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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Achtes Capitel. II. Monarch. Statsformen. A. Hellenisches etc.
satz innerhalb der civilisirten Monarchie erwähnt werden, der
Unterschied nämlich des Königthums und des Kaiser-
thums
. Er wiederholt sich auf allen Entwicklungsstufen der
Monarchie, roher in der alt-asiatischen Despotie, edler in der
europäischen Statenbildung.

Die Idee des Königthums gehört dem Volke, die Idee
des Kaiserthums der Menschheit an. Das Königthum ist
die höchste obrigkeitliche Institution des Volksstates, des
Einzelstates, das Kaiserthum ist die Krone des Welt-
reiches
. Ueber den Königen erhebt sich die Würde des
Kaisers, wie die Macht der Menschheit über der der Völker.
So oft im Orient ein groszes Reich gegründet ward, finden
wir solche Könige der Könige. Der grosze Cäsar griff den
Gedanken der römischen Weltherrschaft persönlich auf, und
ihm zu Ehren hat die Weltgeschichte diese vornehmste Stats-
idee mit seinem Namen benannt. Die volle Verwirklichung
derselben wird aber erst dannzumal möglich werden, wenn
die Welt zu einer universellen Organisation der Menschheit
fortgeschritten sein wird. Bis dahin sehen wir in der bis-
herigen Geschichte nur beschränkte und mangelhafte Ver-
suche, das Kaiserthum herzustellen. 1



Achtes Capitel.
A. Hellenisches und altgermanisches Geschlechtskönigthum.

In den ersten Zeiten der hellenischen und germani-
schen
Geschichte finden wir unter beiderlei Völkern Könige
an der Spitze der Stämme und Staten; und es zeigt die Art,
wie diese Institution von diesen Völkern aufgefaszt und be-
handelt wird, eine auffallende Uebereinstimmung, während

1 Vgl. über die Idee und die Geschichte des "Kaiserthums" den be-
züglichen Artikel im deutschen Statswörterbuch.

Achtes Capitel. II. Monarch. Statsformen. A. Hellenisches etc.
satz innerhalb der civilisirten Monarchie erwähnt werden, der
Unterschied nämlich des Königthums und des Kaiser-
thums
. Er wiederholt sich auf allen Entwicklungsstufen der
Monarchie, roher in der alt-asiatischen Despotie, edler in der
europäischen Statenbildung.

Die Idee des Königthums gehört dem Volke, die Idee
des Kaiserthums der Menschheit an. Das Königthum ist
die höchste obrigkeitliche Institution des Volksstates, des
Einzelstates, das Kaiserthum ist die Krone des Welt-
reiches
. Ueber den Königen erhebt sich die Würde des
Kaisers, wie die Macht der Menschheit über der der Völker.
So oft im Orient ein groszes Reich gegründet ward, finden
wir solche Könige der Könige. Der grosze Cäsar griff den
Gedanken der römischen Weltherrschaft persönlich auf, und
ihm zu Ehren hat die Weltgeschichte diese vornehmste Stats-
idee mit seinem Namen benannt. Die volle Verwirklichung
derselben wird aber erst dannzumal möglich werden, wenn
die Welt zu einer universellen Organisation der Menschheit
fortgeschritten sein wird. Bis dahin sehen wir in der bis-
herigen Geschichte nur beschränkte und mangelhafte Ver-
suche, das Kaiserthum herzustellen. 1



Achtes Capitel.
A. Hellenisches und altgermanisches Geschlechtskönigthum.

In den ersten Zeiten der hellenischen und germani-
schen
Geschichte finden wir unter beiderlei Völkern Könige
an der Spitze der Stämme und Staten; und es zeigt die Art,
wie diese Institution von diesen Völkern aufgefaszt und be-
handelt wird, eine auffallende Uebereinstimmung, während

1 Vgl. über die Idee und die Geschichte des „Kaiserthums“ den be-
züglichen Artikel im deutschen Statswörterbuch.
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[403/0421] Achtes Capitel. II. Monarch. Statsformen. A. Hellenisches etc. satz innerhalb der civilisirten Monarchie erwähnt werden, der Unterschied nämlich des Königthums und des Kaiser- thums. Er wiederholt sich auf allen Entwicklungsstufen der Monarchie, roher in der alt-asiatischen Despotie, edler in der europäischen Statenbildung. Die Idee des Königthums gehört dem Volke, die Idee des Kaiserthums der Menschheit an. Das Königthum ist die höchste obrigkeitliche Institution des Volksstates, des Einzelstates, das Kaiserthum ist die Krone des Welt- reiches. Ueber den Königen erhebt sich die Würde des Kaisers, wie die Macht der Menschheit über der der Völker. So oft im Orient ein groszes Reich gegründet ward, finden wir solche Könige der Könige. Der grosze Cäsar griff den Gedanken der römischen Weltherrschaft persönlich auf, und ihm zu Ehren hat die Weltgeschichte diese vornehmste Stats- idee mit seinem Namen benannt. Die volle Verwirklichung derselben wird aber erst dannzumal möglich werden, wenn die Welt zu einer universellen Organisation der Menschheit fortgeschritten sein wird. Bis dahin sehen wir in der bis- herigen Geschichte nur beschränkte und mangelhafte Ver- suche, das Kaiserthum herzustellen. 1 Achtes Capitel. A. Hellenisches und altgermanisches Geschlechtskönigthum. In den ersten Zeiten der hellenischen und germani- schen Geschichte finden wir unter beiderlei Völkern Könige an der Spitze der Stämme und Staten; und es zeigt die Art, wie diese Institution von diesen Völkern aufgefaszt und be- handelt wird, eine auffallende Uebereinstimmung, während 1 Vgl. über die Idee und die Geschichte des „Kaiserthums“ den be- züglichen Artikel im deutschen Statswörterbuch.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/421>, abgerufen am 28.03.2024.