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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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Die Nacht bringt Rosen an's Licht. Wenn sich
die Finsterniß dem Lichte aufthut, dann entfallen ihrem
Schooß die Rosen.

Es ist freilich Nacht in dir, Herz. Dunkle geheim-
nißvolle Nacht webt Rosen, und ergießt sie alle, wenn's
tagt, der Liebe zur Lust in den Schooß.

Ja Seufzen, Klagen das ist deine Lust; Bitten,
Schmeicheln: nimmt das kein Ende, Herz?

Am Abend schreib ich, wenn auch nur wenige Zei-
len; es dauert doch bis spät in die Nacht.

Viel hab' ich zu denken, manche Zauberformel
spreche ich aus eh ich den Freund in meinen Kreis
banne. Und hab ich Dich! -- dann: -- was soll ich
da sagen? -- Was soll ich Dir neues erfinden, was
sollen die Gedanken Dir hier auf diesen Blättern vor-
tanze[n]? --



Hier in den Weinbergen steht ein Tempel; erbaut
nach dem Tempel der Diana zu Ephesus.

Gestern im Abendroth sah ich ihn in der Ferne lie-
gen; er leuchtete so kühn so stolz unter den Gewitter-

Die Nacht bringt Roſen an's Licht. Wenn ſich
die Finſterniß dem Lichte aufthut, dann entfallen ihrem
Schooß die Roſen.

Es iſt freilich Nacht in dir, Herz. Dunkle geheim-
nißvolle Nacht webt Roſen, und ergießt ſie alle, wenn's
tagt, der Liebe zur Luſt in den Schooß.

Ja Seufzen, Klagen das iſt deine Luſt; Bitten,
Schmeicheln: nimmt das kein Ende, Herz?

Am Abend ſchreib ich, wenn auch nur wenige Zei-
len; es dauert doch bis ſpät in die Nacht.

Viel hab' ich zu denken, manche Zauberformel
ſpreche ich aus eh ich den Freund in meinen Kreis
banne. Und hab ich Dich! — dann: — was ſoll ich
da ſagen? — Was ſoll ich Dir neues erfinden, was
ſollen die Gedanken Dir hier auf dieſen Blättern vor-
tanze[n]? —



Hier in den Weinbergen ſteht ein Tempel; erbaut
nach dem Tempel der Diana zu Epheſus.

Geſtern im Abendroth ſah ich ihn in der Ferne lie-
gen; er leuchtete ſo kühn ſo ſtolz unter den Gewitter-

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[16/0026] Die Nacht bringt Roſen an's Licht. Wenn ſich die Finſterniß dem Lichte aufthut, dann entfallen ihrem Schooß die Roſen. Es iſt freilich Nacht in dir, Herz. Dunkle geheim- nißvolle Nacht webt Roſen, und ergießt ſie alle, wenn's tagt, der Liebe zur Luſt in den Schooß. Ja Seufzen, Klagen das iſt deine Luſt; Bitten, Schmeicheln: nimmt das kein Ende, Herz? Am Abend ſchreib ich, wenn auch nur wenige Zei- len; es dauert doch bis ſpät in die Nacht. Viel hab' ich zu denken, manche Zauberformel ſpreche ich aus eh ich den Freund in meinen Kreis banne. Und hab ich Dich! — dann: — was ſoll ich da ſagen? — Was ſoll ich Dir neues erfinden, was ſollen die Gedanken Dir hier auf dieſen Blättern vor- tanzen? — Am Rhein. Hier in den Weinbergen ſteht ein Tempel; erbaut nach dem Tempel der Diana zu Epheſus. Geſtern im Abendroth ſah ich ihn in der Ferne lie- gen; er leuchtete ſo kühn ſo ſtolz unter den Gewitter-

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/26>, abgerufen am 28.03.2024.