Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
Frau Rath.


Geh' Sie doch mit Ihren Vorwürfen; -- das ant-
wort' ich Ihr auf Ihre Nachschrift, und sonst nichts.

Jetzt rath' Sie einmal was der Schneider für mich
macht. Ein Andrieng! -- Nein! Eine Kontusche? --
Nein! Einen Joppel? -- Nein! Eine Mantille? --
Nein! Ein paar Boschen? -- Nein! Einen Reif-
rock? -- Nein! Einen Schlepprock? -- Nein! Ein
paar Hosen? -- Ja! -- Vivat -- jetzt kommen andre
Zeiten angerückt, -- und auch eine Weste und ein
Überrock dazu. Morgen wird alles anprobirt, es wird
schon sitzen, denn ich hab' mir alles bequem und weit
bestellt, und dann werf' ich mich in eine Chaise und
reise Tag und Nacht Courier durch die ganzen Ar-
meen zwischen Feind und Freund durch; alle Festungen
thun sich vor mir auf und so geht's fort bis Berlin,
wo einige Geschäfte abgemacht werden, die mich nichts
angehn. Aber dann geht's eilig zurück und wird nicht
eher Halt gemacht bis Weimar. O Frau Rath, wie
wird's denn dort aussehen? -- mir klopft das Herz
gewaltig, obschon ich noch bis zu Ende April reisen
kann, ehe ich dort hinkomme. Wird mein Herz auch

Frau Rath.


Geh' Sie doch mit Ihren Vorwürfen; — das ant-
wort' ich Ihr auf Ihre Nachſchrift, und ſonſt nichts.

Jetzt rath' Sie einmal was der Schneider für mich
macht. Ein Andrieng! — Nein! Eine Kontuſche? —
Nein! Einen Joppel? — Nein! Eine Mantille? —
Nein! Ein paar Boſchen? — Nein! Einen Reif-
rock? — Nein! Einen Schlepprock? — Nein! Ein
paar Hoſen? — Ja! — Vivat — jetzt kommen andre
Zeiten angerückt, — und auch eine Weſte und ein
Überrock dazu. Morgen wird alles anprobirt, es wird
ſchon ſitzen, denn ich hab' mir alles bequem und weit
beſtellt, und dann werf' ich mich in eine Chaiſe und
reiſe Tag und Nacht Courier durch die ganzen Ar-
meen zwiſchen Feind und Freund durch; alle Feſtungen
thun ſich vor mir auf und ſo geht's fort bis Berlin,
wo einige Geſchäfte abgemacht werden, die mich nichts
angehn. Aber dann geht's eilig zurück und wird nicht
eher Halt gemacht bis Weimar. O Frau Rath, wie
wird's denn dort ausſehen? — mir klopft das Herz
gewaltig, obſchon ich noch bis zu Ende April reiſen
kann, ehe ich dort hinkomme. Wird mein Herz auch

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0031" n="XI"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <salute>Frau Rath.</salute><lb/>
            <dateline> <hi rendition="#et">Am 20. März 1807.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Geh' Sie doch mit Ihren Vorwürfen; &#x2014; das ant-<lb/>
wort' ich Ihr auf Ihre Nach&#x017F;chrift, und &#x017F;on&#x017F;t nichts.</p><lb/>
          <p>Jetzt rath' Sie einmal was der Schneider für mich<lb/>
macht. Ein Andrieng! &#x2014; Nein! Eine Kontu&#x017F;che? &#x2014;<lb/>
Nein! Einen Joppel? &#x2014; Nein! Eine Mantille? &#x2014;<lb/>
Nein! Ein paar Bo&#x017F;chen? &#x2014; Nein! Einen Reif-<lb/>
rock? &#x2014; Nein! Einen Schlepprock? &#x2014; Nein! Ein<lb/>
paar Ho&#x017F;en? &#x2014; Ja! &#x2014; Vivat &#x2014; jetzt kommen andre<lb/>
Zeiten angerückt, &#x2014; und auch eine We&#x017F;te und ein<lb/>
Überrock dazu. Morgen wird alles anprobirt, es wird<lb/>
&#x017F;chon &#x017F;itzen, denn ich hab' mir alles bequem und weit<lb/>
be&#x017F;tellt, und dann werf' ich mich in eine Chai&#x017F;e und<lb/>
rei&#x017F;e Tag und Nacht Courier durch die ganzen Ar-<lb/>
meen zwi&#x017F;chen Feind und Freund durch; alle Fe&#x017F;tungen<lb/>
thun &#x017F;ich vor mir auf und &#x017F;o geht's fort bis Berlin,<lb/>
wo einige Ge&#x017F;chäfte abgemacht werden, die mich nichts<lb/>
angehn. Aber dann geht's eilig zurück und wird nicht<lb/>
eher Halt gemacht bis Weimar. O Frau Rath, wie<lb/>
wird's denn dort aus&#x017F;ehen? &#x2014; mir klopft das Herz<lb/>
gewaltig, ob&#x017F;chon ich noch bis zu Ende April rei&#x017F;en<lb/>
kann, ehe ich dort hinkomme. Wird mein Herz auch<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XI/0031] Frau Rath. Am 20. März 1807. Geh' Sie doch mit Ihren Vorwürfen; — das ant- wort' ich Ihr auf Ihre Nachſchrift, und ſonſt nichts. Jetzt rath' Sie einmal was der Schneider für mich macht. Ein Andrieng! — Nein! Eine Kontuſche? — Nein! Einen Joppel? — Nein! Eine Mantille? — Nein! Ein paar Boſchen? — Nein! Einen Reif- rock? — Nein! Einen Schlepprock? — Nein! Ein paar Hoſen? — Ja! — Vivat — jetzt kommen andre Zeiten angerückt, — und auch eine Weſte und ein Überrock dazu. Morgen wird alles anprobirt, es wird ſchon ſitzen, denn ich hab' mir alles bequem und weit beſtellt, und dann werf' ich mich in eine Chaiſe und reiſe Tag und Nacht Courier durch die ganzen Ar- meen zwiſchen Feind und Freund durch; alle Feſtungen thun ſich vor mir auf und ſo geht's fort bis Berlin, wo einige Geſchäfte abgemacht werden, die mich nichts angehn. Aber dann geht's eilig zurück und wird nicht eher Halt gemacht bis Weimar. O Frau Rath, wie wird's denn dort ausſehen? — mir klopft das Herz gewaltig, obſchon ich noch bis zu Ende April reiſen kann, ehe ich dort hinkomme. Wird mein Herz auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/31
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/31>, abgerufen am 29.03.2024.