Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

Bild:
<< vorherige Seite

Gäste/ einen nach dem andren/ mit zornflammenden Augen
an/ als die jhr diese friedliche Versamlung gar übel gefallen
liesse/ brummete wie ein Bäer/ schaumete wie ein Eber/
boltzete aus jhren Augen wie ein Feuerbüchse/ drehete sich
hin und wider/ trate mit dem Fus wider die Erde/ schlug jhre
hangende Brüste/ knirschete mit den Zähnen/ und nach so
manchen Ungeberdigkeiten fienge sie an mit Worten zu
donnern.

124.

Sie sagte/ sie wäre in dem Königreich Albion ge-
wesen/ und hätte daselbst die Hertzen mit jhrer Kriegsfackel
angestecket: sie befände aber bey jhrer wiederkehr in den Teu-
tonischen Landen alles ümgekehrt/ und jhren Brand gantz
verloschen. Fluchete deßwegen dem Himmel/ und ruffete alle
höllische Furien und Plaggeister üm Hülffe an. Bedachte
sich darauf ein wenig/ wie sie doch dises neue Friedenswesen
abstellen möchte. Und nach dem sie sich erinnerte/ wie sie vor
der zeit zu Rach jhrer Verschmähung/ einen Zankapfel unter
die Götter ausgeworfen/ gedachte sie sich dieses Funds auch
dißmal zugebrauchen; zoge derhalb also bald einen Goldapf-
fel mit eiserner Faust aus dem Rock/ schriebe darauf POTI-
ORI,
dem Staerkern (eben wie auf dem bey Thetis
Hochzeit ausgeworffenen gestanden KLLLISTE/ der Schön-
sten
!) zuverstehen gebend/ daß dieser Apffel und die gröste
Herrschaft dem jenigen werden solte/ welcher dem andern
mit Waffen überlegen seyn würde.

125.

Eben aber als sie denselben unter die Gäste werf-
fen wolte/ kamen aus dem Waldgezelt hervorgetreten die
zwo Göttinen/ Concor die und Astree/ oder die Eintracht
Sigm Ja-
cob Holtz-
schuher/ v.
d. Neuen-
burg/ P. N.
und Gerechtigkeit/ welche den Frieden zwischen sich gefas-
set hatten. Discordie erschrak uber dieser Ankunft/ und stellete
sich mit zittern und beben auf eine Seite. Concordie* mit
jhren Gefärten vor die Tafel tretend/ sahe diese Unholdin

erstlich

Gaͤſte/ einen nach dem andren/ mit zornflammenden Augen
an/ als die jhr dieſe friedliche Verſamlung gar uͤbel gefallen
lieſſe/ brummete wie ein Baͤer/ ſchaumete wie ein Eber/
boltzete aus jhren Augen wie ein Feuerbüchſe/ drehete ſich
hin und wider/ trate mit dem Fus wider die Erde/ ſchlug jhre
hangende Brüſte/ knirſchete mit den Zaͤhnen/ und nach ſo
manchen Ungeberdigkeiten fienge ſie an mit Worten zu
donnern.

124.

Sie ſagte/ ſie waͤre in dem Koͤnigreich Albion ge-
weſen/ und haͤtte daſelbſt die Hertzen mit jhrer Kriegsfackel
angeſtecket: ſie befaͤnde aber bey jhrer wiederkehr in den Teu-
toniſchen Landen alles uͤmgekehrt/ und jhren Brand gantz
verloſchen. Fluchete deßwegen dem Him̃el/ und ruffete alle
hoͤlliſche Furien und Plaggeiſter üm Huͤlffe an. Bedachte
ſich darauf ein wenig/ wie ſie doch diſes neue Friedensweſen
abſtellen moͤchte. Und nach dem ſie ſich erinnerte/ wie ſie vor
der zeit zu Rach jhrer Verſchmaͤhung/ einen Zankapfel unter
die Goͤtter ausgeworfen/ gedachte ſie ſich dieſes Funds auch
dißmal zugebrauchen; zoge derhalb alſo bald einẽ Goldapf-
fel mit eiſerner Fauſt aus dem Rock/ ſchriebe darauf POTI-
ORI,
dem Staerkern (eben wie auf dem bey Thetis
Hochzeit ausgeworffenẽ geſtanden ΚΛΛΛΙΣΤΗ/ der Schoͤn-
ſten
!) zuverſtehen gebend/ daß dieſer Apffel und die groͤſte
Herrſchaft dem jenigen werden ſolte/ welcher dem andern
mit Waffen uͤberlegen ſeyn wuͤrde.

125.

Eben aber als ſie denſelben unter die Gaͤſte werf-
fen wolte/ kamen aus dem Waldgezelt hervorgetreten die
zwo Goͤttinen/ Concor die und Aſtree/ oder die Eintracht
Sigm Ja-
cob Holtz-
ſchuher/ v.
d. Neuen-
burg/ P. N.
und Gerechtigkeit/ welche den Frieden zwiſchen ſich gefaſ-
ſet hatten. Diſcordie erſchrak ůber dieſer Ankunft/ und ſtellete
ſich mit zittern und beben auf eine Seite. Concordie* mit
jhren Gefaͤrten vor die Tafel tretend/ ſahe dieſe Unholdin

erſtlich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0182" n="126"/>
Ga&#x0364;&#x017F;te/ einen nach dem andren/ mit zornflammenden Augen<lb/>
an/ als die jhr die&#x017F;e friedliche Ver&#x017F;amlung gar u&#x0364;bel gefallen<lb/>
lie&#x017F;&#x017F;e/ brummete wie ein Ba&#x0364;er/ &#x017F;chaumete wie ein <hi rendition="#fr">E</hi>ber/<lb/>
boltzete aus jhren Augen wie ein Feuerbüch&#x017F;e/ drehete &#x017F;ich<lb/>
hin und wider/ trate mit dem Fus wider die Erde/ &#x017F;chlug jhre<lb/>
hangende Brü&#x017F;te/ knir&#x017F;chete mit den Za&#x0364;hnen/ und nach &#x017F;o<lb/>
manchen <hi rendition="#aq">U</hi>ngeberdigkeiten fienge &#x017F;ie an mit Worten zu<lb/>
donnern.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>124.</head><lb/>
          <p>Sie &#x017F;agte/ &#x017F;ie wa&#x0364;re in dem Ko&#x0364;nigreich <hi rendition="#fr">Albion</hi> ge-<lb/>
we&#x017F;en/ und ha&#x0364;tte da&#x017F;elb&#x017F;t die Hertzen mit jhrer Kriegsfackel<lb/>
ange&#x017F;tecket: &#x017F;ie befa&#x0364;nde aber bey jhrer wiederkehr in den Teu-<lb/>
toni&#x017F;chen Landen alles u&#x0364;mgekehrt/ und jhren Brand gantz<lb/>
verlo&#x017F;chen. Fluchete deßwegen dem Him&#x0303;el/ und ruffete alle<lb/>
ho&#x0364;lli&#x017F;che <hi rendition="#fr">Furien</hi> und Plaggei&#x017F;ter üm Hu&#x0364;lffe an. Bedachte<lb/>
&#x017F;ich darauf ein wenig/ wie &#x017F;ie doch di&#x017F;es neue Friedenswe&#x017F;en<lb/>
ab&#x017F;tellen mo&#x0364;chte. <hi rendition="#aq">U</hi>nd nach dem &#x017F;ie &#x017F;ich erinnerte/ wie &#x017F;ie vor<lb/>
der zeit zu Rach jhrer Ver&#x017F;chma&#x0364;hung/ einen Zankapfel unter<lb/>
die Go&#x0364;tter ausgeworfen/ gedachte &#x017F;ie &#x017F;ich die&#x017F;es Funds auch<lb/>
dißmal zugebrauchen<hi rendition="#i">;</hi> zoge derhalb al&#x017F;o bald eine&#x0303; Goldapf-<lb/>
fel mit ei&#x017F;erner Fau&#x017F;t aus dem Rock/ &#x017F;chriebe darauf <hi rendition="#aq">POTI-<lb/>
ORI,</hi> dem <hi rendition="#k">Staerkern</hi> (eben wie auf dem bey <hi rendition="#fr">Thetis</hi><lb/>
Hochzeit ausgeworffene&#x0303; ge&#x017F;tanden &#x039A;&#x039B;&#x039B;&#x039B;&#x0399;&#x03A3;&#x03A4;&#x0397;/ <hi rendition="#fr">der Scho&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;ten</hi><hi rendition="#i">!</hi>) zuver&#x017F;tehen gebend/ daß die&#x017F;er Apffel und die gro&#x0364;&#x017F;te<lb/>
Herr&#x017F;chaft dem jenigen werden &#x017F;olte/ welcher dem andern<lb/>
mit Waffen u&#x0364;berlegen &#x017F;eyn wu&#x0364;rde.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>125.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">E</hi>ben aber als &#x017F;ie den&#x017F;elben unter die Ga&#x0364;&#x017F;te werf-<lb/>
fen wolte/ kamen aus dem Waldgezelt hervorgetreten die<lb/>
zwo Go&#x0364;ttinen/ <hi rendition="#fr">Concor</hi> die <hi rendition="#fr">und</hi> A&#x017F;tree/ oder die <hi rendition="#fr">Eintracht</hi><lb/><note place="left">Sigm Ja-<lb/>
cob Holtz-<lb/>
&#x017F;chuher/ v.<lb/>
d. Neuen-<lb/>
burg/ <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">P. N.</hi></hi></note>und <hi rendition="#fr">Gerechtigkeit</hi>/ welche den <hi rendition="#fr">Frieden</hi> zwi&#x017F;chen &#x017F;ich gefa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et hatten. <hi rendition="#fr">Di&#x017F;cordie</hi> er&#x017F;chrak &#x016F;ber die&#x017F;er <choice><sic>Ankuuft</sic><corr>Ankunft</corr></choice>/ und &#x017F;tellete<lb/>
&#x017F;ich mit zittern und beben auf eine Seite. <hi rendition="#fr">Concordie</hi>* mit<lb/>
jhren Gefa&#x0364;rten vor die Tafel tretend/ &#x017F;ahe die&#x017F;e <hi rendition="#aq">U</hi>nholdin<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er&#x017F;tlich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0182] Gaͤſte/ einen nach dem andren/ mit zornflammenden Augen an/ als die jhr dieſe friedliche Verſamlung gar uͤbel gefallen lieſſe/ brummete wie ein Baͤer/ ſchaumete wie ein Eber/ boltzete aus jhren Augen wie ein Feuerbüchſe/ drehete ſich hin und wider/ trate mit dem Fus wider die Erde/ ſchlug jhre hangende Brüſte/ knirſchete mit den Zaͤhnen/ und nach ſo manchen Ungeberdigkeiten fienge ſie an mit Worten zu donnern. 124. Sie ſagte/ ſie waͤre in dem Koͤnigreich Albion ge- weſen/ und haͤtte daſelbſt die Hertzen mit jhrer Kriegsfackel angeſtecket: ſie befaͤnde aber bey jhrer wiederkehr in den Teu- toniſchen Landen alles uͤmgekehrt/ und jhren Brand gantz verloſchen. Fluchete deßwegen dem Him̃el/ und ruffete alle hoͤlliſche Furien und Plaggeiſter üm Huͤlffe an. Bedachte ſich darauf ein wenig/ wie ſie doch diſes neue Friedensweſen abſtellen moͤchte. Und nach dem ſie ſich erinnerte/ wie ſie vor der zeit zu Rach jhrer Verſchmaͤhung/ einen Zankapfel unter die Goͤtter ausgeworfen/ gedachte ſie ſich dieſes Funds auch dißmal zugebrauchen; zoge derhalb alſo bald einẽ Goldapf- fel mit eiſerner Fauſt aus dem Rock/ ſchriebe darauf POTI- ORI, dem Staerkern (eben wie auf dem bey Thetis Hochzeit ausgeworffenẽ geſtanden ΚΛΛΛΙΣΤΗ/ der Schoͤn- ſten!) zuverſtehen gebend/ daß dieſer Apffel und die groͤſte Herrſchaft dem jenigen werden ſolte/ welcher dem andern mit Waffen uͤberlegen ſeyn wuͤrde. 125. Eben aber als ſie denſelben unter die Gaͤſte werf- fen wolte/ kamen aus dem Waldgezelt hervorgetreten die zwo Goͤttinen/ Concor die und Aſtree/ oder die Eintracht und Gerechtigkeit/ welche den Frieden zwiſchen ſich gefaſ- ſet hatten. Diſcordie erſchrak ůber dieſer Ankunft/ und ſtellete ſich mit zittern und beben auf eine Seite. Concordie* mit jhren Gefaͤrten vor die Tafel tretend/ ſahe dieſe Unholdin erſtlich Sigm Ja- cob Holtz- ſchuher/ v. d. Neuen- burg/ P. N.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/182
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/182>, abgerufen am 28.03.2024.