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Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Kranz, ohne sie zu vereinzeln. Fritz stand noch immer da. Sie wagte nicht aufzusehen. Endlich sagte sie mit unsicherer Stimme: Geht doch weiter, Euer Wasser wird warm, es steht ja in der Sonne, -- und scheu glitt ihr Blick wieder auf die Blumen herab.

Fritz aber ließ sein Auge in der Versammlung umherschweifen, dann bückte er sich, wie um den Krug zu fassen, wodurch seine Gestalt Lieschen vor den Blicken der Gesellschaft schirmte, im Fall es noch welche unter ihr gab -- aber statt den Henkel zu ergreifen, ließ er seine Hand auf Lieschen's sinken und sagte: Lieschen, willst du mich?

Lieschen erschrack über die plötzliche Werbung, wollte die Hand zurückziehen und konnte nicht, sie zuckte und zuckte, aber es ging nicht, vielleicht wandte sie nicht alle Kraft an; endlich sah sie zu Fritzens treuherzigem blauem Auge auf und senkte ihr flüchtiges braunes schnell wieder; eine große Thräne hing an den Wimpern.

Fritz sah das Mädchen einen Augenblick betroffen an, dann aber überwältigte ihn eine süße Ueberzeugung, und in täppischer, bäurischer Freude wollte er ihr mit einem: Heida! um den Hals fallen; eben warf er seinen Hut dazu in die Lüfte, als eine rauhe Stimme um die Ecke des Kornfeldes rief: Aber zum Henker, wo bleibt denn der Wetterjunge mit dem Wasser? Stellt er's da nicht auf die Erde in die

Kranz, ohne sie zu vereinzeln. Fritz stand noch immer da. Sie wagte nicht aufzusehen. Endlich sagte sie mit unsicherer Stimme: Geht doch weiter, Euer Wasser wird warm, es steht ja in der Sonne, — und scheu glitt ihr Blick wieder auf die Blumen herab.

Fritz aber ließ sein Auge in der Versammlung umherschweifen, dann bückte er sich, wie um den Krug zu fassen, wodurch seine Gestalt Lieschen vor den Blicken der Gesellschaft schirmte, im Fall es noch welche unter ihr gab — aber statt den Henkel zu ergreifen, ließ er seine Hand auf Lieschen's sinken und sagte: Lieschen, willst du mich?

Lieschen erschrack über die plötzliche Werbung, wollte die Hand zurückziehen und konnte nicht, sie zuckte und zuckte, aber es ging nicht, vielleicht wandte sie nicht alle Kraft an; endlich sah sie zu Fritzens treuherzigem blauem Auge auf und senkte ihr flüchtiges braunes schnell wieder; eine große Thräne hing an den Wimpern.

Fritz sah das Mädchen einen Augenblick betroffen an, dann aber überwältigte ihn eine süße Ueberzeugung, und in täppischer, bäurischer Freude wollte er ihr mit einem: Heida! um den Hals fallen; eben warf er seinen Hut dazu in die Lüfte, als eine rauhe Stimme um die Ecke des Kornfeldes rief: Aber zum Henker, wo bleibt denn der Wetterjunge mit dem Wasser? Stellt er's da nicht auf die Erde in die

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-10T13:46:34Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget: conversion of OCR output to TEI-conformant markup and general correction. (2017-03-10T13:46:34Z)
Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-10T13:46:34Z)

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Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/14>, abgerufen am 16.04.2024.