ denn weſſen das Hertz vol iſt/ gehet der
Mundt vber/ ſagt Chriſtus ſelbſt Lucæ. am 6. Cap. Vnd
hat mannich Menſch/ mancher ſeuberlicher Mann vnnd
Juͤngling/ manniche tugendſame Fraw vnd Jungfraw
gar ein ſchoͤne Thuͤr/ gar ein zierliche gaß/ ein ſchoͤnen roten
Mundt/ ein ſchoͤnes zartes klares Andlitz/ ſie ſind holdſeeli-
ge Bilde/ helle Spiegel/ in maſſen die Koͤnigin Eſther/ wie in
jhrem Buͤchlein am 2. zuleſen/ nicht mus die grewlichſt ge-
weſen ſein/ weil ſie allen Jungfrawen auß 127. Lendern vor-
gezogen worden. Job/ wie in ſeinem Buch am 42. ſtehet/ hat
toͤchter/ dehrer gleiche an ſchoͤnheit in allen Landen nicht zu
finden. Ezechielis am 24. nennet Gott ſelbs des Prophe-
ten Weib Machemad Enæcha, eine Augenluſt/ Hertzens-
troſt/ beſten Schatz/ daher auch die Tuͤrcken jhres Luͤgengeiſts
vnd Abgotsnahmen entlehnet/ vnd in Machomet, den ge-
wuͤnſchten/ den geliebten/ an den jederman luſt vnd frewde habe/
genennet/ vnd Pythagoras der Philoſophus ſol ſo ſchoͤn
geweſen ſein/ das jhn ſeine Schuͤler vor den Gott Apolli-
nen, qui ex Hyperboreis veniſſet,
gehalten haben: Aber

Forma bonum fragile est, quantumque accedit ad annos
Fit minor & ſpatio carpitur ipſa ſuo.

Wann der Menſch wird alt/ ſo wird er gantz vnd gar vn-

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[15/0017] Chriſtliche LeichPredigt. ſionis, ein vorfallung/ wenn/ ſpricht er/ die Thuͤr auff der Gaſſen geſchloſſen werden/ das die Stimm der Muͤllerin leiſe wird/ vnd erwacht wenn der Vogel ſinget. Die Gaſſen bedeut das Antlitz/ das iſt am Menſchen Sichtbar wie ein offene Gaſſen/ es wird nicht bedeckt wie ander theil des Leibes/ die Thuͤr iſt der Mund/ der iſt die Thuͤr vnd eingang des Leibes/ ſo wol im Reden der außgang/ denn weſſen das Hertz vol iſt/ gehet der Mundt vber/ ſagt Chriſtus ſelbſt Lucæ. am 6. Cap. Vnd hat mannich Menſch/ mancher ſeuberlicher Mann vnnd Juͤngling/ manniche tugendſame Fraw vnd Jungfraw gar ein ſchoͤne Thuͤr/ gar ein zierliche gaß/ ein ſchoͤnen rotẽ Mundt/ ein ſchoͤnes zartes klares Andlitz/ ſie ſind holdſeeli- ge Bilde/ helle Spiegel/ in maſſẽ die Koͤnigin Eſther/ wie in jhrem Buͤchlein am 2. zuleſen/ nicht mus die grewlichſt ge- weſen ſein/ weil ſie allen Jungfrawẽ auß 127. Lendern vor- gezogen wordẽ. Job/ wie in ſeinem Buch am 42. ſtehet/ hat toͤchter/ dehrer gleiche an ſchoͤnheit in allen Landẽ nicht zu finden. Ezechielis am 24. nennet Gott ſelbs des Prophe- ten Weib Machemad Enæcha, eine Augenluſt/ Hertzens- troſt/ beſtẽ Schatz/ daher auch die Tuͤrckẽ jhres Luͤgẽgeiſts vñ Abgotsnahmen entlehnet/ vnd in Machomet, den ge- wuͤnſchtẽ/ den geliebten/ an dẽ jederman luſt vñ frewde habe/ genennet/ vnd Pythagoras der Philoſophus ſol ſo ſchoͤn geweſen ſein/ das jhn ſeine Schuͤler vor den Gott Apolli- nẽ, qui ex Hyperboreis veniſſet, gehalten haben: Aber Platia. Oſtium. Forma bonum fragile est, quantumꝙ́ accedit ad annos Fit minor & ſpatio carpitur ipſa ſuo. Wann der Menſch wird alt/ ſo wird er gantz vnd gar vn- geſtalt/ C

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Zitationshilfe: Droschki, Wolfgang: Senium calamitosum Leid vnd Beschwerligkeit Menschliches Alters. Wittenberg, 1612, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/527017/17>, abgerufen am 16.04.2024.