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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825.

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trennt seyn sollten. Dergleichen finden sich selbst
zuweilen unter den warmblütigen Thieren; zumahl
unter den Rindvieh, Schafen und Ziegen, aber im
Menschengeschlechte sind sie noch unerwiesen.

Nächstdem aber verdient auch diejenige Ab-
weichung des Bildungstriebes hier einer Erwähnung,
wenn andere körperliche Functionen oder Charaktere,
die dem einen Geschlechte eigen seyn sollten, sich bey
Individuis des andern äußern. Wenn z. B. Hirsch-
kühe und Rehe Geweihe aufsetzen; oder Fasan- und
Pfau-Hennen mit zunehmenden Jahren männliches
Gefieder kriegen; oder Mannspersonen oder andere
männliche Säugethiere Milch geben*) u. s. w.

Endlich aber zeigt sich auch zuweilen im ganzen
Verhältniß des Körperbaues einzelner, übrigens noch
so regelmäßig und schön gebildeter Geschöpfe des
einen Geschlechts doch mehr oder weniger vom To-
talhabitus des andern; z. B. weibliche Weichlichkeit
in der Totalform des männlichen**).

§. 14.

Wenn ein weibliches Geschöpf der einen Gat-
tung von einem männlichen einer andern Gattung be-
fruchtet worden, so entstehen daraus Bastarde,
deren Bildung aus der beiderley Aeltern ihrer gleich-
sam zusammengeschmolzen ist***)

*) Von dieser Anomalie habe ich im Hannoverschen
Magazin
v. J. 1787. S. 753 u. f. gehandelt.
**) Mehr hierüber s. in meinem Specimen historiae naturalis
antiquae artis operibus illustratae eaque vicissim illustrantis
.
Gott. 1808. 4. Mit Kupf. S. 14 u. f.
***) Blendlinge hingegen heißen zwar ebenfalls bastardar-
tige Geschöpfe, die aber nicht aus der Vermischung von zweyer-
ley specifisch verschiedenen Aeltern, sondern nur aus den von

trennt seyn sollten. Dergleichen finden sich selbst
zuweilen unter den warmblütigen Thieren; zumahl
unter den Rindvieh, Schafen und Ziegen, aber im
Menschengeschlechte sind sie noch unerwiesen.

Nächstdem aber verdient auch diejenige Ab-
weichung des Bildungstriebes hier einer Erwähnung,
wenn andere körperliche Functionen oder Charaktere,
die dem einen Geschlechte eigen seyn sollten, sich bey
Individuis des andern äußern. Wenn z. B. Hirsch-
kühe und Rehe Geweihe aufsetzen; oder Fasan- und
Pfau-Hennen mit zunehmenden Jahren männliches
Gefieder kriegen; oder Mannspersonen oder andere
männliche Säugethiere Milch geben*) u. s. w.

Endlich aber zeigt sich auch zuweilen im ganzen
Verhältniß des Körperbaues einzelner, übrigens noch
so regelmäßig und schön gebildeter Geschöpfe des
einen Geschlechts doch mehr oder weniger vom To-
talhabitus des andern; z. B. weibliche Weichlichkeit
in der Totalform des männlichen**).

§. 14.

Wenn ein weibliches Geschöpf der einen Gat-
tung von einem männlichen einer andern Gattung be-
fruchtet worden, so entstehen daraus Bastarde,
deren Bildung aus der beiderley Aeltern ihrer gleich-
sam zusammengeschmolzen ist***)

*) Von dieser Anomalie habe ich im Hannoverschen
Magazin
v. J. 1787. S. 753 u. f. gehandelt.
**) Mehr hierüber s. in meinem Specimen historiae naturalis
antiquae artis operibus illustratae eaque vicissim illustrantis
.
Gott. 1808. 4. Mit Kupf. S. 14 u. f.
***) Blendlinge hingegen heißen zwar ebenfalls bastardar-
tige Geschöpfe, die aber nicht aus der Vermischung von zweyer-
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[20/0042] trennt seyn sollten. Dergleichen finden sich selbst zuweilen unter den warmblütigen Thieren; zumahl unter den Rindvieh, Schafen und Ziegen, aber im Menschengeschlechte sind sie noch unerwiesen. Nächstdem aber verdient auch diejenige Ab- weichung des Bildungstriebes hier einer Erwähnung, wenn andere körperliche Functionen oder Charaktere, die dem einen Geschlechte eigen seyn sollten, sich bey Individuis des andern äußern. Wenn z. B. Hirsch- kühe und Rehe Geweihe aufsetzen; oder Fasan- und Pfau-Hennen mit zunehmenden Jahren männliches Gefieder kriegen; oder Mannspersonen oder andere männliche Säugethiere Milch geben *) u. s. w. Endlich aber zeigt sich auch zuweilen im ganzen Verhältniß des Körperbaues einzelner, übrigens noch so regelmäßig und schön gebildeter Geschöpfe des einen Geschlechts doch mehr oder weniger vom To- talhabitus des andern; z. B. weibliche Weichlichkeit in der Totalform des männlichen **). §. 14. Wenn ein weibliches Geschöpf der einen Gat- tung von einem männlichen einer andern Gattung be- fruchtet worden, so entstehen daraus Bastarde, deren Bildung aus der beiderley Aeltern ihrer gleich- sam zusammengeschmolzen ist ***) *) Von dieser Anomalie habe ich im Hannoverschen Magazin v. J. 1787. S. 753 u. f. gehandelt. **) Mehr hierüber s. in meinem Specimen historiae naturalis antiquae artis operibus illustratae eaque vicissim illustrantis. Gott. 1808. 4. Mit Kupf. S. 14 u. f. ***) Blendlinge hingegen heißen zwar ebenfalls bastardar- tige Geschöpfe, die aber nicht aus der Vermischung von zweyer- ley specifisch verschiedenen Aeltern, sondern nur aus den von

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/42>, abgerufen am 16.04.2024.