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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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Eine Pause trat ein. Die Stirn des Staats¬
manns schien heller zu werden, der neue Beamte
hatte seinen Vorgesetzten wenigstens so weit studirt,
um zu wissen, wann es an der Zeit sei zu Einwen¬
dungen, wann zu Vorstellungen. Eine geschickt an¬
gebrachte Schmeichelei verträgt auch der gradeste Ehren¬
mann. Er hub damit an, seines Freundes gute
Eigenschaften gegen seine Schattenseiten abzuwägen.
Seine Kenntnisse, seine Begabung, seinen feurigen
Willen für das Vaterland konnte er mit mehr Wärme
und Bewußtsein an's Licht stellen. Er ging diplo¬
matisch darauf über zu dem glücklichen Blick, der
diese Vorzüge erkannt, ihnen den richtigen Wirkungs¬
kreis angewiesen, Talente, die ohnedem wahrscheinlich
untergegangen wären; Talente, die aber richtig ge¬
nutzt, gerade so, wie der Minister beabsichtigte, noch
günstiger wirken könnten. Ein junger Mann von
Stande, von der persönlichen Begabung, jetzt, wo es
Alles gelte, unter die Puppen und Schranzen gestellt,
könne viele üble Einflüsse am Hofe paralysiren. Wenn
sein schönes Auge die verwüsteten Hofleute lange an¬
blicke, habe er oft bemerkt, daß sie den Blick nicht
aushielten. Auch der Einfluß, den er auf Frauen
übe, sei nicht zu gering anzuschlagen. Vielleicht, daß
selbst Ihre Majestät, wenn sie sich überzeugt, daß Bo¬
villard besser als sein Ruf sei, ihm eine Stütze sein
und in ihm am Hofe eine Stütze finden werde ge¬
gen die Schaalheit und Feigheit der Blasirten. End¬
lich, schloß er, daß, wenn kein anderes Hinderniß

Eine Pauſe trat ein. Die Stirn des Staats¬
manns ſchien heller zu werden, der neue Beamte
hatte ſeinen Vorgeſetzten wenigſtens ſo weit ſtudirt,
um zu wiſſen, wann es an der Zeit ſei zu Einwen¬
dungen, wann zu Vorſtellungen. Eine geſchickt an¬
gebrachte Schmeichelei verträgt auch der gradeſte Ehren¬
mann. Er hub damit an, ſeines Freundes gute
Eigenſchaften gegen ſeine Schattenſeiten abzuwägen.
Seine Kenntniſſe, ſeine Begabung, ſeinen feurigen
Willen für das Vaterland konnte er mit mehr Wärme
und Bewußtſein an's Licht ſtellen. Er ging diplo¬
matiſch darauf über zu dem glücklichen Blick, der
dieſe Vorzüge erkannt, ihnen den richtigen Wirkungs¬
kreis angewieſen, Talente, die ohnedem wahrſcheinlich
untergegangen wären; Talente, die aber richtig ge¬
nutzt, gerade ſo, wie der Miniſter beabſichtigte, noch
günſtiger wirken könnten. Ein junger Mann von
Stande, von der perſönlichen Begabung, jetzt, wo es
Alles gelte, unter die Puppen und Schranzen geſtellt,
könne viele üble Einflüſſe am Hofe paralyſiren. Wenn
ſein ſchönes Auge die verwüſteten Hofleute lange an¬
blicke, habe er oft bemerkt, daß ſie den Blick nicht
aushielten. Auch der Einfluß, den er auf Frauen
übe, ſei nicht zu gering anzuſchlagen. Vielleicht, daß
ſelbſt Ihre Majeſtät, wenn ſie ſich überzeugt, daß Bo¬
villard beſſer als ſein Ruf ſei, ihm eine Stütze ſein
und in ihm am Hofe eine Stütze finden werde ge¬
gen die Schaalheit und Feigheit der Blaſirten. End¬
lich, ſchloß er, daß, wenn kein anderes Hinderniß

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[31/0041] Eine Pauſe trat ein. Die Stirn des Staats¬ manns ſchien heller zu werden, der neue Beamte hatte ſeinen Vorgeſetzten wenigſtens ſo weit ſtudirt, um zu wiſſen, wann es an der Zeit ſei zu Einwen¬ dungen, wann zu Vorſtellungen. Eine geſchickt an¬ gebrachte Schmeichelei verträgt auch der gradeſte Ehren¬ mann. Er hub damit an, ſeines Freundes gute Eigenſchaften gegen ſeine Schattenſeiten abzuwägen. Seine Kenntniſſe, ſeine Begabung, ſeinen feurigen Willen für das Vaterland konnte er mit mehr Wärme und Bewußtſein an's Licht ſtellen. Er ging diplo¬ matiſch darauf über zu dem glücklichen Blick, der dieſe Vorzüge erkannt, ihnen den richtigen Wirkungs¬ kreis angewieſen, Talente, die ohnedem wahrſcheinlich untergegangen wären; Talente, die aber richtig ge¬ nutzt, gerade ſo, wie der Miniſter beabſichtigte, noch günſtiger wirken könnten. Ein junger Mann von Stande, von der perſönlichen Begabung, jetzt, wo es Alles gelte, unter die Puppen und Schranzen geſtellt, könne viele üble Einflüſſe am Hofe paralyſiren. Wenn ſein ſchönes Auge die verwüſteten Hofleute lange an¬ blicke, habe er oft bemerkt, daß ſie den Blick nicht aushielten. Auch der Einfluß, den er auf Frauen übe, ſei nicht zu gering anzuſchlagen. Vielleicht, daß ſelbſt Ihre Majeſtät, wenn ſie ſich überzeugt, daß Bo¬ villard beſſer als ſein Ruf ſei, ihm eine Stütze ſein und in ihm am Hofe eine Stütze finden werde ge¬ gen die Schaalheit und Feigheit der Blaſirten. End¬ lich, ſchloß er, daß, wenn kein anderes Hinderniß

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/41>, abgerufen am 24.04.2024.