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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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unter vielem das liebste sei. Als deine Mutter noch
lebte, da konnte ich mich mit ihr drum besprechen, die
erklärte mir aus deinen paar flüchtigen Zeilen alles; "ich
kenne ja den Wolfgang, sagte sie, das hat er mit
schwebendem Herzen geschrieben, er hält Dich so sicher
in seinen Armen wie sein bestes Eigenthum." -- Da
streichelte mich diese Hand, die deine Kindheit gepflegt
hatte, und sie zeigte mir zuweilen noch manches aus
dem ehmaligen Hausrath, wo Du dabei gewesen warst.
Das waren Lieblichkeiten.

Bettine.

Morgen geh ich wieder nach München, da werde
ich den liebenswürdigen Präsidenten wiedersehen. In
der diesjährigen öffentlichen Sitzung der Academie ist
eine sehr schöne Abhandlung über die ehmalige Geschichte
des Salzwesens zu Reichenhall gelesen worden. Sie
hatte das eigne Schicksal, jedermann zu ennuyren, wenn
mein Brief dies Schicksal mit ihr theilt, so lese ihn im-
mer um des Zwangs, den ich mir angethan, auch von
was anderm als meiner ewigen Liebe zu sprechen.

unter vielem das liebſte ſei. Als deine Mutter noch
lebte, da konnte ich mich mit ihr drum beſprechen, die
erklärte mir aus deinen paar flüchtigen Zeilen alles; „ich
kenne ja den Wolfgang, ſagte ſie, das hat er mit
ſchwebendem Herzen geſchrieben, er hält Dich ſo ſicher
in ſeinen Armen wie ſein beſtes Eigenthum.“ — Da
ſtreichelte mich dieſe Hand, die deine Kindheit gepflegt
hatte, und ſie zeigte mir zuweilen noch manches aus
dem ehmaligen Hausrath, wo Du dabei geweſen warſt.
Das waren Lieblichkeiten.

Bettine.

Morgen geh ich wieder nach München, da werde
ich den liebenswürdigen Präſidenten wiederſehen. In
der diesjährigen öffentlichen Sitzung der Academie iſt
eine ſehr ſchöne Abhandlung über die ehmalige Geſchichte
des Salzweſens zu Reichenhall geleſen worden. Sie
hatte das eigne Schickſal, jedermann zu ennuyren, wenn
mein Brief dies Schickſal mit ihr theilt, ſo leſe ihn im-
mer um des Zwangs, den ich mir angethan, auch von
was anderm als meiner ewigen Liebe zu ſprechen.

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[130/0140] unter vielem das liebſte ſei. Als deine Mutter noch lebte, da konnte ich mich mit ihr drum beſprechen, die erklärte mir aus deinen paar flüchtigen Zeilen alles; „ich kenne ja den Wolfgang, ſagte ſie, das hat er mit ſchwebendem Herzen geſchrieben, er hält Dich ſo ſicher in ſeinen Armen wie ſein beſtes Eigenthum.“ — Da ſtreichelte mich dieſe Hand, die deine Kindheit gepflegt hatte, und ſie zeigte mir zuweilen noch manches aus dem ehmaligen Hausrath, wo Du dabei geweſen warſt. Das waren Lieblichkeiten. Bettine. Morgen geh ich wieder nach München, da werde ich den liebenswürdigen Präſidenten wiederſehen. In der diesjährigen öffentlichen Sitzung der Academie iſt eine ſehr ſchöne Abhandlung über die ehmalige Geſchichte des Salzweſens zu Reichenhall geleſen worden. Sie hatte das eigne Schickſal, jedermann zu ennuyren, wenn mein Brief dies Schickſal mit ihr theilt, ſo leſe ihn im- mer um des Zwangs, den ich mir angethan, auch von was anderm als meiner ewigen Liebe zu ſprechen.

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/140>, abgerufen am 29.03.2024.