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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

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ternich diese Unruhen angefacht habe und wozu er sie
habe benutzen wollen. Er gedachte nehmlich, die
bairischen Truppen und die der andern süddeutschen
Staaten, unter dem Vorwande, sie zur Dämpfung
der ausgebrochenen Insurrektionen zu verwenden, in
die Ferne zu locken und dadurch jene Länder wehrlos
zu machen. Der König von Baiern habe aber den
Plan durchschaut und ihn vereitelt. Der Bericht ist
sehr interessant und ist, wie mich Einer versicherte,
von Herrn von Hormayr in München eingesandt.
Dieser war früher in Wien angestellt und ist ein
großer Feind von Metternich. Es ist sehr traurig,
daß in deutschen Blättern der genannte Artikel nicht
erscheinen darf, und er daher gar nicht bekannt wer¬
den wird. Ich hörte auch: die Liberalen in Baiern
suchten den König zu revolutioniren, daß er sich an
die Spitze der Bewegung stelle und sich zum Herrn
von Deutschland mache. Die Sache ist gar nicht
unmöglich. Ueberhaupt sollen geheime Gesellschaften,
besonders der alte Tugendbund, gegenwärtig wieder
sehr thätig sein. Mit geheimen Gesellschaften möchte
ich nichts zu schaffen haben, am wenigsten mit dem
Tugendbunde, der es auf eine heillose Prellerei an¬
gelegt hat. Er wird von Aristokraten geleitet und
hat aristokratische Zwecke, die man vor den dummen
ehrlichen Bürgersleuten, die daran Theil nehmen,
freilich geheim hält. Das heißt, mit der heiligen

ternich dieſe Unruhen angefacht habe und wozu er ſie
habe benutzen wollen. Er gedachte nehmlich, die
bairiſchen Truppen und die der andern ſüddeutſchen
Staaten, unter dem Vorwande, ſie zur Dämpfung
der ausgebrochenen Inſurrektionen zu verwenden, in
die Ferne zu locken und dadurch jene Länder wehrlos
zu machen. Der König von Baiern habe aber den
Plan durchſchaut und ihn vereitelt. Der Bericht iſt
ſehr intereſſant und iſt, wie mich Einer verſicherte,
von Herrn von Hormayr in München eingeſandt.
Dieſer war früher in Wien angeſtellt und iſt ein
großer Feind von Metternich. Es iſt ſehr traurig,
daß in deutſchen Blättern der genannte Artikel nicht
erſcheinen darf, und er daher gar nicht bekannt wer¬
den wird. Ich hörte auch: die Liberalen in Baiern
ſuchten den König zu revolutioniren, daß er ſich an
die Spitze der Bewegung ſtelle und ſich zum Herrn
von Deutſchland mache. Die Sache iſt gar nicht
unmöglich. Ueberhaupt ſollen geheime Geſellſchaften,
beſonders der alte Tugendbund, gegenwärtig wieder
ſehr thätig ſein. Mit geheimen Geſellſchaften möchte
ich nichts zu ſchaffen haben, am wenigſten mit dem
Tugendbunde, der es auf eine heilloſe Prellerei an¬
gelegt hat. Er wird von Ariſtokraten geleitet und
hat ariſtokratiſche Zwecke, die man vor den dummen
ehrlichen Bürgersleuten, die daran Theil nehmen,
freilich geheim hält. Das heißt, mit der heiligen

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[76/0090] ternich dieſe Unruhen angefacht habe und wozu er ſie habe benutzen wollen. Er gedachte nehmlich, die bairiſchen Truppen und die der andern ſüddeutſchen Staaten, unter dem Vorwande, ſie zur Dämpfung der ausgebrochenen Inſurrektionen zu verwenden, in die Ferne zu locken und dadurch jene Länder wehrlos zu machen. Der König von Baiern habe aber den Plan durchſchaut und ihn vereitelt. Der Bericht iſt ſehr intereſſant und iſt, wie mich Einer verſicherte, von Herrn von Hormayr in München eingeſandt. Dieſer war früher in Wien angeſtellt und iſt ein großer Feind von Metternich. Es iſt ſehr traurig, daß in deutſchen Blättern der genannte Artikel nicht erſcheinen darf, und er daher gar nicht bekannt wer¬ den wird. Ich hörte auch: die Liberalen in Baiern ſuchten den König zu revolutioniren, daß er ſich an die Spitze der Bewegung ſtelle und ſich zum Herrn von Deutſchland mache. Die Sache iſt gar nicht unmöglich. Ueberhaupt ſollen geheime Geſellſchaften, beſonders der alte Tugendbund, gegenwärtig wieder ſehr thätig ſein. Mit geheimen Geſellſchaften möchte ich nichts zu ſchaffen haben, am wenigſten mit dem Tugendbunde, der es auf eine heilloſe Prellerei an¬ gelegt hat. Er wird von Ariſtokraten geleitet und hat ariſtokratiſche Zwecke, die man vor den dummen ehrlichen Bürgersleuten, die daran Theil nehmen, freilich geheim hält. Das heißt, mit der heiligen

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/90>, abgerufen am 23.04.2024.