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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830.

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trennt seyn sollten. Dergleichen finden sich selbst
zuweilen unter den warmblütigen Thieren; zumahl
unter den Rindvieh, Schafen und Ziegen, aber im
Menschengeschlechte sind sie noch unerwiesen.

Nächstdem aber verdient auch diejenige Ab-
weichung des Bildungstriebes hier einer Erwähnung,
wenn andere körperliche Functionen oder Charaktere,
die dem einen Geschlechte eigen seyn sollten, sich bei
Individuis des andern äußern. Wenn z. B. Hirsch-
kühe und Reh-Geißen Geweihe aufsetzen; oder Fasan-
und Pfau-Hennen mit zunehmenden Jahren männ-
liches Gefieder kriegen; oder Mannspersonen oder an-
dere männliche Säugethiere Milch geben*) u. s. w.

Endlich aber zeigt sich auch zuweilen im ganzen
Verhältniß des Körperbaues einzelner, übrigens noch
so regelmäßig und schön gebildeter Geschöpfe des
einen Geschlechts doch mehr oder weniger vom To-
talhabitus des andern; z. B. weibliche Weichlichkeit
in der Totalform des männlichen**).

§. 14.

Wenn ein weibliches Geschöpf der einen Gat-
tung von einem männlichen einer andern Gattung be-
fruchtet worden, so entstehen daraus Bastarde,
deren Bildung aus der beiderlei Aeltern ihrer gleich-
sam zusammengeschmolzen ist***)

*) Von dieser Anomalie habe ich im Hannoverschen
Magazin
v. 1787. S. 753 u. f. gehandelt.
**) Mehr hierüber s. in meinem Specimen historiae naturalis
antiquae artis operibus illustratae eaque vicissim illustrantis
. im
XVIten B. der Commentat. Soc. Gotting.
***) Blendlinge hingegen heißen zwar ebenfalls bastardar-
tige Geschöpfe, die aber nicht aus der Vermischung von zweyer-
lei specifisch verschiedenen Aeltern, sondern nur aus den von

trennt seyn sollten. Dergleichen finden sich selbst
zuweilen unter den warmblütigen Thieren; zumahl
unter den Rindvieh, Schafen und Ziegen, aber im
Menschengeschlechte sind sie noch unerwiesen.

Nächstdem aber verdient auch diejenige Ab-
weichung des Bildungstriebes hier einer Erwähnung,
wenn andere körperliche Functionen oder Charaktere,
die dem einen Geschlechte eigen seyn sollten, sich bei
Individuis des andern äußern. Wenn z. B. Hirsch-
kühe und Reh-Geißen Geweihe aufsetzen; oder Fasan-
und Pfau-Hennen mit zunehmenden Jahren männ-
liches Gefieder kriegen; oder Mannspersonen oder an-
dere männliche Säugethiere Milch geben*) u. s. w.

Endlich aber zeigt sich auch zuweilen im ganzen
Verhältniß des Körperbaues einzelner, übrigens noch
so regelmäßig und schön gebildeter Geschöpfe des
einen Geschlechts doch mehr oder weniger vom To-
talhabitus des andern; z. B. weibliche Weichlichkeit
in der Totalform des männlichen**).

§. 14.

Wenn ein weibliches Geschöpf der einen Gat-
tung von einem männlichen einer andern Gattung be-
fruchtet worden, so entstehen daraus Bastarde,
deren Bildung aus der beiderlei Aeltern ihrer gleich-
sam zusammengeschmolzen ist***)

*) Von dieser Anomalie habe ich im Hannoverschen
Magazin
v. 1787. S. 753 u. f. gehandelt.
**) Mehr hierüber s. in meinem Specimen historiae naturalis
antiquae artis operibus illustratae eaque vicissim illustrantis
. im
XVIten B. der Commentat. Soc. Gotting.
***) Blendlinge hingegen heißen zwar ebenfalls bastardar-
tige Geschöpfe, die aber nicht aus der Vermischung von zweyer-
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[20/0038] trennt seyn sollten. Dergleichen finden sich selbst zuweilen unter den warmblütigen Thieren; zumahl unter den Rindvieh, Schafen und Ziegen, aber im Menschengeschlechte sind sie noch unerwiesen. Nächstdem aber verdient auch diejenige Ab- weichung des Bildungstriebes hier einer Erwähnung, wenn andere körperliche Functionen oder Charaktere, die dem einen Geschlechte eigen seyn sollten, sich bei Individuis des andern äußern. Wenn z. B. Hirsch- kühe und Reh-Geißen Geweihe aufsetzen; oder Fasan- und Pfau-Hennen mit zunehmenden Jahren männ- liches Gefieder kriegen; oder Mannspersonen oder an- dere männliche Säugethiere Milch geben *) u. s. w. Endlich aber zeigt sich auch zuweilen im ganzen Verhältniß des Körperbaues einzelner, übrigens noch so regelmäßig und schön gebildeter Geschöpfe des einen Geschlechts doch mehr oder weniger vom To- talhabitus des andern; z. B. weibliche Weichlichkeit in der Totalform des männlichen **). §. 14. Wenn ein weibliches Geschöpf der einen Gat- tung von einem männlichen einer andern Gattung be- fruchtet worden, so entstehen daraus Bastarde, deren Bildung aus der beiderlei Aeltern ihrer gleich- sam zusammengeschmolzen ist ***) *) Von dieser Anomalie habe ich im Hannoverschen Magazin v. 1787. S. 753 u. f. gehandelt. **) Mehr hierüber s. in meinem Specimen historiae naturalis antiquae artis operibus illustratae eaque vicissim illustrantis. im XVIten B. der Commentat. Soc. Gotting. ***) Blendlinge hingegen heißen zwar ebenfalls bastardar- tige Geschöpfe, die aber nicht aus der Vermischung von zweyer- lei specifisch verschiedenen Aeltern, sondern nur aus den von

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/38>, abgerufen am 28.03.2024.