Geh' Sie doch mit Ihren Vorwürfen; -- das ant- wort' ich Ihr auf Ihre Nachschrift, und sonst nichts.
Jetzt rath' Sie einmal was der Schneider für mich macht. Ein Andrieng! -- Nein! Eine Kontusche? -- Nein! Einen Joppel? -- Nein! Eine Mantille? -- Nein! Ein paar Boschen? -- Nein! Einen Reif- rock? -- Nein! Einen Schlepprock? -- Nein! Ein paar Hosen? -- Ja! -- Vivat -- jetzt kommen andre Zeiten angerückt, -- und auch eine Weste und ein Überrock dazu. Morgen wird alles anprobirt, es wird schon sitzen, denn ich hab' mir alles bequem und weit bestellt, und dann werf' ich mich in eine Chaise und reise Tag und Nacht Courier durch die ganzen Ar- meen zwischen Feind und Freund durch; alle Festungen thun sich vor mir auf und so geht's fort bis Berlin, wo einige Geschäfte abgemacht werden, die mich nichts angehn. Aber dann geht's eilig zurück und wird nicht eher Halt gemacht bis Weimar. O Frau Rath, wie wird's denn dort aussehen? -- mir klopft das Herz gewaltig, obschon ich noch bis zu Ende April reisen kann, ehe ich dort hinkomme. Wird mein Herz auch
Frau Rath.
Am 20. März 1807.
Geh' Sie doch mit Ihren Vorwürfen; — das ant- wort' ich Ihr auf Ihre Nachſchrift, und ſonſt nichts.
Jetzt rath' Sie einmal was der Schneider für mich macht. Ein Andrieng! — Nein! Eine Kontuſche? — Nein! Einen Joppel? — Nein! Eine Mantille? — Nein! Ein paar Boſchen? — Nein! Einen Reif- rock? — Nein! Einen Schlepprock? — Nein! Ein paar Hoſen? — Ja! — Vivat — jetzt kommen andre Zeiten angerückt, — und auch eine Weſte und ein Überrock dazu. Morgen wird alles anprobirt, es wird ſchon ſitzen, denn ich hab' mir alles bequem und weit beſtellt, und dann werf' ich mich in eine Chaiſe und reiſe Tag und Nacht Courier durch die ganzen Ar- meen zwiſchen Feind und Freund durch; alle Feſtungen thun ſich vor mir auf und ſo geht's fort bis Berlin, wo einige Geſchäfte abgemacht werden, die mich nichts angehn. Aber dann geht's eilig zurück und wird nicht eher Halt gemacht bis Weimar. O Frau Rath, wie wird's denn dort ausſehen? — mir klopft das Herz gewaltig, obſchon ich noch bis zu Ende April reiſen kann, ehe ich dort hinkomme. Wird mein Herz auch
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[XI/0031]
Frau Rath.
Am 20. März 1807.
Geh' Sie doch mit Ihren Vorwürfen; — das ant-
wort' ich Ihr auf Ihre Nachſchrift, und ſonſt nichts.
Jetzt rath' Sie einmal was der Schneider für mich
macht. Ein Andrieng! — Nein! Eine Kontuſche? —
Nein! Einen Joppel? — Nein! Eine Mantille? —
Nein! Ein paar Boſchen? — Nein! Einen Reif-
rock? — Nein! Einen Schlepprock? — Nein! Ein
paar Hoſen? — Ja! — Vivat — jetzt kommen andre
Zeiten angerückt, — und auch eine Weſte und ein
Überrock dazu. Morgen wird alles anprobirt, es wird
ſchon ſitzen, denn ich hab' mir alles bequem und weit
beſtellt, und dann werf' ich mich in eine Chaiſe und
reiſe Tag und Nacht Courier durch die ganzen Ar-
meen zwiſchen Feind und Freund durch; alle Feſtungen
thun ſich vor mir auf und ſo geht's fort bis Berlin,
wo einige Geſchäfte abgemacht werden, die mich nichts
angehn. Aber dann geht's eilig zurück und wird nicht
eher Halt gemacht bis Weimar. O Frau Rath, wie
wird's denn dort ausſehen? — mir klopft das Herz
gewaltig, obſchon ich noch bis zu Ende April reiſen
kann, ehe ich dort hinkomme. Wird mein Herz auch
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/31>, abgerufen am 29.03.2024.
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