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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.

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IV. Abschnitt. [Gleich. 138]

Trotz des Auftretens einer Kraftfunction der intramole-
kularen Kräfte bleibt k in dem Falle von der Temperatur un-
abhängig, dass die Bestandtheile der Moleküle gewisse relative
Ruhelagen haben und die bei ihrer Entfernung aus den Ruhe-
lagen auftretenden Kräfte lineare Functionen jener Entfernungen
sind. Wenn dann l die Anzahl der Variabeln ist, von denen
die relative Lage der Bestandtheile eines Moleküles abhängt,
so können immer die Coordinaten so gewählt werden, dass die
Kraftfunction die Form annimmt:
[Formel 1] .
Die Grösse [Formel 2] soll dann die der Coordinate pi entsprechende
potentielle intramolekulare Energie heissen. Ihr Mittelwerth
kann genau so berechnet werden, wie wir soeben den Mittel-
werth der Grösse [Formel 3] berechnet haben und ergiebt sich
ebenfalls gleich 1/4 h für jedes i. Daher wird:
V = v/4 h, S: V = 3 : l.
Da diese Gleichungen vollkommen analog den Gleichungen 135)
sind, so wird
d Q6 = 1/3 l d Q3, daher e = 1/3 l,
[Formel 4] .1)

Als Beispiel betrachten wir den Fall, dass jedes Molekül
aus zwei einfachen materiellen Punkten oder aus zwei um ihren
Mittelpunkt herum vollkommen symmetrisch mit Masse erfüllten,
absolut glatten Kugeln besteht. Dieselben sollen in einer be-
stimmten Entfernung keine Kräfte auf einander ausüben, in
grösseren Entfernungen aber eine Anziehung, in kleineren eine
Abstossung, welche jedesmal der Entfernungsänderung pro-
portional sind. Dann ist diese Entfernung die einzige die
relative Lage bestimmende Coordinate, daher l = 1.

Zur Bestimmung der absoluten Lage im Raume sind ausser-
dem noch fünf Coordinaten erforderlich. Die Gesammtzahl m
der p oder der Freiheitsgrade ist daher sechs und es wird
k = 1 2/7 = 1,2857.

1) Vergl. Staigmüller, Wied. Ann. 65, S. 655, 1898 und Fussnote
zu S. 126 und 127 des vorliegenden Buches.
IV. Abschnitt. [Gleich. 138]

Trotz des Auftretens einer Kraftfunction der intramole-
kularen Kräfte bleibt κ in dem Falle von der Temperatur un-
abhängig, dass die Bestandtheile der Moleküle gewisse relative
Ruhelagen haben und die bei ihrer Entfernung aus den Ruhe-
lagen auftretenden Kräfte lineare Functionen jener Entfernungen
sind. Wenn dann λ die Anzahl der Variabeln ist, von denen
die relative Lage der Bestandtheile eines Moleküles abhängt,
so können immer die Coordinaten so gewählt werden, dass die
Kraftfunction die Form annimmt:
[Formel 1] .
Die Grösse [Formel 2] soll dann die der Coordinate pi entsprechende
potentielle intramolekulare Energie heissen. Ihr Mittelwerth
kann genau so berechnet werden, wie wir soeben den Mittel-
werth der Grösse [Formel 3] berechnet haben und ergiebt sich
ebenfalls gleich 1/4 h für jedes i. Daher wird:
V̅ = v/4 h, S̅: V̅ = 3 : λ.
Da diese Gleichungen vollkommen analog den Gleichungen 135)
sind, so wird
d Q6 = ⅓ λ d Q3, daher ε = ⅓ λ,
[Formel 4] .1)

Als Beispiel betrachten wir den Fall, dass jedes Molekül
aus zwei einfachen materiellen Punkten oder aus zwei um ihren
Mittelpunkt herum vollkommen symmetrisch mit Masse erfüllten,
absolut glatten Kugeln besteht. Dieselben sollen in einer be-
stimmten Entfernung keine Kräfte auf einander ausüben, in
grösseren Entfernungen aber eine Anziehung, in kleineren eine
Abstossung, welche jedesmal der Entfernungsänderung pro-
portional sind. Dann ist diese Entfernung die einzige die
relative Lage bestimmende Coordinate, daher λ = 1.

Zur Bestimmung der absoluten Lage im Raume sind ausser-
dem noch fünf Coordinaten erforderlich. Die Gesammtzahl μ
der p oder der Freiheitsgrade ist daher sechs und es wird
κ = 1 2/7 = 1,2857.

1) Vergl. Staigmüller, Wied. Ann. 65, S. 655, 1898 und Fussnote
zu S. 126 und 127 des vorliegenden Buches.
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[132/0150] IV. Abschnitt. [Gleich. 138] Trotz des Auftretens einer Kraftfunction der intramole- kularen Kräfte bleibt κ in dem Falle von der Temperatur un- abhängig, dass die Bestandtheile der Moleküle gewisse relative Ruhelagen haben und die bei ihrer Entfernung aus den Ruhe- lagen auftretenden Kräfte lineare Functionen jener Entfernungen sind. Wenn dann λ die Anzahl der Variabeln ist, von denen die relative Lage der Bestandtheile eines Moleküles abhängt, so können immer die Coordinaten so gewählt werden, dass die Kraftfunction die Form annimmt: [FORMEL]. Die Grösse [FORMEL] soll dann die der Coordinate pi entsprechende potentielle intramolekulare Energie heissen. Ihr Mittelwerth kann genau so berechnet werden, wie wir soeben den Mittel- werth der Grösse [FORMEL] berechnet haben und ergiebt sich ebenfalls gleich 1/4 h für jedes i. Daher wird: V̅ = v/4 h, S̅: V̅ = 3 : λ. Da diese Gleichungen vollkommen analog den Gleichungen 135) sind, so wird d Q6 = ⅓ λ d Q3, daher ε = ⅓ λ, [FORMEL]. 1) Als Beispiel betrachten wir den Fall, dass jedes Molekül aus zwei einfachen materiellen Punkten oder aus zwei um ihren Mittelpunkt herum vollkommen symmetrisch mit Masse erfüllten, absolut glatten Kugeln besteht. Dieselben sollen in einer be- stimmten Entfernung keine Kräfte auf einander ausüben, in grösseren Entfernungen aber eine Anziehung, in kleineren eine Abstossung, welche jedesmal der Entfernungsänderung pro- portional sind. Dann ist diese Entfernung die einzige die relative Lage bestimmende Coordinate, daher λ = 1. Zur Bestimmung der absoluten Lage im Raume sind ausser- dem noch fünf Coordinaten erforderlich. Die Gesammtzahl μ der p oder der Freiheitsgrade ist daher sechs und es wird κ = 1 2/7 = 1,2857. 1) Vergl. Staigmüller, Wied. Ann. 65, S. 655, 1898 und Fussnote zu S. 126 und 127 des vorliegenden Buches.

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/150>, abgerufen am 28.03.2024.