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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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Einige von den Haupt-Brandstiftern in Göttin¬
gen (spreche ich nicht, als hätte ich 10,000 Thaler
Gehalt, und wäre der wirkliche geheime Staatsrath
von Börne?) haben sich nach Straßburg gerettet
und in dortigen Zeitungen Proclamationen bekannt
gemacht, die aber gar nicht schön und würdevoll sind.
So renommistisch-philiströs, so rauh und holprich!
Es dauert Einem herzlich. Sie lachen und spotten
wie Sklaven, die glücklich der Zuchtpeitsche entlaufen
sind. "In Nürnberg henkt man keinen bis man ihn
hat" -- sagen sie unter andern. Wenn der Blitz,
der Andere traf, unschädlich zu unsern Füßen nieder¬
schlug, dann mögen wir Gott danken, aber nicht den
Blitz verhöhnen. Diese jungen Deutschen sind die
Luft der Freiheit nicht gewohnt; sie haben schnell
getrunken und sie ist ihnen in den Kopf gestiegen.
Wie ganz anders hätten junge Franzosen in solchen
Fällen gesprochen.

Der Herzog von Nemours ist jetzt wirklich zum
König von Belgien gewählt. Jetzt kochts und wirft


Einige von den Haupt-Brandſtiftern in Göttin¬
gen (ſpreche ich nicht, als hätte ich 10,000 Thaler
Gehalt, und wäre der wirkliche geheime Staatsrath
von Börne?) haben ſich nach Straßburg gerettet
und in dortigen Zeitungen Proclamationen bekannt
gemacht, die aber gar nicht ſchön und würdevoll ſind.
So renommiſtiſch-philiſtrös, ſo rauh und holprich!
Es dauert Einem herzlich. Sie lachen und ſpotten
wie Sklaven, die glücklich der Zuchtpeitſche entlaufen
ſind. „In Nürnberg henkt man keinen bis man ihn
hat“ — ſagen ſie unter andern. Wenn der Blitz,
der Andere traf, unſchädlich zu unſern Füßen nieder¬
ſchlug, dann mögen wir Gott danken, aber nicht den
Blitz verhöhnen. Dieſe jungen Deutſchen ſind die
Luft der Freiheit nicht gewohnt; ſie haben ſchnell
getrunken und ſie iſt ihnen in den Kopf geſtiegen.
Wie ganz anders hätten junge Franzoſen in ſolchen
Fällen geſprochen.

Der Herzog von Nemours iſt jetzt wirklich zum
König von Belgien gewählt. Jetzt kochts und wirft

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[42/0056] Samſtag, d. 5. Februar. Einige von den Haupt-Brandſtiftern in Göttin¬ gen (ſpreche ich nicht, als hätte ich 10,000 Thaler Gehalt, und wäre der wirkliche geheime Staatsrath von Börne?) haben ſich nach Straßburg gerettet und in dortigen Zeitungen Proclamationen bekannt gemacht, die aber gar nicht ſchön und würdevoll ſind. So renommiſtiſch-philiſtrös, ſo rauh und holprich! Es dauert Einem herzlich. Sie lachen und ſpotten wie Sklaven, die glücklich der Zuchtpeitſche entlaufen ſind. „In Nürnberg henkt man keinen bis man ihn hat“ — ſagen ſie unter andern. Wenn der Blitz, der Andere traf, unſchädlich zu unſern Füßen nieder¬ ſchlug, dann mögen wir Gott danken, aber nicht den Blitz verhöhnen. Dieſe jungen Deutſchen ſind die Luft der Freiheit nicht gewohnt; ſie haben ſchnell getrunken und ſie iſt ihnen in den Kopf geſtiegen. Wie ganz anders hätten junge Franzoſen in ſolchen Fällen geſprochen. Der Herzog von Nemours iſt jetzt wirklich zum König von Belgien gewählt. Jetzt kochts und wirft

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/56>, abgerufen am 28.03.2024.