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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Russland 1801 bis 1815.

Unter den zahlreichen Hütten hebt Bourgoing die von Skabo
und Osterby, nicht weit von Danemora, und die von Gimo und Ronaes
hervor.

Die Eisengewinnung ging bis nach Gellivara, 67 Grad nördlicher
Breite und 260 Stunden nördlich von Stockholm. Bei den Hütten
kamen die verbesserten Balgengebläse von Windholm damals zu
allgemeiner Anwendung. Auch in Schweden bemühte man sich um
die Einführung der Gussstahlfabrikation und die Bruckssocietät
setzte 1806 einen Preis von 2000 Thaler aus für den, welcher zuerst
5 Schiffspfund selbstgegossenen Stahl, der dem englischen an Güte
gleich käme, herstellte. Um die Gussstahlfabrikation bemühte sich
besonders Broling. David af Uhr verbesserte die Holzverkohlung
und machte 1811 bis 1813 eingehende Versuche.

Svedenstjerna und Lidbeck gaben 1806 bis 1811 eine Zeit-
schrift über das Eisenhüttenwesen heraus, welche vom Eisenkontor
unterstützt wurde. Sie war der Vorläufer für die im Jahre 1816
gegründete, für das gesamte Eisenhüttenwesen hochwichtige Zeitschrift
Jern-Contorets-Annaler.

Russland 1801 bis 1815.

Russlands Eisenproduktion betrug 1810 nach den Angaben von
Storch und Hermann 9756791 Pud (159816 Tonnen) Roheisen und
5889500 Pud (96470 Tonnen) Schmiedeeisen. Hiervon lieferte das
Gouvernement Perm allein über zwei Drittel 1). Die Ausfuhr an Eisen
hatte in Russland in diesem Zeitabschnitt sich noch mehr vermindert
als in Schweden; hieran waren teils die oben angeführten Gründe
schuld, teils der wachsende Bedarf im eigenen Lande. Trotz der
Grossartigkeit der russischen Eisenindustrie war dieselbe doch be-
schränkt durch die verfügbare Holzmenge und konnte deshalb nicht
in dem gleichen Verhältnis wachsen wie die übrigen Industrieen.
Namentlich trugen aber auch die Gründung der grossen Blechfabriken
im Ural und der hohen Kama zur Verminderung der Ausfuhr von
Stabeisen bei. Die Herstellung feiner und mittlerer Bleche wurde
eine wichtige Industrie Russlands.

In dem ersten Jahre des Jahrhunderts war der Eisenhandel mit
England noch besonders beeinträchtigt durch die feindselige und
verderbliche Politik Kaiser Pauls. Diese erfuhr zwar einen Um-

1) Wie sich diese Produktion auf die einzelnen Provinzen verteilt s. Karsten.
Eisenhüttenkunde, 3. Aufl., Bd. I, S. 112.
Ruſsland 1801 bis 1815.

Unter den zahlreichen Hütten hebt Bourgoing die von Skabo
und Osterby, nicht weit von Danemora, und die von Gimo und Ronaes
hervor.

Die Eisengewinnung ging bis nach Gellivara, 67 Grad nördlicher
Breite und 260 Stunden nördlich von Stockholm. Bei den Hütten
kamen die verbesserten Balgengebläse von Windholm damals zu
allgemeiner Anwendung. Auch in Schweden bemühte man sich um
die Einführung der Guſsstahlfabrikation und die Bruckssocietät
setzte 1806 einen Preis von 2000 Thaler aus für den, welcher zuerst
5 Schiffspfund selbstgegossenen Stahl, der dem englischen an Güte
gleich käme, herstellte. Um die Guſsstahlfabrikation bemühte sich
besonders Broling. David af Uhr verbesserte die Holzverkohlung
und machte 1811 bis 1813 eingehende Versuche.

Svedenstjerna und Lidbeck gaben 1806 bis 1811 eine Zeit-
schrift über das Eisenhüttenwesen heraus, welche vom Eisenkontor
unterstützt wurde. Sie war der Vorläufer für die im Jahre 1816
gegründete, für das gesamte Eisenhüttenwesen hochwichtige Zeitschrift
Jern-Contorets-Annaler.

Ruſsland 1801 bis 1815.

Ruſslands Eisenproduktion betrug 1810 nach den Angaben von
Storch und Hermann 9756791 Pud (159816 Tonnen) Roheisen und
5889500 Pud (96470 Tonnen) Schmiedeeisen. Hiervon lieferte das
Gouvernement Perm allein über zwei Drittel 1). Die Ausfuhr an Eisen
hatte in Ruſsland in diesem Zeitabschnitt sich noch mehr vermindert
als in Schweden; hieran waren teils die oben angeführten Gründe
schuld, teils der wachsende Bedarf im eigenen Lande. Trotz der
Groſsartigkeit der russischen Eisenindustrie war dieselbe doch be-
schränkt durch die verfügbare Holzmenge und konnte deshalb nicht
in dem gleichen Verhältnis wachsen wie die übrigen Industrieen.
Namentlich trugen aber auch die Gründung der groſsen Blechfabriken
im Ural und der hohen Kama zur Verminderung der Ausfuhr von
Stabeisen bei. Die Herstellung feiner und mittlerer Bleche wurde
eine wichtige Industrie Ruſslands.

In dem ersten Jahre des Jahrhunderts war der Eisenhandel mit
England noch besonders beeinträchtigt durch die feindselige und
verderbliche Politik Kaiser Pauls. Diese erfuhr zwar einen Um-

1) Wie sich diese Produktion auf die einzelnen Provinzen verteilt s. Karsten.
Eisenhüttenkunde, 3. Aufl., Bd. I, S. 112.
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[190/0206] Ruſsland 1801 bis 1815. Unter den zahlreichen Hütten hebt Bourgoing die von Skabo und Osterby, nicht weit von Danemora, und die von Gimo und Ronaes hervor. Die Eisengewinnung ging bis nach Gellivara, 67 Grad nördlicher Breite und 260 Stunden nördlich von Stockholm. Bei den Hütten kamen die verbesserten Balgengebläse von Windholm damals zu allgemeiner Anwendung. Auch in Schweden bemühte man sich um die Einführung der Guſsstahlfabrikation und die Bruckssocietät setzte 1806 einen Preis von 2000 Thaler aus für den, welcher zuerst 5 Schiffspfund selbstgegossenen Stahl, der dem englischen an Güte gleich käme, herstellte. Um die Guſsstahlfabrikation bemühte sich besonders Broling. David af Uhr verbesserte die Holzverkohlung und machte 1811 bis 1813 eingehende Versuche. Svedenstjerna und Lidbeck gaben 1806 bis 1811 eine Zeit- schrift über das Eisenhüttenwesen heraus, welche vom Eisenkontor unterstützt wurde. Sie war der Vorläufer für die im Jahre 1816 gegründete, für das gesamte Eisenhüttenwesen hochwichtige Zeitschrift Jern-Contorets-Annaler. Ruſsland 1801 bis 1815. Ruſslands Eisenproduktion betrug 1810 nach den Angaben von Storch und Hermann 9756791 Pud (159816 Tonnen) Roheisen und 5889500 Pud (96470 Tonnen) Schmiedeeisen. Hiervon lieferte das Gouvernement Perm allein über zwei Drittel 1). Die Ausfuhr an Eisen hatte in Ruſsland in diesem Zeitabschnitt sich noch mehr vermindert als in Schweden; hieran waren teils die oben angeführten Gründe schuld, teils der wachsende Bedarf im eigenen Lande. Trotz der Groſsartigkeit der russischen Eisenindustrie war dieselbe doch be- schränkt durch die verfügbare Holzmenge und konnte deshalb nicht in dem gleichen Verhältnis wachsen wie die übrigen Industrieen. Namentlich trugen aber auch die Gründung der groſsen Blechfabriken im Ural und der hohen Kama zur Verminderung der Ausfuhr von Stabeisen bei. Die Herstellung feiner und mittlerer Bleche wurde eine wichtige Industrie Ruſslands. In dem ersten Jahre des Jahrhunderts war der Eisenhandel mit England noch besonders beeinträchtigt durch die feindselige und verderbliche Politik Kaiser Pauls. Diese erfuhr zwar einen Um- 1) Wie sich diese Produktion auf die einzelnen Provinzen verteilt s. Karsten. Eisenhüttenkunde, 3. Aufl., Bd. I, S. 112.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/206>, abgerufen am 28.03.2024.