Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Brod ist, im Haus, nemlich alle Mittag um drei Uhr
kommt er herausgefahren und läßt sich von mir die
Depeschen vorlesen und Journale, dann geht er in den
Garten wo er Bohnen gepflanzt hat, die muß ich ihm
begießen helfen. Die Großmama spricht von seinem Ge¬
nie, mir gefällt daß er mit mir umgeht wie mit einem
Kind, er nennt mich Du! frägt mich nie nach was an¬
derm als was ich mit Ja oder Nein beantworten kann,
weiter hab ich ihm nichts gesagt bis jetzt, -- im Gar¬
ten läßt er mich in der Sonnenhitze den Regenschirm
tragen und er trägt die Gießkanne, letzt war er so matt
daß er sie hinstellen mußte, ich sagte er solle den Para¬
plui tragen ich wolle die Gießkanne nehmen, er meinte
die sei wohl zu schwer für mich, als er aber sah daß
ich sie mit ausgestrecktem Arm weit ab durch die Luft
trug um mein Kleid nicht naß zu machen so nennt er
mich seitdem die starke Magd. -- Seine rothen Haare
die einen verzweiflungsvollen Schwung haben, wie ein
schweres Ährenfeld das der Hagel verwüstet hat und
sein blasses Angesicht, geben ihm in der Abenddämme¬
rung das Ansehen von einem Geist; ich hab mich vor
ihm gefürchtet wie er mich Abends durchs Bosket be¬
gleitete. Die Großmama hatte alle Fürstlichkeiten an

Brod iſt, im Haus, nemlich alle Mittag um drei Uhr
kommt er herausgefahren und läßt ſich von mir die
Depeſchen vorleſen und Journale, dann geht er in den
Garten wo er Bohnen gepflanzt hat, die muß ich ihm
begießen helfen. Die Großmama ſpricht von ſeinem Ge¬
nie, mir gefällt daß er mit mir umgeht wie mit einem
Kind, er nennt mich Du! frägt mich nie nach was an¬
derm als was ich mit Ja oder Nein beantworten kann,
weiter hab ich ihm nichts geſagt bis jetzt, — im Gar¬
ten läßt er mich in der Sonnenhitze den Regenſchirm
tragen und er trägt die Gießkanne, letzt war er ſo matt
daß er ſie hinſtellen mußte, ich ſagte er ſolle den Para¬
plui tragen ich wolle die Gießkanne nehmen, er meinte
die ſei wohl zu ſchwer für mich, als er aber ſah daß
ich ſie mit ausgeſtrecktem Arm weit ab durch die Luft
trug um mein Kleid nicht naß zu machen ſo nennt er
mich ſeitdem die ſtarke Magd. — Seine rothen Haare
die einen verzweiflungsvollen Schwung haben, wie ein
ſchweres Ährenfeld das der Hagel verwüſtet hat und
ſein blaſſes Angeſicht, geben ihm in der Abenddämme¬
rung das Anſehen von einem Geiſt; ich hab mich vor
ihm gefürchtet wie er mich Abends durchs Bosket be¬
gleitete. Die Großmama hatte alle Fürſtlichkeiten an

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0428" n="412"/>
Brod i&#x017F;t, im Haus, nemlich alle Mittag um drei Uhr<lb/>
kommt er herausgefahren und läßt &#x017F;ich von mir die<lb/>
Depe&#x017F;chen vorle&#x017F;en und Journale, dann geht er in den<lb/>
Garten wo er Bohnen gepflanzt hat, die muß ich ihm<lb/>
begießen helfen. Die Großmama &#x017F;pricht von &#x017F;einem Ge¬<lb/>
nie, mir gefällt daß er mit mir umgeht wie mit einem<lb/>
Kind, er nennt mich <hi rendition="#g">Du</hi>! frägt mich nie nach was an¬<lb/>
derm als was ich mit Ja oder Nein beantworten kann,<lb/>
weiter hab ich ihm nichts ge&#x017F;agt bis jetzt, &#x2014; im Gar¬<lb/>
ten läßt er mich in der Sonnenhitze den Regen&#x017F;chirm<lb/>
tragen und er trägt die Gießkanne, letzt war er &#x017F;o matt<lb/>
daß er &#x017F;ie hin&#x017F;tellen mußte, ich &#x017F;agte er &#x017F;olle den Para¬<lb/>
plui tragen ich wolle die Gießkanne nehmen, er meinte<lb/>
die &#x017F;ei wohl zu &#x017F;chwer für mich, als er aber &#x017F;ah daß<lb/>
ich &#x017F;ie mit ausge&#x017F;trecktem Arm weit ab durch die Luft<lb/>
trug um mein Kleid nicht naß zu machen &#x017F;o nennt er<lb/>
mich &#x017F;eitdem die &#x017F;tarke Magd. &#x2014; Seine rothen Haare<lb/>
die einen verzweiflungsvollen Schwung haben, wie ein<lb/>
&#x017F;chweres Ährenfeld das der Hagel verwü&#x017F;tet hat und<lb/>
&#x017F;ein bla&#x017F;&#x017F;es Ange&#x017F;icht, geben ihm in der Abenddämme¬<lb/>
rung das An&#x017F;ehen von einem Gei&#x017F;t; ich hab mich vor<lb/>
ihm gefürchtet wie er mich Abends durchs Bosket be¬<lb/>
gleitete. Die Großmama hatte alle Für&#x017F;tlichkeiten an<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[412/0428] Brod iſt, im Haus, nemlich alle Mittag um drei Uhr kommt er herausgefahren und läßt ſich von mir die Depeſchen vorleſen und Journale, dann geht er in den Garten wo er Bohnen gepflanzt hat, die muß ich ihm begießen helfen. Die Großmama ſpricht von ſeinem Ge¬ nie, mir gefällt daß er mit mir umgeht wie mit einem Kind, er nennt mich Du! frägt mich nie nach was an¬ derm als was ich mit Ja oder Nein beantworten kann, weiter hab ich ihm nichts geſagt bis jetzt, — im Gar¬ ten läßt er mich in der Sonnenhitze den Regenſchirm tragen und er trägt die Gießkanne, letzt war er ſo matt daß er ſie hinſtellen mußte, ich ſagte er ſolle den Para¬ plui tragen ich wolle die Gießkanne nehmen, er meinte die ſei wohl zu ſchwer für mich, als er aber ſah daß ich ſie mit ausgeſtrecktem Arm weit ab durch die Luft trug um mein Kleid nicht naß zu machen ſo nennt er mich ſeitdem die ſtarke Magd. — Seine rothen Haare die einen verzweiflungsvollen Schwung haben, wie ein ſchweres Ährenfeld das der Hagel verwüſtet hat und ſein blaſſes Angeſicht, geben ihm in der Abenddämme¬ rung das Anſehen von einem Geiſt; ich hab mich vor ihm gefürchtet wie er mich Abends durchs Bosket be¬ gleitete. Die Großmama hatte alle Fürſtlichkeiten an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/428
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/428>, abgerufen am 20.04.2024.