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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.

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Widerlegung der Relig. Essent.
schaffung alles überflüssigen, wie derselbe meint,
überbleiben, und das Wesen der Religion aus-
machen.

III.

Die Religion ist Wahrheit: Der Grund der
Wahrheit muß in der Natur und Beschaffen-
heit der Sache selbst liegen. Daher entsteht
der erste Grundsaz des Verfassers; nemlich:
Da die Religion in einer Beziehung zwischen
Gott und den Menschen besteht, so müssen die
Wahrheiten/ welche zur Religion gehören, bey-
des in der Beschaffenheit Gottes und der Men-
schen gegründet seyn: Folglich muß jeder Saz/
der nicht in einem dieser Stüke oder in bey-
den seinen Grund hat, oder denselben wider-
spricht/ falsch seyn/ oder doch zum Wesen der
Religion nicht gehören.

So wahr dieser Grundsaz in sich selbst ist,
so schwer ist die Anwendung desselben, zu ei-
ner genauen Bestimmung derjenigen Wahrhei-
ten, welche zur Religion mit Ausschluß alles
andern gehören: Wer dieses thun wolte, müste
nothwendig die Natur Gottes und der Men-
schen völlig kennen; das ist, wissen was durch
die Natur beyder in Absicht auf ihre Beziehung
gegen einander möglich sey. Das sezet Hr.
Breitinger dem Unbekannten entgegen, u. bringt
den gemachten Saz darum in solche Schran-
ken, in welchen er nuzbar wird: Nemlich, al-
les was demjenigen widerspricht, das wir von
Gott und dem Menschen deutlich als Wahrheit
erkennen, dasselbe ist falsch, etc. Wie oft aber

hat

Widerlegung der Relig. Eſſent.
ſchaffung alles uͤberfluͤſſigen, wie derſelbe meint,
uͤberbleiben, und das Weſen der Religion aus-
machen.

III.

Die Religion iſt Wahrheit: Der Grund der
Wahrheit muß in der Natur und Beſchaffen-
heit der Sache ſelbſt liegen. Daher entſteht
der erſte Grundſaz des Verfaſſers; nemlich:
Da die Religion in einer Beziehung zwiſchen
Gott und den Menſchen beſteht, ſo muͤſſen die
Wahrheiten/ welche zur Religion gehoͤren, bey-
des in der Beſchaffenheit Gottes und der Men-
ſchen gegruͤndet ſeyn: Folglich muß jeder Saz/
der nicht in einem dieſer Stuͤke oder in bey-
den ſeinen Grund hat, oder denſelben wider-
ſpricht/ falſch ſeyn/ oder doch zum Weſen der
Religion nicht gehoͤren.

So wahr dieſer Grundſaz in ſich ſelbſt iſt,
ſo ſchwer iſt die Anwendung deſſelben, zu ei-
ner genauen Beſtimmung derjenigen Wahrhei-
ten, welche zur Religion mit Ausſchluß alles
andern gehoͤren: Wer dieſes thun wolte, muͤſte
nothwendig die Natur Gottes und der Men-
ſchen voͤllig kennen; das iſt, wiſſen was durch
die Natur beyder in Abſicht auf ihre Beziehung
gegen einander moͤglich ſey. Das ſezet Hr.
Breitinger dem Unbekannten entgegen, u. bringt
den gemachten Saz darum in ſolche Schran-
ken, in welchen er nuzbar wird: Nemlich, al-
les was demjenigen widerſpricht, das wir von
Gott und dem Menſchen deutlich als Wahrheit
erkennen, daſſelbe iſt falſch, ꝛc. Wie oft aber

hat
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[141/0157] Widerlegung der Relig. Eſſent. ſchaffung alles uͤberfluͤſſigen, wie derſelbe meint, uͤberbleiben, und das Weſen der Religion aus- machen. III. Die Religion iſt Wahrheit: Der Grund der Wahrheit muß in der Natur und Beſchaffen- heit der Sache ſelbſt liegen. Daher entſteht der erſte Grundſaz des Verfaſſers; nemlich: Da die Religion in einer Beziehung zwiſchen Gott und den Menſchen beſteht, ſo muͤſſen die Wahrheiten/ welche zur Religion gehoͤren, bey- des in der Beſchaffenheit Gottes und der Men- ſchen gegruͤndet ſeyn: Folglich muß jeder Saz/ der nicht in einem dieſer Stuͤke oder in bey- den ſeinen Grund hat, oder denſelben wider- ſpricht/ falſch ſeyn/ oder doch zum Weſen der Religion nicht gehoͤren. So wahr dieſer Grundſaz in ſich ſelbſt iſt, ſo ſchwer iſt die Anwendung deſſelben, zu ei- ner genauen Beſtimmung derjenigen Wahrhei- ten, welche zur Religion mit Ausſchluß alles andern gehoͤren: Wer dieſes thun wolte, muͤſte nothwendig die Natur Gottes und der Men- ſchen voͤllig kennen; das iſt, wiſſen was durch die Natur beyder in Abſicht auf ihre Beziehung gegen einander moͤglich ſey. Das ſezet Hr. Breitinger dem Unbekannten entgegen, u. bringt den gemachten Saz darum in ſolche Schran- ken, in welchen er nuzbar wird: Nemlich, al- les was demjenigen widerſpricht, das wir von Gott und dem Menſchen deutlich als Wahrheit erkennen, daſſelbe iſt falſch, ꝛc. Wie oft aber hat

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/157>, abgerufen am 19.04.2024.