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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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An die Bettine.

Ich mußte abreisen und konnte Dir nicht einmal
ausführlich schreiben. Eine Schwester die schon länger
unwohl ist und jetzt nach mir verlangte. Das wird
mich auch wohl so bald nicht dazu kommen lassen.
Denke nicht ich vernachlässige Dich liebe Bettine, aber
die Unmöglichkeiten dem nachzukommen was ich in Ge¬
danken möchte, häufen sich, ich weiß sie nicht zu über¬
winden und muß mich dahin treiben lassen wie der Zu¬
fall es will, Widerstand wär nur Zeitaufwand und kein
Resultat, Du hast eine viel energischere Natur wie ich,
ja wie fast alle Menschen die ich zu beurtheilen fähig
bin, mir sind nicht allein durch meine Verhältnisse, son¬
dern auch durch meine Natur engere Gränzen in meiner
Handlungsweise gezogen, es könnte also leicht kommen
daß Dir etwas möglich wäre, was es darum mir noch
nicht sein könnte, Du mußt dies bei Deinen Blicken in
die Zukunft auch bedenken. Willst Du eine Lebensbahn
mit mir wandlen, so wärst Du vielleicht veranlaßt al¬
les Bedürfniß Deiner Seele und Deines Geistes, meiner
Zaghaftigkeit oder vielmehr meinem Unvermögen aufzu¬
opfern, denn ich wüßte nicht wie ichs anstellen sollte
Dir nachzukommen, die Flügel sind mir nicht dazu ge¬

An die Bettine.

Ich mußte abreiſen und konnte Dir nicht einmal
ausführlich ſchreiben. Eine Schweſter die ſchon länger
unwohl iſt und jetzt nach mir verlangte. Das wird
mich auch wohl ſo bald nicht dazu kommen laſſen.
Denke nicht ich vernachläſſige Dich liebe Bettine, aber
die Unmöglichkeiten dem nachzukommen was ich in Ge¬
danken möchte, häufen ſich, ich weiß ſie nicht zu über¬
winden und muß mich dahin treiben laſſen wie der Zu¬
fall es will, Widerſtand wär nur Zeitaufwand und kein
Reſultat, Du haſt eine viel energiſchere Natur wie ich,
ja wie faſt alle Menſchen die ich zu beurtheilen fähig
bin, mir ſind nicht allein durch meine Verhältniſſe, ſon¬
dern auch durch meine Natur engere Gränzen in meiner
Handlungsweiſe gezogen, es könnte alſo leicht kommen
daß Dir etwas möglich wäre, was es darum mir noch
nicht ſein könnte, Du mußt dies bei Deinen Blicken in
die Zukunft auch bedenken. Willſt Du eine Lebensbahn
mit mir wandlen, ſo wärſt Du vielleicht veranlaßt al¬
les Bedürfniß Deiner Seele und Deines Geiſtes, meiner
Zaghaftigkeit oder vielmehr meinem Unvermögen aufzu¬
opfern, denn ich wüßte nicht wie ichs anſtellen ſollte
Dir nachzukommen, die Flügel ſind mir nicht dazu ge¬

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[271/0285] An die Bettine. Ich mußte abreiſen und konnte Dir nicht einmal ausführlich ſchreiben. Eine Schweſter die ſchon länger unwohl iſt und jetzt nach mir verlangte. Das wird mich auch wohl ſo bald nicht dazu kommen laſſen. Denke nicht ich vernachläſſige Dich liebe Bettine, aber die Unmöglichkeiten dem nachzukommen was ich in Ge¬ danken möchte, häufen ſich, ich weiß ſie nicht zu über¬ winden und muß mich dahin treiben laſſen wie der Zu¬ fall es will, Widerſtand wär nur Zeitaufwand und kein Reſultat, Du haſt eine viel energiſchere Natur wie ich, ja wie faſt alle Menſchen die ich zu beurtheilen fähig bin, mir ſind nicht allein durch meine Verhältniſſe, ſon¬ dern auch durch meine Natur engere Gränzen in meiner Handlungsweiſe gezogen, es könnte alſo leicht kommen daß Dir etwas möglich wäre, was es darum mir noch nicht ſein könnte, Du mußt dies bei Deinen Blicken in die Zukunft auch bedenken. Willſt Du eine Lebensbahn mit mir wandlen, ſo wärſt Du vielleicht veranlaßt al¬ les Bedürfniß Deiner Seele und Deines Geiſtes, meiner Zaghaftigkeit oder vielmehr meinem Unvermögen aufzu¬ opfern, denn ich wüßte nicht wie ichs anſtellen ſollte Dir nachzukommen, die Flügel ſind mir nicht dazu ge¬

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/285>, abgerufen am 29.03.2024.