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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

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gen, sondern werden vorher im drüsenreichen Kröpfe
(ingluvies, prolobus) eingeweicht, und von da nur
allmählich an den Magen überlassen: der bey diesen
Thieren äußerst musculös, und so stark ist, daß er
sogar, nach Reaumur's u. a. merkwürdigen Versu-
chen, verschluckte Haselnüsse und Olivenkerne zu zer-
drücken und Münzen so glatt wie Papier abzuscheuern
vermag. Sehr viele Vögel verschlucken aber auch über-
dieß noch kleine Kieselsteinchen, die ebenfalls die Zer-
malmung und nachherige Verdauung der Speisen be-
fördern*). Verschiedene fleischfressende Vögel, wie
die Falken, Eulen, Eisvögel etc. können die Knochen,
Haare und Graten der kleinen Thiere, die sie verzehrt
haben, nicht verdauen, sondern brechen sie, in eine
runde Kugel (das Gewölle) geballt, nach der Mahl-
zeit wieder von sich**).

§. 64.

Zu den besondern Eigenheiten der Sinnwerk-
zeuge
der Vögel in Vergleichung zu den Säugethie-
ren, gehört unter andern der Mangel der knorpligen,
zur Auffassung des Schalls dienenden, äußern Ohren;

*) Über den Zweck und Nutzen, weßhalb diese Vogel solche Stein-
chen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen
sehr verschieden. - Manche haben gar gewähnt, es geschehe
aus Stupidität. - Nach meinen Untersuchungen ist es ein un-
entbehrliches Hülfsmittel, um die eingeschluckten Körner da-
durch zu tödten und ihrer Lebenskraft zu berau-
ben
, die sonst der Digestionskraft widersteht.
**) Einen ähnlichen Ursprung haben auch die vulgo so genann-
ten Sternschnuppen, nähmlich die graulichweißen, gal-
lertartigen, weist darmförmig gewundenen Klumpen, die man
oft haufenweise auf Wiesen etc. antrifft, und halbverdaute Ein-
geweide von Fröschen sind, die von Krähen, Sumpf- und
Wasservögeln wieder ausgebrochen worden. - s. Hrn. Dr.
Persoon in Hrn. Hofr. Voigts neuem Magazin I. B. 2.
St. S. 56 u. f.

gen, sondern werden vorher im drüsenreichen Kröpfe
(ingluvies, prolobus) eingeweicht, und von da nur
allmählich an den Magen überlassen: der bey diesen
Thieren äußerst musculös, und so stark ist, daß er
sogar, nach Reaumur's u. a. merkwürdigen Versu-
chen, verschluckte Haselnüsse und Olivenkerne zu zer-
drücken und Münzen so glatt wie Papier abzuscheuern
vermag. Sehr viele Vögel verschlucken aber auch über-
dieß noch kleine Kieselsteinchen, die ebenfalls die Zer-
malmung und nachherige Verdauung der Speisen be-
fördern*). Verschiedene fleischfressende Vögel, wie
die Falken, Eulen, Eisvögel ꝛc. können die Knochen,
Haare und Graten der kleinen Thiere, die sie verzehrt
haben, nicht verdauen, sondern brechen sie, in eine
runde Kugel (das Gewölle) geballt, nach der Mahl-
zeit wieder von sich**).

§. 64.

Zu den besondern Eigenheiten der Sinnwerk-
zeuge
der Vögel in Vergleichung zu den Säugethie-
ren, gehört unter andern der Mangel der knorpligen,
zur Auffassung des Schalls dienenden, äußern Ohren;

*) Über den Zweck und Nutzen, weßhalb diese Vogel solche Stein-
chen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen
sehr verschieden. – Manche haben gar gewähnt, es geschehe
aus Stupidität. – Nach meinen Untersuchungen ist es ein un-
entbehrliches Hülfsmittel, um die eingeschluckten Körner da-
durch zu tödten und ihrer Lebenskraft zu berau-
ben
, die sonst der Digestionskraft widersteht.
**) Einen ähnlichen Ursprung haben auch die vulgo so genann-
ten Sternschnuppen, nähmlich die graulichweißen, gal-
lertartigen, weist darmförmig gewundenen Klumpen, die man
oft haufenweise auf Wiesen ꝛc. antrifft, und halbverdaute Ein-
geweide von Fröschen sind, die von Krähen, Sumpf- und
Wasservögeln wieder ausgebrochen worden. – s. Hrn. Dr.
Persoon in Hrn. Hofr. Voigts neuem Magazin I. B. 2.
St. S. 56 u. f.
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[110/0129] gen, sondern werden vorher im drüsenreichen Kröpfe (ingluvies, prolobus) eingeweicht, und von da nur allmählich an den Magen überlassen: der bey diesen Thieren äußerst musculös, und so stark ist, daß er sogar, nach Reaumur's u. a. merkwürdigen Versu- chen, verschluckte Haselnüsse und Olivenkerne zu zer- drücken und Münzen so glatt wie Papier abzuscheuern vermag. Sehr viele Vögel verschlucken aber auch über- dieß noch kleine Kieselsteinchen, die ebenfalls die Zer- malmung und nachherige Verdauung der Speisen be- fördern *). Verschiedene fleischfressende Vögel, wie die Falken, Eulen, Eisvögel ꝛc. können die Knochen, Haare und Graten der kleinen Thiere, die sie verzehrt haben, nicht verdauen, sondern brechen sie, in eine runde Kugel (das Gewölle) geballt, nach der Mahl- zeit wieder von sich **). §. 64. Zu den besondern Eigenheiten der Sinnwerk- zeuge der Vögel in Vergleichung zu den Säugethie- ren, gehört unter andern der Mangel der knorpligen, zur Auffassung des Schalls dienenden, äußern Ohren; *) Über den Zweck und Nutzen, weßhalb diese Vogel solche Stein- chen schlucken müssen, sind die Meinungen der Physiologen sehr verschieden. – Manche haben gar gewähnt, es geschehe aus Stupidität. – Nach meinen Untersuchungen ist es ein un- entbehrliches Hülfsmittel, um die eingeschluckten Körner da- durch zu tödten und ihrer Lebenskraft zu berau- ben, die sonst der Digestionskraft widersteht. **) Einen ähnlichen Ursprung haben auch die vulgo so genann- ten Sternschnuppen, nähmlich die graulichweißen, gal- lertartigen, weist darmförmig gewundenen Klumpen, die man oft haufenweise auf Wiesen ꝛc. antrifft, und halbverdaute Ein- geweide von Fröschen sind, die von Krähen, Sumpf- und Wasservögeln wieder ausgebrochen worden. – s. Hrn. Dr. Persoon in Hrn. Hofr. Voigts neuem Magazin I. B. 2. St. S. 56 u. f.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/129>, abgerufen am 28.03.2024.