Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite

körner unmittelbar mit einem saftreichen Zellgewebe
oder so genannten Fleische überzogen sind, so heißt
dieß eine Beere (- sey sie übrigens noch so groß
und an einem großen Baume, wie z. B. die Brot-
frucht -). Zuweilen liegen auch die bloßen Sa-
menkörner von außen auf dem großgewachsenen flei-
schigen Fruchtboden auf, wie bey den Erdbeeren, die
folglich nach der Kunstsprache nicht sollten Beeren
genannt werden.

§. 201.

Besonders machen die Obstbäume eine eigene
und sehr ansehnliche Familie von Gewächsen aus,
deren Frucht entweder, wie bey den Birnen, Aepfeln
und Quitten, ein Kernhaus oder Kröbs einschließt,
die dann Kernfrüchte (und die Bäume dieser gan-
zen Ordnung pomaceae) heißen; oder aber, wie bey
den Pflaumen, Kirschen, Abrikosen und Pfirschen,
eine Nuß enthält, die dann Steinfrüchte (die
Bäume drupaceae) genannt werden.

§. 202.

Die Ursachen der Degeneration (§. 15. 16.) schei-
nen bey den Gewächsen leichter als bey den Thieren
auf den Bildungstrieb wirken, und ihm eine abwei-
chende veränderliche Richtung geben zu können*):
daher viele theils in ihrer ganzen Bildung, beson-
ders aber in Rücksicht der Blüthe und der Frucht in so
zahlreiche Spielarten ausgeartet sind. So zählt
man z. B. jetzt auf drey tausend Varietäten von Tuli-
panen, wovon doch vor dritthalbhundert Jahren bloß
die gelbe Stammart in Europa bekannt war. -

*) s. Dav. Hopkirk on the anomalies in the vegetable king-
dom. Glasg. 1817. 8.

körner unmittelbar mit einem saftreichen Zellgewebe
oder so genannten Fleische überzogen sind, so heißt
dieß eine Beere (– sey sie übrigens noch so groß
und an einem großen Baume, wie z. B. die Brot-
frucht –). Zuweilen liegen auch die bloßen Sa-
menkörner von außen auf dem großgewachsenen flei-
schigen Fruchtboden auf, wie bey den Erdbeeren, die
folglich nach der Kunstsprache nicht sollten Beeren
genannt werden.

§. 201.

Besonders machen die Obstbäume eine eigene
und sehr ansehnliche Familie von Gewächsen aus,
deren Frucht entweder, wie bey den Birnen, Aepfeln
und Quitten, ein Kernhaus oder Kröbs einschließt,
die dann Kernfrüchte (und die Bäume dieser gan-
zen Ordnung pomaceae) heißen; oder aber, wie bey
den Pflaumen, Kirschen, Abrikosen und Pfirschen,
eine Nuß enthält, die dann Steinfrüchte (die
Bäume drupaceae) genannt werden.

§. 202.

Die Ursachen der Degeneration (§. 15. 16.) schei-
nen bey den Gewächsen leichter als bey den Thieren
auf den Bildungstrieb wirken, und ihm eine abwei-
chende veränderliche Richtung geben zu können*):
daher viele theils in ihrer ganzen Bildung, beson-
ders aber in Rücksicht der Blüthe und der Frucht in so
zahlreiche Spielarten ausgeartet sind. So zählt
man z. B. jetzt auf drey tausend Varietäten von Tuli-
panen, wovon doch vor dritthalbhundert Jahren bloß
die gelbe Stammart in Europa bekannt war. –

*) s. Dav. Hopkirk on the anomalies in the vegetable king-
dom. Glasg. 1817. 8.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0463" xml:id="pb441_0001" n="441"/>
körner unmittelbar mit einem saftreichen Zellgewebe<lb/>
oder so genannten Fleische überzogen sind, so heißt<lb/>
dieß eine <hi rendition="#g">Beere</hi> (&#x2013; sey sie übrigens noch so groß<lb/>
und an einem großen Baume, wie z. B. die Brot-<lb/>
frucht &#x2013;). Zuweilen liegen auch die bloßen Sa-<lb/>
menkörner von außen auf dem großgewachsenen flei-<lb/>
schigen Fruchtboden auf, wie bey den Erdbeeren, die<lb/>
folglich nach der Kunstsprache nicht sollten Beeren<lb/>
genannt werden.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 201.</head><lb/>
          <p>Besonders machen die <hi rendition="#g">Obstbäume</hi> eine eigene<lb/>
und sehr ansehnliche Familie von Gewächsen aus,<lb/>
deren Frucht entweder, wie bey den Birnen, Aepfeln<lb/>
und Quitten, ein Kernhaus oder Kröbs einschließt,<lb/>
die dann <hi rendition="#g">Kernfrüchte</hi> (und die Bäume dieser gan-<lb/>
zen Ordnung <hi rendition="#aq">pomaceae</hi>) heißen; oder aber, wie bey<lb/>
den Pflaumen, Kirschen, Abrikosen und Pfirschen,<lb/>
eine Nuß enthält, die dann <hi rendition="#g">Steinfrüchte</hi> (die<lb/>
Bäume <hi rendition="#aq">drupaceae</hi>) genannt werden.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 202.</head><lb/>
          <p>Die Ursachen der Degeneration (§. 15. 16.) schei-<lb/>
nen bey den Gewächsen leichter als bey den Thieren<lb/>
auf den Bildungstrieb wirken, und ihm eine abwei-<lb/>
chende veränderliche Richtung geben zu können<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>s. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Dav. Hopkirk</hi><hi rendition="#i">on the anomalies in the vegetable king</hi></hi>-<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">dom</hi>. Glasg</hi>. 1817. 8.</p></note>:<lb/>
daher viele theils in ihrer ganzen Bildung, beson-<lb/>
ders aber in Rücksicht der Blüthe und der Frucht in so<lb/>
zahlreiche <hi rendition="#g">Spielarten</hi> ausgeartet sind. So zählt<lb/>
man z. B. jetzt auf drey tausend Varietäten von Tuli-<lb/>
panen, wovon doch vor dritthalbhundert Jahren bloß<lb/>
die gelbe Stammart in Europa bekannt war. &#x2013;</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[441/0463] körner unmittelbar mit einem saftreichen Zellgewebe oder so genannten Fleische überzogen sind, so heißt dieß eine Beere (– sey sie übrigens noch so groß und an einem großen Baume, wie z. B. die Brot- frucht –). Zuweilen liegen auch die bloßen Sa- menkörner von außen auf dem großgewachsenen flei- schigen Fruchtboden auf, wie bey den Erdbeeren, die folglich nach der Kunstsprache nicht sollten Beeren genannt werden. §. 201. Besonders machen die Obstbäume eine eigene und sehr ansehnliche Familie von Gewächsen aus, deren Frucht entweder, wie bey den Birnen, Aepfeln und Quitten, ein Kernhaus oder Kröbs einschließt, die dann Kernfrüchte (und die Bäume dieser gan- zen Ordnung pomaceae) heißen; oder aber, wie bey den Pflaumen, Kirschen, Abrikosen und Pfirschen, eine Nuß enthält, die dann Steinfrüchte (die Bäume drupaceae) genannt werden. §. 202. Die Ursachen der Degeneration (§. 15. 16.) schei- nen bey den Gewächsen leichter als bey den Thieren auf den Bildungstrieb wirken, und ihm eine abwei- chende veränderliche Richtung geben zu können *): daher viele theils in ihrer ganzen Bildung, beson- ders aber in Rücksicht der Blüthe und der Frucht in so zahlreiche Spielarten ausgeartet sind. So zählt man z. B. jetzt auf drey tausend Varietäten von Tuli- panen, wovon doch vor dritthalbhundert Jahren bloß die gelbe Stammart in Europa bekannt war. – *) s. Dav. Hopkirk on the anomalies in the vegetable king- dom. Glasg. 1817. 8.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/463
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/463>, abgerufen am 29.03.2024.