Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Intervallen und den Signaturen.
gung weder fortschreiten noch springen. Dieß Vergehen
heißt schlechtweg Quinten und Octaven machen:

[Abbildung]

Die gerade Bewegung ist, wenn sich zwo oder mehrere
Stimmen zugleich hinauf oder herunter bewegen (a); bey der
Gegenbewegung gehen und springen sie auseinander (b):

[Abbildung]
§. 55.

Man weiß ohne mein Erinnern, daß man die ver-
botenen Octaven nicht da suchen muß, wo der Componist aus
guten Ursachen zuweilen die Stimmen, wie es heißt, im Unisono
gehen läßt. In der Verbindung der Accorde sind sie anzutreffen.

§. 56.

Die Terz und Sexte heissen unvollkommene
Consonanzen, weil sie groß und klein gemacht werden können,
und doch gut klingen; das Ohr kann auch viele Terzen und
Sexten hinter einander vertragen.

§. 57.

Mit den übrigen Intervallen kan man so eigent-
lich
nicht verfahren, als wie wir bey §. 52. von den Consonanzen
gehört haben: folglich sind sie aus der Ursache dissonirend.

§. 58.

Die wesentlichen Eigenschaften der Dissonanzen lie-
gen schon in der Benennung. Vermöge dieser Benennung ma-
chen sie einen Uebellaut. Hieraus folgt, daß man sie mit ge-
wissen Umständen gebrauchen muß. Ihre natürliche Härte muß,
so viel möglich, gemindert werden. Dieses geschiehet, wenn man

sie
Bachs Versuch. 2. Theil. D

Von den Intervallen und den Signaturen.
gung weder fortſchreiten noch ſpringen. Dieß Vergehen
heißt ſchlechtweg Quinten und Octaven machen:

[Abbildung]

Die gerade Bewegung iſt, wenn ſich zwo oder mehrere
Stimmen zugleich hinauf oder herunter bewegen (a); bey der
Gegenbewegung gehen und ſpringen ſie auseinander (b):

[Abbildung]
§. 55.

Man weiß ohne mein Erinnern, daß man die ver-
botenen Octaven nicht da ſuchen muß, wo der Componiſt aus
guten Urſachen zuweilen die Stimmen, wie es heißt, im Uniſono
gehen läßt. In der Verbindung der Accorde ſind ſie anzutreffen.

§. 56.

Die Terz und Sexte heiſſen unvollkommene
Conſonanzen, weil ſie groß und klein gemacht werden können,
und doch gut klingen; das Ohr kann auch viele Terzen und
Sexten hinter einander vertragen.

§. 57.

Mit den übrigen Intervallen kan man ſo eigent-
lich
nicht verfahren, als wie wir bey §. 52. von den Conſonanzen
gehört haben: folglich ſind ſie aus der Urſache diſſonirend.

§. 58.

Die weſentlichen Eigenſchaften der Diſſonanzen lie-
gen ſchon in der Benennung. Vermöge dieſer Benennung ma-
chen ſie einen Uebellaut. Hieraus folgt, daß man ſie mit ge-
wiſſen Umſtänden gebrauchen muß. Ihre natürliche Härte muß,
ſo viel möglich, gemindert werden. Dieſes geſchiehet, wenn man

ſie
Bachs Verſuch. 2. Theil. D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0035" n="25"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Intervallen und den Signaturen.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">gung weder fort&#x017F;chreiten noch &#x017F;pringen.</hi> Dieß Vergehen<lb/>
heißt &#x017F;chlechtweg <hi rendition="#fr">Quinten und Octaven machen:</hi></p><lb/>
          <figure/>
          <p>Die <hi rendition="#fr">gerade Bewegung</hi> i&#x017F;t, wenn &#x017F;ich zwo oder mehrere<lb/>
Stimmen zugleich hinauf oder herunter bewegen (<hi rendition="#aq">a</hi>); bey der<lb/><hi rendition="#fr">Gegenbewegung</hi> gehen und &#x017F;pringen &#x017F;ie auseinander (<hi rendition="#aq">b</hi>):</p><lb/>
          <figure/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>§. 55.</head>
          <p>Man weiß ohne mein Erinnern, daß man die ver-<lb/>
botenen Octaven nicht da &#x017F;uchen muß, wo der Componi&#x017F;t aus<lb/>
guten Ur&#x017F;achen zuweilen die Stimmen, wie es heißt, im Uni&#x017F;ono<lb/>
gehen läßt. In der Verbindung der Accorde &#x017F;ind &#x017F;ie anzutreffen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 56.</head>
          <p>Die <hi rendition="#fr">Terz</hi> und <hi rendition="#fr">Sexte</hi> hei&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">unvollkommene</hi><lb/>
Con&#x017F;onanzen, weil &#x017F;ie <hi rendition="#fr">groß</hi> und <hi rendition="#fr">klein</hi> gemacht werden können,<lb/>
und doch gut klingen; das Ohr kann auch viele Terzen und<lb/>
Sexten hinter einander vertragen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 57.</head>
          <p>Mit den <hi rendition="#fr">übrigen Intervallen</hi> kan man &#x017F;o <hi rendition="#fr">eigent-<lb/>
lich</hi> nicht verfahren, als wie wir bey §. 52. von den Con&#x017F;onanzen<lb/>
gehört haben: folglich &#x017F;ind &#x017F;ie aus der Ur&#x017F;ache <hi rendition="#fr">di&#x017F;&#x017F;onirend.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 58.</head>
          <p>Die we&#x017F;entlichen Eigen&#x017F;chaften der <hi rendition="#fr">Di&#x017F;&#x017F;onanzen</hi> lie-<lb/>
gen &#x017F;chon in der Benennung. Vermöge die&#x017F;er Benennung ma-<lb/>
chen &#x017F;ie einen <hi rendition="#fr">Uebellaut.</hi> Hieraus folgt, daß man &#x017F;ie mit ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en Um&#x017F;tänden gebrauchen muß. Ihre natürliche Härte muß,<lb/>
&#x017F;o viel möglich, gemindert werden. Die&#x017F;es ge&#x017F;chiehet, wenn man<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Bachs Ver&#x017F;uch. 2. Theil.</hi> D</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0035] Von den Intervallen und den Signaturen. gung weder fortſchreiten noch ſpringen. Dieß Vergehen heißt ſchlechtweg Quinten und Octaven machen: [Abbildung] Die gerade Bewegung iſt, wenn ſich zwo oder mehrere Stimmen zugleich hinauf oder herunter bewegen (a); bey der Gegenbewegung gehen und ſpringen ſie auseinander (b): [Abbildung] §. 55. Man weiß ohne mein Erinnern, daß man die ver- botenen Octaven nicht da ſuchen muß, wo der Componiſt aus guten Urſachen zuweilen die Stimmen, wie es heißt, im Uniſono gehen läßt. In der Verbindung der Accorde ſind ſie anzutreffen. §. 56. Die Terz und Sexte heiſſen unvollkommene Conſonanzen, weil ſie groß und klein gemacht werden können, und doch gut klingen; das Ohr kann auch viele Terzen und Sexten hinter einander vertragen. §. 57. Mit den übrigen Intervallen kan man ſo eigent- lich nicht verfahren, als wie wir bey §. 52. von den Conſonanzen gehört haben: folglich ſind ſie aus der Urſache diſſonirend. §. 58. Die weſentlichen Eigenſchaften der Diſſonanzen lie- gen ſchon in der Benennung. Vermöge dieſer Benennung ma- chen ſie einen Uebellaut. Hieraus folgt, daß man ſie mit ge- wiſſen Umſtänden gebrauchen muß. Ihre natürliche Härte muß, ſo viel möglich, gemindert werden. Dieſes geſchiehet, wenn man ſie Bachs Verſuch. 2. Theil. D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/35
Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/35>, abgerufen am 29.03.2024.