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Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

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den/ nicht aber/ wie heutiges Tages geschiht durch/ Neid
oder Miß belohnung/ zu wider gemacht. Und weil die Mu-
sen
sowol Satyren oder Schelt- als Lobgedichte schreiben
können/ haben sich grosse Leute vor den Poeten hefftig ge-
förchtet/ daß sie nit etwas ungleiches von jhnen an das Liecht
brächten/ und daher sich sonderlich beflissen/ daß sie jhnen
Dank für Ehre/ und Lieb für Lob/ auch nit Ursach gäben/ sich
über Undank zubeklagen/ und sie also ein böser Inhalt jhrer
guten Gedichte würden. Was freundlicher Wort gebrau-
chet sich doch deß Römischen Adlers andrer Ruhm und
Blum gegen dem Venuserschwan? Wisse/ schreibt er an
jhn/ daß ich zürne/ daß du meiner in deinen Schriften nicht
zum öftern erwähnest. Fürchtest du/ es werde dir bey den
Nachkommenden eine Schande seyn/ daß du dich so ge-
mein mit uns gemacht
. O eine Leutseelige Hoheit/ deren
Tugendlicher Ehrendurst wol verdienet/ daß sie in dieses
und anderer Poeten Schrifften noch immer/ und biß an
das Ende dieser Irdischkeit/ mit Ruhm gelesen werde.

69.

Eben deßwegen auch haben seine Reichsnachfolgere
die Krönung der Poeten aufgebracht/ welches vorher allein
sieghafter Helden Häubtern widerfuhre. Die dapfersten
Kriegs fürsten haben jederzeit Poeten bey sich im Lager ge-
habt/ da dann/ was jene gethan/ diese aufgeschrieben. Und wie
solt es anderst seyn/ weil auch Apollo zugleich der Helden und
Poeten Gott geglaubet worden/ und die Haare seiner liebsten
Dafne/ die ewigen Lorbeerblätter/ beyden zugleich gewidmet.
Ja/ wie solten die nicht wehrt seyn in jhrem Leben gekrönet zu
werden/ von welchen andre nach jhrem Tode mit dem unver-
welklichen Krantz der Ehren und deß Nachruhms gekrönet
worden. Die Tugend ist unglükselig/ die jhren Lohn/ welcher
ist Ehr und Ruhm/ nicht erlanget. Das ist ein todtes Tuhn/
das seines Lobs ermangelt/ und/ wann es begangen/ ver-
gessen wird. Ist derhalben nicht weniger daran gelegen/

wie

den/ nicht aber/ wie heutiges Tages geſchiht durch/ Neid
oder Miß belohnung/ zu wider gemacht. Und weil die Mu-
ſen
ſowol Satyren oder Schelt- als Lobgedichte ſchreiben
koͤnnen/ haben ſich groſſe Leute vor den Poeten hefftig ge-
foͤꝛchtet/ daß ſie nit etwas ungleiches von jhnen an das Liecht
braͤchten/ und daher ſich ſonderlich befliſſen/ daß ſie jhnen
Dank fuͤr Ehre/ und Lieb fuͤr Lob/ auch nit Urſach gaͤben/ ſich
uͤber Undank zubeklagen/ und ſie alſo ein boͤſer Inhalt jhrer
guten Gedichte wuͤrden. Was freundlicher Wort gebrau-
chet ſich doch deß Roͤmiſchen Adlers andrer Ruhm und
Blum gegen dem Venuſerſchwan? Wiſſe/ ſchreibt er an
jhn/ daß ich zuͤrne/ daß du meiner in deinen Schriften nicht
zum oͤftern erwaͤhneſt. Fuͤrchteſt du/ es werde dir bey den
Nachkommenden eine Schande ſeyn/ daß du dich ſo ge-
mein mit uns gemacht
. O eine Leutſeelige Hoheit/ deren
Tugendlicher Ehrendurſt wol verdienet/ daß ſie in dieſes
und anderer Poeten Schrifften noch immer/ und biß an
das Ende dieſer Irdiſchkeit/ mit Ruhm geleſen werde.

69.

Eben deßwegen auch haben ſeine Reichsnachfolgere
die Kroͤnung der Poeten aufgebracht/ welches vorher allein
ſieghafter Helden Haͤubtern widerfuhre. Die dapferſten
Kriegs fuͤrſten haben jederzeit Poeten bey ſich im Lager ge-
habt/ da dann/ was jene gethan/ dieſe aufgeſchriebẽ. Und wie
ſolt es anderſt ſeyn/ weil auch Apollo zugleich der Helden und
Poeten Gott geglaubet worden/ und die Haare ſeiner liebſten
Dafne/ die ewigen Lorbeerblaͤtter/ beyden zugleich gewidmet.
Ja/ wie ſolten die nicht wehrt ſeyn in jhrem Leben gekroͤnet zu
werden/ von welchen andre nach jhrem Tode mit dem unver-
welklichen Krantz der Ehren und deß Nachruhms gekroͤnet
worden. Die Tugend iſt ungluͤkſelig/ die jhren Lohn/ welcher
iſt Ehr und Ruhm/ nicht erlanget. Das iſt ein todtes Tuhn/
das ſeines Lobs ermangelt/ und/ wann es begangen/ ver-
geſſen wird. Iſt derhalben nicht weniger daran gelegen/

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[80/0132] den/ nicht aber/ wie heutiges Tages geſchiht durch/ Neid oder Miß belohnung/ zu wider gemacht. Und weil die Mu- ſen ſowol Satyren oder Schelt- als Lobgedichte ſchreiben koͤnnen/ haben ſich groſſe Leute vor den Poeten hefftig ge- foͤꝛchtet/ daß ſie nit etwas ungleiches von jhnen an das Liecht braͤchten/ und daher ſich ſonderlich befliſſen/ daß ſie jhnen Dank fuͤr Ehre/ und Lieb fuͤr Lob/ auch nit Urſach gaͤben/ ſich uͤber Undank zubeklagen/ und ſie alſo ein boͤſer Inhalt jhrer guten Gedichte wuͤrden. Was freundlicher Wort gebrau- chet ſich doch deß Roͤmiſchen Adlers andrer Ruhm und Blum gegen dem Venuſerſchwan? Wiſſe/ ſchreibt er an jhn/ daß ich zuͤrne/ daß du meiner in deinen Schriften nicht zum oͤftern erwaͤhneſt. Fuͤrchteſt du/ es werde dir bey den Nachkommenden eine Schande ſeyn/ daß du dich ſo ge- mein mit uns gemacht. O eine Leutſeelige Hoheit/ deren Tugendlicher Ehrendurſt wol verdienet/ daß ſie in dieſes und anderer Poeten Schrifften noch immer/ und biß an das Ende dieſer Irdiſchkeit/ mit Ruhm geleſen werde. 69. Eben deßwegen auch haben ſeine Reichsnachfolgere die Kroͤnung der Poeten aufgebracht/ welches vorher allein ſieghafter Helden Haͤubtern widerfuhre. Die dapferſten Kriegs fuͤrſten haben jederzeit Poeten bey ſich im Lager ge- habt/ da dann/ was jene gethan/ dieſe aufgeſchriebẽ. Und wie ſolt es anderſt ſeyn/ weil auch Apollo zugleich der Helden und Poeten Gott geglaubet worden/ und die Haare ſeiner liebſten Dafne/ die ewigen Lorbeerblaͤtter/ beyden zugleich gewidmet. Ja/ wie ſolten die nicht wehrt ſeyn in jhrem Leben gekroͤnet zu werden/ von welchen andre nach jhrem Tode mit dem unver- welklichen Krantz der Ehren und deß Nachruhms gekroͤnet worden. Die Tugend iſt ungluͤkſelig/ die jhren Lohn/ welcher iſt Ehr und Ruhm/ nicht erlanget. Das iſt ein todtes Tuhn/ das ſeines Lobs ermangelt/ und/ wann es begangen/ ver- geſſen wird. Iſt derhalben nicht weniger daran gelegen/ wie

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/132>, abgerufen am 23.04.2024.