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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

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ihrem wilden Zustande unterworfen sind (daß z. B.
Mißgeburten unter den Hausschweinen so häufig,
unter den wilden Schweinen hingegen fast unerhört
sind), sich mit der Lehre der Evolutionisten, daß die
Keime dieser Mißgeburten ebenfalls seit der ersten
Schöpfung schon monströs präformirt einge-
schachtelt gelegen, wohl schwerlich zusammen rei-
men läßt.

§. 13.

Zwitter nennt man zwar im engern Sinne
bloß solche einzelne Individuen von organisirten Kör-
pern, bey welchen widernatürlicher Weise die Spu-
ren der zweyfachen eigentlichen Sexual-Organe mehr
oder weniger verbunden sind, die sonst, in den männ-
lichen und weiblichen Geschöpfen derselben Art, ge-
trennt seyn sollten. Dergleichen finden sich selbst zu-
weilen unter den warmblütigen Thieren; zumahl un-
ter dem Rindvieh, Schafen und Ziegen.

Nächstdem aber verdient auch diejenige Abwei-
chung des Bildungstriebes hier einer Erwähnung,
wenn andere körperliche Functionen oder Charaktere,
die dem einen Geschlechte eigen seyn sollten, sich bey
Individuen des andern äußern. Wenn z. B. Hirsch-
kühe und Rehe Geweihe aufsetzen; oder Fasan- und
Pfau-Hennen mit zunehmenden Jahren männliches
Gefieder kriegen; oder Mannspersonen oder andere
männliche Säugethiere Milch geben*) u. s. w.

Endlich aber zeigt sich auch zuweilen im ganzen
Verhältniß des Körperbaues einzelner, übrigens noch
so regelmäßig und schön gebildeter Geschöpfe des einen
Geschlechts doch mehr oder weniger vom Totalhabitus

*) Von dieser Anomalie habe ich im Hannoverschen Maga-
zin
v. J. 1737. S. 753. u. f. gehandelt.

ihrem wilden Zustande unterworfen sind (daß z. B.
Mißgeburten unter den Hausschweinen so häufig,
unter den wilden Schweinen hingegen fast unerhört
sind), sich mit der Lehre der Evolutionisten, daß die
Keime dieser Mißgeburten ebenfalls seit der ersten
Schöpfung schon monströs präformirt einge-
schachtelt gelegen, wohl schwerlich zusammen rei-
men läßt.

§. 13.

Zwitter nennt man zwar im engern Sinne
bloß solche einzelne Individuen von organisirten Kör-
pern, bey welchen widernatürlicher Weise die Spu-
ren der zweyfachen eigentlichen Sexual-Organe mehr
oder weniger verbunden sind, die sonst, in den männ-
lichen und weiblichen Geschöpfen derselben Art, ge-
trennt seyn sollten. Dergleichen finden sich selbst zu-
weilen unter den warmblütigen Thieren; zumahl un-
ter dem Rindvieh, Schafen und Ziegen.

Nächstdem aber verdient auch diejenige Abwei-
chung des Bildungstriebes hier einer Erwähnung,
wenn andere körperliche Functionen oder Charaktere,
die dem einen Geschlechte eigen seyn sollten, sich bey
Individuen des andern äußern. Wenn z. B. Hirsch-
kühe und Rehe Geweihe aufsetzen; oder Fasan- und
Pfau-Hennen mit zunehmenden Jahren männliches
Gefieder kriegen; oder Mannspersonen oder andere
männliche Säugethiere Milch geben*) u. s. w.

Endlich aber zeigt sich auch zuweilen im ganzen
Verhältniß des Körperbaues einzelner, übrigens noch
so regelmäßig und schön gebildeter Geschöpfe des einen
Geschlechts doch mehr oder weniger vom Totalhabitus

*) Von dieser Anomalie habe ich im Hannoverschen Maga-
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v. J. 1737. S. 753. u. f. gehandelt.
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[20/0039] ihrem wilden Zustande unterworfen sind (daß z. B. Mißgeburten unter den Hausschweinen so häufig, unter den wilden Schweinen hingegen fast unerhört sind), sich mit der Lehre der Evolutionisten, daß die Keime dieser Mißgeburten ebenfalls seit der ersten Schöpfung schon monströs präformirt einge- schachtelt gelegen, wohl schwerlich zusammen rei- men läßt. §. 13. Zwitter nennt man zwar im engern Sinne bloß solche einzelne Individuen von organisirten Kör- pern, bey welchen widernatürlicher Weise die Spu- ren der zweyfachen eigentlichen Sexual-Organe mehr oder weniger verbunden sind, die sonst, in den männ- lichen und weiblichen Geschöpfen derselben Art, ge- trennt seyn sollten. Dergleichen finden sich selbst zu- weilen unter den warmblütigen Thieren; zumahl un- ter dem Rindvieh, Schafen und Ziegen. Nächstdem aber verdient auch diejenige Abwei- chung des Bildungstriebes hier einer Erwähnung, wenn andere körperliche Functionen oder Charaktere, die dem einen Geschlechte eigen seyn sollten, sich bey Individuen des andern äußern. Wenn z. B. Hirsch- kühe und Rehe Geweihe aufsetzen; oder Fasan- und Pfau-Hennen mit zunehmenden Jahren männliches Gefieder kriegen; oder Mannspersonen oder andere männliche Säugethiere Milch geben *) u. s. w. Endlich aber zeigt sich auch zuweilen im ganzen Verhältniß des Körperbaues einzelner, übrigens noch so regelmäßig und schön gebildeter Geschöpfe des einen Geschlechts doch mehr oder weniger vom Totalhabitus *) Von dieser Anomalie habe ich im Hannoverschen Maga- zin v. J. 1737. S. 753. u. f. gehandelt.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/39>, abgerufen am 24.04.2024.