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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Werkzeugmaschinen 1801 bis 1815.
allein nie die absolute Genauigkeit und Gleichmässigkeit, welche
Haupterfordernis für die feinen Teile war, erreichen würde, dass dafür
mechanische Vorrichtungen notwendig seien. Dies führte ihn zur
Erfindung des Drehbanksupports. Nachdem er 1797 seine eigene
kleine Werkstatt in Wells Street, Oxford Street, wo er mit einem
Gehilfen arbeitete, eingerichtet hatte, arbeitete er an der Vervoll-
kommnung der Drehbank. Selbstthätige, sich selbst regu-
lierende Werkzeugmaschinen
, das war das grosse Ziel, das er
erstrebte, und dass er in der Paralleldrehbank mit Support und Selbst-
gang, welche man 50 Jahre und mehr als "englische Drehbank"
bezeichnete, erreichte.

Diese Drehbank mit genauer Parallelbewegung des Drehstahls
mit der Drehachse wurde das wichtigste Werkzeug der Eisen-
bearbeitung, das erste Werkzeug jeder Maschinenfabrik. Allerdings
hatten französische Mechaniker 1) schon früher bei der Holzdrehbank
die Parallelbewegung angebracht, aber ihre Vorrichtung, von der
sich eine Beschreibung in der Encyklopädie von 1772 findet, war so
kompliziert und so wenig für schwere Eisendrehbänke anwendbar,
dass Maudslays einfacher Support (slide-rest) unbedingt als eine
neue Erfindung anzusehen ist. Maudslays praktischer Support
fand überall raschen Eingang, obgleich man ihn anfangs spottweise
"Maudslays Go-cart" nannte. Er fand Eingang in allen Maschinen-
fabriken und erwies sich ebenso geeignet für feine, wie für grobe
Arbeit. Eine grosse Steigerung der Leistungsfähigkeit der Maschinen-
fabriken und billigere Arbeit waren die unmittelbaren Folgen der
Erfindung. Man kann sagen, die moderne Maschinenfabrikation
begann mit der englischen Drehbank. Die Dampfmaschine verdankte
ihre Vervollkommnung den verbesserten Werkzeugmaschinen.

Maudslays Ruf verbreitete sich rasch, namentlich auch durch
die vortrefflichen Holzbearbeitungsmaschinen, welche er für Marc
Isambard Brunel
zur Herstellung von Schiffsrollen gefertigt hatte.
Seine Werkstätte, die er schon zuvor vergrössert hatte, wurde viel
zu klein, und so baute er die grosse Maschinenfabrik am West-
minster Road, Lambeth, welche bald Weltruhm erlangte. 1810
wurde dieselbe bezogen. Maudslay erwarb sich auch grosse Ver-
dienste um die Verbesserung der Dampfmaschine, wofür er 1807 ein
Patent erhielt. Seine Dampfmaschinen, welche wegen ihrer Bauart

1) De la Hire, De la Condamine, Grandjean, Morin, Plumier,
Bergeron
.

Werkzeugmaschinen 1801 bis 1815.
allein nie die absolute Genauigkeit und Gleichmäſsigkeit, welche
Haupterfordernis für die feinen Teile war, erreichen würde, daſs dafür
mechanische Vorrichtungen notwendig seien. Dies führte ihn zur
Erfindung des Drehbanksupports. Nachdem er 1797 seine eigene
kleine Werkstatt in Wells Street, Oxford Street, wo er mit einem
Gehilfen arbeitete, eingerichtet hatte, arbeitete er an der Vervoll-
kommnung der Drehbank. Selbstthätige, sich selbst regu-
lierende Werkzeugmaschinen
, das war das groſse Ziel, das er
erstrebte, und daſs er in der Paralleldrehbank mit Support und Selbst-
gang, welche man 50 Jahre und mehr als „englische Drehbank“
bezeichnete, erreichte.

Diese Drehbank mit genauer Parallelbewegung des Drehstahls
mit der Drehachse wurde das wichtigste Werkzeug der Eisen-
bearbeitung, das erste Werkzeug jeder Maschinenfabrik. Allerdings
hatten französische Mechaniker 1) schon früher bei der Holzdrehbank
die Parallelbewegung angebracht, aber ihre Vorrichtung, von der
sich eine Beschreibung in der Encyklopädie von 1772 findet, war so
kompliziert und so wenig für schwere Eisendrehbänke anwendbar,
daſs Maudslays einfacher Support (slide-rest) unbedingt als eine
neue Erfindung anzusehen ist. Maudslays praktischer Support
fand überall raschen Eingang, obgleich man ihn anfangs spottweise
„Maudslays Go-cart“ nannte. Er fand Eingang in allen Maschinen-
fabriken und erwies sich ebenso geeignet für feine, wie für grobe
Arbeit. Eine groſse Steigerung der Leistungsfähigkeit der Maschinen-
fabriken und billigere Arbeit waren die unmittelbaren Folgen der
Erfindung. Man kann sagen, die moderne Maschinenfabrikation
begann mit der englischen Drehbank. Die Dampfmaschine verdankte
ihre Vervollkommnung den verbesserten Werkzeugmaschinen.

Maudslays Ruf verbreitete sich rasch, namentlich auch durch
die vortrefflichen Holzbearbeitungsmaschinen, welche er für Marc
Isambard Brunel
zur Herstellung von Schiffsrollen gefertigt hatte.
Seine Werkstätte, die er schon zuvor vergröſsert hatte, wurde viel
zu klein, und so baute er die groſse Maschinenfabrik am West-
minster Road, Lambeth, welche bald Weltruhm erlangte. 1810
wurde dieselbe bezogen. Maudslay erwarb sich auch groſse Ver-
dienste um die Verbesserung der Dampfmaschine, wofür er 1807 ein
Patent erhielt. Seine Dampfmaschinen, welche wegen ihrer Bauart

1) De la Hire, De la Condamine, Grandjean, Morin, Plumier,
Bergeron
.
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[150/0166] Werkzeugmaschinen 1801 bis 1815. allein nie die absolute Genauigkeit und Gleichmäſsigkeit, welche Haupterfordernis für die feinen Teile war, erreichen würde, daſs dafür mechanische Vorrichtungen notwendig seien. Dies führte ihn zur Erfindung des Drehbanksupports. Nachdem er 1797 seine eigene kleine Werkstatt in Wells Street, Oxford Street, wo er mit einem Gehilfen arbeitete, eingerichtet hatte, arbeitete er an der Vervoll- kommnung der Drehbank. Selbstthätige, sich selbst regu- lierende Werkzeugmaschinen, das war das groſse Ziel, das er erstrebte, und daſs er in der Paralleldrehbank mit Support und Selbst- gang, welche man 50 Jahre und mehr als „englische Drehbank“ bezeichnete, erreichte. Diese Drehbank mit genauer Parallelbewegung des Drehstahls mit der Drehachse wurde das wichtigste Werkzeug der Eisen- bearbeitung, das erste Werkzeug jeder Maschinenfabrik. Allerdings hatten französische Mechaniker 1) schon früher bei der Holzdrehbank die Parallelbewegung angebracht, aber ihre Vorrichtung, von der sich eine Beschreibung in der Encyklopädie von 1772 findet, war so kompliziert und so wenig für schwere Eisendrehbänke anwendbar, daſs Maudslays einfacher Support (slide-rest) unbedingt als eine neue Erfindung anzusehen ist. Maudslays praktischer Support fand überall raschen Eingang, obgleich man ihn anfangs spottweise „Maudslays Go-cart“ nannte. Er fand Eingang in allen Maschinen- fabriken und erwies sich ebenso geeignet für feine, wie für grobe Arbeit. Eine groſse Steigerung der Leistungsfähigkeit der Maschinen- fabriken und billigere Arbeit waren die unmittelbaren Folgen der Erfindung. Man kann sagen, die moderne Maschinenfabrikation begann mit der englischen Drehbank. Die Dampfmaschine verdankte ihre Vervollkommnung den verbesserten Werkzeugmaschinen. Maudslays Ruf verbreitete sich rasch, namentlich auch durch die vortrefflichen Holzbearbeitungsmaschinen, welche er für Marc Isambard Brunel zur Herstellung von Schiffsrollen gefertigt hatte. Seine Werkstätte, die er schon zuvor vergröſsert hatte, wurde viel zu klein, und so baute er die groſse Maschinenfabrik am West- minster Road, Lambeth, welche bald Weltruhm erlangte. 1810 wurde dieselbe bezogen. Maudslay erwarb sich auch groſse Ver- dienste um die Verbesserung der Dampfmaschine, wofür er 1807 ein Patent erhielt. Seine Dampfmaschinen, welche wegen ihrer Bauart 1) De la Hire, De la Condamine, Grandjean, Morin, Plumier, Bergeron.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/166>, abgerufen am 25.04.2024.