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Allgemeine Zeitung. Nr. 105. Augsburg, 14. April 1840.

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und Neuigkeiten aus China sind die einzigen, welche jetzt Gehör finden. Man hatte gesagt, der kaiserliche Commissär Lin sey zurückgerufen und in Ungnade gefallen, allein er ist im Gegentheil mit Gnaden überhäuft worden; die Ankunft eines neuen Commissärs aus Peking hatte zu jenem Gerücht Anlaß gegeben, aber der neue Commissär ist ein Tartar aus der kaiserlichen Familie, welcher Lin beigegeben wird, weil in allen großen Geschäften immer Chinesen und Tartaren zusammen gebraucht werden.

Die Erklärung des Kaisers, daß der englische Handel für immer geschlossen sey, ist die Schlußmaaßregel des Streits von chinesischer Seite, und von jetzt an wird das Recht des Stärkern entscheiden. Die Erbitterung der vertriebenen Familien ist natürlich sehr groß, und sie verwünschen bald die Chinesen, bald Elliot, bald die Amerikaner. Diese letztern haben ungeheure Summen gewonnen, sie übernehmen die Fracht der englischen Handelsflotte, die auf der Rhede von Hong kong am Eingang der Bocca Tigris liegt, und bringen sie gegen hohe Prämien nach Canton, da keine englischen Schiffe mehr zugelassen werden. Sie forderten anfangs 10, und seit einigen Wochen 7 bis 8 Dollars per Ballen Baumwolle und kaufen englische Schiffe auf der Rhede dazu, welche sie umtaufen und sich von dem amerikanischen Consul in Macao Papiere dafür verschaffen.

Die Opiumflotte liegt noch an der Küste von China, und fährt fort zu schmuggeln, großentheils auf bewaffneten Schiffen. Die Preise des Opiums sind in Folge der Zerstörung der 20,000 Kisten in Canton in China so gestiegen, daß die chinesischen Schmuggler, trotz des größern Risico, an Bord der Opiumschiffe es eher theurer bezahlen als früher. Die chinesische Küste bedeckt sich daher schnell mit Banden von Seeräubern, welche in großen bewaffneten Booten, mit 50 bis 60 Rudern, den Mandarinbooten widerstehen. Früher bestachen sie die Mandarinen von Canton, und man sagt hier, daß jedes dieser Boote während der Saison dem Secretär des Hoppo 13,000 Dollars monatlich bezahlt habe. Die Höhe dieses Prämiums, welches die Schmuggler bezahlten, beweist, daß die chinesische Polizei nicht so unmächtig war als man sagte, und das Schmuggeln hat auch in Canton seit der Ankunft von Lin so gut als aufgehört, dagegen hat es sich an der ganzen Ost- und Westküste hin ausgedehnt, und diese desorganisirt sich unter dem ungeheuern Stimulus der Contrebande zusehends. Die Inseln zwischen der Küste von Fokien und von Petscheli sind schon seit einigen Jahren durch die Zunahme der Opiumschiffe an der Ostküste zu Schlupfwinkeln von Banden geworden, die halb Schmuggler, halb Seeräuber sind. Sie gehören meistens der geheimen Verbindung des weißen Lotus an, und haben durch die übrigen Mitglieder der Secte große Leichtigkeit, von den Bewegungen der Mandarinen in Kenntniß gesetzt zu werden, und eine so leicht zu transportirende Waare wie Opium ins Innere zu schicken. Aehnliche Verbindungen organisiren sich auf den Inseln zwischen Hainan und der Küste von Tonkin. Man findet daher hier Schiffscapitäne, welche bereit sind für 20 Proc. vom Gewinn Opium an die chinesische Küste zu werfen, und der Preis hat seit einem Monat hier um 15 Procent aufgeschlagen und ist in steter Zunahme.

Der Rest unseres Handels hier leidet sehr durch die chinesischen Händel, denn der größte Theil desselben war direct oder indirect auf China berechnet. Was z. B. die Bugis für Celebes, Borneo und die kleinen Molukken hier einkauften, bezahlten sie mit Trepang, Vogelnestern, Sandelholz und ähnlichen Producten der Inseln, welche für den chinesischen Handel bestimmt waren. Aber die größte Gefahr droht uns erst noch; denn was auch der Ausgang der Streitigkeiten mit China seyn mag, so viel ist gewiß, daß der englische Handel dort auf einen ganz andern Fuß als bisher gesetzt werden wird. Ist China genöthigt nachzugeben und den Handel in Canton auf einen leichteren Fuß zu setzen, so concentrirt sich natürlich dort als auf dem größern Markt Alles direct, was jetzt zum Theil seinen Weg über Singapur findet; ist aber China im Stande die Engländer gänzlich auszuschließen, so ist unvermeidlich, daß auf einer oder mehreren Inseln in der Nähe der chinesischen Küste englische Depots und Freihäfen errichtet werden, wo die chinesischen Schiffe die englischen Waaren holen können, und in beiden Fällen wird die Zwischenstation von Singapur wegfallen, weil wir zu entfernt von der chinesischen Küste sind.

Nach den Erzählungen der kürzlich angekommenen chinesischen Emigranten haben die Gouverneure an der ganzen Küste hin Proclamationen gegen die Auswanderung in fremde Länder erlassen, aber sie lachen darüber und sehen es als eine der periodischen Demonstrationen an, welche die chinesische Regierung macht, um sich den Schein zu geben, daß sie auf der Ausführung aller Gesetze bestehe, welche in der That längst in Vergessenheit gerathen sind. Die Assam Thee-Compagnie läßt Colonisten aus Fokien und andern Theeprovinzen anwerben, um sie nach Assam zu schicken, wo sie 500 chinesische Arbeiter sogleich anwenden kann, und ihre Zahl im Verhältniß als sich ihre Gebäude und Mittel zur Fabrication ausdehnen, vermehren will.

Das Umsichgreifen der Holländer in Sumatra erregt hier viel böses Blut, da es mit der Verkrüppelung unseres Handels mit dem bisher noch freien Theil der Insel droht. Im Grunde haben wir wenig gegen den Ehrgeiz der Holländer zu sagen, aber sie haben eine kleinliche Art Chicanen aller Art zu machen, welche mehr erbittert als große Usurpationen. So hat vor einiger Zeit der holländische Schooner "die Sirene" vier Schiffe aus dem Hafen von Campar in Sumatra, welche hier geladen hatten, gekapert, ihre Capitäne in Ketten gelegt und sie nach Rhio als Seeräuber geführt, unter dem Vorwand, daß sie keinen Paß von dem Radscha von Lindschin hätten, von dem Campar völlig unabhängig ist, und da sie regelmäßige Papiere von dem hiesigen Hafen hatten, so war es von Seite der Holländer ein wahrer Friedensbruch. Sie setzten am Ende durch, hieher gebracht zu werden, wo sie wohl bekannt sind, und der holländische Schiffslieutenant entschuldigte sich damit, daß er auf ihren Pässen Mampar statt Campar gelesen hätte. Solche Chicanen haben bloß zum Zweck, die einheimischen Schiffe, welche unsern Hafen besuchen, zu schrecken und sie zu bewegen, Rhio zu besuchen. Es kam bei dieser Gelegenheit heraus, daß die Holländer einen andern Bruch der Tractate begangen hatten: sie sind nämlich verpflichtet, jeden Vertrag, den sie mit einheimischen Staaten abschließen, dem Gouverneur von Singapur mitzutheilen, damit dieser die nöthigen Instructionen über die Punkte geben könne, welche den hiesigen Handel dabei interessiren. Nun fand sich aber, daß die Holländer den Vertrag mit dem Radscha von Lindschin, nach welchem seine Unterthanen Pässe haben müssen, und der zum Vorwand der Wegnahme der vier Schiffe diente, nicht mitgetheilt hatten.

Südamerika.

Blätter aus Buenos-Ayres dd. 28 Nov. v. J. berichten über Gefechte, die am 13 und 16 desselben Monats vorgefallen, und worin die Anhänger Lavalle's und die Franzosen von den Truppen unter General Lopez geschlagen worden seyn sollen.

und Neuigkeiten aus China sind die einzigen, welche jetzt Gehör finden. Man hatte gesagt, der kaiserliche Commissär Lin sey zurückgerufen und in Ungnade gefallen, allein er ist im Gegentheil mit Gnaden überhäuft worden; die Ankunft eines neuen Commissärs aus Peking hatte zu jenem Gerücht Anlaß gegeben, aber der neue Commissär ist ein Tartar aus der kaiserlichen Familie, welcher Lin beigegeben wird, weil in allen großen Geschäften immer Chinesen und Tartaren zusammen gebraucht werden.

Die Erklärung des Kaisers, daß der englische Handel für immer geschlossen sey, ist die Schlußmaaßregel des Streits von chinesischer Seite, und von jetzt an wird das Recht des Stärkern entscheiden. Die Erbitterung der vertriebenen Familien ist natürlich sehr groß, und sie verwünschen bald die Chinesen, bald Elliot, bald die Amerikaner. Diese letztern haben ungeheure Summen gewonnen, sie übernehmen die Fracht der englischen Handelsflotte, die auf der Rhede von Hong kong am Eingang der Bocca Tigris liegt, und bringen sie gegen hohe Prämien nach Canton, da keine englischen Schiffe mehr zugelassen werden. Sie forderten anfangs 10, und seit einigen Wochen 7 bis 8 Dollars per Ballen Baumwolle und kaufen englische Schiffe auf der Rhede dazu, welche sie umtaufen und sich von dem amerikanischen Consul in Macao Papiere dafür verschaffen.

Die Opiumflotte liegt noch an der Küste von China, und fährt fort zu schmuggeln, großentheils auf bewaffneten Schiffen. Die Preise des Opiums sind in Folge der Zerstörung der 20,000 Kisten in Canton in China so gestiegen, daß die chinesischen Schmuggler, trotz des größern Risico, an Bord der Opiumschiffe es eher theurer bezahlen als früher. Die chinesische Küste bedeckt sich daher schnell mit Banden von Seeräubern, welche in großen bewaffneten Booten, mit 50 bis 60 Rudern, den Mandarinbooten widerstehen. Früher bestachen sie die Mandarinen von Canton, und man sagt hier, daß jedes dieser Boote während der Saison dem Secretär des Hoppo 13,000 Dollars monatlich bezahlt habe. Die Höhe dieses Prämiums, welches die Schmuggler bezahlten, beweist, daß die chinesische Polizei nicht so unmächtig war als man sagte, und das Schmuggeln hat auch in Canton seit der Ankunft von Lin so gut als aufgehört, dagegen hat es sich an der ganzen Ost- und Westküste hin ausgedehnt, und diese desorganisirt sich unter dem ungeheuern Stimulus der Contrebande zusehends. Die Inseln zwischen der Küste von Fokien und von Petscheli sind schon seit einigen Jahren durch die Zunahme der Opiumschiffe an der Ostküste zu Schlupfwinkeln von Banden geworden, die halb Schmuggler, halb Seeräuber sind. Sie gehören meistens der geheimen Verbindung des weißen Lotus an, und haben durch die übrigen Mitglieder der Secte große Leichtigkeit, von den Bewegungen der Mandarinen in Kenntniß gesetzt zu werden, und eine so leicht zu transportirende Waare wie Opium ins Innere zu schicken. Aehnliche Verbindungen organisiren sich auf den Inseln zwischen Hainan und der Küste von Tonkin. Man findet daher hier Schiffscapitäne, welche bereit sind für 20 Proc. vom Gewinn Opium an die chinesische Küste zu werfen, und der Preis hat seit einem Monat hier um 15 Procent aufgeschlagen und ist in steter Zunahme.

Der Rest unseres Handels hier leidet sehr durch die chinesischen Händel, denn der größte Theil desselben war direct oder indirect auf China berechnet. Was z. B. die Bugis für Celebes, Borneo und die kleinen Molukken hier einkauften, bezahlten sie mit Trepang, Vogelnestern, Sandelholz und ähnlichen Producten der Inseln, welche für den chinesischen Handel bestimmt waren. Aber die größte Gefahr droht uns erst noch; denn was auch der Ausgang der Streitigkeiten mit China seyn mag, so viel ist gewiß, daß der englische Handel dort auf einen ganz andern Fuß als bisher gesetzt werden wird. Ist China genöthigt nachzugeben und den Handel in Canton auf einen leichteren Fuß zu setzen, so concentrirt sich natürlich dort als auf dem größern Markt Alles direct, was jetzt zum Theil seinen Weg über Singapur findet; ist aber China im Stande die Engländer gänzlich auszuschließen, so ist unvermeidlich, daß auf einer oder mehreren Inseln in der Nähe der chinesischen Küste englische Depots und Freihäfen errichtet werden, wo die chinesischen Schiffe die englischen Waaren holen können, und in beiden Fällen wird die Zwischenstation von Singapur wegfallen, weil wir zu entfernt von der chinesischen Küste sind.

Nach den Erzählungen der kürzlich angekommenen chinesischen Emigranten haben die Gouverneure an der ganzen Küste hin Proclamationen gegen die Auswanderung in fremde Länder erlassen, aber sie lachen darüber und sehen es als eine der periodischen Demonstrationen an, welche die chinesische Regierung macht, um sich den Schein zu geben, daß sie auf der Ausführung aller Gesetze bestehe, welche in der That längst in Vergessenheit gerathen sind. Die Assam Thee-Compagnie läßt Colonisten aus Fokien und andern Theeprovinzen anwerben, um sie nach Assam zu schicken, wo sie 500 chinesische Arbeiter sogleich anwenden kann, und ihre Zahl im Verhältniß als sich ihre Gebäude und Mittel zur Fabrication ausdehnen, vermehren will.

Das Umsichgreifen der Holländer in Sumatra erregt hier viel böses Blut, da es mit der Verkrüppelung unseres Handels mit dem bisher noch freien Theil der Insel droht. Im Grunde haben wir wenig gegen den Ehrgeiz der Holländer zu sagen, aber sie haben eine kleinliche Art Chicanen aller Art zu machen, welche mehr erbittert als große Usurpationen. So hat vor einiger Zeit der holländische Schooner „die Sirene“ vier Schiffe aus dem Hafen von Campar in Sumatra, welche hier geladen hatten, gekapert, ihre Capitäne in Ketten gelegt und sie nach Rhio als Seeräuber geführt, unter dem Vorwand, daß sie keinen Paß von dem Radscha von Lindschin hätten, von dem Campar völlig unabhängig ist, und da sie regelmäßige Papiere von dem hiesigen Hafen hatten, so war es von Seite der Holländer ein wahrer Friedensbruch. Sie setzten am Ende durch, hieher gebracht zu werden, wo sie wohl bekannt sind, und der holländische Schiffslieutenant entschuldigte sich damit, daß er auf ihren Pässen Mampar statt Campar gelesen hätte. Solche Chicanen haben bloß zum Zweck, die einheimischen Schiffe, welche unsern Hafen besuchen, zu schrecken und sie zu bewegen, Rhio zu besuchen. Es kam bei dieser Gelegenheit heraus, daß die Holländer einen andern Bruch der Tractate begangen hatten: sie sind nämlich verpflichtet, jeden Vertrag, den sie mit einheimischen Staaten abschließen, dem Gouverneur von Singapur mitzutheilen, damit dieser die nöthigen Instructionen über die Punkte geben könne, welche den hiesigen Handel dabei interessiren. Nun fand sich aber, daß die Holländer den Vertrag mit dem Radscha von Lindschin, nach welchem seine Unterthanen Pässe haben müssen, und der zum Vorwand der Wegnahme der vier Schiffe diente, nicht mitgetheilt hatten.

Südamerika.

Blätter aus Buenos-Ayres dd. 28 Nov. v. J. berichten über Gefechte, die am 13 und 16 desselben Monats vorgefallen, und worin die Anhänger Lavalle's und die Franzosen von den Truppen unter General Lopez geschlagen worden seyn sollen.

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[0836/0012] und Neuigkeiten aus China sind die einzigen, welche jetzt Gehör finden. Man hatte gesagt, der kaiserliche Commissär Lin sey zurückgerufen und in Ungnade gefallen, allein er ist im Gegentheil mit Gnaden überhäuft worden; die Ankunft eines neuen Commissärs aus Peking hatte zu jenem Gerücht Anlaß gegeben, aber der neue Commissär ist ein Tartar aus der kaiserlichen Familie, welcher Lin beigegeben wird, weil in allen großen Geschäften immer Chinesen und Tartaren zusammen gebraucht werden. Die Erklärung des Kaisers, daß der englische Handel für immer geschlossen sey, ist die Schlußmaaßregel des Streits von chinesischer Seite, und von jetzt an wird das Recht des Stärkern entscheiden. Die Erbitterung der vertriebenen Familien ist natürlich sehr groß, und sie verwünschen bald die Chinesen, bald Elliot, bald die Amerikaner. Diese letztern haben ungeheure Summen gewonnen, sie übernehmen die Fracht der englischen Handelsflotte, die auf der Rhede von Hong kong am Eingang der Bocca Tigris liegt, und bringen sie gegen hohe Prämien nach Canton, da keine englischen Schiffe mehr zugelassen werden. Sie forderten anfangs 10, und seit einigen Wochen 7 bis 8 Dollars per Ballen Baumwolle und kaufen englische Schiffe auf der Rhede dazu, welche sie umtaufen und sich von dem amerikanischen Consul in Macao Papiere dafür verschaffen. Die Opiumflotte liegt noch an der Küste von China, und fährt fort zu schmuggeln, großentheils auf bewaffneten Schiffen. Die Preise des Opiums sind in Folge der Zerstörung der 20,000 Kisten in Canton in China so gestiegen, daß die chinesischen Schmuggler, trotz des größern Risico, an Bord der Opiumschiffe es eher theurer bezahlen als früher. Die chinesische Küste bedeckt sich daher schnell mit Banden von Seeräubern, welche in großen bewaffneten Booten, mit 50 bis 60 Rudern, den Mandarinbooten widerstehen. Früher bestachen sie die Mandarinen von Canton, und man sagt hier, daß jedes dieser Boote während der Saison dem Secretär des Hoppo 13,000 Dollars monatlich bezahlt habe. Die Höhe dieses Prämiums, welches die Schmuggler bezahlten, beweist, daß die chinesische Polizei nicht so unmächtig war als man sagte, und das Schmuggeln hat auch in Canton seit der Ankunft von Lin so gut als aufgehört, dagegen hat es sich an der ganzen Ost- und Westküste hin ausgedehnt, und diese desorganisirt sich unter dem ungeheuern Stimulus der Contrebande zusehends. Die Inseln zwischen der Küste von Fokien und von Petscheli sind schon seit einigen Jahren durch die Zunahme der Opiumschiffe an der Ostküste zu Schlupfwinkeln von Banden geworden, die halb Schmuggler, halb Seeräuber sind. Sie gehören meistens der geheimen Verbindung des weißen Lotus an, und haben durch die übrigen Mitglieder der Secte große Leichtigkeit, von den Bewegungen der Mandarinen in Kenntniß gesetzt zu werden, und eine so leicht zu transportirende Waare wie Opium ins Innere zu schicken. Aehnliche Verbindungen organisiren sich auf den Inseln zwischen Hainan und der Küste von Tonkin. Man findet daher hier Schiffscapitäne, welche bereit sind für 20 Proc. vom Gewinn Opium an die chinesische Küste zu werfen, und der Preis hat seit einem Monat hier um 15 Procent aufgeschlagen und ist in steter Zunahme. Der Rest unseres Handels hier leidet sehr durch die chinesischen Händel, denn der größte Theil desselben war direct oder indirect auf China berechnet. Was z. B. die Bugis für Celebes, Borneo und die kleinen Molukken hier einkauften, bezahlten sie mit Trepang, Vogelnestern, Sandelholz und ähnlichen Producten der Inseln, welche für den chinesischen Handel bestimmt waren. Aber die größte Gefahr droht uns erst noch; denn was auch der Ausgang der Streitigkeiten mit China seyn mag, so viel ist gewiß, daß der englische Handel dort auf einen ganz andern Fuß als bisher gesetzt werden wird. Ist China genöthigt nachzugeben und den Handel in Canton auf einen leichteren Fuß zu setzen, so concentrirt sich natürlich dort als auf dem größern Markt Alles direct, was jetzt zum Theil seinen Weg über Singapur findet; ist aber China im Stande die Engländer gänzlich auszuschließen, so ist unvermeidlich, daß auf einer oder mehreren Inseln in der Nähe der chinesischen Küste englische Depots und Freihäfen errichtet werden, wo die chinesischen Schiffe die englischen Waaren holen können, und in beiden Fällen wird die Zwischenstation von Singapur wegfallen, weil wir zu entfernt von der chinesischen Küste sind. Nach den Erzählungen der kürzlich angekommenen chinesischen Emigranten haben die Gouverneure an der ganzen Küste hin Proclamationen gegen die Auswanderung in fremde Länder erlassen, aber sie lachen darüber und sehen es als eine der periodischen Demonstrationen an, welche die chinesische Regierung macht, um sich den Schein zu geben, daß sie auf der Ausführung aller Gesetze bestehe, welche in der That längst in Vergessenheit gerathen sind. Die Assam Thee-Compagnie läßt Colonisten aus Fokien und andern Theeprovinzen anwerben, um sie nach Assam zu schicken, wo sie 500 chinesische Arbeiter sogleich anwenden kann, und ihre Zahl im Verhältniß als sich ihre Gebäude und Mittel zur Fabrication ausdehnen, vermehren will. Das Umsichgreifen der Holländer in Sumatra erregt hier viel böses Blut, da es mit der Verkrüppelung unseres Handels mit dem bisher noch freien Theil der Insel droht. Im Grunde haben wir wenig gegen den Ehrgeiz der Holländer zu sagen, aber sie haben eine kleinliche Art Chicanen aller Art zu machen, welche mehr erbittert als große Usurpationen. So hat vor einiger Zeit der holländische Schooner „die Sirene“ vier Schiffe aus dem Hafen von Campar in Sumatra, welche hier geladen hatten, gekapert, ihre Capitäne in Ketten gelegt und sie nach Rhio als Seeräuber geführt, unter dem Vorwand, daß sie keinen Paß von dem Radscha von Lindschin hätten, von dem Campar völlig unabhängig ist, und da sie regelmäßige Papiere von dem hiesigen Hafen hatten, so war es von Seite der Holländer ein wahrer Friedensbruch. Sie setzten am Ende durch, hieher gebracht zu werden, wo sie wohl bekannt sind, und der holländische Schiffslieutenant entschuldigte sich damit, daß er auf ihren Pässen Mampar statt Campar gelesen hätte. Solche Chicanen haben bloß zum Zweck, die einheimischen Schiffe, welche unsern Hafen besuchen, zu schrecken und sie zu bewegen, Rhio zu besuchen. Es kam bei dieser Gelegenheit heraus, daß die Holländer einen andern Bruch der Tractate begangen hatten: sie sind nämlich verpflichtet, jeden Vertrag, den sie mit einheimischen Staaten abschließen, dem Gouverneur von Singapur mitzutheilen, damit dieser die nöthigen Instructionen über die Punkte geben könne, welche den hiesigen Handel dabei interessiren. Nun fand sich aber, daß die Holländer den Vertrag mit dem Radscha von Lindschin, nach welchem seine Unterthanen Pässe haben müssen, und der zum Vorwand der Wegnahme der vier Schiffe diente, nicht mitgetheilt hatten. Südamerika. Blätter aus Buenos-Ayres dd. 28 Nov. v. J. berichten über Gefechte, die am 13 und 16 desselben Monats vorgefallen, und worin die Anhänger Lavalle's und die Franzosen von den Truppen unter General Lopez geschlagen worden seyn sollen.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 105. Augsburg, 14. April 1840, S. 0836. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_105_18400414/12>, abgerufen am 19.04.2024.