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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

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§. 33.

Von den Seelenfähigkeiten sind manche
dem Menschen mit den mehresten übrigen Thieren ge-
mein, wie z. B. die Vorstellungskraft, die
Aufmerksamkeit, und so auch die beyden soge-
nannten, innern Sinne, Gedachtniß nähmlich
und Einbildungskraft.

§. 34.

Andere sind fast bloß den übrigen Thieren eigen,
so daß sich beym Menschen nur wenige Spuren davon
finden, nähmlich die sogenannten Naturtriebe
oder Instincte. Dagegen er hinwieder im aus-
schließlichen Besitze der Vernunft ist.

§. 35.

Der Instinct*) ist das Vermögen der Thiere,
aus einem angebornen, unwillkührlichen, innern Dran-
ge, ohne allen Unterricht, von freyen Stücken sich
zweckmäßigen, und zu ihrer und ihres Geschlechts Er-
haltung abzielenden Handlungen zu unterziehen.

Daß diese wichtigen Handlungen wirklich ganz
unüberlegt, bloß nach ursprünglichen Gesetzen der
Nothwendigkeit, und gleichsam maschinenmäßig voll-
zogen werden, wird durch zahlreiche Bemerkungen er-
weislich, wie z. B. daß die Hamster auch todten Vö-
geln doch zuerst die Flügel zerbrechen, ehe sie weiter
anbeißen; daß junge Zugvögel, die man ganz einsam
im Zimmer erzogen hat, doch im Herbst den innern

*) Herm. Sam. Reimarus Betr. über die Triebe der Thie-
re. 4te Ausg. Hamb. 1798. 8.Dupont de Nemours in seinen Memoires sur differens
sujets
etc. Par. 1807. 8. S. 147-373.
§. 33.

Von den Seelenfähigkeiten sind manche
dem Menschen mit den mehresten übrigen Thieren ge-
mein, wie z. B. die Vorstellungskraft, die
Aufmerksamkeit, und so auch die beyden soge-
nannten, innern Sinne, Gedachtniß nähmlich
und Einbildungskraft.

§. 34.

Andere sind fast bloß den übrigen Thieren eigen,
so daß sich beym Menschen nur wenige Spuren davon
finden, nähmlich die sogenannten Naturtriebe
oder Instincte. Dagegen er hinwieder im aus-
schließlichen Besitze der Vernunft ist.

§. 35.

Der Instinct*) ist das Vermögen der Thiere,
aus einem angebornen, unwillkührlichen, innern Dran-
ge, ohne allen Unterricht, von freyen Stücken sich
zweckmäßigen, und zu ihrer und ihres Geschlechts Er-
haltung abzielenden Handlungen zu unterziehen.

Daß diese wichtigen Handlungen wirklich ganz
unüberlegt, bloß nach ursprünglichen Gesetzen der
Nothwendigkeit, und gleichsam maschinenmäßig voll-
zogen werden, wird durch zahlreiche Bemerkungen er-
weislich, wie z. B. daß die Hamster auch todten Vö-
geln doch zuerst die Flügel zerbrechen, ehe sie weiter
anbeißen; daß junge Zugvögel, die man ganz einsam
im Zimmer erzogen hat, doch im Herbst den innern

*) Herm. Sam. Reimarus Betr. über die Triebe der Thie-
re. 4te Ausg. Hamb. 1798. 8.Dupont de Nemours in seinen Mémoires sur différens
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[36/0055] §. 33. Von den Seelenfähigkeiten sind manche dem Menschen mit den mehresten übrigen Thieren ge- mein, wie z. B. die Vorstellungskraft, die Aufmerksamkeit, und so auch die beyden soge- nannten, innern Sinne, Gedachtniß nähmlich und Einbildungskraft. §. 34. Andere sind fast bloß den übrigen Thieren eigen, so daß sich beym Menschen nur wenige Spuren davon finden, nähmlich die sogenannten Naturtriebe oder Instincte. Dagegen er hinwieder im aus- schließlichen Besitze der Vernunft ist. §. 35. Der Instinct *) ist das Vermögen der Thiere, aus einem angebornen, unwillkührlichen, innern Dran- ge, ohne allen Unterricht, von freyen Stücken sich zweckmäßigen, und zu ihrer und ihres Geschlechts Er- haltung abzielenden Handlungen zu unterziehen. Daß diese wichtigen Handlungen wirklich ganz unüberlegt, bloß nach ursprünglichen Gesetzen der Nothwendigkeit, und gleichsam maschinenmäßig voll- zogen werden, wird durch zahlreiche Bemerkungen er- weislich, wie z. B. daß die Hamster auch todten Vö- geln doch zuerst die Flügel zerbrechen, ehe sie weiter anbeißen; daß junge Zugvögel, die man ganz einsam im Zimmer erzogen hat, doch im Herbst den innern *) Herm. Sam. Reimarus Betr. über die Triebe der Thie- re. 4te Ausg. Hamb. 1798. 8. Dupont de Nemours in seinen Mémoires sur différens sujets ꝛc. Par. 1807. 8. S. 147–373.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/55>, abgerufen am 28.03.2024.