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Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

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Feuchte/ als zu den Trehnen/ übrig habe/ welche mich mei-
nem ergrimmeten Verhängniß bald vollends aufopfern
werden.

75.

Ich bitte E. Durchl. unterthänigst/ Durchläuch-
tigste Prinzessin/ antworte er/ die wolle sich den Schmertz
nicht alsoviel meistern/ sondern der Vernunfft etwas raum
lassen. Die Göttliche Verhängnisse sind unergrundlich/ und
können E. Durchl. nicht wissen/ was dieselben über sie ver-
ordnet. E. Durchl. verzehren sich mit dero Unmut nur sel-"
ber/ und gewinnen doch nichts darmit. Wann alle
Menschmügliche Hulfmittel zerrinnen/ so tritt der gnädige"
Himmel ins Mittel/ damit seine Allmacht desto herrlicher
erscheine. Er stürtzet darüm desto tieffer/ damit er hernach"
desto höher erhebe. Man muß jhm seine Weise und Weiß-
heit ablernen/ und seinen Willen für ein Gesetze halten/ de-"
me zu wider wöllen/ ein hartes Verbrechen ist. Fördert er/
so hindert nichts/ hindert aber er/ so fördert auch nichts. Will"
seine Miltigkeit E. Durchl. mit Friedensruhe begnädigen/
so vermögen alle Mächte der Welt nichts darwider. Ist es
aber sein gerechter Wille/ das zornige Kriegsschwerd in E.
Durchl. Landen länger schneiden/ und nicht in der Scheiden
zu lassen/ so wird es jhme auch keine Ungedult mit Entgegen-
murren verwehren können. Demütigen wir unsren Willen"
unter den Seinigen so folgen wir jhme; wollen wir aber sein
Wöllen dem unsren unterwerffen/ so werden wir jhme zu fol-"
gen gezwungen und gezogen: durch jenes wird er erweichet/
durch dieses nur mehr erzürnet.

76.

Derselbige Wille aber ist allezeit gerecht/ ob er es"
schon vor Menschen- augen nit scheinet. Zwar ist GOtt
nicht gehalten/ uns seines Verhaltens Rechenschafft zuge-"
ben. Eine Göttlichkeit gläuben/ und jhme einbilden/ daß sie
irren könne/ sind zwey dinge/ die nicht beysammen stehen mö-"
gen. Wie keine Vollkommenheit ist ausser der Göttlichkeit/

also
M 3

Feuchte/ als zu den Trehnen/ uͤbrig habe/ welche mich mei-
nem ergrimmeten Verhaͤngniß bald vollends aufopfern
werden.

75.

Ich bitte E. Durchl. unterthaͤnigſt/ Durchlaͤuch-
tigſte Prinzeſſin/ antworte er/ die wolle ſich den Schmertz
nicht alſoviel meiſtern/ ſondern der Vernunfft etwas raum
laſſen. Die Goͤttliche Verhaͤngniſſe ſind unergrůndlich/ und
koͤnnen E. Durchl. nicht wiſſen/ was dieſelben uͤber ſie ver-
ordnet. E. Durchl. verzehren ſich mit dero Unmut nur ſel-„
ber/ und gewinnen doch nichts darmit. Wann alle
Menſchmuͤgliche Hůlfmittel zerrinnen/ ſo tritt der gnaͤdige„
Himmel ins Mittel/ damit ſeine Allmacht deſto herrlicher
erſcheine. Er ſtuͤrtzet daruͤm deſto tieffer/ damit er hernach„
deſto hoͤher erhebe. Man muß jhm ſeine Weiſe und Weiß-
heit ablernen/ und ſeinen Willen fuͤr ein Geſetze halten/ de-„
me zu wider woͤllen/ ein hartes Verbrechen iſt. Foͤrdert er/
ſo hindert nichts/ hindert aber er/ ſo foͤrdert auch nichts. Will„
ſeine Miltigkeit E. Durchl. mit Friedensruhe begnaͤdigen/
ſo vermoͤgen alle Maͤchte der Welt nichts darwider. Iſt es
aber ſein gerechter Wille/ das zornige Kriegsſchwerd in E.
Durchl. Landen laͤnger ſchneiden/ und nicht in der Scheiden
zu laſſen/ ſo wird es jhme auch keine Ungedult mit Entgegen-
murren verwehren koͤnnen. Demütigen wir unsren Willen„
unter den Seinigen ſo folgen wir jhme; wollen wir aber ſein
Woͤllen dem unſren unterwerffen/ ſo werden wir jhme zu fol-„
gen gezwungen und gezogen: durch jenes wird er erweichet/
durch dieſes nur mehr erzuͤrnet.

76.

Derſelbige Wille aber iſt allezeit gerecht/ ob er es„
ſchon vor Menſchen- augen nit ſcheinet. Zwar iſt GOtt
nicht gehalten/ uns ſeines Verhaltens Rechenſchafft zuge-„
ben. Eine Goͤttlichkeit glaͤuben/ und jhme einbilden/ daß ſie
irren koͤnne/ ſind zwey dinge/ die nicht beyſammen ſtehen moͤ-„
gen. Wie keine Vollkommenheit iſt auſſer der Goͤttlichkeit/

alſo
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[85/0137] Feuchte/ als zu den Trehnen/ uͤbrig habe/ welche mich mei- nem ergrimmeten Verhaͤngniß bald vollends aufopfern werden. 75. Ich bitte E. Durchl. unterthaͤnigſt/ Durchlaͤuch- tigſte Prinzeſſin/ antworte er/ die wolle ſich den Schmertz nicht alſoviel meiſtern/ ſondern der Vernunfft etwas raum laſſen. Die Goͤttliche Verhaͤngniſſe ſind unergrůndlich/ und koͤnnen E. Durchl. nicht wiſſen/ was dieſelben uͤber ſie ver- ordnet. E. Durchl. verzehren ſich mit dero Unmut nur ſel-„ ber/ und gewinnen doch nichts darmit. Wann alle Menſchmuͤgliche Hůlfmittel zerrinnen/ ſo tritt der gnaͤdige„ Himmel ins Mittel/ damit ſeine Allmacht deſto herrlicher erſcheine. Er ſtuͤrtzet daruͤm deſto tieffer/ damit er hernach„ deſto hoͤher erhebe. Man muß jhm ſeine Weiſe und Weiß- heit ablernen/ und ſeinen Willen fuͤr ein Geſetze halten/ de-„ me zu wider woͤllen/ ein hartes Verbrechen iſt. Foͤrdert er/ ſo hindert nichts/ hindert aber er/ ſo foͤrdert auch nichts. Will„ ſeine Miltigkeit E. Durchl. mit Friedensruhe begnaͤdigen/ ſo vermoͤgen alle Maͤchte der Welt nichts darwider. Iſt es aber ſein gerechter Wille/ das zornige Kriegsſchwerd in E. Durchl. Landen laͤnger ſchneiden/ und nicht in der Scheiden zu laſſen/ ſo wird es jhme auch keine Ungedult mit Entgegen- murren verwehren koͤnnen. Demütigen wir unsren Willen„ unter den Seinigen ſo folgen wir jhme; wollen wir aber ſein Woͤllen dem unſren unterwerffen/ ſo werden wir jhme zu fol-„ gen gezwungen und gezogen: durch jenes wird er erweichet/ durch dieſes nur mehr erzuͤrnet. 76. Derſelbige Wille aber iſt allezeit gerecht/ ob er es„ ſchon vor Menſchen- augen nit ſcheinet. Zwar iſt GOtt nicht gehalten/ uns ſeines Verhaltens Rechenſchafft zuge-„ ben. Eine Goͤttlichkeit glaͤuben/ und jhme einbilden/ daß ſie irren koͤnne/ ſind zwey dinge/ die nicht beyſammen ſtehen moͤ-„ gen. Wie keine Vollkommenheit iſt auſſer der Goͤttlichkeit/ alſo M 3

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/137>, abgerufen am 18.04.2024.