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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

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gentlich sogenannten bloß physischen (mechanischen und
chemischen), Gesetzen, durch Anhäufung oder Ansatz
homogener Theile von außen (aggregatio, juxta
positio
) bewirkt; folglich ist bey ihnen weder ursprüng-
liche Organisation noch Lebenskraft zu erwarten.

Und eben deßhalb heißen sie unorganisirte,
und jene hingegen organisirte Körper.

§. 3.

Endlich sind nun aber auch jene organisirten
Körper selbst, besonders in der Art wie sie ihre Nah-
rungsmittel zu sich nehmen, von einer doppelten Ver-
schiedenheit.

Die einen nähmlich saugen einen sehr einfachen
Nahrungssaft, vorzüglich mittelst zahlreicher Zasern,
die sich am untern Ende ihres Körpers befinden, ohne
merkliche willkührliche Bewegung in sich.

Da hingegen die andern eine meist einfache Haupt-
öffnung am obern oder vordern Ende ihres Körpers ha-
ben, die zu einem geräumigen Schlauche führt, wo-
hin sie vom innern Gefühle des Hungers getrieben ihre
Alimente, die von sehr verschiedener Art sind, mit-
telst willkührlicher Bewegung bringen.

Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.

Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu
verändern (locomotivitas) kein hinreichendes Unter-
scheidungszeichen der Thiere von den Pflanzen, ab.
Denn viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen Was-
serlinsen, sind nicht festgewurzelt, sondern können zu
gewissen Jahrszeiten etc. ihren Aufenthalt verändern,
bald zu Boden sinken, bald wieder auf die Ober-
fläche des Wassers steigen u. s. w. Und andererseits
gibt es ganze Geschlechter von Wasserthieren, zumahl
unter den Conchylien, Korallen etc. die ihren einmahl
eingenommenen Platz nie von selbst wieder verlassen
können.

gentlich sogenannten bloß physischen (mechanischen und
chemischen), Gesetzen, durch Anhäufung oder Ansatz
homogener Theile von außen (aggregatio, juxta
positio
) bewirkt; folglich ist bey ihnen weder ursprüng-
liche Organisation noch Lebenskraft zu erwarten.

Und eben deßhalb heißen sie unorganisirte,
und jene hingegen organisirte Körper.

§. 3.

Endlich sind nun aber auch jene organisirten
Körper selbst, besonders in der Art wie sie ihre Nah-
rungsmittel zu sich nehmen, von einer doppelten Ver-
schiedenheit.

Die einen nähmlich saugen einen sehr einfachen
Nahrungssaft, vorzüglich mittelst zahlreicher Zasern,
die sich am untern Ende ihres Körpers befinden, ohne
merkliche willkührliche Bewegung in sich.

Da hingegen die andern eine meist einfache Haupt-
öffnung am obern oder vordern Ende ihres Körpers ha-
ben, die zu einem geräumigen Schlauche führt, wo-
hin sie vom innern Gefühle des Hungers getrieben ihre
Alimente, die von sehr verschiedener Art sind, mit-
telst willkührlicher Bewegung bringen.

Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.

Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu
verändern (locomotivitas) kein hinreichendes Unter-
scheidungszeichen der Thiere von den Pflanzen, ab.
Denn viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen Was-
serlinsen, sind nicht festgewurzelt, sondern können zu
gewissen Jahrszeiten ꝛc. ihren Aufenthalt verändern,
bald zu Boden sinken, bald wieder auf die Ober-
fläche des Wassers steigen u. s. w. Und andererseits
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eingenommenen Platz nie von selbst wieder verlassen
können.

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[4/0022] gentlich sogenannten bloß physischen (mechanischen und chemischen), Gesetzen, durch Anhäufung oder Ansatz homogener Theile von außen (aggregatio, juxta positio) bewirkt; folglich ist bey ihnen weder ursprüng- liche Organisation noch Lebenskraft zu erwarten. Und eben deßhalb heißen sie unorganisirte, und jene hingegen organisirte Körper. §. 3. Endlich sind nun aber auch jene organisirten Körper selbst, besonders in der Art wie sie ihre Nah- rungsmittel zu sich nehmen, von einer doppelten Ver- schiedenheit. Die einen nähmlich saugen einen sehr einfachen Nahrungssaft, vorzüglich mittelst zahlreicher Zasern, die sich am untern Ende ihres Körpers befinden, ohne merkliche willkührliche Bewegung in sich. Da hingegen die andern eine meist einfache Haupt- öffnung am obern oder vordern Ende ihres Körpers ha- ben, die zu einem geräumigen Schlauche führt, wo- hin sie vom innern Gefühle des Hungers getrieben ihre Alimente, die von sehr verschiedener Art sind, mit- telst willkührlicher Bewegung bringen. Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere. Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu verändern (locomotivitas) kein hinreichendes Unter- scheidungszeichen der Thiere von den Pflanzen, ab. Denn viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen Was- serlinsen, sind nicht festgewurzelt, sondern können zu gewissen Jahrszeiten ꝛc. ihren Aufenthalt verändern, bald zu Boden sinken, bald wieder auf die Ober- fläche des Wassers steigen u. s. w. Und andererseits gibt es ganze Geschlechter von Wasserthieren, zumahl unter den Conchylien, Korallen ꝛc. die ihren einmahl eingenommenen Platz nie von selbst wieder verlassen können.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/22>, abgerufen am 19.04.2024.