Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Will lieber bleibe ganz alley,
Kei Wittma' mag ih nit nemme." --
Der Vater sprach: "Du mußte ha,
Ih thu di nit lang frage.
Er ließ sie au zusamme bald,
Die Tochter mit dem alte Ma,
Zu ihrem gröste Schade.
Sie wurde krank wohl a der Stätt,
Ma muß sie legen i das Bett,
Empfindt sie Weh und Schmerze.
Sie war so voller Kümmerniß,
Und durf's au Niemed klage,
Wenn sie sonoft as Goldstück denkt,
Wo nihre der Färber hätt gebe.
Sie wurdi krank und kränker je,
Thät nimmer uferstehe. --
Zu Preuß dort in der Rosen, am Tag,
Bey der Nacht hätt er sie g'sehn.
Er hört sie klägeli weine.
Er sieht sie ineme weise Kleid,
"Das ist mi Brut, ihr helle Schei
Was ist ihr doch geschehe?!"
Und dones morndriges Tages war,
Er ließ si setze uf die Post,
Hhut nacher Moldau jage.
Allein er kommt ja viel zu spat,
Si Braut ist scho vergrabe. --
Er goht wohl uf de Kilihof,
Nimmt Haue und Spad so viel er mag,
Er thut si nit lang weile,
Er grabt die Todtebahr heraus,

Will lieber bleibe ganz alley,
Kei Wittma' mag ih nit nemme.“ —
Der Vater ſprach: „Du mußte ha,
Ih thu di nit lang frage.
Er ließ ſie au zuſamme bald,
Die Tochter mit dem alte Ma,
Zu ihrem groͤſte Schade.
Sie wurde krank wohl a der Staͤtt,
Ma muß ſie legen i das Bett,
Empfindt ſie Weh und Schmerze.
Sie war ſo voller Kuͤmmerniß,
Und durf's au Niemed klage,
Wenn ſie ſonoft as Goldſtuͤck denkt,
Wo nihre der Faͤrber haͤtt gebe.
Sie wurdi krank und kraͤnker je,
Thaͤt nimmer uferſtehe. —
Zu Preuß dort in der Roſen, am Tag,
Bey der Nacht haͤtt er ſie g'ſehn.
Er hoͤrt ſie klaͤgeli weine.
Er ſieht ſie ineme weiſe Kleid,
„Das iſt mi Brut, ihr helle Schei
Was iſt ihr doch geſchehe?!“
Und dones morndriges Tages war,
Er ließ ſi ſetze uf die Poſt,
Hhut nacher Moldau jage.
Allein er kommt ja viel zu ſpat,
Si Braut iſt ſcho vergrabe. —
Er goht wohl uf de Kilihof,
Nimmt Haue und Spad ſo viel er mag,
Er thut ſi nit lang weile,
Er grabt die Todtebahr heraus,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <pb facs="#f0312" n="300"/>
              <l>Will lieber bleibe ganz alley,</l><lb/>
              <l>Kei Wittma' mag ih nit nemme.&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
              <l>Der Vater &#x017F;prach: &#x201E;Du mußte ha,</l><lb/>
              <l>Ih thu di nit lang frage.</l><lb/>
              <l>Er ließ &#x017F;ie au zu&#x017F;amme bald,</l><lb/>
              <l>Die Tochter mit dem alte Ma,</l><lb/>
              <l>Zu ihrem gro&#x0364;&#x017F;te Schade.</l><lb/>
              <l>Sie wurde krank wohl a der Sta&#x0364;tt,</l><lb/>
              <l>Ma muß &#x017F;ie legen i das Bett,</l><lb/>
              <l>Empfindt &#x017F;ie Weh und Schmerze.</l><lb/>
              <l>Sie war &#x017F;o voller Ku&#x0364;mmerniß,</l><lb/>
              <l>Und durf's au Niemed klage,</l><lb/>
              <l>Wenn &#x017F;ie &#x017F;onoft as Gold&#x017F;tu&#x0364;ck denkt,</l><lb/>
              <l>Wo nihre der Fa&#x0364;rber ha&#x0364;tt gebe.</l><lb/>
              <l>Sie wurdi krank und kra&#x0364;nker je,</l><lb/>
              <l>Tha&#x0364;t nimmer ufer&#x017F;tehe. &#x2014;</l><lb/>
              <l>Zu Preuß dort in der Ro&#x017F;en, am Tag,</l><lb/>
              <l>Bey der Nacht ha&#x0364;tt er &#x017F;ie g'&#x017F;ehn.</l><lb/>
              <l>Er ho&#x0364;rt &#x017F;ie kla&#x0364;geli weine.</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;ieht &#x017F;ie ineme wei&#x017F;e Kleid,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das i&#x017F;t mi Brut, ihr helle Schei</l><lb/>
              <l>Was i&#x017F;t ihr doch ge&#x017F;chehe?!&#x201C;</l><lb/>
              <l>Und dones morndriges Tages war,</l><lb/>
              <l>Er ließ &#x017F;i &#x017F;etze uf die Po&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Hhut nacher Moldau jage.</l><lb/>
              <l>Allein er kommt ja viel zu &#x017F;pat,</l><lb/>
              <l>Si Braut i&#x017F;t &#x017F;cho vergrabe. &#x2014;</l><lb/>
              <l>Er goht wohl uf de Kilihof,</l><lb/>
              <l>Nimmt Haue und Spad &#x017F;o viel er mag,</l><lb/>
              <l>Er thut &#x017F;i nit lang weile,</l><lb/>
              <l>Er grabt die Todtebahr heraus,</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[300/0312] Will lieber bleibe ganz alley, Kei Wittma' mag ih nit nemme.“ — Der Vater ſprach: „Du mußte ha, Ih thu di nit lang frage. Er ließ ſie au zuſamme bald, Die Tochter mit dem alte Ma, Zu ihrem groͤſte Schade. Sie wurde krank wohl a der Staͤtt, Ma muß ſie legen i das Bett, Empfindt ſie Weh und Schmerze. Sie war ſo voller Kuͤmmerniß, Und durf's au Niemed klage, Wenn ſie ſonoft as Goldſtuͤck denkt, Wo nihre der Faͤrber haͤtt gebe. Sie wurdi krank und kraͤnker je, Thaͤt nimmer uferſtehe. — Zu Preuß dort in der Roſen, am Tag, Bey der Nacht haͤtt er ſie g'ſehn. Er hoͤrt ſie klaͤgeli weine. Er ſieht ſie ineme weiſe Kleid, „Das iſt mi Brut, ihr helle Schei Was iſt ihr doch geſchehe?!“ Und dones morndriges Tages war, Er ließ ſi ſetze uf die Poſt, Hhut nacher Moldau jage. Allein er kommt ja viel zu ſpat, Si Braut iſt ſcho vergrabe. — Er goht wohl uf de Kilihof, Nimmt Haue und Spad ſo viel er mag, Er thut ſi nit lang weile, Er grabt die Todtebahr heraus,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/312
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/312>, abgerufen am 25.04.2024.