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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.

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V.
Erörterung

der Frage:
Wie ferne die Königinn von Saba,
und der König Herodes mit der Christ-
lichen Religion einen Zusammen-
hang haben?
ES ist nichts in der Welt so wunderlich,
das man nicht von einem bösen Scri-
benten, der durch eine Satyre in Wuth
gebracht ist, vermuthen müsse. Leute dieser
Art wissen in solcher Angst nicht, was sie thun.
Sie sehen, daß jedermann ihre Thorheit er-
kennt, und daß niemand ist, der sich ihrer an-
nimmt. Wenn sie dann nicht wissen, wo sie
sich hinwenden sollen, so fassen sie aus Ver-
zweifelung die Hörner des Altars. - - - -
Man darf sich nicht wundern, warum die noth-
leidenden Scribenten ihre Verfolger, mit de-
nen sie nicht auskommen können, allemahl ei-
ner Gottlosigkeit beschuldigen. Dieses ist un-
streitig das gemächlichste, sicherste und kräftig-
ste Mittel, seinen Feind zu unterdrücken, und
man kömmt weiter damit, als wenn man sich
in einen ordentlichen Kampf einlassen wollte.
Es
A 3
V.
Eroͤrterung

der Frage:
Wie ferne die Koͤniginn von Saba,
und der Koͤnig Herodes mit der Chriſt-
lichen Religion einen Zuſammen-
hang haben?
ES iſt nichts in der Welt ſo wunderlich,
das man nicht von einem boͤſen Scri-
benten, der durch eine Satyre in Wuth
gebracht iſt, vermuthen muͤſſe. Leute dieſer
Art wiſſen in ſolcher Angſt nicht, was ſie thun.
Sie ſehen, daß jedermann ihre Thorheit er-
kennt, und daß niemand iſt, der ſich ihrer an-
nimmt. Wenn ſie dann nicht wiſſen, wo ſie
ſich hinwenden ſollen, ſo faſſen ſie aus Ver-
zweifelung die Hoͤrner des Altars. ‒ ‒ ‒ ‒
Man darf ſich nicht wundern, warum die noth-
leidenden Scribenten ihre Verfolger, mit de-
nen ſie nicht auskommen koͤnnen, allemahl ei-
ner Gottloſigkeit beſchuldigen. Dieſes iſt un-
ſtreitig das gemaͤchlichſte, ſicherſte und kraͤftig-
ſte Mittel, ſeinen Feind zu unterdruͤcken, und
man koͤmmt weiter damit, als wenn man ſich
in einen ordentlichen Kampf einlaſſen wollte.
Es
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[5/0005] V. Eroͤrterung der Frage: Wie ferne die Koͤniginn von Saba, und der Koͤnig Herodes mit der Chriſt- lichen Religion einen Zuſammen- hang haben? ES iſt nichts in der Welt ſo wunderlich, das man nicht von einem boͤſen Scri- benten, der durch eine Satyre in Wuth gebracht iſt, vermuthen muͤſſe. Leute dieſer Art wiſſen in ſolcher Angſt nicht, was ſie thun. Sie ſehen, daß jedermann ihre Thorheit er- kennt, und daß niemand iſt, der ſich ihrer an- nimmt. Wenn ſie dann nicht wiſſen, wo ſie ſich hinwenden ſollen, ſo faſſen ſie aus Ver- zweifelung die Hoͤrner des Altars. ‒ ‒ ‒ ‒ Man darf ſich nicht wundern, warum die noth- leidenden Scribenten ihre Verfolger, mit de- nen ſie nicht auskommen koͤnnen, allemahl ei- ner Gottloſigkeit beſchuldigen. Dieſes iſt un- ſtreitig das gemaͤchlichſte, ſicherſte und kraͤftig- ſte Mittel, ſeinen Feind zu unterdruͤcken, und man koͤmmt weiter damit, als wenn man ſich in einen ordentlichen Kampf einlaſſen wollte. Es A 3

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/5>, abgerufen am 29.03.2024.