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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Hakodade, Nangasaki, Yokuhama. Anh. II.
Handel von Nangasaki und Yokuhama garnicht betheiligt, hat
Hakodade zum Mittelpunct seiner Beziehungen zu Japan gemacht,
die bis jetzt wesentlich politischer Natur sind. Die Regierung des
Czaaren sichert sich durch fortschreitende Gränzerweiterung nach
Süden auf dem Continent und achtunggebietende Geschwader in
den japanischen Meeren eine Machtstellung, deren Wachsen die
englischen Behörden lebhaft beunruhigt. Die dafür gebrachten
Opfer stehen kaum im Verhältniss zu der jetzigen Bedeutung der
russischen Culturgebiete im östlichen Asien, werden aber die weise
Fürsorge in Zukunft sicher lohnen. Das Aufblühen dieser Land-
striche liegt vielleicht noch in weiter Ferne, kann aber bei hin-
reichend angewachsener Bevölkerung kaum ausbleiben. -- Als Aus-
fuhrartikel scheint bis jetzt in Hakodade nur Brenn- und Bauholz
wichtig zu sein, an welchem das nördliche China Mangel leidet.
Ein unternehmender Engländer hat dort in neuester Zeit Dampf-
Sägemühlen angelegt, wo besonders Eichen, Buchen und vielerlei
Nadelhölzer verarbeitet werden. Der Holzreichthum der Insel scheint
unerschöpflich. -- Es gibt dort ergiebige Bergwerke, die aber nur
spärlich gebaut werden; man sagt, die japanische Regierung ver-
wahre sie für künftige Jahrhunderte. -- Die Einfuhr der Fremden
ist gering. Man hatte sich bei der nördlichen Lage von Yeso dort
einigen Absatz für Wollenstoffe versprochen, aber die japanische
Bevölkerung ist sehr dünn gesät, und die eingeborenen Aino's stehen
für solches Bedürfniss noch auf zu niedriger Stufe der Cultur und
Wohlhabenheit.

Auch Nangasaki hat den Erwartungen nicht völlig ent-
sprochen; es liegt zu weit von den Thee- und Seidendistricten, um
in diesen Hauptartikeln mit Yokuhama concurriren zu können, ist
jedoch wichtig für die Ausfuhr von vegetabilischem Wachs, Kampher
Rübsaat, Porcelan, und als Kohlenstation.

Von den Umständen und Ereignissen, welche die Erschliessung
von Yokuhama begleiteten, ist schon im I. Bande (S. 273) gehandelt
worden. Nach diesem Hafen strömte vorzugsweise, neben den
Agenten der westländischen Häuser in China, die grosse Schaar
jener Abentheurer, welche alle neuen Verkehrsplätze in der Hoffnung
überschwemmen, durch vorgreifende Beschlagnahme jeglichen Vor-
theils ohne Mühe und Mittel Reichthümer zu erwerben. Für die
achtbare Classe der Kaufleute war die Invasion dierer Glücksritter
ein grosses Unglück, denn ihrer Rohheit und Insolenz ist vorzüglich

Hakodade, Naṅgasaki, Yokuhama. Anh. II.
Handel von Naṅgasaki und Yokuhama garnicht betheiligt, hat
Hakodade zum Mittelpunct seiner Beziehungen zu Japan gemacht,
die bis jetzt wesentlich politischer Natur sind. Die Regierung des
Czaaren sichert sich durch fortschreitende Gränzerweiterung nach
Süden auf dem Continent und achtunggebietende Geschwader in
den japanischen Meeren eine Machtstellung, deren Wachsen die
englischen Behörden lebhaft beunruhigt. Die dafür gebrachten
Opfer stehen kaum im Verhältniss zu der jetzigen Bedeutung der
russischen Culturgebiete im östlichen Asien, werden aber die weise
Fürsorge in Zukunft sicher lohnen. Das Aufblühen dieser Land-
striche liegt vielleicht noch in weiter Ferne, kann aber bei hin-
reichend angewachsener Bevölkerung kaum ausbleiben. — Als Aus-
fuhrartikel scheint bis jetzt in Hakodade nur Brenn- und Bauholz
wichtig zu sein, an welchem das nördliche China Mangel leidet.
Ein unternehmender Engländer hat dort in neuester Zeit Dampf-
Sägemühlen angelegt, wo besonders Eichen, Buchen und vielerlei
Nadelhölzer verarbeitet werden. Der Holzreichthum der Insel scheint
unerschöpflich. — Es gibt dort ergiebige Bergwerke, die aber nur
spärlich gebaut werden; man sagt, die japanische Regierung ver-
wahre sie für künftige Jahrhunderte. — Die Einfuhr der Fremden
ist gering. Man hatte sich bei der nördlichen Lage von Yeso dort
einigen Absatz für Wollenstoffe versprochen, aber die japanische
Bevölkerung ist sehr dünn gesät, und die eingeborenen Aïno’s stehen
für solches Bedürfniss noch auf zu niedriger Stufe der Cultur und
Wohlhabenheit.

Auch Naṅgasaki hat den Erwartungen nicht völlig ent-
sprochen; es liegt zu weit von den Thee- und Seidendistricten, um
in diesen Hauptartikeln mit Yokuhama concurriren zu können, ist
jedoch wichtig für die Ausfuhr von vegetabilischem Wachs, Kampher
Rübsaat, Porcelan, und als Kohlenstation.

Von den Umständen und Ereignissen, welche die Erschliessung
von Yokuhama begleiteten, ist schon im I. Bande (S. 273) gehandelt
worden. Nach diesem Hafen strömte vorzugsweise, neben den
Agenten der westländischen Häuser in China, die grosse Schaar
jener Abentheurer, welche alle neuen Verkehrsplätze in der Hoffnung
überschwemmen, durch vorgreifende Beschlagnahme jeglichen Vor-
theils ohne Mühe und Mittel Reichthümer zu erwerben. Für die
achtbare Classe der Kaufleute war die Invasion dierer Glücksritter
ein grosses Unglück, denn ihrer Rohheit und Insolenz ist vorzüglich

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[242/0262] Hakodade, Naṅgasaki, Yokuhama. Anh. II. Handel von Naṅgasaki und Yokuhama garnicht betheiligt, hat Hakodade zum Mittelpunct seiner Beziehungen zu Japan gemacht, die bis jetzt wesentlich politischer Natur sind. Die Regierung des Czaaren sichert sich durch fortschreitende Gränzerweiterung nach Süden auf dem Continent und achtunggebietende Geschwader in den japanischen Meeren eine Machtstellung, deren Wachsen die englischen Behörden lebhaft beunruhigt. Die dafür gebrachten Opfer stehen kaum im Verhältniss zu der jetzigen Bedeutung der russischen Culturgebiete im östlichen Asien, werden aber die weise Fürsorge in Zukunft sicher lohnen. Das Aufblühen dieser Land- striche liegt vielleicht noch in weiter Ferne, kann aber bei hin- reichend angewachsener Bevölkerung kaum ausbleiben. — Als Aus- fuhrartikel scheint bis jetzt in Hakodade nur Brenn- und Bauholz wichtig zu sein, an welchem das nördliche China Mangel leidet. Ein unternehmender Engländer hat dort in neuester Zeit Dampf- Sägemühlen angelegt, wo besonders Eichen, Buchen und vielerlei Nadelhölzer verarbeitet werden. Der Holzreichthum der Insel scheint unerschöpflich. — Es gibt dort ergiebige Bergwerke, die aber nur spärlich gebaut werden; man sagt, die japanische Regierung ver- wahre sie für künftige Jahrhunderte. — Die Einfuhr der Fremden ist gering. Man hatte sich bei der nördlichen Lage von Yeso dort einigen Absatz für Wollenstoffe versprochen, aber die japanische Bevölkerung ist sehr dünn gesät, und die eingeborenen Aïno’s stehen für solches Bedürfniss noch auf zu niedriger Stufe der Cultur und Wohlhabenheit. Auch Naṅgasaki hat den Erwartungen nicht völlig ent- sprochen; es liegt zu weit von den Thee- und Seidendistricten, um in diesen Hauptartikeln mit Yokuhama concurriren zu können, ist jedoch wichtig für die Ausfuhr von vegetabilischem Wachs, Kampher Rübsaat, Porcelan, und als Kohlenstation. Von den Umständen und Ereignissen, welche die Erschliessung von Yokuhama begleiteten, ist schon im I. Bande (S. 273) gehandelt worden. Nach diesem Hafen strömte vorzugsweise, neben den Agenten der westländischen Häuser in China, die grosse Schaar jener Abentheurer, welche alle neuen Verkehrsplätze in der Hoffnung überschwemmen, durch vorgreifende Beschlagnahme jeglichen Vor- theils ohne Mühe und Mittel Reichthümer zu erwerben. Für die achtbare Classe der Kaufleute war die Invasion dierer Glücksritter ein grosses Unglück, denn ihrer Rohheit und Insolenz ist vorzüglich

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/262>, abgerufen am 29.03.2024.