Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

liches) Wachsthum, und eine so zarte halbdurch-
sichtige Textur verbinden, daß sie (zumahl im
sattsamen Lichte und unter mäßiger Vergrößerung)
aufs deutlichste, klarste durchschaut werden können.

So im Gewächsreiche an manchen einfachen
Wassermoosen, wie z. B. an der Brunnen-Con-
ferve (Conferva fontinalis, Ceramium caesoi-
tosum Roth.) die sich in den ersten Frühlingstagen
fortpflanzt. (- Abbild. nat. hist. Gegenst.
tab
. 49. -)

Unter den blutlosen Thieren an den Arm-
Polypen.

Und unter den warmblütigen an der ersten Er-
scheinung des Küchelchens im bebrüteten Eye und
seiner dann von Tag zu Tag fortrückenden Aus-
bildung.

Anm. 2. Hoffentlich ist für die mehresten Leser die Er-
innerung überflüssig, daß das Wort Bildungstrieb
selbst so gut wie die Benennungen aller andern
Arten von Lebenskräften an sich weiter nichts er-
klären, sondern bloß eine besondere (das Mecha-
nische mit dem zweckmäßig Modificirbaren in sich
vereinende) Kraft unterscheidend bezeichnen soll,
deren constante Wirkung aus der Erfahrung aner-
kannt worden, deren Ursache aber so gut, wie
die Ursache aller andern noch so allgemein aner-
kannten Naturkräfte für uns hienieden im eigentli-
chen Wortverstande qualitas occulta bleibt+). -
Das hindert aber nickt, daß man nicht immer mehr
suchen sollte, ihre Wirkungen durch Beobachtung
weiter zu erforschen und zu verfolgen, und sie so
auf allgemeine Gesetze zurück zu bringen.

+) "Il fallait respecter les qualites occultes; car
depuis le brin d'herbe que l'ambre attira,
jusqu' a la route que tant d'astres suivent dans
l'espace; depuis la formation d'une mite dans
un fromage jusqu' a la Galaxie; soit que vous
consideriez une pierre qui tombe, soit que vous
suiviez le cours d'une comete traversant les
cieux, tout est
qualite occulte."
Voltaire.

liches) Wachsthum, und eine so zarte halbdurch-
sichtige Textur verbinden, daß sie (zumahl im
sattsamen Lichte und unter mäßiger Vergrößerung)
aufs deutlichste, klarste durchschaut werden können.

So im Gewächsreiche an manchen einfachen
Wassermoosen, wie z. B. an der Brunnen-Con-
ferve (Conferva fontinalis, Ceramium caesoi-
tosum Roth.) die sich in den ersten Frühlingstagen
fortpflanzt. (– Abbild. nat. hist. Gegenst.
tab
. 49. –)

Unter den blutlosen Thieren an den Arm-
Polypen.

Und unter den warmblütigen an der ersten Er-
scheinung des Küchelchens im bebrüteten Eye und
seiner dann von Tag zu Tag fortrückenden Aus-
bildung.

Anm. 2. Hoffentlich ist für die mehresten Leser die Er-
innerung überflüssig, daß das Wort Bildungstrieb
selbst so gut wie die Benennungen aller andern
Arten von Lebenskräften an sich weiter nichts er-
klären, sondern bloß eine besondere (das Mecha-
nische mit dem zweckmäßig Modificirbaren in sich
vereinende) Kraft unterscheidend bezeichnen soll,
deren constante Wirkung aus der Erfahrung aner-
kannt worden, deren Ursache aber so gut, wie
die Ursache aller andern noch so allgemein aner-
kannten Naturkräfte für uns hienieden im eigentli-
chen Wortverstande qualitas occulta bleibt†). –
Das hindert aber nickt, daß man nicht immer mehr
suchen sollte, ihre Wirkungen durch Beobachtung
weiter zu erforschen und zu verfolgen, und sie so
auf allgemeine Gesetze zurück zu bringen.

†) Il fallait respecter les qualités occultes; car
depuis le brin d'herbe que l'ambre attira,
jusqu' à la route que tant d'astres suivent dans
l'espace; depuis la formation d'une mite dans
un fromage jusqu' à la Galaxie; soit que vous
considériez une pierre qui tombe, soit que vous
suiviez le cours d'une comète traversant les
cieux, tout est
qualité occulte.”
Voltaire.
<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000031">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p rendition="#indent-1 #small"><pb facs="#f0037" xml:id="pb019_0001" n="19"/>
liches) Wachsthum, und eine so zarte halbdurch-<lb/>
sichtige Textur verbinden, daß sie (zumahl im<lb/>
sattsamen Lichte und unter mäßiger Vergrößerung)<lb/>
aufs deutlichste, klarste durchschaut werden können.</p>
          <p rendition="#l1em #small">So im Gewächsreiche an manchen einfachen<lb/>
Wassermoosen, wie z. B. an der Brunnen-Con-<lb/>
ferve (<hi rendition="#aq">Conferva <hi rendition="#i">fontinalis,</hi> Ceramium</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">caesoi-</hi><lb/></hi><hi rendition="#aq">tosum <hi rendition="#k">Roth</hi></hi>.) die sich in den ersten Frühlingstagen<lb/>
fortpflanzt. (&#x2013; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Abbild. nat. hist. Gegenst.</hi><lb/>
tab</hi>. 49. &#x2013;)</p>
          <p rendition="#l1em #small">Unter den blutlosen Thieren an den Arm-<lb/>
Polypen.</p>
          <p rendition="#l1em #small">Und unter den warmblütigen an der ersten Er-<lb/>
scheinung des Küchelchens im bebrüteten Eye und<lb/>
seiner dann von Tag zu Tag fortrückenden Aus-<lb/>
bildung.</p>
          <p rendition="#indent-1 #small">Anm. 2. Hoffentlich ist für die mehresten Leser die Er-<lb/>
innerung überflüssig, daß das Wort Bildungstrieb<lb/>
selbst so gut wie die Benennungen aller andern<lb/>
Arten von Lebenskräften an sich weiter nichts er-<lb/>
klären, sondern bloß eine besondere (das Mecha-<lb/>
nische mit dem zweckmäßig Modificirbaren in sich<lb/>
vereinende) Kraft unterscheidend bezeichnen soll,<lb/>
deren constante Wirkung aus der Erfahrung aner-<lb/>
kannt worden, deren Ursache aber so gut, wie<lb/>
die Ursache aller andern noch so allgemein aner-<lb/>
kannten Naturkräfte für uns hienieden im eigentli-<lb/>
chen Wortverstande <hi rendition="#aq">qualitas occulta</hi> bleibt<note anchored="true" place="foot" n="&#x2020;)"><p><q type="preline">&#x201E;<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Il fallait respecter les</hi> qualités occultes;</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">car<lb/>
depuis le brin d'herbe que l'ambre attira,<lb/>
jusqu' à la route que tant d'astres suivent dans<lb/>
l'espace; depuis la formation d'une mite dans<lb/>
un fromage jusqu' à la Galaxie; soit que vous<lb/>
considériez une pierre qui tombe, soit que vous<lb/>
suiviez le cours d'une comète traversant les<lb/>
cieux, tout est</hi></hi> <hi rendition="#aq">qualité occulte.&#x201D;</hi></q><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Voltaire</hi>.</hi></p></note>. &#x2013;<lb/>
Das hindert aber nickt, daß man nicht immer mehr<lb/>
suchen sollte, ihre Wirkungen durch Beobachtung<lb/>
weiter zu erforschen und zu verfolgen, und sie so<lb/>
auf allgemeine Gesetze zurück zu bringen.</p>
        </div>
        <div n="2">
</div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0037] liches) Wachsthum, und eine so zarte halbdurch- sichtige Textur verbinden, daß sie (zumahl im sattsamen Lichte und unter mäßiger Vergrößerung) aufs deutlichste, klarste durchschaut werden können. So im Gewächsreiche an manchen einfachen Wassermoosen, wie z. B. an der Brunnen-Con- ferve (Conferva fontinalis, Ceramium caesoi- tosum Roth.) die sich in den ersten Frühlingstagen fortpflanzt. (– Abbild. nat. hist. Gegenst. tab. 49. –) Unter den blutlosen Thieren an den Arm- Polypen. Und unter den warmblütigen an der ersten Er- scheinung des Küchelchens im bebrüteten Eye und seiner dann von Tag zu Tag fortrückenden Aus- bildung. Anm. 2. Hoffentlich ist für die mehresten Leser die Er- innerung überflüssig, daß das Wort Bildungstrieb selbst so gut wie die Benennungen aller andern Arten von Lebenskräften an sich weiter nichts er- klären, sondern bloß eine besondere (das Mecha- nische mit dem zweckmäßig Modificirbaren in sich vereinende) Kraft unterscheidend bezeichnen soll, deren constante Wirkung aus der Erfahrung aner- kannt worden, deren Ursache aber so gut, wie die Ursache aller andern noch so allgemein aner- kannten Naturkräfte für uns hienieden im eigentli- chen Wortverstande qualitas occulta bleibt †). – Das hindert aber nickt, daß man nicht immer mehr suchen sollte, ihre Wirkungen durch Beobachtung weiter zu erforschen und zu verfolgen, und sie so auf allgemeine Gesetze zurück zu bringen. †) „Il fallait respecter les qualités occultes; car depuis le brin d'herbe que l'ambre attira, jusqu' à la route que tant d'astres suivent dans l'espace; depuis la formation d'une mite dans un fromage jusqu' à la Galaxie; soit que vous considériez une pierre qui tombe, soit que vous suiviez le cours d'une comète traversant les cieux, tout est qualité occulte.” Voltaire.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814/37
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814/37>, abgerufen am 18.04.2024.