Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonntag
Nr. 82.
22 März 1840.
Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Die Nachrichten aus New-York, die man bis zum 14 März in England erhalten hatte, reichen bis zum 15 Febr. Die Congreßverhandlungen der letzten Zeit waren unerheblich. Am 10 Febr. ward ein voluminöser Committeebericht über die nordöstliche Gränze vorgelegt, und in 2500 Abdrücken vertheilt. – Nach wiederholten unglücklichen Versuchen, in Neu-England Seide zu erzeugen, ist man von diesem Project abgestanden. – In New-York hat eine Feuersbrunst, die in einer Schriftgießerei ausbrach, wieder eine ganze Reihe von Gebäuden in Asche gelegt. Bei der Bemühung, das Feuer zu löschen, verloren mehrere Polizeileute das Leben.
Südamerika.
Nach Berichten aus Lima vom 8 Febr. war Gamara zwar noch Präsident, seine Administratoren aber beim Volk verachtet, welches nur auf dem theilweisen Abzug der chilenischen Truppen wartete, um zu Gunsten des Generals Santacruz eine Umwälzung zu versuchen.
Mexico und Texas.
(Sun.) Nach Briefen aus Veracruz vom 4 Jan. war die mexicanische Regierung zum Kriege gegen Texas entschlossen, und Bustamante wollte die Expedition in Person commandiren. Zur Deckung der Kosten hatte man auf alle ins innere Land gehenden Güter einen Zoll von 15 Proc. des Werths geschlagen, was große Unzufriedenheit erregte. – New-Orleanser Blätter erwähnen nach Briefen aus Matamores das sehr unwahrscheinliche Gerücht, Santana habe eine Streitmacht von 3000 Mann aufgebracht, und wolle sie den Föderalisten zuführen. – Das Zuströmen von Einwanderern in Texas wird als ganz beispiellos geschildert. Der französische Botschafter bei dieser jungen Republik war in Galveston angekommen, und bei seiner Landung höchst achtungsvoll empfangen worden.
Großbritannien.
In der kurzen Oberhaussitzung am 13 März wurden unter andern Petitionen einige gegen die irische Corporationsbill übergeben. Irische Pairs auf der Toryseite brachten den Fall eines gewissen Lynham zur Sprache, dessen gesetzlich ausgesprochene Todesstrafe der jetzige Lordstatthalter von Irland in mehrjährige Deportation verwandelt habe. Der Marquis v. Westmeath meinte, Lord Ebrington scheine das von Lord Normanby gegebene böse Beispiel einer unzeitigen Milde gegen Verbrecher nachahmen zu wollen. Lord Normanby, als Minister des Innern, versagte die Vorlegung der auf diesen Fall bezüglichen Papiere, die ohne vorhergehende Communication mit Lord Ebrington nicht statthaft sey.
Obrist F. W. Grant, conservatives Parlamentsmitglied für die schottische Grafschaft Inverneß, wurde vor einigen Tagen todt in seinem Bett gefunden. Für den Burgflecken Helston ist der liberale Bewerber, Hr. Basset, ohne Opposition gewählt. Hr. Thesiger, der torystische Rechtsgelehrte, welcher in Newark durchfiel, wird nun vermuthlich, durch den Einfluß des neuen Herzogs v. Marlborough, für Woodstock gewählt werden.
Lord Melbourne hat den ehrenwerthen Hugh Fortescue, ältesten Sohn Lord Ebringtons, an die Stelle des als Cassier des Prinzen Albert angestellten Hrn. G. E. Anson, zu einem seiner Privatsecretäre ernannt.
In den letzten Tagen machte Hr. v. Brunnow dem Grafen Durham, vormaligem Botschafter am russischen Hof, einen Besuch auf dessen Landsitz Putney-Head. Lord Durham ist noch nicht völlig wieder hergestellt, seine Gesundheit bessert sich aber täglich.
Ein Dubliner Blatt berichtet, Pater Mathew habe durch seine rastlose Thätigkeit für Ausbreitung der Mäßigkeitsvereine seine Gesundheit aufgeopfert. Dagegen sucht der Standard, auf die orangistische Dublin Evening Mail gestützt, die Motive dieses eifrigen Dominicanermönchs zu verdächtigen. Es wird ihm vorgeworfen, erstens treibe er mit seinem Mäßigkeitswesen einen schnöden Gelderwerb, indem jeder Mäßigkeitscandidat eine zinnerne Medaille mit 1 Shilling bezahlen müsse, wobei der Pater mindestens 1500 Proc. gewinne; zweitens lasse er durch seine Helfershelfer Zettel verbreiten, durch die er sich bei dem einfältigen Landvolk in den Geruch eines Heiligen und Wunderthäters zu bringen suche, der bereits mehr als 400 Mirakel verrichtet, Blinde sehend, Taube hörend gemacht habe etc. Auf den 17 März, den Tag St. Patricii, des Schutzpatrons von Irland, ist eine große Mäßigkeitsversammlung unter Mathews Leitung nach der Stadt Athlone ausgeschrieben. – Der
Streit unter den katholischen Prälaten von Irland hinsichtlich des Nationalschulsystems (für alle christlichen Confessionen ohne Unterschied) ist jetzt dahin geschlichtet, daß es jedem Titularbischof überlassen bleiben soll, ob er in seinem Sprengel solche Schulen errichten lassen will, oder nicht.
Bei den jetzt in Irland eröffneten Frühlingsassisen zeigt sich überall die erfreuliche Erscheinung, daß die Zahl der Verbrechen sich vermindert hat. So ist z. B. in der Stadt Waterford kein einziger Verbrecher in Haft, und in der volkreichen Grafschaft Clare liegen dem Gericht nur 28 Fälle – eine beispiellos kleine Zahl – zur Entscheidung vor.
Den letzten Nachrichten aus Canada zufolge haben die in der oberen Provinz wohnenden Indianerstämme, die in den beiden canadischen Aufständen ihre Treue gegen England bewährt, dem Gouverneur eine Adresse überreicht, worin sie für die von „ihrer großen Mutter“ (der Königin) ihnen gemachten Geschenke danken, und erklären, sie lebten zufrieden und gern unter dem mächtigen Schutz der brittischen Regierung. Der Gouverneur sagte in seiner Antwort: „Meine Kinder! Es gewährt mir Vergnügen, daß ihr mit dem von eurer großen Mutter, unserer Königin, gewählten Statthalter zufrieden seyd. Wenn die Königin von den Gesinnungen der Liebe hört, die ihr für sie ausdrückt, wird ihr Herz freudig seyn, denn sie erinnert sich der Dienste, die ihr und eure Väter ihren Vätern erwiesen habt, und es muß sie freuen, daß ihr der Gesinnung eurer Väter treu bleibt. Seyd versichert, das Ohr der Königin wird für die Bitten ihrer indianischen Kinder immer offen, ihre Hand euch zu helfen stets bereit seyn. Meine Kinder! Mit großer Freude vernehm' ich, daß das Wort des großen Geistes, das man euch gepredigt hat, euch bereits gelehrt hat die Feuer- und Wassergeister zu meiden. Ihr thut recht daran, daß ihr die guten Männer liebt und hegt, die sich unter euch niedergelassen, um euch die Kenntniß jenes großen Wesens zu bringen, welches wir alle anbeten und welchem der rothe Mensch nicht minder lieb ist, als der weiße. Folgt ihr diesen Lehren, so kann es euch nicht fehlen, daß ihr glücklich werdet und gute Unterthanen eurer großen Mutter, der Königin, seyd. Meine Kinder, ich sage euch Lebewohl.“ – Der Gouverneur von Neu-Braunschweig, Sir John Harvey, hat in der Rede, womit er die Session der Legislatur dieser Colonie am 2 Februar eröffnete, das Project angekündigt, die Fundy-Bay mit dem St. Lorenz durch einen Canal zu verbinden. In Bezug auf den Gränzstreit erwähnte Sir John, daß er es für seine Pflicht erachtet habe, im vorigen Sommer mehrere Gränzbataillone der Miliz Waffenübungen vornehmen zu lassen, fügte jedoch bei: „Ich hege die zuversichtliche Hoffnung, daß das Resultat der Erforschung gewisser Theile des streitigen Gebiets, welche unlängst von brittischen Commissarien vorgenommen wurde, Ihrer Maj. Regierung in den Stand setzen werde, der Regierung der Vereinigten Staaten als Basis der Unterhandlungen Vorschläge zu machen, die eine baldige gütliche und definitive Beilegung dieser wichtigen Frage in Aussicht stellen werden. Mittlerweile wünsch' und hoffe ich, daß beiderseits Gesinnungen der Mäßigung und Nachsicht vorwalten werden.“ – Der Befehl der auf dem streitigen Gebiet stationirten brittischen Truppen ist dem Obristen Goldin übertragen. Die Abtheilung wurde neuerlich mit 250 Mann verstärkt, und ein Blockhaus errichtet. Ein neues starkes Fort wird am St. Lorenz erbaut.
Wie der Argus wissen will, hätte der bekannte, in seinen politischen und commerciellen Forschungen über den Orient unermüdliche David Urquhart Esq. merkwürdige Briefe ans Licht gezogen über die Umtriebe der Chartisten. .... In diesen Briefen sollen gewisse Polen und andere Leute genannt seyn, die man schon lange als Agenten in Verdacht gehabt. Der Argus fügt bei: „Es ist nicht zu bezweifeln, daß ein furchtbarer Ausbruch in England für gewisse Absichten im Orient eine sehr willkommene Diversion seyn würde.“
Am 28 Febr. feierte eine zahlreiche Versammlung polnischer Flüchtlinge im Schützenhaus (Archery Room) in London das Andenken des im vorigen Jahr an diesem Tage zu Wilna erschossenen Koinarski. Auch politische Flüchtlinge anderer Nationen, darunter Cavaignac und Mazzini, der Gründer des „jungen Italiens,“ wohnten der Feier bei. In polnischer, deutscher und französischer Sprache wurden Reden gehalten.
Dem M. Chronicle zufolge ist es im Werk, den jetzt sehr mangelhaften, langsamen und theuern Postenlauf zwischen England und Belgien zu verbessern. „Brüssel,“ bemerkt dieses Blatt, „ist auf der Eisenbahn von Ostende fünf Stunden entfernt, von Ostende gelangt man zur See in 14 Stunden nach London; dennoch braucht die Post zwischen London und Brüssel zwei Tage. Die Brieftaxe ist dabei enorm: 2 Sch. 3 Pence (1 fl. 21 kr.) für den einfachen Brief, der von London nach Paris (50 englische Meilen weiter) seit vielen Jahren nur 1 Sch. 8 Pence (1 fl.) kostet.“ Das Chronicle räth, bis ein neuer Postvertrag mit Belgien unterhandelt sey, wenigstens den englischen Theil der Taxe zu ermäßigen; das werde dann für die aufgeklärten Länder Frankreich, Deutschland, Belgien und Holland ein gutes Beispiel seyn. Im Uebrigen ist der Plan, zwischen Ostende und Dover, oder noch besser: London, einen regelmäßigen Postdienst, fünfmal wöchentlich, mit englischen Regierungsdampfbooten einzurichten, die den Weg in 12 Stunden machen könnten. (Möchte dann nur auch die deutsche Postverbindung nach Belgien und Niederland hin eine bessere und schnellere werden!)
Frankreich.
Paris, 17 März.
Ein Journal will wissen, der König der Belgier und die Herzogin von Kent, Mutter der Königin Victoria, seyen gesonnen, der Vermählung des Herzogs von Nemours in Paris beizuwohnen.
Vor fünfzehn Jahren wurde in Frankreich ein hoher Zoll auf die Einfuhr von fremdem Vieh gelegt, um die großen Grundbesitzer in Frankreich in den Stand zu setzen, ihr Vieh desto theurer zu verkaufen. Noch sind kaum 15 Jahre verflossen, und jetzt ertönen aus Frankreich selbst die heftigsten Klagen über diese hohen Zölle, und die Kammer der Deputirten wurde so eben darüber zur Entscheidung aufgefordert: denn nicht nur hat sich aus den Deputirten der betreffenden Departements ein Comité gebildet, um die Sache in Erwägung zu ziehen, sondern die Fleischer in Paris haben auch eine Petition an die Deputirtenkammer gerichtet, worin sie die Folgen jener hohen Zölle aufzählen. Wir entlehnen dem Courrier français eine Stelle, worin die wichtigsten Thatsachen hervorgehoben sind. „Die Viehproduction in Frankreich steht unter dem Bedürfniß: hier regelt nicht der Verbrauch die Production, wie bei jeder andern Industrie, sondern der Verbrauch muß sich nach der Production richten. Die Petition der Fleischer erklärt, daß in Paris allein wöchentlich ein Deficit von 4 Mill. Kilogr. (8 Mill. Pfund) oder 220 Ochsen stattfinde. Während die Zahl sich vermindert, scheint sich auch die Gattung zu verschlechtern: seit mehreren Jahren geben die Ochsen ein Fünftheil weniger an Fleisch und an Seife. Der Preis des Fleisches steigt in einem viel stärkeren Verhältniß. Die Ankäufe der Hospitäler bezeugen, daß das Pfund Fleisch vor fünfzehn Jahren 35 Centimen kostete, jetzt 52. Der Detailverkauf ergibt die Preise der geringen
Qualitäten: das geringere Fleisch kostet einen halben Franken, das ausgewählte Fleisch 70 Centimen (20 kr.). Zu diesem Preise ist es durchaus unmöglich, daß das Fleisch die Grundlage der Nahrung bilde. Der hohe Preis des Ochsenfleisches hat auch schon darauf geführt, daß man Kühe schlachtet, und schlechtes, ja für die Gesundheit gefährliches Fleisch verzehrt. Ein großer Theil der armen Bevölkerung nährt sich, wie die Garnison einer belagerten Stadt, von dem Fleisch der Pferde, die man abschlägt. Die Gefahr, auf welche die Petition aufmerksam macht, steigt mit jedem Jahre. Der Luxus nimmt zu, die nützlichen Künste verbreiten sich, das Volk ist besser gekleidet, aber schlechter genährt, und wenn man nicht bald Sorge trägt, so wird die arbeitende Classe in Frankreich, wie in Irland, auf Brod und Kartoffeln beschränkt seyn. Die Menschenrace verkümmert zugleich mit den Thieren.“
Die schon gestern erwähnte Erörterung über den Eingangszoll auf fremdes Schlachtvieh in der Sitzung der Deputirtenkammer am 16 März ward eben durch die oben berührte Petition der Metzger von Paris, denen sich die von Lyon und Straßburg anschlossen, veranlaßt, welche alle eine Zollherabsetzung nachsuchten. Vergeblich hatten mehrere Redner, unter andern, wie schon bemerkt, Hr. Fulchiron angeführt, daß das Gesetz von 1822, das plötzlich den Zoll auf fremdes Schlachtvieh von 3 Fr. auf 55 Fr. erhöhte, mehr noch einen politischen, als einen agricolen Charakter habe; vergeblich hatten sie vorgestellt, daß es absurd sey, einen Zweig der Production, selbst den Ackerbau, zum Schaden der Gesammtheit der Consumenten, in vorzugsweisen Schutz zu nehmen; vergeblich hatte der Handelsminister selbst (Hr. Gouin) anerkannt, daß das Gesetz von 1822 nachtheilige Folgen für den Wohlstand des Landes gehabt habe, und sich der Ansicht der Commission beigesellt, keine entscheidende Bestimmung vor dem Abschluß der mit Deutschland angeknüpften Handelsnegotiationen eintreten zu lassen. General Bugeaud trat gegen die der Petition günstigen Redner auf. „Man hat gesagt, bemerkte er, daß der Tarif Repressalien von Seite Deutschlands hervorgerufen habe. Ich weiß nichts davon, sage aber, daß man um keinen Preis nachgeben soll. Ich erkläre es, wenn man zu einem Krieg zur Zurückschlagung der Invasion kommen müßte ....“ Links: „Mit wem?“ Hr. Bugeaud: „Der Invasion fremden Schlachtviehs. (Allgemeines Gelächter.) Ich würde den Krieg vorziehen. (Oh! oh!) Ja, ich würde den Einfall russischer und preußischer Heere weniger als den Einfall des Schlachtsviehs fürchten. (Neues Gelächter.) Der fremde Einfall würde nur vorübergehend seyn, wir würden ihn mit Muth und Einigkeit besiegen; der permanente Einfall fremden Schlachtviehs aber (man lacht) würde die Fruchtbarkeit des Bodens vermindern, und seinen Werth, jenes große Landescapital, um drei Viertheile herabsetzen.“ Der Redner meint, wenn etwas zu reformiren sey, so seyen es die Octrois, die viel zu hoch seyen, nicht der Schlachtviehzoll. Nach dieser Rede ward bei der Abstimmung über den Commissionsantrag die Tagesordnung mit großer Majorität beschlossen.
Die meisten Journale erklären sich gegen dieses Votum der Kammer. Das Commerce, der Courrier français, die Presse, das Siècle, der National tadeln hauptsächlich die absolute Verwerfung. Das Journal des Débats ist der Ansicht, man hätte Unrecht gehabt, Consumenten und Producenten einander gegenüberzustellen, denn es handle sich nicht bloß von einer Zoll-, sondern von einer politischen und socialen Frage. Es spricht sich für Reform der Perceptionsart aus, die nach dem Gewicht und nicht nach den Köpfen des Viehs geschehen sollte.
Das Journal des Débats sucht wiederholt nachzuweisen, daß bei den Wahlen der Commissäre zur Untersuchung des Gesetzesentwurfs hinsichtlich der geheimen Fonds die Majorität sich gegen das Ministerium erklärt habe. Nur 180 Stimmen hätten sich für die ministeriellen Candidaten entschieden, während 227 Stimmen gegen das Ministerium gewesen. Die äußerste Linke habe, mit Ausnahme von 18 Stimmen, das Cabinet unterstützt.
(Moniteur.) Am 6 März erschienen 300 arabische Reiter zwischen Belida und Buffarik. Die zweite Brigade der ersten Division marschirte gegen sie, worauf die Feinde sogleich die Flucht ergriffen, und sich über die Chiffa zurückzogen. Berichte aus dem Innern meldeten die Ankunft Abd-El-Kaders in Medeah und seine Rüstungen zu einem neuen Angriff. Unterm 8 März zeigte der Marschall Valée der Regierung an, daß, nachdem das Wetter wieder günstig geworden, die Truppen eine Bewegung nach der Chiffa machen sollten, um unter seinem Commando einige vorläufige, für den bevorstehenden Feldzug unumgänglich nothwendige Operationen auszuführen. (Wir verweisen auf den unten folgenden Brief aus Toulon.)
Das Commerce sagt, in der Kammer habe das Gerücht circulirt, General Bugeaud würde Gouverneur von Algier werden, und den Feldzug gegen Abd-El-Kader commandiren. Diese Maaßregel würde aber unhaltbar seyn. Hr. Bugeaud, der Repräsentant des Táfnatractats, sey in Afrika nicht mehr möglich.
Der National bemerkt aus Anlaß desselben Gerüchts, eine solche unglaubliche Maaßregel würde beweisen, daß das Ministerium des 1sten März allen moralischen Sinn und alle politische Intelligenz entbehrte.
Toulon, 15 März. Mit dem neuesten Paketboot aus Algier sind uns Nachrichten vom 10 März zugekommen. Marschall Valée ist endlich aus seiner unbegreiflichen Unthätigkeit erwacht. Eine Expeditionscolonne ist aufgebrochen, um sich der Stadt Scherschel *) Scherschel ist ein kleiner Seehafen, 18 Stunden westlich von Algier gelegen. Es war die Julia Cäsarea der Alten, vormals eine der blühendsten Städte Mauritaniens. Sie wurde durch ein Erdbeben zerstört, und der Grund des kleinen Hafens ist mit den Trümmern des Leuchtthurms und anderer römischen Gebäude ausgefüllt, wodurch das Einlaufen größerer Schiffe unmöglich geworden. Die Umgegend ist mit den Resten römischer Bauwerke übersäet. Scherschel hat eine Bevölkerung von 4 bis 5000 Seelen, größtentheils Mauren und einigen Juden. In seiner gebirgigen, aber sehr schön angebauten Umgebung wohnt der mächtige Kabylenstamm der Beni-Menasser. Scherschel hat seit 1835 der Herrschaft Abd-El-Kaders sich unterworfen. Mohammed-el-Barkani ist der Kaid dieses Städtchens. zu bemächtigen. Die Vereinigungspunkte der Truppen sind Duera und Coleah. Jedes Corps hat, wie es scheint, zu diesem Unternehmen sein Contingent geliefert. Die ganze Colonne ist gegen 12,000 Mann stark. Am 8 und 9 war die Straße von Algier nach Coleah mit Truppen und Bagagewägen des Convoi angefüllt. Am 10 um 7 Uhr Morgens verließ der Marschall Valée Algier im Wagen unter einer Bedeckung von 50 Gendarmen; am Abend desselben Tags wollte er in Coleah eintreffen. Die Entfernung zwischen Coleah und Scherschel beträgt nur zehn Lieues, und wahrscheinlich wird man letztere Stadt in einem Tagmarsch erreichen. Es existiren noch zwischen beiden Orten die Reste einer Via Romana, welche der Hügelkette des Sahel bis zum Uad-Gurmat folgte; an der Mündung des letztern lag die alte Tipasa. Von jenem Flüßchen an bis Scherschel folgt die römische Straße der Seeküste. Eine andere Via Romana führt von Scherschel nach Belida durch die Ebene der Hadschuten.
Vielleicht schlägt die Colonne diese Straße auf ihrem Rückweg ein. – Die Dampfboote Sphinx und Tonnerre sind in den Hafen von Algier eingelaufen, um Kriegsmunition an Bord zu nehmen. Nöthigenfalls werden diese Schiffe Scherschel von der Seeseite bombardiren. Man glaubt inzwischen, unsere Truppen werden in Scherschel, ohne einen Schuß zu thun, einrücken, da die durch die Wegnahme der Handelsbrigg Frédéric Adolphe compromittirten Kabylen wohl die Flucht ergreifen und die maurischen Einwohner keinen Widerstand leisten werden. Ein prachtvolles Wetter begünstigt diese Bewegung. Es heißt, eine zweite Colonne werde zu gleicher Zeit von Belida aufbrechen, um sich des Engpasses Teniah zu bemächtigen, der nach Medeah führt. – Man weiß noch nicht, was der Marschall Valée mit Scherschel zu thun beabsichtigt, ob er es occupiren oder zerstören wird.
Paris, 15 März. Das Berechnen, Fingerabzählen, diese politische Arithmetik, all dieser Zahlenmechanismus, der aus dem Munde unserer Politiker seit der Juliusrevolution hervortönt wie nie früher, gibt dem ganzen Wesen etwas Dürres, zugleich etwas Lächerliches, was in einem englischen Parlamente nie zum Vorschein kommt. Man sollte glauben, die ganze Politik sey ein Rechenexempel und beruhe nicht auf Gedanken, Thatsachen, allgemeinen Interessen. Das ist eben der Charakter der Intrigue. Diese hat nichts Bewegendes, Ueberzeugendes, Hinreißendes, sondern flickt und combinirt. Darum thun die Kammern so wenig, und kommen nicht vom Fleck. Von lebendigen Menschen ist nicht mehr die Rede, sondern von irgend einem Datum, vom 1 März, vom 11 Oct., oder von Gott weiß was für einem April- oder Septembertag, was das allercurioseste Kauderwälsch von der Welt abgibt, denn es wird zur geläufigen Sprache der Journale und der Tribune. Dann auch ist keine Rede mehr davon wie sich entschiedene Gesinnungen oder Interessen gruppiren, sondern in wie viele Fractionen und Brüche die Einzelheiten zerfallen, welche man addiren oder subtrahiren kann, oder auch multipliciren, dividiren. Welch babylonischen Thurmbau und Sprachenverwirrung wird das noch abgeben! Dabei sind die Leute so ernst, tractiren ihre Intriguen auf so wichtige Weise, daß einem ganz tragisch dabei zu Muth werden möchte. Woher das? Weil rouerie vorherrscht, weder Herz noch Kopf. Dieß Zerren zwischen Krone und Minister, zwischen rechtem und linkem Centrum, zwischen dem rechtem Centrum, welches sich in Doctrinärs und Constitutionelle, zwischen dem linken Centrum, welches sich in Freunde und Feinde des Hrn. Thiers zerfasert, diese politische Charpie, die alle Prätendenten des Portefeuille's einander aus den Händen zupfen, divertiren oder langweilen das große zuschauende Publicum schon hinlänglich; aber es kann nicht geläugnet werden, Krisen stehen bevor, wenn das noch lange so fortgehen sollte. Die Freunde des Hrn. Thiers bezeichnen sein Ministerium als ein Ministerium Martignac der Juliusrevolution, und erklären das Ministerium Molé als ein Ministerium Polignac derselben: so weit sind sie in ihren Anspielungen schon gekommen. In Débats und Constitutionnel wird ein wundersamer Dialog höchster persönlicher Erbitterung geführt, auf den endlich das Ohr der Nation hinhorchen könnte, wenn man beiderseits lange noch die Sache vor ihr Forum bringt. Haß und Zorn sind äußerst schlechte Rathgeber. Man spielt mit Gefahren, die nicht vorhanden sind, und siehe da, sie werden geboren. Wer aus diesem Allem profitiren kann, das ist das Chaos, und Gott weiß, daß die Nation hitzig ist.
Lyon, 15 März. Es war ein, dem St. Etienner Journal von mir nachgeschriebener Irrthum, daß der Arbeitslohn der Kohlengräber in Rive de Gier nur um drei Sous herabgesetzt sey; die Reduction betrug fast durchgängig 15 Sous. Als in den Schwindel des Actienhandels auch zwei Gesellschaften für Kohlenausbeutung hineingerissen waren, stiegen die Actien über den Werth. Um jetzt nicht zu verlieren, will man an dem Arbeitslohn abziehen, wie dieß leider immer die Ressource der Fabrik- und Manufacturbesitzer gewesen. Zwar sind einige Arbeiter im Gefängniß, die Autoritäten scheinen aber ihre gerechten Beschwerden zu begreifen. Ein Minenbesitzer, dessen Arbeiter, obgleich er nicht herabgesetzt hatte, auf einen Augenblick die Arbeit einstellten, hat sich gegen mich durchaus zum Vortheil der Arbeiter geäußert. „Wir im Lande, sagte er mir, wissen wohl, daß bei einer so lebensgefährlichen Thätigkeit der scheinbar zu hohe Arbeitslohn nur gering ist. Denn nur wenige Arbeiter können zwanzig Jahre lang arbeiten. Aber die Lyoner und Pariser Actionnäre, welche aus der Ferne den Directoren ihre unüberlegten Befehle ertheilen, bringen die Directoren und selbst uns in eine schlimme Stellung.“ Glücklicherweise hat man den Arbeitern Concessionen gemacht und so scheint Alles für den Augenblick ausgeglichen; doch haben die Arbeiter ihre Kraft als Corps kennen gelernt. Dergleichen Erfahrungen bleiben unvergessen und rufen sich zur ungelegenen Zeit ins Gedächtniß zurück. Nur eine Kammer, welche für ihre eigenen Interessen arbeitet, kann die gefahrvolle Stellung der Proletarier übersehen, oder nur eine aus Mittelmäßigkeiten zusammengesetzte Kammer nicht Mittel finden, diesen Zustand wenigstens einigermaßen zu bessern. Auch unsere Seidenarbeiter feiern noch zum großen Theil; Privatvereine und Autoritäten fordern zu neuen Beisteuern auf. Der Handel mit Amerika ist vielleicht noch auf lange vernichtet und nur er kann Lyons Fabriken recht eigentlich beleben. Die hiesige Opposition hat sich, wie sie es in der Regel thut, auch bei der Dankabstattung gegen Cormenin von den Parisern etwas unabhängig gestellt. Sie votirte eine ziemlich kühle Dankadresse, unterschreibt aber nicht für die Denkmünze; im Ganzen wäre ihr's auch vielleicht lieber gewesen, die Kammer hätte die Dotation votirt. Napoleon lebt auch in diesem Frühling wieder auf, wie im Jahr 1834; die Bauern in der Umgegend trinken auf seine Gesundheit und erwarten seine Ankunft, weniger wohl um ein neues Gesetzbuch, als um eine religiös-sociale Umgestaltung, eine neue Kirche zu bringen. Man hat mich versichert, daß seine Anhänger eine Kupferplatte mit concentrischen Kreisen und allerlei mystischen Zeichen tragen. Lebte ich nicht in Frankreich, so würde ich den Wahnsinn nicht glauben; aber Ungläubige werden aber- und übergläubig. – Ihre beiden Artikel *✝* „über die Krise in Frankreich,“ haben hier große Anerkennung gefunden. Obgleich sie eine indirecte Widerlegung der gegen Ihr Blatt gerichteten Anklage des Pariser Commerce enthielten, so erwartet man doch eine directe Entgegnung, die den Charakter deutscher Blätter im Gegensatz des französischen Journalismus klar vor Augen lege. *) Wir konnten nicht annehmen, daß die Infamien, welche kürzlich das Commerce gegen die Allg. Zeit. und namentlich gegen ihre Pariser Correspondenten enthalten hatte, irgend einen verständigen Leser nur einen Augenblick beirren würden. Wir schwiegen daher. Aufgefordert aber von einer so ehrenwerthen Stimme, wollen wir dieses Schweigen brechen. Der fragliche Artikel gibt den Franzosen als neue Entdeckung den alten, doch über Gebühr einfältigen Widersinn: die nach Oesterreich gehenden Exemplare der Allg. Zeit. seyen andere, als die im übrigen Deutschland verbreiteten; in jenen seyen alle „liberalen“ Artikel ausgelassen oder umgemodelt! Dann versichert er, seit fünfzig Jahren befolge Oesterreich, dem französischen Volke gegenüber, keine andere Politik als Frankreich zu hindern, zu Glück und Ruhe zu gelangen, weil dieß eine Empfehlung
der Lehren von 1789 wäre. Bis 1830 habe die Allgem. Zeit. den österreichischen Machthabern nur indirect zu Erreichung jenes Zwecks gedient; seit 1830 aber werde in den Tuilerien Deutsch gelesen und verstanden, man sey auf zwei Exemplare der Allg. Zeit. abonnirt, „für den Sohn und für den Vater,“ welche beide das Blatt aufmerksam studirten und darin die Wahrheit zu finden glaubten. Nun habe ein eigner Correspondent, mit dem Saturnuszeichen, von Oesterreich die Mission, alle Männer, alle Rechte und alle Ansprüche des französischen Volks so in Haß und Verachtung zu bringen, daß der „Chef“ dieses Volks erkenne, er habe, wenn er dasselbe vollends unterjochen wolle, den vollen Beifall des Auslands. Dieser Hauptzweck – der einem übrigens höchst geist- und kenntnißvollen Manne, einem deutschen Baron, anvertraut sey – werde durch die andern Pariser Correspondenzen theils direct, theils indirect befördert, Alles unter der Leitung Oesterreichs, das zu gleichem Zweck neuerdings auch die Whig- und radikalen Blätter Englands zu bestechen gewußt habe, und das, er wiederhole es, gegen Frankreich fortwährend dieselbe Politik befolge, die Ludwig den Sechszehnten und Marie Antoinette aufs Schaffot gebracht habe. – Daß solche Dinge einem französischen Journal geboten werden können, wundert uns nicht; wir würden darüber mit dem Commerce kein Wort verloren haben. Da aber die Hand, die den fraglichen Artikel in dasselbe geliefert hat, dieselbe ist, welche diesem Pariser Blatt eine Menge deutscher, russischer und polnischer Correspondenzen schmiedet, da sie ferner in eine bedeutende deutsche Zeitung fortlaufende Mittheilungen aus Paris schickt, so ist es doch vielleicht gut, den Schleier ein wenig zu lüften. Die französische Tagspresse besoldet eine Anzahl politischer Chiffonniers, die den ganzen Tag nach Neuigkeiten auf den Beinen sind, indessen fortwährend nur den Abhub zusammenbringen. Sie werden gebraucht aber verachtet, letzteres am meisten dann, wenn sie glauben durch Verläugnung ihres Nationalsinns – denn es sind auch Deutsche darunter – den neuen Herren desto angenehmere Diener zu seyn. Zu dieser gewerbfleißigen Classe gehört unser kleiner Gegner im Commerce. Jahrelang wurde er nicht müde, der Allg. Zeit. seine Dienste anzutragen. Da ein größeres Blatt unter seinen Correspondenten in Paris zu Zeiten Einen braucht, der, ehe die Post abgeht, noch geschwind das Ohr an die Börse und ein paar Journalbureaux hält, so machten wir ein paar Proben mit ihm. Als es aber mit seiner Weisheit bald auf die Neige ging, und er uns gar zu häufig mit Conjecturen heimsuchte, so scharfsinnig wie die obigen über Oesterreichs Politik, dankten wir für fernere Bemühungen. Da drohte er. „Von diesem Augenblik an (dieß sind seine Worte) stehen wir uns offen feindlich gegenüber, und ich werde nun durch Angriffe die Wirkung Ihres Blattes zu schwächen suchen.“ So schamlos diese Erklärung war, so bedurfte es doch obigen Artikels im Commerce, um unsern Unglauben zu besiegen, daß die That wirklich so gemein seyn werde, als das Wort. Hätte unser Gegner bloß die Redaction oder die Zeitung im Allgemeinen zum Gegenstand seiner Lügen gemacht, so hätten wir geschwiegen; da er aber unsere sämmtlichen Pariser Correspondenten – eine Reihe ehrenwerther selbstständiger Männer, theils Deutsche, theils Franzosen, welche alle frei nach ihrer verschiedenen Ueberzeugung schreiben – frech betastet, so schien es passend, der Büberei offen die Maske vom Gesicht zu reißen, auf daß man erkenne, von welchen Händen manchmal in Pariser Blättern, die sich zu den ersten zählen, die Urtheile über deutsche Angelegenheiten ausgehen. Sie tragen dazu bei, den Uebermuth zu nähren, mit dem die Franzosen einen Theil Deutschlands als nach ihrer Herrschaft sich sehnend betrachten. Wie würden die englischen Journale auf so etwas antworten! Die deutsche Presse aber – wer erkennt es, welch mächtiger Hebel in ihr läge zu Aufrichtung des Nationalstolzes? Und was muß sie jenseits und diesseits des Rheins nicht Alles über sich hören! Es liegt darin für jedes bessere Bewußtseyn ein bitteres Gefühl, das jedes Wort zurückdrängt, und in welchem man die Feder weit von sich werfen möchte.
Belgien.
(Indépendant.) Brüssel, 15 März. Der König hat die Entlassung der Minister noch nicht angenommen; es läßt sich aber nicht zweifeln, daß die Annahme stattfinden wird. Gleich nach dem Votum der Kammer wurden mehrere Couriere nach Paris, London, dem Haag und nach Deutschland abgeschickt.
Brüssel, 15 März. Wenn die Entlassungsgesuche der Minister angenommen werden, so wird sich der König zur Bildung des neuen Cabinets wahrscheinlich an den Grafen Meulenaere wenden, der schon zweimal Minister der auswärtigen Angelegenheiten gewesen ist. Er ist ein ausgezeichneter, mit den Geschäften sehr vertrauter Staatsmann.
Italien.
Florenz, 12 März. Als Nachfolger des verstorbenen Staatssecretärs des Aeußern im Herzogthum Lucca, Marquis v. Mansi, wird der lucchesische Geschäftsträger am Wiener Hof, Frhr. v. Ostini, der den Herzog Karl nach Rom begleitet hat, bezeichnet.
Deutschland.
München, 19 März. Einer so eben erschienenen Bewilligung des k. Ministeriums des Innern zufolge darf die seit mehreren Monaten in Bayern verbotene Leipziger Allg. Zeitung von nun an wieder durch die k. bayerischen Postämter versendet werden. (Münch. Bl.)
München, 20 März. Einer königl. Bestimmung vom neuesten Datum zufolge hat die Unterzeichnungen respective die Leitung der Geschäfte des Finanzministeriums bis auf weitere allerhöchste Verfügung der k. Minister des Innern, Hr. v. Abel, zu besorgen. – Diesen Abend bei der feierlichen Beerdigung des Ministers v. Wirschinger fanden sich Massen von Personen aus allen Ständen auf dem allgemeinen Gottesacker ein. Die Minister und Staatsräthe, die Mitglieder beider Kammern, die Bediensteten aller Branchen etc. folgten dem Sarge. – Das neueste Regierungsblatt brachte eine Bekanntmachung, das Familien-Statut des Grafen v. Quadt-Wickradt zu Isny betreffend.
Stuttgart, 20 März. Gestern Nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr wurde im großen Marmorsaale des königlichen Residenzschlosses von dem Hofprediger, Oberconsistorialrath v. Grüneisen, und dem katholischen Dekan und Stadtpfarrer Volz die feierliche Trauung Ihrer königl. Hoh. der Prinzessin Marie Friederike Charlotte von Würtemberg, Tochter Sr. Maj. des Königs, mit Sr. Erlaucht dem Grafen Alfred Karl Franz v. Neipperg, nach dem bei beiden Confessionen üblichen Ritus, in Gegenwart Ihrer Majestäten des Königs und der Königin, der hier anwesenden Mitglieder des königl. Hauses, des Hofstaates, der k. Minister und des k. Geh. Raths vollzogen. – Ihre k. Hoh. die Prinzessin Marie von Würtemberg behält ihren bisherigen Titel und Rang als „königliche Prinzessin von Würtemberg“ mit dem Beisatze: „vermählte Gräfin v. Neipperg.“ (Schw. M.)
Wiesbaden, 17 März. Die dahier allgemein verbreitete Nachricht von dem Ableben des katholischen Bischofs Bausch zu Limburg hat sich, zur Freude der beiden Confessionen des Herzogthums, nicht bestätigt. – Der in Don Carlos' Diensten gestandene Obrist Roth ist zum Hauptmann à la Suite in dem Generalstabe von dem Herzog von Nassau ernannt worden, der bekanntlich schon früher den aus gleichen Diensten zurückgekehrten Grafen v. Boos-Waldeck zu seinem Flügeladjutanten erwählt hat.
Die Mainzer Zeitung theilt das Programm zu der vierhundertjährigen Jubelfeier der Buchdruckerkunst, wie dieselbe in Mainz, der Wiege dieser einflußreichsten, ehrenden Erfindung begangen werden soll, mit. Wir heben nur Weniges aus. Dienstag den 23 Junius: Empfang und Einweisung der Fremden, die durch die Festcommissäre nach dem Locale des Festcomité's geleitet werden. Vorfeier: Festliche
Darstellung im städtischen Schauspielhause. Abends 10 Uhr: Feierliche Begrüßung der Statue Guttenbergs und Volksgesang. St. Johannistag, den 24 Jun.: Feierlicher Zug der städtischen Behörden, der Buchdrucker, Buchhändler, Sänger, öffentlichen Schulen etc. Der Festzug geht nach dem Dom, um dort einem feierlichen Gottesdienst beizuwohnen, dann auf den Platz Guttenberg. Aufführung einer Cantate. Hierauf Festrede von Seite des Bürgermeisters. Am Schlusse derselben feierliche Bekränzung des Monuments Guttenbergs durch Frauen und Jungfrauen, sodann ein allgemeines Volkslied; während dieser Feierlichkeit arbeitet die vor dem Monumente aufgestellte Presse. Um 4 Uhr: Großes Gesangfest in der neu erbauten, festlich gezierten Halle, veranstaltet durch die Mainzer Liedertafel. An demselben Abend Illumination des Monuments, des Theaters und des Guttenbergs-Platzes. Donnerstag den 25 Jun. Letzter Tag der Säcularfeier. Morgens 10 Uhr: Allgemeine Versammlung im Hofe zum Guttenberg, vertrauliche Besprechungen, wie dergleichen kurze Reden nach Wahl der Versammlung, Beschauung der dort aufgestellten Prachtwerke der Typographie und seltener Drucke, welche Gegenstände sodann auch im Laufe der ganzen Woche dem Publicum zur Beschauung ausgestellt bleiben. Nachmittags um 3 Uhr: Volksfest im Freien. Abends 9 Uhr: Großer Festball, wozu die legitimirten Abgeordneten und mitwirkenden Künstler als Ehrengäste eingeführt werden. Während der drei Festtage, so wie die übrigen Tage der Woche haben die Vereine für Kunst und Litteratur, der naturforschenden Gesellschaft und des Gartenbauvereins es übernommen, in passenden Localen Ausstellungen von Gegenständen der Industrie, Kunst und Natur zu veranlassen.
Rußland.
Galacz, 3 März. Alle Etablissements der Russen im Donaudelta sollen einer bedeutenden Reform unterworfen werden. Man spricht mit vielem Interesse hauptsächlich von der bevorstehenden Reorganisation der dort bestehenden Quarantäneanstalten und von neuen Bestimmungen über die Ladung der stromaufwärts fahrenden Handelsschiffe. Es werden in beider Hinsicht Maaßregeln getroffen werden, welche zunächst die Emporbringung Sulina's bezwecken. Diese russische Niederlassung an der Mündung jenes Donauarms, von dem sie den Namen führt, verspricht binnen einigen Jahrzehnten eine der blühendsten Städte an den Küsten des schwarzen Meeres zu werden. Aus Silistria erfährt man, daß die Pest in jener Stadt und Umgebung noch nicht aufgehört hat. Briefe aus Odessa versichern, daß das Gerücht von außerordentlichen Bewegungen in Südrußland übertrieben sey. Eben so schwankend ist das Gerücht, daß Se. Maj. der Kaiser von Rußland im Laufe des Sommers Südrußland besuchen werde. Das fünfte Corps, vom General Lüders commandirt, concentrirt sich um Odessa. General Lüders selbst soll indessen Odessa wieder verlassen haben, und nach Sebastopal zurückgekehrt seyn, wo er längere Zeit verweilen soll, um die Vollziehung der in letzter Zeit angeordneten militärischen gesundheitspolizeilichen Maaßregeln in diesen Ländern zu überwachen.
Oesterreich.
Wien, Aus Grätz wird gemeldet, daß die Herzogin von Berry am 12 d. glücklich entbunden worden. – Graf Fiquelmont, österreichischer Botschafter am kais. russischen Hofe, befindet sich noch hier. Es scheint, daß der Graf erst dann auf seinen Posten zurückkehren werde, wenn die Schlichtung der orientalischen Wirren eine erfolgreichere Wendung genommen haben wird.
Türkei.
Der Sémaphore schreibt aus Konstantinopel vom 27 Febr. Hr. v. Pontois habe in der Unterredung, welche er am 11 d. M. mit Reschid Pascha gehabt, die Erklärung gegeben, daß ihm von seiner Regierung der förmliche Befehl zugekommen, sogleich seine Pässe zu verlangen, wenn die Pforte die bewaffnete Intervention irgend einer europäischen Macht gegen Mehemed Ali annähme. Das Journal des Débats gibt dieses Schreiben aus dem Sémaphore ohne weitere Bemerkung.
Konstantinopel, 4 März. Nachdem der Handelstractat zwischen der hohen Pforte und dem Königreiche Griechenland von den beiderseitigen Bevollmächtigten am 2 d. unterzeichnet worden, reiste Hr. Zographos gestern von hier ab, um nach Athen zurückzukehren. Hr. Zographos hatte hier der Pforte gegenüber eine Stellung einzunehmen gewußt, die ihm die Achtung und Gewogenheit des Sultans und eine große Bereitwilligkeit von Seite des osmanischen Ministeriums verschaffte, und obgleich er in manchen nicht unwichtigen Punkten sich zur Nachgiebigkeit genöthigt sah, so wußte er doch mit einem Tact und einer Geschicklichkeit sich zu benehmen, daß das Wesentliche seiner Wünsche ihm durch den Tractat gesichert blieb. – Die Angelegenheit des griechischen Patriarchen ist wider alles Erwarten zu ihrer Entscheidung gelangt. Seine Rechtfertigungsschrift konnte die von Lord Ponsonby geführten Beweise nicht entkräften, da die jonische Regierung dafür gesorgt hatte, jeden Punkt der gegen den Patriarchen erhobenen Beschuldigungen actenmäßig zu belegen. Aus der Darstellung Lord Ponsonby's ergab sich nun, daß der Patriarch eine Menge Umtriebe sich zu Schuld hatte kommen lassen, daß derselbe den Anschlägen der Griechen von Macedonien, Epirus, Thessalien und des eigentlichen Griechenlands nicht fremd war, und daß der Einfluß, den er nach und nach auf die griechische, nicht unirte Geistlichkeit im ganzen Umfange seines weitläufigen Sprengels zu gewinnen gewußt hatte, bei seiner verwegenen Gemüthsart einen gefahrbringenden Charakter anzunehmen drohte, der die Pforte selbst für die Folge besorgt machen mußte, wenn ein Mann, wie der Patriarch, die Leitung der geistlichen Angelegenheiten eines nicht unbedeutenden, zugleich zu Widerspänstigkeit und Turbulenz sehr geneigten und in diesem Moment aufgeregten Theils der osmanischen Unterthanen in Händen behielte. Die Pforte sprach daher ihr „Schuldig“ aus, und der griechische Patriarch in Konstantinopel ward abgesetzt; zugleich wurden die Berufungsschreiben zur Wahl seines Nachfolgers, die noch in diesem Monat erfolgen dürfte, erlassen.
Konstantinopel, 4 März. Erzherzog Friedrich von Oesterreich wird dießmal Konstantinopel nicht besuchen; es scheint, daß politische Rücksichten die Verschiebung dieser Reise auf eine günstigere Zeit räthlich gemacht haben. Die für den Sultan bestimmten Geschenke, die Se. kais. Hoh. selbst zu präsentiren gedachte, sind bereits hier angelangt, und werden wahrscheinlich durch den Internuncius überreicht werden. Dafür wird uns in den nächsten Tagen die Ehre eines andern hohen Besuchs zu Theil. Es ist bereits vorgestern für den Prinzen Heinrich von Oranien der Ferman zur Passirung der Dardanellen von hier abgegangen. – Der Gesundheitszustand des Großwessirs, Chosrew Pascha, hat wieder plötzlich eine ungünstige Wendung genommen, die seine Aerzte sehr besorgt zu machen scheint.
Konstantinopel, 4 März. Die Nachrichten, die wir aus London und Paris erhalten haben, so wie jene, die über Alexandria aus Europa zu uns gelangt sind, stehen mit einander in offenem Widerspruche. Während die einen sagen, daß die Conferenzen in London einen Gang genommen hätten
der die Pforte völlig beruhigen dürfe, behaupten die andern, daß das englische Ministerconseil, abweichend von den Ansichten Lord Palmerstons, und bearbeitet von der französischen Diplomatie, die bei dieser Gelegenheit ihr größtes Meisterstück vollbracht, eine starke Neigung gegen Frankreich hin genommen habe. Ich kann Ihnen von hier aus weiter nichts mit Bestimmtheit sagen, als daß sowohl Lord Ponsonby als Hr. v. Butenieff der Pforte die Versicherung ertheilt haben, weder Großbritannien noch Rußland, weder Oesterreich noch Preußen würden je in wesentlichen Stücken von den aufgestellten Principien und den so gut wie adoptirten Mitteln, ihnen Geltung zu verschaffen, abgehen. Auch liegt nun endlich der ganze Plan vor uns, von dem man inzwischen hier nur das mit Bestimmtheit weiß, daß er noch nicht ratificirt ist. Obwohl Sie nun mit demselben vollständig bekannt sind, da zerstreut bereits in Ihrem Blatte alle Details desselben besprochen wurden, so glaubte ich doch, daß eine Zusammenstellung seiner wesentlichen Bestandtheile nicht überflüssig seyn dürfte. Die Entwerfung dieses Projects fand in den letzten Tagen des verwichenen Decembers statt und diejenigen, die es in Ihrem Blatte weiter zurückführen wollten, scheinen schlecht unterrichtet gewesen zu seyn. Hier folgen die wesentlichen Punkte desselben: 1) die Basis des Arrangements soll die Wiederherstellung des Friedens unter Bedingungen seyn, welche die Unabhängigkeit und Sicherheit des osmanischen Reichs gegen jeden neuen Angriff von Seite Mehemed Ali's vollkommen verbürgen; 2) die Pforte soll bewogen werden, Mehemed Ali die Erblichkeit von Aegypten für seine Familie zu verleihen; 3) die Gränzen des Paschaliks von Aegypten sollen sich vom Cap Carmel in gerader Linie bis zum See Tabarieh und von da längs des Jordans und des todten Meeres bis zum Meerbusen von El-Akaba erstrecken, jedoch nur unter der Bedingung, daß 4) Mehemed Ali die Suprematie der Pforte anerkenne, und einen jährlichen Tribut zum Beweise dieser Anerkennung entrichte; 5) daß das ganze Territorium außerhalb der oben bezeichneten Linie der Pforte zurückgestellt werde; 6) daß die großherrliche Flotte nach Konstantinopel zurückgesendet werde, ohne daß der Pascha die Unterhaltungskosten dieser Flotte von dem zu zahlenden Tribut in Abzug zu bringen berechtigt sey; 7) diese Bestimmungen sollen, so wie sie die Zustimmung der hohen Pforte erhalten haben, durch letztere dem Pascha angekündigt, und er durch eine Aufforderung (sommation) von Seite der Mächte angewiesen werden, sich denselben zu unterwerfen; 8) sollte sich Mehemed Ali dessen weigern, so werden die Mächte zu einer stufenweisen Reihe von Coërcitivmaaßregeln schreiten; 9) diese Coërcitivmaaßregeln sind a) Einnahme einer Position in dem Meerbusen von Skanderun, um Ibrahim in seiner Flanke zu bedrohen, die Communicationen zu unterbrechen, und einen Aufstand unter der syrischen Bevölkerung zu begünstigen; b) Wiederherstellung der großherrlichen Autorität auf der Insel Candia; c) Blokade der syrischen und ägyptischen Küsten, um die financiellen Ressourcen des Vicekönigs zu paralysiren; d) bei fernerem Widerstande des Vicekönigs, Ausschiffung von englischen und österreichischen Truppen in Candia und Syrien selbst, und Vorrücken eines russischen Corps in Kleinasien, welches in Gemeinschaft mit den osmanischen Truppen zu operiren hätte. Angriff auf St. Jean d'Acre, Ausschiffung von englischen Truppen, die von Bombay nach Suez gebracht werden sollen, um das truppenentblößte Aegypten zu überziehen. Endlich Absetzung des Pascha's und seiner ganzen Familie; 10) sollte Ibrahim Pascha gegen Kleinasien marschiren, so würde auf ein ausdrückliches Begehren des Großherrn und im Namen der Allianz eine russische Flotte mit Landungstruppen in den Bospor segeln; die englische, französische und österreichische Flotte würden auf Syrien hin operiren, um Ibrahim in seinem Marsche zu hemmen. Um die Uebereinstimmung der Mächte zu constatiren, würden auf Begehren der Pforte eine Anzahl von englischen und französischen Kriegsschiffen zwischen Gallipoli und Modania Stellung fassen, die österreichischen Schiffe hingegen zwischen Rodosto und dem Meerbusen von Nikomedien; 11) die Anwesenheit der fremden Kriegsschiffe im Bospor und im Marmorameere würde in dem Moment aufzuhören haben, wo die Gefahr vorüber wäre; 12) die Gegenwart der fremden Flaggen soll bloß als eine exceptionelle Maaßregel angesehen werden, die nur auf Verlangen der Pforte ergriffen werden kann, durch die aber dem bestehenden Friedens- und Kriegsprincip auf keine Weise Eintrag geschehen soll – einem Princip, das die Mächte in dieser Rücksicht als einen integrirenden Theil des europäischen öffentlichen Rechts zu betrachten sich anheischig machen würden. Das Arrangement soll die Form einer mit der Unterzeichnung der Bevollmächtigten aller Cabinette, die daran Theil nehmen wollen, versehenen Convention erhalten, und Lord Palmerston übernimmt es, das Project dem Conseil der brittischen Krone vorzulegen. Sobald die Approbation von dieser Seite erfolgt seyn wird, soll die Signatur durch die Repräsentanten von England, Rußland, Oesterreich, Preußen, die bereits mit den Bevollmächtigungen ad hoc versehen sind, statthaben. Dann soll Frankreich durch Lord Palmerston eingeladen werden, dieser Convention beizutreten. Geschieht letzteres nicht, so soll im Marmorameere die französische Flagge nicht zugelassen werden. Sobald durch die fünf oder die vier Mächte das Arrangement signirt seyn wird, soll dieses der Pforte mitgetheilt werden, damit sie demselben durch eine förmliche Erklärung beitrete, worauf dann unmittelbar Mehemed Ali die Befolgung desselben auferlegt werden soll. – Dieß ist der berühmte Entwurf, von dem Lord Ponsonby und Hr. v. Butenieff der Pforte versichern, daß er die einzige Basis zu jeder künftigen Maaßnahme abgeben soll, wiewohl sehr gut unterrichtete Personen behaupten, daß in den in London darüber abgehaltenen zwei Ministerconseils, ohne daß eine förmliche Verwerfung stattgefunden hätte, die erwartete Approbation nicht erfolgt sey. Auch von einer andern Macht sollen später sowohl in Bezug auf ihre Landtruppen, als auf ihre Schiffe Modificationen gewünscht worden seyn.
Aegypten.
Kairo, 20 Febr. Es sieht bei uns sehr kriegerisch aus. Soldaten werden conscribirt und exercirt, die Trommel marschirt den ganzen Tag durch alle Straßen, Schwärme von Weiber ziehen heulend hinterher und verlangen ihre Männer, flüchtige Eseltreiber und herrenlose Bediente, von eben so flinken Soldaten verfolgt, eilen schnell vorüber, geschlossene Boutiken und leere Bazars, an den Eingängen der Bureaux das Klatschen des breiten ledernen Riemens, die Wünschelruthe Mehemed Ali's, womit er aus Sitztheil und Fußsohlen Geld herauszuklopfen versteht – das ist das Bild der berühmten Stadt Kairo im Anfang des Jahres des Herrn 1840. So lange Aegypten existirt, gab es darin noch niemals so viel Prügel als jetzt: im Delta, in Mittel- und Ober-Aegypten regnet es Prügel, und zwar auf Alles, was sich hier Mensch nennt, ohne Unterschied noch Ansehen der Person. Ich war zugegen, als Abbas Pascha im Delta einen mit Brillanten decorirten Mudir zu Tod peitschen ließ; ein anderer eben so decorirter Mudir, der jedoch in dieser Hinsicht mehr Erfahrung hatte, und das Schicksal seines Collegen nicht theilen wollte, wußte sich schnell einige Schaffelle in seine weiten Hosen zu prakticiren, und entging hierdurch den gefährlichsten Wirkungen des Stocks. Wenn das so fortgeht, so wird sich das Gouvernement eine
Dampfprügelmaschine, wie man sie ihm schon vorgeschlagen, aus England kommen lassen müssen, mit der man in einer Minute tausend Menschen abprügeln kann. Sie werden fragen, warum so viel Prügel? Weil man in diesen schweren Zeiten so viel Geld zusammen bringen will, als nur immer möglich. Das schon längst bezahlte vergangene Jahr muß noch einmal bezahlt, und zugleich das laufende anticipirt werden, wobei vorauszusetzen ist, daß wenn das letztere vorbei ist, das Gouvernement den Vorschuß wahrscheinlich vergessen haben, und ihn noch einmal verlangen wird. Um sich aber nicht den ganzen wilden Haß des Fellahs aufzuladen, ist das Gouvernement so gescheidt, die Stockprügel im Namen der vier verbündeten Mächte auszutheilen, so daß sich auf diese alle Verwünschungen entladen. „Die Franken, die Christen sind es, die uns bedrohen, und uns alle zu Ungläubigen machen wollen, unser Vater Mehemed Ali will uns aber vertheidigen und den Islam retten, daher muß ein Jeder so viel Geld hergeben, als er nur irgend kann, und wer das nicht will, der ist kein ächter Moslem, er verdient also wenigstens eine tüchtige Tracht Schläge.“ So ist das Raisonnement, gegen das gar nichts einzuwenden ist, und das die Geprügelten wie die Nichtgeprügelten mit dem wüthendsten Haß gegen uns erfüllt. Das Traurigste bei der Sache ist, daß ihm eine gewisse Wahrheit zum Grunde liegt, denn hätte sich nicht die Diplomatie mit ihren endlosen Noten und Schreibereien in den orientalischen Hader gemischt, und hätte sie diese Einmischung nicht bis zu Drohungen, die doch niemals ausgeführt werden, getrieben, so würde Mehemed Ali auch keine solche kostspieligen Rüstungen gemacht, dem Fellah nicht das letzte Hemd vom Leib gezogen, und überhaupt nichts unternommen haben, was den Ruin des Landes auf solche gewaltthätige Art beschleunigen muß. Aber auf diesem von der Natur so gesegneten Lande ruht ein schweres Verhängniß: es muß ihm Alles zum Verderben gedeihen. Freunde wie Feinde wühlen in seinen Eingeweiden und können es, wie viel Mühe sie sich auch geben, doch nicht erschöpfen. Aus Arabien werden Truppen, man sagt fünf Regimenter, zurückgezogen, und statt ihrer aufgefangene Neger des Kordofan dorthin geschickt. Dort haben die Gasuas (Sklavenjagden) nicht aufgehört, im Gegentheil haben sie wieder stärker angefangen als je, was auch der niemals bezweifeln konnte, der nur im entferntesten den Charakter des hiesigen Gouvernements kennt. – Aus Syrien wenig Neues. Es sind einige Regimenter in Jerusalem und dessen Umgebung bis Naplus und den Jordan hin vertheilt worden, auch Jaffa hat Truppen erhalten, und wird wahrscheinlich jetzt befestigt werden, da man dort eine Landung befürchtet, die, wenn sie gelänge, von der entscheidendsten Wichtigkeit werden müßte. Ein Marsch von dort theils auf Jerusalem theils auf Naplus müßte Ibrahim in die Lage setzen eine Schlacht zu suchen, was eine feindliche Occupationsarmee nur wünschen dürfte. Thäte das Ibrahim nicht, so wäre Syrien von Aegypten getrennt, die gegenseitige Hülfe könnte nicht mehr geleistet werden, und die christlichen Stämme würden bald in hellen Aufruhr ausbrechen. In einem Monat werden wir wohl über die Intentionen der europäischen Mächte aufgeklärt seyn.
Franz Freiherr Gaudy. *) Die biographischen Angaben sind sämmtlich einer handschriftlichen Notiz, von dem Verstorbenen selbst, entnommen.
Franz Bernhard Heinrich Wilhelm Freiherr Gaudy ward zu Frankfurt an der Oder den 19 April 1800 geboren. Lange Zeit das einzige Kind seiner Eltern, des damaligen Majors (als Generallieutenant verstorbenen) Friedrich Freiherrn Gaudy und Constanzens, geb. Gräfin Schmettow, war er der Gegenstand ihrer liebevollsten Pflege, eben so wie sie es auch waren, welche ihm den ersten Unterricht ertheilten. Französisch sprach er früher als deutsch. Im vierten Jahre konnte er bereits in beiden Sprachen lesen. Der Krieg von 1806 rief Gaudy's Vater zum Heer. Der Knabe ward einer Pension auf dem Lande, später einer andern in Breslau anvertraut, und kam im Jahr 1810 nach Berlin, wo er das Collège français besuchte. Hier war es, wo Gaudy die ersten Verse machte, Compilationen aus dem Reimlexikon. Zu jener Zeit war Gaudy's Vater Gouverneur Sr. k. Hoh. des jetzigen Kronprinzen von Preußen, ein glücklicher Umstand, der, indem er den Knaben vielen der ausgezeichnetsten Männer unserer Zeit nahe brachte, auch auf die spätere Geistesrichtung desselben den entschiedensten Einfluß übte.
Im Jahr 1815 kam Gaudy nach der Landesschule Pforta. Lateinische und griechische Verskünsteleien nährten in ihm den Keim der Productivität, und der treffliche Rector Lange machte es sich zur besondern Aufgabe, die Anlagen des Jünglings zu entwickeln. Eine Elegie aus jener Epoche: „Winterbesuch,“ ist in des Dichters Erato aufgenommen worden. Ausflüge in die schönen Umgebungen nach Weimar, dem Thüringer Wald, in die goldene Au, Reisen nach Dresden, wo Gaudy's Vater als preußischer Generalgouverneur von Sachsen lebte, waren die hellsten Lichtpunkte jener schönen Zeit. Von den Classikern ward und blieb Tibull Gaudy's Liebling. Im Julius 1818 verließ er Schulpforta mit dem Zeugniß der völligen Reife zur Universität, und trat zu Potsdam bei dem ersten Garderegiment ins Heer; im October des folgenden Jahres avancirte er zum Officier. Der Dienstbeschäftigungen ungeachtet las Gaudy viel und trieb durcheinander spanische Sprache, Zeichnen, Musik, Heraldik und Poesie. Der Umgang mit K. v. Reinhard, dem Sohn des Herausgebers von Bürgers Schriften, gab ihm zuerst Gelegenheit, öffentlich als Dichter aufzutreten. Seine Erstlinge stehen in dem Taschenbuch: „Eudora für 1823 (Schleswig).“ Noch ehe sie erschienen, ward Gaudy auf sein Ansuchen nach Breslau versetzt, und schloß sich hier an Karl v. Holtei, seinen ältesten Jugendfreund, und Karl Barth an, Beiträge zu den von ersterem mit Schall herausgegebenen „Deutschen Blättern“ und der „Breslauer Modezeitung“ liefernd. Ein vielfach bewegtes Leben und häufiger Garnisonswechsel wirkten jedoch störend, und erst in Glogau, wohin Gaudy 1825 versetzt ward, konnte er sich mit größerer Ruhe den Studien hingeben. Er trat mit geistvollen dortigen Gelehrten in Verbindung, steuerte zu dem schlesischen Musen-Almanach Gedichte, auch mehrere einactige, metrische Lustspiele, zu den schlesischen Blättern Parabeln und Erzählungen bei, und trat 1829 zum erstenmal als selbstständiger Schriftsteller mit der „Erato“ auf. Die erste Hälfte dieses Buchs verräth allerdings den Einfluß des damals eben erst bekannter werdenden Heine, doch gelang es Gaudy bald, sein Talent völlig zu emancipiren. Der zweite und dritte Theil der Erato, Parabeln und Elegien stammten aus früherer Zeit und waren auch eigenthümlicher gehalten.
Im Jahr 1830 rückte das sechste Regiment, bei welchem Gaudy stand, nach dem Großherzogthum Posen, und bald darauf, nach dem Ausbruch der Insurrection, an die Gränze. Gaudy erkrankte gefährlich an der Cholera. Nach seiner Wiederherstellung gab er einige zerstreute humoristische Aufsätze unter dem Titel: „Gedankensprünge eines der Cholera Entronnenen,“ heraus. Die zweite Auflage folgte der ersten auf dem Fuße. In Posen war es auch, wo die „Schild-Sagen“, und im folgenden Jahre die „Korallen“ entstanden, die Gaudy zuerst als einen durchaus selbstständigen Dichter bewährten. Eine Folge des Studiums der polnischen Sprache war die Uebersetzung der „historischen Gesänge“ von Niemczewicz, so wie einiger Gedichte von Mizkiewicz. Bald darauf nach einem kleinen polnischen Gränzort versetzt, befreundete er sich, der spärlichsten Hülfsmittel ungeachtet, mit der altfranzösischen, der provençalischen und romanischen Sprache. Eine Aufforderung Chamisso's bestimmte Gaudy, als er 1833, des Friedensdienstes überdrüssig, seinen Abschied nahm, sich vorläufig nach Berlin zu wenden. Die höchst wohlwollende Aufnahme von Seite der dortigen Litteraten, namentlich Hitzig, Chamisso, Eichendorff, Streckfuß, bestimmten ihn hier zu bleiben. Schnell hintereinander entstanden nun die Novelle „Desengañio“, die Uebersetzung von Wace's „Roman von Rollo“ (aus dem Altnormannischen), welche Gaudy in drei Monaten vollendete, und in den drei Wintermonaten 1834/35 die „Kaiserlieder“. Im April des folgenden Jahres trat er in Begleitung Franz Kuglers eine Reise durch Bayern und die Schweiz nach Italien an, weilte zwei Monate in Rom und kehrte dann über Florenz, Venedig, Wien zurück. Die Ausbeute jener Reise legte er theils in den drei Bänden seines „Römerzuges“, theils in dem „Tagebuch eines wandernden Schneidergesellen“, in welchem er die bekannte Flohdenunciation gegen Italien verspottet, theils in den „Venezianischen Novellen“ nieder. Außerdem entstanden 1836 noch das erste Heft des „Berlinischen Bilderbuchs“, die Uebersetzung der Dichtungen von „Clotilde Vallon Chely“; die „Novelletten“; die „Lieder und Romanzen“. Das Jahr 1837 brachte die schon erwähnten Venetianischen Novellen und vielfache Aufsätze in Journalen. Eine projectirte, aber durch den Rücktritt aller Reisegefährten vereitelte Reise nach Island bewog Gaudy Dänisch zu erlernen, in Folge dessen einige kleinere Uebersetzungen aus Ingemann und Andersen entstanden. Statt nach dem Norden, entschloß sich nun der Dichter nach dem südlichen Deutschland zu reisen und die schwäbische Alb zu durchwandern. Hier hatte er Gelegenheit, sich mit Justinus Kerner und Gustav Schwab persönlich zu befreunden. Nach dem Rücktritt des letztern von der Redaction des Musenalmanachs ward er berufen, ihn an Schwabs Stelle gemeinschaftlich mit Chamisso für das Jahr 1839 herauszugeben. Chamisso war es auch, mit welchem er im Winter 1838 „Bérangers Lieder“ in freier Bearbeitung metrisch übertrug.
Im Julius des nämlichen Jahres unternahm Gaudy seine zweite italienische Reise, von der er nach Jahresfrist wiederum nach Berlin zurückkehrte. Ein Manuscript: Reiseskizzen und Novellen, von ihm selbst „Portogalli“ benannt, ist aus dieser Reise hervorgegangen und dürfte im Druck etwa zwei Bände füllen. In Berlin fand Gaudy seinen väterlichen Freund Chamisso
nicht mehr, dessen Tod er bereits in Neapel erfahren und mit einem schönen Gedicht gefeiert hatte. *) Zuerst im Morgenblatt abgedruckt. Demnächst in dem Werke: Leben und Briefe von Adelbert von Chamisso, von Julius Eduard Hitzig. Bd. 2. S. 260. Unter dem Titel: „Chamisso ist todt.“ Diesen Riß in sein Leben empfand er schmerzlich, und es wollte ihm nicht wieder recht wohl werden in der sonst gewohnten Umgebung. Er gab jetzt mehr als wohl in früherer Zeit dem Gedanken Raum, den Stand des Litteraten mit einem bürgerlichen Beruf zu vertauschen, machte dazwischen Plane zu neuen Reisen, zuletzt noch zu einer Fahrt nach Algier, als ihn, ihm selbst und allen seinen Freunden unerwartet, sein letztes Geschick ereilte. Am 3 Febr. früh hatte er noch an einem Gedicht gearbeitet, welches das Leben und das Ende eines mexicanischen Wucherers behandelte, und wovon nur Fragmente in seinem Nachlaß vorgefunden worden. Die Schlußverse hatte er aber an jenem Tage, bereits vor der Vollendung des Ganzen, auf das Papier geworfen. Sie lauten:
Da trat mit fäll'gem Wechsel in der Hand
Ein harter Gläub'ger plötzlich an sein Bett,
Der Spediteur der Welt, Hans Mors genannt.
Mittags speiste er, wie gewöhnlich, an einer table d'hôte mit Freunden, die nichts Ungewöhnliches an ihm bemerkten, und gegen Abend ging er um den Dr. med. Hammer zu einer der dramatischen Vorlesungen abzuholen, die zu jener Zeit Hr. v. Holtei in Berlin hielt. Auf dem Zimmer dieses ihm befreundeten Arztes traf ihn ein Schlagfluß, dessen tödliche Einwirkung durch einen augenblicklichen Aderlaß beseitigt zu seyn schien, indem er in einen Wagen geschafft und in seine Wohnung gebracht werden konnte. Aber in der Nacht vom 3 zum 4 wiederholten sich die Schlaganfälle, und am 5 erlosch das Leben, nachdem Gaudy nicht wieder zur Besinnung gekommen war. Am 9 fand seine Beerdigung statt, unter Theilnahme eines zahlreichen, aus Schriftstellern, namentlich jüngern Dichtern, bestehenden Leichengefolges. – Gaudy ruht auf dem alten Halle'schen Kirchhofe dicht vor dem Halle'schen Thor, unfern einem Oheim, dem preußischen Staatsminister v. Gaudy, und einer Tochter desselben. Die Herausgabe seines Nachlasses wird von seinen Freunden Ferrand (Schulz) und Arthur Müller besorgt werden. In Gaudy hat Deutschland ein schönes frisches Talent und einen Ehrenmann im Leben verloren, dessen Gedächtniß im Kreise der ihm Befreundeten nicht erlöschen wird. Ein Porträt von ihm, welches den von Ruge und Echtermeyer herausgegebenen deutschen Musenalmanach für 1841 zieren wird, nach einer Zeichnung von Franz Kugler gestochen von Eichens, stellt den Dahingeschiedenen sprechend ähnlich dar. Auch eine Lithographie nach einem von Kretzschmer 1839 in Rom gemalten Bilde erscheint so eben.
Zur Aufhellung der letzten Katastrophe des spanischen Bürgerkriegs.
(Beschluß.)
Während dieser innern Jahre langen Parteikämpfe hatten die militärischen und politischen Angelegenheiten eine ungünstige Wendung genommen. Man hatte an Alles gedacht, nur nicht an den Krieg und dessen Führung. Die militärischen Verluste in den verschiedenen Expeditionen waren groß gewesen; unter Guergué allein hatten wir 16,000 Mann und die ganze Feldartillerie verloren. Die Recrutirung in den Provinzen war, als man die Bataillone nach den Ereignissen von Estella wieder einigermaßen completirt hatte, beinahe unmöglich; es blieben nur noch Weiber und Greise zur Bebauung der Felder und Betreibung der Gewerbe. Die Hülfsquellen des Landes waren versiegt, die Erhaltung des Heeres war äußerst schwierig und ohne Zufuhren aus Frankreich unmöglich. Die schlechte Verwaltung der letzten Jahre hatte die Gelder, die man von dem unglücklichen Lande erpreßt hatte, vergeudet und veruntreut; das Ausland seinerseits schien nicht ferner mit Geldzuschüssen die Sache unterstützen zu wollen; im Innern selbst konnte, wenn man nicht alle Familien zerstören wollte, für das Heer nichts mehr erhoben werden; die Auslagen für den Hof allein waren beinahe unerschwinglich. Es fing an, an dem Nöthigsten in der Armee zu fehlen, so daß die Operationen darunter litten; trotz dem war der Geist der Truppen wie ihre Disciplin ausgezeichnet.
In politischer Beziehung hatte man die betrübendsten Rückschritte gemacht; das Ausland mußte unzufrieden seyn: die schreckliche Herrschaft der Apostolischen und Teixeiro's hatte in Verbindung mit den angedeuteten Ereignissen den Credit des Königs gänzlich untergraben; die Anhänger der Sache, welche die vom Feinde dominirten Provinzen bewohnten, hatten das Zutrauen in unsere Waffen verloren und verhielten sich ruhig, in der letzten Zeit sogar feindlich gegen uns; in den nordischen Provinzen selbst war man an dem König irre geworden und verzweifelte an einem günstigen Ende des Kriegs.
Das Ministerium und die Regierung hatten weder Politik noch Regierungssystem; ihre Wirkungssphäre beschränkte sich lediglich auf das Personalwesen; man war außer aller Verbindung mit dem Innern von Spanien, und mit dem Auslande hatte es gleiche Bewandtniß, so daß man alle politische Fühlung verlor und stets in völliger Unkenntniß von dem war, was außerhalb der Provinzen sich ereignete. Was kümmerte dieß aber auch Männer, die, ohne Bildung, von der niedersten Volksclasse durch Intriguen sich zu den höchsten Staatsposten emporgeschwungen hatten! Woher sollten sie wohl Ideen von Regieren und Politik haben! Ihr System war: die höchsten Stellen zu erhalten, sich auf jede mögliche Weise zu bereichern, sich nach Madrid führen, und dann die, welche es gethan hatten, erschießen zu lassen, um ungestört Spanien in ewige Nacht zu versenken und unter den Ruinen seiner ehemaligen Größe nach Schätzen zu wühlen. Für sie war die politische Zukunft Spaniens eine gleichgültige Sache, nur die Gegenwart existirte für sie; ihr politisches Leben zählte nur von einer Hofintrigue zu der andern, und wenn trotz dem in den Provinzen sich ein Schein von innerer Ordnung erhielt und das bürgerliche Leben seinen ruhigen Gang fortlief, so darf man dieß allein dem Umstande zuschreiben, daß das Ministerium über sie eigentlich keine Autorität ausübte.
Die Feinde boten ein hievon sehr verschiedenes Schauspiel dar: sie hatten große Fortschritte gemacht. Ihre Politik und ihr Regierungssystem erhielten wenigstens den Contact mit dem Ausland und mußten zuletzt Anklang im Innern finden, da jede positive Regierung einem provisorischen Zustand von der Masse am Ende vorgezogen wird. Die Armee hatte durch die glücklichen Gefechte gegen den General Guergué einen großen Theil ihres verlorenen moralischen Muths wieder bekommen, der durch eine strenge Disciplin und durch die Ueberzahl unterstützt sie fähig machte, gegen die Carlisten mit Vortheil das Feld zu halten. Das Material der feindlichen Armee war vortrefflich, ihre Artillerie zahlreich, die Cavallerie uns um das Zehnfache überlegen. Zu all diesem kam, daß sie mehr wagen
konnte, da sie sicher war, jeden Verlust an Menschen und Material sogleich wieder ersetzen zu können. Ihr standen im eigentlichen Sinne des Worts Spaniens, Frankreichs und Englands Arsenale zu Gebote, während wir lediglich auf unsere Bajonnette und ein verhältnißmäßig kleines Kriegstheater beschränkt waren, das ein sechsjähriger Krieg ausgesogen, fast zerstört hatte, und wo der Kampf anfing unpopulär zu werden.
Es war der Moment eingetreten, wo es klar war, daß beide kriegführende Parteien sich nicht mit den Waffen in der Hand besiegen konnten. Die moralische Ueberlegenheit des Carlistischen Heeres, von der Politik nicht mehr unterstützt, konnte die überwiegenden Kriegsressourcen und die numerische Ueberlegenheit des Gegners nicht überwältigen; die Christinos ihrerseits durften nicht wagen in das Innere der Provinzen einzudringen, wo die Carlisten, Meister des Terrains, der Natur der Sache nach stets die Gebieter der Schlachten waren. Ein endloser unabsehbarer Vertilgungskampf öffnete sich vor den Blicken Spaniens.
Generale und Chefs erkannten und würdigten diese Zustände, und es wurde als letztes entscheidendes Mittel gefunden, die Armeecorps von Catalonien, Aragon und Valencia unter das Obercommando des General Maroto zu stellen und mit ihnen in Verbindung und vereinigt zu operiren. Sie fochten bisher unabhängig, und ihre Operationen waren nichtssagend, sehr oft der großen Armee schädlich; durch ihre Vereinigung schuf man sich neue Kriegsressourcen, und es gab wieder einige Hoffnung etwas Entscheidendes unternehmen zu können. Diese Idee wurde vom Hofe mißbilligt und der Vorschlag verworfen; durch wessen Einfluß, sah man binnen wenig Tagen. Von diesem Moment an war jeder Krieg ein nutzloses Morden, und wie durch Zauber hörte man durch die Provinzen die Worte: transaccion, paz erschallen. Friede tönte es durch die Thäler, Friede schallte es von den Bergen zurück. Niemand wußte wie ihm geschah; Niemand hatte das Wort zuerst ausgesprochen, Niemand wußte woher es kam; aus den gährenden Bewegungen der letzten Jahre war es ein Deus ex machina hervorgegangen. Das Heer und Volk hatten sich zu einem bestimmten nun ausgesprochenen Zwecke stillschweigend verbunden, aber man glaube ja nicht, daß hierin ein planmäßiges Arbeiten und systematisches Wirken statt fand. Nein, es war geschehen, wie hier Alles geschieht – außer Berechnung, auf ungewöhnliche Weise, in Sprüngen und Absätzen.
Das Project, die Armeen unter einem Oberbefehl zu vereinigen, war, wie gesagt, vom Hofe verworfen worden; es geschah durch Einfluß der apostolischen Partei, die nicht einen Augenblick aufgehört hatte wirksam zu seyn, obgleich Teixeiro, der Bischof von Leon etc. nach Frankreich verwiesen waren. Der Hof schenkte dem Heer und seinem Oberfeldherrn kein Vertrauen, und unterhielt mit dem verwiesenen Minister und seiner Partei die genauesten Verbindungen, die ihren nächsten störenden Einfluß auf die Bataillone der Gränze ausübten, indem sie dieselben zu gewinnen suchten. Man fühlte im Heer diesen Mangel des Vertrauens von Seite des Hofs sehr, und es entfernte sich von ihm mit raschen Schritten; für Chefs und Officiere gab es nur noch Einen Anhaltspunkt in diesen ewigen Stürmen: es war die Fahne, und Maroto führte sie; an sie schloßen sich die Provinzen an. Im Heer sagte man sich, daß der König mit Arias in Verbindung sey – und man schloß sich enger an einander.
Arias Teixeiro erscheint mit königlichem Passe versehen in Aragon im Hauptquartier Cabrera's; nun war erklärt, warum man den König beredet hatte, die Vereinigung der Heere nicht zu genehmigen. Teixeiro in Aragon! – man erstarrte. Also hatte der furchtbare Schritt von Estella keine Folgen gehabt, und der Hof schien nicht zu fühlen, daß sich zwischen ihn und das Heer die blutigen Schatten der gerichteten Generale drängten, sobald er mit Arias sich vereinigte. Maroto that Vorstellungen, Cyrilo machte einen äußersten Versuch, und bewog den König einen Befehl zu erlassen, worin Teixeiro aus Aragon verwiesen wurde. Doch Niemand wollte Glauben schenken.
So standen die Dinge, da schickte der General Espartero an Maroto eine aufgefangene Correspondenz. Die Christinischen Blätter haben sie der Oeffentlichkeit übergeben. Die Originalien existiren; es müssen vor der Hand noch Dinge verschwiegen werden, die zu nahe Berührung mit Personen haben. Die Verbindung Arias Teixeiro's und seiner Partei mit dem Hofe war erwiesen, und neue furchtbare Projecte im Werke. Man suchte die königliche Familie nach Aragon zu entführen, und nannte das Heer eine Bande von Räubern und Mördern, dieses Heer, das kaum einen Soldaten zählte, der nicht sein Blut auf dem Schlachtfelde vergossen hatte, dieses Heer, das Jahre lang die größten Entbehrungen und Anstrengungen ohne Murren ertragen, das bereit war, sich jeden Moment aufzuopfern! Es gab nicht Einen Soldaten, dem, als er dieses hörte, nicht eine Thräne des bittersten Mißmuths und des Schmerzes ins Auge getreten wäre. Dieß sind Dinge, die im wirklichen Leben ein großes Gewicht in die Wagschale legen; der letzte Funke Enthusiasmus neigte sich seinem Erlöschen zu.
Alle Generale und Chefs, alle ohne Ausnahme, sprachen nun offen, daß man Frieden mit dem Feinde schließen müsse; man drängte, man beschwor den General Maroto in förmliche Unterhandlungen mit dem feindlichen Oberbefehlshaber zu treten. Die Generale Villareal, Eguia, Zariateguy, Negri, Elio und Andere hatten häufige mündliche Unterredungen mit dem General en Chef, deren Zweck die schleunige Beendigung des Kriegs und die Transaction mit dem Feinde war. Von Seite der Bevölkerung war nur Eine Stimme: sie forderten den General offen auf, durch Unterhandlung dem Krieg ein Ziel zu setzen, indem sie unter seiner furchtbaren Last zu erliegen drohten.
Es wurde beschlossen, die Unterhandlungen mit dem Feinde zu eröffnen, den König selbst an die Spitze der Transaction zu stellen und so mit Einemmale dem gränzenlosen Elende Spaniens ein Ende zu machen, und den segensvollen Frieden auf seinen blutbetränkten Boden zurückzuführen. – Frankreich und England waren in Berathung gezogen; sie boten die Hand. Espartero that die ersten Schritte – es konnte ihnen keine Folge gegeben werden. Es handelte sich um die nöthigen Garantien, weniger von außen als von Seite der Christinischen Regierung selbst; denn wenn man auch die Mitwirkung Frankreichs und Englands annahm, so wollte man doch die Sache zu einer rein nationalen erheben, überzeugt, daß nur so ein wirklich dauerhafter Friede begründet werden könne; er mußte in den Ansichten und ernsten Wünschen der kriegführenden Partei selbst liegen.
Die Operationen im Gebirge von Santander brachten endlich die feindlichen Heere und ihre Führer sich näher. Espartero gewann Ramales. Neue Vorschläge von Seite dieses Generals folgten; neue Hindernisse, und dießmal wegen der Person Karls V und der königlichen Familie. Die Operationen wurden fortgesetzt, und Arciñega und Amurrio aufgegeben. In Zornosa hielt man Kriegsrath, präsidirt von dem König, um
über den festen Punkt Balmaseda zu entscheiden, eigentlich aber um die Unterhandlungen mit Espartero förmlicher einzuleiten. Maroto, Eguia, Simon de la Torre, Villareal, Montenegro waren zugegen; man verhandelte die Sache unter den Augen des Königs. Balmaseda wurde aufgegeben. Die Partei der Apostolischen schlug Lärm; Maroto erließ eine Proclamation, um zu beschwichtigen. Beide Heerführer verschanzten sich in den Lagern von Amurrio und Arreta; man blieb sich kampfgerüstet gegenüber, und suchte Zeit zu gewinnen, um von Seiten Englands, Frankreichs und der Regierung von Madrid genauere Bestimmungen zu erwarten. Endlich (27 Jul.) erschien Lord John Hay, von mehreren Officieren begleitet im Hauptquartier Maroto's; man lud ihn nach Miravalles ein, wohin sich um 11 Morgens Maroto und Simon de la Torre nebst mehrern andern Oberofficieren begaben. Lord John Hay hatte eigentlich nur Vorschläge, die mehr das Materielle der Armee betrafen, zu machen. Die Frage wurde im Allgemeinen discutirt und nichts entschieden; übrigens bot der Lord sich an, die Garantien für die Privilegien der Provinzen möglichst zu sichern. Man verließ sich unbefriedigt. Espartero zog sich nach der Ebene Vitoria's; Maroto bezog die Stellungen von Arlaban; la Torre setzte sich an die Spitze der Vizcayischen Division, und blieb in Arreta zurück.
Bis jetzt war Alles nur unbestimmt und im weiten Felde; nun aber trat ein Ereigniß ein, das die bestimmtesten Folgen trug und den Schluß des Drama's beschleunigte. Durch den Einfluß Teixeiro's und seiner Helfer hatten sich in dem Thale Bastan nächst der französischen Gränze das 5te und 6te Bataillon von Navarra mit dem Schrei Muera Maroto! erhoben. Elio eilte herbei, um den Aufstand zu unterdrücken; der König selbst machte sich auf den Weg. Vom Hofe wurde dem Chef des Generalstabs der guipuscoanischen Division der Befehl ertheilt, Truppen, angeblich gegen die Aufrührer, zur Disposition des Hofs zu stellen, und der Chef des Generalstabs, vielleicht aus Plan, vielleicht aus Zufall, commandirte von allen Bataillonen starke Detaschements; die guipuscoanischen Chefs, die den Zweck des Manöuvre's im Bastan kannten, die wußten, daß es vom Hofe selbst dirigirt wurde, und deren Division sich für den Frieden und Maroto am stärksten compromittirt hatte, sahen in diesem Zerstückeln der Bataillone gefährliche Absichten; sie versammelten sich, entsetzten den Chef des Generalstabs, General Vargas, seines Amtes und schickten ihn nebst den Adjutanten des Generalstabs gefangen nach dem Hauptquartier.
Karl V ließ sich hinreißen, dem Cura Echevarria und Don Basilio eine Unterredung zuzugestehen, und in deren Folge jedes ernstliche Einschreiten gegen die aufgelehnten Bataillone zu untersagen, während gegen die guipuscoanischen Chefs die strengste Bestrafung ausgesprochen wurde. Die Nachricht von diesem Ereigniß ging wie ein Lauffeuer durch die Provinzen und das Heer; die Bewohner zitterten, denn sie sahen schon wieder im Geiste sich unter die Schreckensherrschaft Arias Teixeiro's versetzt. Die Chefs des Heeres, die sich alle in den Ereignissen von Estella bloßgestellt hatten, wären gewiß erschossen worden, sobald Teixeiro siegte. Es blieb keine Wahl. Die Guipuscoaner weigerten sich offen, ihre Chefs zu bestrafen und den dießfallsigen königlichen Ordren in dieser Beziehung zu gehorchen.
Maroto setzte sich (18 August) mit 6 Bataillonen, 2 Schwadronen, den Sapeuren und der Artillerie in Marsch, um die aufgelehnten Bataillone zur Ordnung zurückzuführen und in Navarra die Ruhe zu sichern. Auf dem Marsch erhielt man ganz unerwartet die Nachricht, daß der König sich gegen das Hauptquartier bewege. Wirklich, als die Colonne in Zumarraga ankam, war der König und die Königin bereits eingetroffen. In ihrer Begleitung befanden sich der Prinz von Asturien und der Infant Don Sebastian, die Generale Villareal, Eguia und Montenegro nebst einem zahlreichen Gefolge. Die Truppen wurden einquartirt, die Chefs zum Handkuß zugelassen. Um 3 Uhr Nachmittags hatte General Maroto eine geheime Audienz, in deren Folge ihm befohlen wurde, nicht nach Navarra zu marschiren, indem Se. Maj. selbst übernehmen wolle, die aufgelehnten Bataillone zur Pflicht zurückzubringen.
Die Feinde waren unterdessen bis Durango vorgerückt; der Graf Negri hatte sich nach Elorrio zurückgezogen, Simon de la Torre hatte die feste Stellung von Arreta aufgegeben und war mit der vizcayischen Division bis in die Gegend von Guernica zurückgegangen. Maroto vereinigte sich mit dem Grafen Negri, und die starke Position von Elgeta wurde, im Fall eines weitern Vordringens des Feindes, als Schlachtfeld bezeichnet. Das königliche Hauptquartier war in Bergara. Maroto verlegte sein Hauptquartier nach Elgeta und empfing dort (24 Aug. Abends 5 Uhr) den Christinischen General Zabala, der von Seite Espartero's officielle Vorschläge brachte. Nach diesen sollte die Basis der Unterhandlungen seyn: 1) die Anerkennung des Don Carlos als Infanten von Spanien; 2) die Genehmigung der Fueros der Provinzen und Navarra's; 3) die Garantirung der militärischen Chargen, Decorationen etc. Maroto benachrichtigte den König von dem Eintreffen des feindlichen Generals. Am nächsten Morgen (25 Aug. 11 Uhr) erschienen der König und die Königin, der Prinz von Asturien und der Infant Don Sebastian; in ihrem zahlreichen Gefolge bemerkte man den Bischof von Cuba, den Kriegsminister, die Generale Eguia, Villareal, Cabañas, Zariategui und andere höhere Officiere. General Maroto machte den König in einer langen Unterredung mit dem Inhalt der überbrachten Depeschen bekannt. Se. Maj. setzt sich in Marsch nach Elorrio und läßt die Truppen die Revue passiren. Abends (4 Uhr) kehrt der Hof nach Bergara zurück. Niemand wußte, was beschlossen war. Der König hatte nichts Bestimmtes geäußert, und nur einige Chefs gefragt, ob sie seinen Befehlen gehorchen wollten, was einen sehr üblen Eindruck machte, da noch Niemand an das Gegentheil eigentlich gedacht hatte. Maroto traf etwas später mit der castilischen Division und dem 2ten und 4ten guipuscoanischen Bataillon in Elgeta ein.
Es schlägt sechs ein halb Uhr. Der General Iturbe an der Spitze der versammelten Bataillone ruft: „Es lebe der Friede, es lebe der General Maroto!“ und wie Sturmeswehen braust es durch die Bataillone: „Friede, Friede, Friede!“ Es war geschehen, der entscheidende Schritt gethan!
Die Bataillone gehen nach Elorrio zurück, Maroto ertheilt hier den navarresischen Bataillonen und der Cavallerie den Befehl, nach ihren Provinzen zurückzukehren, und in Elgeta, zwischen dem königlichen und dem Hauptquartier der Armee, wurde eine starke Brigade eingeschoben. Der Graf Negri mit dem Generalstab befindet sich ebenfalls daselbst. Denselben Abend (8 Uhr) erhält der Commandant der Truppen in Elgeta den Befehl, mit dem Hauptcorps sich zu vereinigen. Graf Negri widersetzt sich, eine Ordre des Ministers vorschützend, worin man sagte, der König habe die Entlassung des Generals Maroto angenommen und dem Grafen Negri den Oberbefehl des Heeres übertragen. Man wußte, daß General Maroto nicht um seine Entlassung gebeten, man kannte die Intriguen und man erinnerte sich der Affaire bei Estella, wo widersprechende Ordren das Leben und die Ehre verdienstvoller Chefs gefährdet hatten. Es war ein kritischer Moment; es mußte Blutvergießen vermieden werden. Maroto war in Kenntniß
gesetzt; er hatte eine ähnliche Ordre erhalten, jedoch mit dem ausdrücklichen Beisatz, daß es ihm frei stehe, seine Entlassung anzunehmen oder nicht. Maroto nahm sie nicht an. Die Brigade Cuebillas rückte an und nahm den Grafen Negri gefangen. Die Truppen vereinigten sich mit dem Hauptcorps.
Maroto entließ den Grafen Negri und befahl ihm, in das königliche Hauptquartier zurückzukehren. Um 10 Uhr Nachts ließ sich der Christinische General Zabala anmelden, und es wurde eine Zusammenkunft mit dem General Espartero festgesetzt. Die Truppen setzten sich in Marsch nach Durango, an ihrer Spitze der General Maroto mit seinem Generalstab. Auf der Hälfte des Wegs, im Hause Artoain, trafen sich beide Obergenerale; es war 4 Uhr Morgens. Die Unterhandlungen drehten sich hauptsächlich um die Sicherstellung der Fueros der Provinzen. Espartero glaubte in dieser Beziehung nichts Bestimmtes versprechen zu können, machte aber große Zugeständnisse in Bezug auf die persönlichen Verhältnisse des Heeres. Maroto brach die Unterhandlungen ab, erklärend, daß die Feindseligkeiten in demselben Moment als wiedereröffnet angesehen werden müßten. „Wir wollen den Frieden nicht, um im ruhigen Besitz unserer militärischen Stellen zu bleiben, dieß würde schwarzer Egoismus seyn; wir wollen ihn zum Besten dieser Provinzen und der ganzen spanischen Nation; ohne die Fueros lassen wir uns auf nichts ein.“ Mit diesen Worten nahm er von Espartero Abschied. Augenblicklich wurden die nöthigen Befehle gegeben, und die Bataillone erhielten die Weisung, die Position von Elgeta zu nehmen, im Fall der Feind angriffe. Dieselben Officiere und Truppen, welche einen Moment vorher mit Sehnsucht aus dem Munde des Generals das theure Wort Frieden zu hören erwartet hatten, gehorchten nun freudig dem Aufruf zum neuen Kampfe!
Nach Elorrio zurückgekehrt, schreibt Maroto an den Kriegsminister, daß sich die Unterhandlungen mit dem Feinde zerschlagen hätten, und daß das Heer entschlossen sey, die Gegner mit den Waffen zu bekämpfen, wovon er Se. Maj. in Kenntniß zu setzen bitte. – Der Regen goß in Strömen. Die Truppen konnten die Position von Elgetta nicht länger halten, und marschirten nach Azpeytia und Ascoytia. An demselben Abend versammelten sich die Chefs in der Wohnung des Generals Maroto, und es wurde einstimmig beschlossen, den Feind anzugreifen. Es wurden die nöthigen Befehle gegeben, und das Heer setzte sich (um 4 Morgens am 27 August) in Marsch, um die Stellung von Descarga zu gewinnen, wo Espartero früher schon einmal geschlagen worden war.
Simon de la Torre hatte sich unterdessen mit dem General Espartero in Verbindung gesetzt; eben so der General Iturbe, beide im Namen ihrer respectiven Provinzen. Durch sie wurden dem General Maroto neue Vorschläge überbracht. Guipuzcoa und Vizcaya waren um jeden Preis zu dem Frieden entschlossen; nur die castilianische Division war indifferenter, zum Kampfe wie zum Frieden gleich bereit.
Im königlichen Hauptquartier hatten die Dinge eine eigene Wendung genommen: Ramirez de la Piscina, einer der ersten, welche sich für die Transaction ausgesprochen hatten, unterzeichnete ein Decret, worin Maroto abermals als Hochverräther und vogelfrei erklärt wurde. Die Generale, welche sich am meisten compromittirt hatten, schwiegen, und Eguia übernahm gar den Oberbefehl der Truppen. Im Heere war man noch in völliger Ungewißheit, aber entschlossen. General Zabala erschien abermals (29 August) in Zumararga, begleitet von dem Secretär Espartero's, Linage, und Oñate wurde als Zusammenkunftsort auserwählt. Von Seite der Christinos waren zugegen: die Generale des Geniecorps, der Artillerie, der Chef des Generalstabs nebst General Zabala und Oberst Linage; von Seite der Carlisten die Generale la Torre, Urbiztondo, Iturbe und einige andere. Es wurden die Artikel der Convention entworfen. Sie wurden von den Generalen und Chefs unterzeichnet, und Maroto mit den nöthigen Vollmachten versehen.
Maroto begab sich (30 August) in Begleitung seiner Adjutanten nach Bergara, wo Espartero sein Hauptquartier hatte. In der Nacht marschirten die Bataillone nach Apzoela, eine halbe Stunde vom Feinde entfernt. Es wurde in Schlachtordnung campirt und Alles zum Gefecht bereit gehalten; man ging zum Frieden wie zur Schlacht. Um 2 Uhr in der Nacht bemerkt man Bewegung; die Colonnen formiren sich und man nimmt gegen Descarga zu Position. Es war 4 Uhr Morgens. Da erscheint General Urbiztondo, das Heer bildet Marschcolonnen, und um 8 Morgens salutirt die Christinische Garde die Spitze des Carlistischen Heeres, das in die Ebene von Bergara einrückt. Es war geschehen. Wie zwei Ströme, die vom Gebirge stürzen und im Thale sich begegnen, strömten beide Heere in einander, und verschmolzen sich; in ihrem dunkeln Wellengrabe war Don Carlos' Krone für immer versunken.
Wäre Don Carlos in der Mitte des vereinigten Heeres gestanden, es würde einer der schönsten Momente der Geschichte Spaniens gewesen seyn – Spanien war glücklich und mit ihm versöhnt! Daß es nicht geschah, tragen die Männer die Schuld, die heute als Legitimisten glänzen wollen, und die am meisten dazu beigetragen hatten die Transaction vorzubereiten – sie, die das Ansehen von Don Carlos auf alle Weise geschmälert und untergraben hatten, und die, als der Friede unausbleiblich und der entscheidende Augenblick gekommen war, den König und das Heer verließen, und aus Schwäche und ehrgeizigen Absichten die allgemeine Sache verriethen. Zu klein, um das Große zu vollenden, lieferten sie sich mit Don Carlos den Franzosen aus. *) Der Hr. Correspondent der Allgem. Zeitg. unter dem Zeichen ersucht die Redaction, um mehrseitigen Irrungen vorzubeugen, daß er obigen Mittheilungen gänzlich fremd ist, was hiemit der Wahrheit gemäß geschieht.
Ostindien und China.
Calcutta, 16 Jan. Der Krieg mit China ist endlich, wo nicht erklärt, doch fest beschlossen, denn daß die Chinesen die Vorschläge, welche ihnen von hier aus gemacht werden, annehmen sollten, ist nicht denkbar. Diese sind: Bezahlung des confiscirten Opiums, Entschädigung der englischen Kaufleute für ihren Verlust bei ihrer Vertreibung aus Canton, Aenderung der Reglements über fremden Handel und Zulassung eines englischen Residenten in Peking, um über die Ausführung des Vertrags zu wachen. Wie weit China im Stande ist der englischen Expeditionsarmee zu widerstehen, wie weit die tatarische Dynastie sich auf das Volk verlassen kann, wie weit das Elend, das die Blokade in allen Küstenprovinzen hervorbringen muß, zu Empörungen führen kann, sind Fragen, die Niemand beantworten kann, denn bis jetzt ist China nie in ernstlichem Krieg mit einer europäischen Macht gewesen. Daß aber der Krieg eine schreiende Ungerechtigkeit ist, daß man ihn allein und durchaus dem Nepotismus verdankt, welcher zu der Sendung des unfähigen Capitäns Elliot geführt hat, daß Indien und England durch die Unterbrechung des Handels viel leiden, daß die indischen Finanzen schlecht im Stande sind ihren Theil der Expedition zu bestreiten, und daß das Ganze ein großes Unglück ist, darüber ist keine Frage. Die Expedition soll aus 16,000
Mann bestehen. Ein europäisches und drei indische Regimenter in Bengalen und drei indische und ein europäisches in Madras haben Befehl sich zum Einschiffen bereit zu halten, und die Artillerie in Dumdum ist beschäftigt, Mörser, Feldbatterien und Raketenbatterien zu organisiren. Der militärische Theil der Operationen wird auch hier, wie in Afghanistan, nicht das Schwierigste dabei seyn, außer wenn der Hof von Peking Mittel und Energie genug besäße, den Krieg hinauszuziehen, die Seeküsten aufzuopfern und Ava und Nepal zum Kriege gegen Indien zu bewegen. Man sagt deßwegen, die Truppen von Madras seyen bestimmt nicht nach China sondern nach Maulmein transportirt zu werden, um den König von Ava im Zaum zu halten, der übrigens seit einiger Zeit keine feindlichen Bewegungen gemacht hat. Ueberhaupt ist auf dieser Seite von Indien Alles ruhig, die Nepalesen sind durch den Feldzug am Indus geschreckt, und der Hof macht Brian Hodgson, dem englischen Residenten in Kathmandu, Protestationen seiner friedlichen Absichten; auch ist die Spaltung der Parteien dort so groß, daß der König genug zu thun hat den Frieden im Innern zu erhalten, seitdem er die Familie der Tappa ihres Einflusses beraubt hat.
Der Fortschritt der politischen Bewegung in den höhern Classen der Bevölkerung von Bengalen ist nicht unbedeutend, und aller Beachtung werth. Die Gesellschaft der bengalischen Grundbesitzer (Landholders association) umfaßt fast alle großen Landbesitzer, und ihre Sitzungen werden mehr und mehr besucht. Sie wurde ursprünglich gestiftet, um die Operationen der Commission für Besteuerung der früher steuerfreien Ländereien, welche keine legalen Titel für dieses Privilegium aufzuweisen hätten (Commissioners for resumption of lakheraj tenures), zu controliren, und den Grundbesitzern, deren Rechte die Commission nicht anerkennen will, beizustehen. Die Interessen aller großen Familien waren dabei aufs höchste im Spiel, denn die Steuerprivilegien in Bengalen betragen über 1,000,000 Pf. St. jährlich. Sie sind im Princip ein großer Mißbrauch, in ihrem Ursprung oft das Resultat von Bestechungen in den Zeiten des Zerfalls der mohammedanischen Herrschaft, und die Documente, auf denen sie beruhen, oft verfälscht. Auf der andern Seite sind alle Privilegien dieser Art, welche auf authentischen Titeln beruhen, von Lord Cornwallis garantirt worden, viele Ländereien dieser Classe sind in dem Glauben an die Unantastbarkeit des Privilegiums um hohe Preise in neue Hände gekommen, und gerade die ältesten Familien, deren Rechte sich von vielen Generationen herschreiben, und die das beste Recht besitzen, sind am wenigsten im Stande es zu beweisen. Die Sache hat zu endlosen Streitigkeiten und zur Bildung dieser Gesellschaft geführt. Aber nach und hat die Gesellschaft ihren Gesichtskreis ausgedehnt, und anstatt sich auf die Vertheidigung der Rechte oder Ansprüche einer besondern Classe zu beschränken, hat sie sich zum Organ der allgemeinen Bedürfnisse von Indien gemacht, und ihr Zweck ist, mehr und mehr das Publicum in England auf die Lage von Indien aufmerksam zu machen. Die Eingebornen begnügten sich früher an den Generalgouverneur zu appelliren, und nur Fürsten, welche europäische Rathgeber hatten, dachten je daran sich nach England zu wenden. Aber die gebildeteren Classen der Hindus und Mohammedaner haben nach und nach eingesehen, daß die Maaßregeln der Compagnie und der Regierung in England durch die dortige öffentliche Meinung bedingt werden. Die Gesellschaft der Grundbesitzer von Bengalen hat daher die erste Gelegenheit ergriffen, sich mit der in London gebildeten ostindischen Association in Verbindung zu setzen. Sie hat kürzlich eine Commission ernannt, um der Londoner Association zu empfehlen vor Allem auf vier Punkte zu dringen: 1) die Erhaltung der legalen Privilegien der steuerfreien Güter; 2) die Ausdehnung der fixen Landsteuer über ganz Indien; 3) die Reform der Polizei und der Finanzverwaltung; 4) die Ertheilung wüster Ländereien unter billigen Bedingungen an die, welche sie urbar machen wollen. Die größten Landbesitzer von Bengalen, wie Radscha Kischennath, Radscha Kalikrischna u. a., so wie die reichsten Capitalisten von Calcutta wie Dwarkanath, Tagore und Beycuntnath Roy sind eifrige Mitglieder der Gesellschaft und ihre Reden zeichnen sich durch aufgeklärte Ansichten und eine große Mäßigung aus. Wenn man sich erinnert, wie Leute ihrer Classe noch vor 20 Jahren ihre Reichthümer zu Festen für braminische Bettler, zu Heirathsprocessionen und zu Erhaltung von Tänzerinnen verwendeten, so muß man sich überzeugen, daß die Civilisation in den höheren Classen der Eingebornen wirkliche Fortschritte gemacht hat, und daß die Zeit nicht mehr entfernt seyn kann, wo man ihnen einen directen Antheil an der Verwaltung des Landes einräumen muß. Im Innern der Provinzen ist freilich der Geist der letzten Zeiten der Moguls noch sehr herrschend, und man kann in Patna, Murschedabad, Dehli u. s. w. noch die Nachkommen der alten Familien ihren Reichthum in kindischem Zeitvertreib, in Fliegenlassen von Papierdrachen und Wetten darüber, im Unterhalten einer Menge müßiger Diener, in Trägheit und weichlicher Ueppigkeit verschwenden sehen, aber der neue Geist dringt nach und nach durch, und die Zeit ist gekommen, wo die Compagnie darauf denken muß, sich die neue Generation zu verbinden – die alte war durch ihre Unwissenheit gebunden, aber die neue muß durch ihre Interessen gebunden werden.
[993]
Todes-Anzeige.
Gestern den 16 d. M. Abends 8 Uhr entschlief dahier nach 14tägigem schmerzvollem Krankenlager an den Folgen eines rheumatischen Fiebers in seinem 84sten Lebensjahre
der hochwürdigste Prälat Hr. Cölestin v. Königsdorfer,
Ritter des k. Civil-Verdienstordens der bayer. Krone, Dr. der Philosophie und Theologie und letzter Abt des vormaligen Benedictiner-Stiftes zum heil. Kreuz in Donauwörth.
Derselbe starb, ein Muster der christlichen Geduld, voll Ergebung in den göttlichen Willen und mit den heiligen Sterbsacramenten auf sein eigenes Verlangen mehrmals getröstet, beweint und gewiß lange betrauert von allen denen, welchen er während seines vieljährigen Wirkens nur Tröster und Wohlthäter war.
Der Unterzeichnete erfüllt hiemit die traurige Pflicht, die Freunde, Verwandten und Verehrer des hohen Verblichenen von diesem schmerzlichen Todesfall in Kenntniß zu setzen, und denselben Ihrem frommen, stillen Andenken zu empfehlen.
Donauwörth, den 17 März 1840.
Cölestin Muff, Stadtcaplan und Beneficiat.
[1005]
Todes-Anzeige.
Unser lieber Bruder, Schwager und Onkel, der Vorstand der k. Landgestüts-Commission und Land-Oberstallmeister, Generalmajor
Frhr. Louis Joachim v. Moltke,
Commenthur des k. würtemb. Militär-Verdienst- und des kais. russ. Wladimir Ordens 3ter Classe, Inhaber des Ordens der franz. Ehrenlegion und des k. holländ. Union-Ordens Ritter,
endete heute Mittag 1 Uhr im Alter von 57 Jahren an Lungenlähmung sein – nur der strengsten Pflichterfüllung gewidmetes Leben, nachdem er, erkrankt, sich noch den Beschwerlichkeiten einer mehrwöchigen Dienstreise unterzogen hatte. Von diesem schmerzlichen Verluste setzen wir unsere lieben Verwandten und dessen Freunde in Kenntniß.
Neuenbürg, Stuttgart, den 13 März 1840.
Namens sämmtlicher Hinterbliebenen Frhr. Constantin v. Moltke, k. würtemb. Oberförster.
[930]
Edictal-Ladung.
Es werden hiemit alle jene, welche auf die Nachlaßmasse des unterm 6 November v. J. dahier verstorbenen freiresignirten Pfarrers und Akademikers Bernhard Stark aus was immer für einem Grunde rechtliche Ansprüche geltend machen zu können glauben, unter Vorsetzung eines präclusiven Termins von
30 Tagen a dato heute
zur Anmeldung und Liquidirung dieser ihrer allenfallsigen Forderungen mit dem Anhange geladen, daß nach Umfluß dieses Termins ohne weitere Rücksichtnahme auf sie mit der Vertheilung der Masse vorgeschritten werden würde.
Den 6 März 1840.
Königliches Kreis- und Stadtgericht München.
Graf v. Lerchenfeld, Director.
Sammeth, Rathsacc.
[935]
Bekanntmachung.
Forderungen und Rechtsansprüche jeder Art, welche an den Rücklaß des dahier gestorbenen Trompeters Adolph Benkert, gebürtig aus Frankfurt a. M., gemacht werden wollen, müssen
am Mittwoch den 22 k. M. April,
Vormittags,
in der diesseitigen Gerichtskanzlei angemeldet werden, widrigenfalls sie keine Berücksichtigung mehr erhalten könnten, und die Verlassenschaft nach den Bestimmungen des von dem Gestorbenen hinterlassenen Testaments behandelt werden würde.
Dillingen, am 11 März 1840.
Königliches Landgericht.
Hack, Landrichter.
[929]
Edictal-Ladung.
Der am 22 Mai 1781 geborne Schmiedssohn Joseph Frank von Oberdorf ist vor 40 Jahren als Schmiedgesell in die Fremde und in das Ausland gewandert, und hat seitdem lediglich keine Nachricht mehr von sich gegeben.
Auf Andringen seiner Verwandten wird derselbe oder seine allenfallsige Descendenz hiemit aufgefordert,
binnem einem halben Jahr
sich dahier zu melden, widrigenfalls er als verschollen erklärt, und dessen unter Curatel gestelltes, in 75 fl. Elterngut bestehendes Vermögen an seine nächsten Verwandten ohne Caution ausgeantwortet würde.
Oberdorf, am 11 März 1840.
Königlich bayer. Landgericht.
Stocker, Landrichter.
[5082-84]
Edictal-Ladung.
Der Seifensiedergesell Christian Erdfried Garke, welcher zu Ballenstedt am 15 Junius 1789 geboren und ein Sohn des daselbst verstorbenen Seifensiedermeisters Christian Garke ist, hat seit dem Jahre 1810, wo er unter den herz. anhalt-bernburgischen Truppen den Feldzug gegen Spanien mitgemacht hat und nicht zurückgekehrt ist, keine Nachricht von seinem Leben und Aufenthalt gegeben. Sein Vermögen besteht in 1845 Rthlr. in Gold.
Auf den Antrag der Betheiligten werden der Seifensiedergesell Christian Erdfried Garke oder dessen etwaige unbekannte Erben hierdurch öffentlich vorgeladen, in dem vor herz. Justizamte allhier
auf den 24 April 1840,
Vormittags 11 Uhr,
anberaumten Termine sich zu stellen und sich zu legitimiren, resp. ihre Erbrechte anzumelden, widrigenfalls der genannte Abwesende für todt erklärt, und sein zurückgelassenes Vermögen unter Präclusion der ausgebliebenen unbekannten Interessenten dem nächsten gesetzlichen Erben zugesprochen werden soll.
Ballenstedt, den 3 December 1839.
Herzogl. anhalt. Justizamt daselbst.
Hempel.
[978]
Bei mir sind so eben folgende Werke angekommen:
L'Aes grave del Museo Kircheriano ovvero le monete primitive de' popoli dell' Italia media ordinate e descritte da Giuseppe Marchi e Pietro Tessieri, aggiuntovi un ragionamento per tentarne l'illustrazione. Roma 1839. Text in 4to und 41 Abbildungen in Folio. 12 Thlr. oder 21 fl. 36 kr.; feine Ausgabe 14 Thlr. oder 25 fl. (Ein die vollständigste Sammlung altitalischer Münzen enthaltendes Werk.)
I Mosaici della cupola nella Cappella Ghigiana di S. Maria del popolo in Roma inventati da Raffaelle Sanzio d'Urbino, incisi ed editi da Lod. Gruner, illustrati da Ant. Grifi. fol. Roma. (6 Bogen Text und 10 Taf. Abbild.) 7 Thlr. 16 gr. od. 12 fl. 36 kr., feinere größere Ausg. 11 Thlr. 12 gr. oder 20 fl.
Auch nehme ich auf folgendes nächstens erscheinende Werk Bestellung an:
La volta della stanza dell' Eliodoro nel Vaticano, rappresentante Dio che comanda a Mosè di liberare il popolo ebreo, Abramo sagrificante Isacco, il sogno di Giacobbe, il comandamento di uscir fuori dell' Arca fatto a Noè. Stampe in fol. mass. ed in carta della China. 5 Hefte. Preis circa 10 Thlr.
Zugleich empfehle ich mich zur Besorgung aller in Italien erscheinenden Werke.
Gg. Franz in München.
(Perusagasse Nr. 4.)
[67]
In der Unterzeichneten sind erschienen und an alle Buchhandlungen versandt worden:
Johann Ladislav Pyrkers
sämmtliche Werke.
Prachtausgabe in Einem Bande.
Neue durchaus verbesserte Ausgabe.
Mit dem Bildniß des Verfassers.
Velinpapier. Preis 7 fl. oder 4 Rthlr.
Der ehrwürdige Sänger, der in dem ersten dieser Heldengedichte die Eroberung von Tunis durch Karl V, im zweiten die Thaten Rudolphs von Habsburg und im dritten die Perlen der heiligen Vorzeit in harmonischer Weise und Versart besungen hat, gehört zu den seltensten Dichtern Deutschlands. Wir erlauben uns hier statt aller Anpreisung einige uns zugekommene Urtheile anzuführen:
Heinrich Voß, der größte Litterator Deutschlands und ausgezeichneter Dichter, erkennt dem Verfasser des Rudolphs von Habsburg den classischen Lorbeer zu (Sophronizon 1825, 2tes Heft).
Ein anderer competenter Richter spricht sich über dasselbe Gedicht wie folgt aus: „So haben wir denn endlich, Gottlob! ein deutsches Epos, dessen sich, außer dem griechischen, kein anderes Volk rühmen kann. Ich setze Pyrkern weit über Virgilius, das heißt: ich glaube, daß Pyrker dem Homer viel näher stehe, als Virgil. – Ja, der hat's vollbracht, und Alles überflügelt, was nach Homeros gekommen!“ (Wiener Zeitschr. f. Kunst und Litt. 1826, Nr. 24.)
In der Zeitschrift Hermione, Nr. 3, 17 Jan. 1827, wird obiges Werk als das wahre deutsche Heldengedicht bezeichnet.
Auch seinen beiden übrigen Werken: Perlen der heiligen Vorzeit und Tunisias ward ein gleicher Ruhm zu Theil, und wegen des letztern räumt ihm ein unsterbliches Gedicht Baggesens (Dresdener Morgenzeitung 1827 Nr. 103) vor Klopstock mit dem Worte Vater, den höchsten Platz ein.
Der Dichtkunst Höchstes ist das wahre Epos, folglich der Verfasser obiger Werke einer der ersten Dichter Deutschlands, welches jetzt schon ausgesprochen, von der Nachwelt allgemein anerkannt werden wird.
Stuttgart und Tübingen.
J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
[752-57]
Bei Georg Wigand in Leipzig ist erschienen:
Mittheilungen aus der Generalversammlung deutscher Landwirthe in Potsdam,
insbesondere Zusammenstellung der Verhandlungen der
Abtheilung für Schafzucht, herausgegeben von Gumprecht.
8. In Umschlag broschirt 18 gGr.
[839-41]
In der Walther'schen Hofbuchhandlung in Dresden sind so eben erschienen und in allen Buchhandlungen Deutschlands zu haben:
Gesänge der Liebe.
Von Adolph Peters.
Kl. 8. Velinpapier geb. Preis 1 Rthlr. 12 gr.
Diese Sammlung, eine der schönsten und reichsten ihrer Art, spricht das ganze Liebesleben des Dichters mit glühender Begeisterung in einer wahrhaft vollendet n Sprache aus. Die Poesie strömt aus dem innersten Herzen, und die innigsten zartesten Empfindungen des Beseligenden in der Liebe sprechen sich in jeder Strophe aus: Entzücken und Jubel, Kummer und Gram, Sturm und sinnende Ruhe, die Liebe des trunkenen Jünglings und die ernstere des gereiften Mannes treten abwechselnd in Liedern und Gesängen, Sonetten und Elegien an unser Herz, und ergreifen durch dieselben das verwandte Gemüth.
[904-6]
Gasthofs-Empfehlung.
Der Unterzeichnete erlaubt sich hiermit seinen ganz neu eingerichteten Gasthof zum
Würtemberger Hof
allen hohen Herrschaften so wie einem geschätzten reisenden Publicum ergebenst zu empfehlen, unter der Versicherung, daß für beste Aufnahme und Bedienung alle Vorsorge getroffen ist. – Frankfurt a. M., im März 1840.
Johann Rudolph Strohecker zum Würtemberger Hof.
[832-33]
Den HH. Buchdruckerei-Besitzern haben wir die Ehre anzuzeigen, daß die erste Lieferung unserer
Schriftproben
so eben fertig geworden ist. Sie enthält auf 59 Blättern folgende Schriften: 21 Fractur, 11 fette Fractur, 8 große Grade fetter Fractur zu Placaten, 9 neugothisch, 7 Antiqua, 7 Cursiv, 3 Kanzlei, 3 engl. Schreibschrift, 9 schmale Antiqua, 41 verzierte Antiqua, 1 griechisch, ferner 3 Grade Bruchziffern, 14 Tabellen-, 2 Wechsel-, 37 Titellinien, 25 Klammern, 4 Hände, 6 Eckstücke, 98 Phantasie- und 141 gewöhnliche Einfassungen. Ein Verzeichniß der Gießpreise ist beigebunden. Der Preis dieser Schriftproben ist ein Thlr. preuß. oder 1 fl. 45 kr., welchen Betrag wir jedoch an die HH. Käufer durch Abrechnung wieder zurückvergüten, welche uns innerhalb eines Jahres einen wenigstens 60 fl. betragenden Gießauftrag ertheilen werden. Exemplare dieser Schriftproben können auf Bestellung durch jede Buchhandlung besorgt werden.
Stuttgart, 1 Februar 1840.
J. B. Metzler'sche Schrift- und Stereotypengießerei.
[800-2]
Zu vergebende Stelle.
Für eine bedeutende Baumwollspinnfabrik in Süddeutschland wird ein junger Mann gesucht, der sich im Spinnfach in einer renommirten Spinnerei bereits hinlängliche Kenntnisse und Erfahrungen erworben hat, um der Spinnerei-Manipulation in allen ihren Abstufungen unter Leitung des Directors der Fabrik vorstehen zu können, und der demnach vollkommen der Aufgabe gewachsen seyn muß, die Spinnerei bei zeitweiliger Abwesenheit des Directors selbstständig führen zu können. Man bittet die dießfälligen Anträge an die HH. Eichthal, Frommel und Comp in Augsburg mit J K. bezeichnet gelangen zu lassen.
Zugleich wird versichert, daß von denselben der bescheidenste Gebrauch gemacht, und die Correspondenz dann mit dem Bewerber direct gepflogen werden wird.
[874.76]
Bekanntmachung.
Veranlaßt durch die vielseitigen Anfragen, ergreifen wir diesen Weg, um zur allgemeinen Kenntniß zu bringen, daß alle durch unsere Vermittlung gehenden Waaren gegen die Gefahren der Reise nach und von allen Uferplätzen des Bodensees nach den Bestimmungen der Azienda Assicuratrice in Triest versichert sind. Die Assecuranz für die Land- gleichwie für die Wasserrouten auf dem Rhein, dem Neckar und der Donau, ab- wie aufwärts, wird ebenfalls, aber nur auf besonderes Verlangen, besorgt.
Indem wir bei Ertheilung der Avise um jedesmalige gefällige Angabe des Werthes der Colli höflichst bitten, halten wir uns zu geneigten Speditions-Aufträgen angelegentlichst empfohlen.
Friedrichshafen und Mannheim,
den 7 März 1840.
J. P. Lanz & Comp.