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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.

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[Gleich. 135] § 42. Mittelwerth der lebendigen Kraft.
Momentoide entsprechende lebendige Kraft hat also im Mittel
denselben Werth und zwar ist dieser für alle Gasarten gleich,
da ja h für alle Gasarten den gleichen Werth hat. Aehnlich
wie im I. Theile S. 137 kann dieser Satz auch auf Gase aus-
gedehnt werden, welche durch eine die Wärme leitende Wand
getrennt mit einander im Wärmegleichgewichte stehen.

Da wir überall nach jedem p und r unabhängig von den
übrigen integrirt haben und überhaupt die p immer als unab-
hängige Variable betrachtet haben, so haben wir stets voraus-
gesetzt, dass zwischen den generalisirten Coordinaten p1, p2 ... pm
keine Gleichung besteht. Es ist also m die Anzahl der unab-
hängigen Variabeln, welche zur Bestimmung der absoluten
Lage aller Bestandtheile eines Moleküles im Raume und deren
relativer Lage gegen einander erforderlich sind. Man nennt m
die Anzahl der Freiheitsgrade eines als mechanisches System
aufgefassten Moleküles.

Für drei der r können immer die drei Geschwindigkeits-
componenten des Schwerpunktes eines Moleküles in den drei
Coordinatenrichtungen gewählt werden, da die gesammte leben-
dige Kraft eines Systems immer die Summe der lebendigen
Kraft der Schwerpunktsbewegung und der Bewegung relativ
gegen den Schwerpunkt ist.1) Das Product der halben Ge-
sammtmasse eines Moleküles in das mittlere Quadrat einer
dieser Geschwindigkeitscomponenten seines Schwerpunktes ist
dann die durch das betreffende Momentoid bedingte mittlere
lebendige Kraft; dieselbe hat also nach 134) für jede der
Coordinatenrichtungen den Werth 1/4 h. Die Summe dieser drei
mittleren lebendigen Kräfte für die drei Coordinatenrichtungen
ist aber gleich dem Producte aus der halben Gesammtmasse
eines Moleküles in das mittlere Geschwindigkeitsquadrat seines
Schwerpunktes. Dieses letztere Product wollen wir die mittlere
lebendige Kraft der Schwerpunktsbewegung oder der Progressiv-
bewegung des betreffenden Moleküles nennen und mit S be-
zeichnen. Es ist also:
135) [Formel 1] .

1) Vergl. Boltzmann, Vorles. üb. d. Principe d. Mechanik, I. Theil
§ 64, S. 208.

[Gleich. 135] § 42. Mittelwerth der lebendigen Kraft.
Momentoide entsprechende lebendige Kraft hat also im Mittel
denselben Werth und zwar ist dieser für alle Gasarten gleich,
da ja h für alle Gasarten den gleichen Werth hat. Aehnlich
wie im I. Theile S. 137 kann dieser Satz auch auf Gase aus-
gedehnt werden, welche durch eine die Wärme leitende Wand
getrennt mit einander im Wärmegleichgewichte stehen.

Da wir überall nach jedem p und r unabhängig von den
übrigen integrirt haben und überhaupt die p immer als unab-
hängige Variable betrachtet haben, so haben wir stets voraus-
gesetzt, dass zwischen den generalisirten Coordinaten p1, p2pμ
keine Gleichung besteht. Es ist also μ die Anzahl der unab-
hängigen Variabeln, welche zur Bestimmung der absoluten
Lage aller Bestandtheile eines Moleküles im Raume und deren
relativer Lage gegen einander erforderlich sind. Man nennt μ
die Anzahl der Freiheitsgrade eines als mechanisches System
aufgefassten Moleküles.

Für drei der r können immer die drei Geschwindigkeits-
componenten des Schwerpunktes eines Moleküles in den drei
Coordinatenrichtungen gewählt werden, da die gesammte leben-
dige Kraft eines Systems immer die Summe der lebendigen
Kraft der Schwerpunktsbewegung und der Bewegung relativ
gegen den Schwerpunkt ist.1) Das Product der halben Ge-
sammtmasse eines Moleküles in das mittlere Quadrat einer
dieser Geschwindigkeitscomponenten seines Schwerpunktes ist
dann die durch das betreffende Momentoid bedingte mittlere
lebendige Kraft; dieselbe hat also nach 134) für jede der
Coordinatenrichtungen den Werth 1/4 h. Die Summe dieser drei
mittleren lebendigen Kräfte für die drei Coordinatenrichtungen
ist aber gleich dem Producte aus der halben Gesammtmasse
eines Moleküles in das mittlere Geschwindigkeitsquadrat seines
Schwerpunktes. Dieses letztere Product wollen wir die mittlere
lebendige Kraft der Schwerpunktsbewegung oder der Progressiv-
bewegung des betreffenden Moleküles nennen und mit S̅ be-
zeichnen. Es ist also:
135) [Formel 1] .

1) Vergl. Boltzmann, Vorles. üb. d. Principe d. Mechanik, I. Theil
§ 64, S. 208.
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[125/0143] [Gleich. 135] § 42. Mittelwerth der lebendigen Kraft. Momentoide entsprechende lebendige Kraft hat also im Mittel denselben Werth und zwar ist dieser für alle Gasarten gleich, da ja h für alle Gasarten den gleichen Werth hat. Aehnlich wie im I. Theile S. 137 kann dieser Satz auch auf Gase aus- gedehnt werden, welche durch eine die Wärme leitende Wand getrennt mit einander im Wärmegleichgewichte stehen. Da wir überall nach jedem p und r unabhängig von den übrigen integrirt haben und überhaupt die p immer als unab- hängige Variable betrachtet haben, so haben wir stets voraus- gesetzt, dass zwischen den generalisirten Coordinaten p1, p2 … pμ keine Gleichung besteht. Es ist also μ die Anzahl der unab- hängigen Variabeln, welche zur Bestimmung der absoluten Lage aller Bestandtheile eines Moleküles im Raume und deren relativer Lage gegen einander erforderlich sind. Man nennt μ die Anzahl der Freiheitsgrade eines als mechanisches System aufgefassten Moleküles. Für drei der r können immer die drei Geschwindigkeits- componenten des Schwerpunktes eines Moleküles in den drei Coordinatenrichtungen gewählt werden, da die gesammte leben- dige Kraft eines Systems immer die Summe der lebendigen Kraft der Schwerpunktsbewegung und der Bewegung relativ gegen den Schwerpunkt ist. 1) Das Product der halben Ge- sammtmasse eines Moleküles in das mittlere Quadrat einer dieser Geschwindigkeitscomponenten seines Schwerpunktes ist dann die durch das betreffende Momentoid bedingte mittlere lebendige Kraft; dieselbe hat also nach 134) für jede der Coordinatenrichtungen den Werth 1/4 h. Die Summe dieser drei mittleren lebendigen Kräfte für die drei Coordinatenrichtungen ist aber gleich dem Producte aus der halben Gesammtmasse eines Moleküles in das mittlere Geschwindigkeitsquadrat seines Schwerpunktes. Dieses letztere Product wollen wir die mittlere lebendige Kraft der Schwerpunktsbewegung oder der Progressiv- bewegung des betreffenden Moleküles nennen und mit S̅ be- zeichnen. Es ist also: 135) [FORMEL]. 1) Vergl. Boltzmann, Vorles. üb. d. Principe d. Mechanik, I. Theil § 64, S. 208.

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/143>, abgerufen am 28.03.2024.