Großbritannien.
London, 23 April.
Das M. Chronicle schreibt: „Der Geldmarkt besserte sich gestern (22) Nachmittags auf das Gerücht hin, daß die Frage wegen der Gränze von Maine zwischen Lord Palmerston und Hrn. Stevenson, dem nordamerikanischen Gesandten, ausgeglichen sey. Es heißt nämlich, die von dem König von Holland vormals vorgeschlagene Gränzlinie solle annoch als die Basis einer Uebereinkunft angenommen werden, und der Staat Maine, als Vergütung für seinen Beitritt dazu, und in Anbetracht der Größe des Gebiets, das innerhalb der bisher von demselben angesprochenen Linie liegt, nun aber von ihm, in der Richtung nach dem St. Lorenzstrom hin, aufgegeben wird, eine Summe von 200,000 Pf. St. erhalten. Wie wir hören, hat ein einflußreiches Congreßmitglied aus dem Staate Maine, das im vorigen Jahre England besuchte, sich darüber auf eine Weise geäußert, welche vermuthen läßt, daß dieser Staatsmann den erwähnten Plan im Congreß unterstützen würde. Ein anderes Gerücht lautet dahin, man habe sich über den von Hrn. Forsyth in seiner letzten Correspondenz mit Hrn. Fox angedeuteten Vorschlag vereinigt, nämlich die ganze Frage vor das Schiedsgericht einer befreundeten Macht zu verweisen, welches aber nicht, wie damals der König von Holland, bloß zu begutachten habe, welche der beiden Gränzlinien angenommen werden sollte, sondern beide Parteien würden dieser selbstgewählten vermittelnden Behörde ihre Rechte und Ansprüche unbedingt unterwerfen, und dieselbe dann mit voller Autorität einen Ausspruch thun, welchem die streitenden Theile ein- für allemal zu gehorchen verbunden wären.“ – Die M. Post gibt, ohne sich jedoch sehr gläubig zu bezeigen, eine etwas andere Version des Gerüchts: nämlich die von der brittischen Regierung zur nochmaligen Untersuchung des streitigen Gränzgebiets ernannten Commissarien, Obrist Mudge und Hr. Featherstonhaugh, schlagen eine Gränzlinie zur beiderseitigen Annahme vor, der amerikanische Gesandte übernimmt es diesen Vorschlag seiner Regierung vorzulegen, und im Falle der Nichtannahme von letzterer Seite würde dann die Vermittlung dreier beiden Staaten befreundeten Mächte angesprochen werden. Man fügt bei, die amerikanische Regierung habe sich zu einer solchen Alternative schon bereitwillig erklärt. Gewiß ist nur so viel, daß am 21 April Hr. Stevenson und der französische Gesandte, Hr. Guizot, gleichzeitig im auswärtigen Amte Geschäfte hatten, und daß am 22 mehrere angesehene Gentlemen der City bei Hrn. Stevenson vorfragten, ohne jedoch von ihm etwas Näheres über den Stand der Sache zu erfahren.
Die schon erwähnte kurze Rede, welche Hr. Guizot bei dem Osterfestmahl im Mansion House nach dem auf ihn ausgebrachten Toast gehalten, lautete wie folgt: „Ich bitte Sie, Mylords und meine Herren, mein schlechtes, sehr schlechtes Englisch zu entschuldigen. Sie werden Nachsicht haben mit einem Ausländer, der lieber Ihre Sprache schlecht sprechen, als in der seinigen schlecht verstanden seyn will. Ich schätze mich glücklich, daß meine Pflicht mir heute gebietet, Ihnen im Namen des ganzen diplomatischen Corps wie in meinem eigenen Namen, im Namen Europa's, wie in dem Frankreichs, unsere lebhaften Gefühle der Dankbarkeit für Ihre edle und herzliche Gastfreundschaft auszudrücken. Ihre Vorfahren, ich könnte sagen, Ihre Väter, wären wohl erstaunt gewesen, hätte man ihnen gesagt, daß während eines Zeitraums von mehr als fünfundzwanzig Jahren die Gesandten, die Minister, die Repräsentanten aller Staaten, aller Nationen Europa's und Ameka's sich mit Ihnen alljährlich in diesem Saal versammeln würden, um der Freundschaft Englands zu genießen und Ihnen die Freundschaft der civilisirten Welt zu versprechen. In Zeiten, die noch nicht sehr ferne liegen, machte der Krieg, ein bald allgemeiner, bald theilweiser und wenn nicht fortwährender, doch oft wiederkehrender Krieg dergleichen Versammlungen stets unvollständig und unregelmäßig. Das gegenwärtige Glück, ein Symbol des Glücks der Welt, wurde uns also durch den Frieden zu Theil. Und dieser Friede, bemerken Sie wohl, meine Herren, dieser Friede ist nicht etwa ein träger, unfruchtbarer Friede, wie er früher zuweilen zwischen entnervten, im Verfall begriffenen Nationen geherrscht hat, sondern es ist der thätigste und fruchtbarste Friede, den man je gesehen – ein Friede, den nicht Stumpfsinn und Unmacht, sondern die Gewalt der Civilisation, der Arbeit, der Gerechtigkeit und Freiheit herbeigeführt hat. Danken wir daher der Vorsehung, daß sie mit
solchen Wohlthaten unser Zeitalter beglückte. Hoffen wir, daß dieser Friede noch fünfundzwanzig Jahre und darüber dauere, daß er nie unterbrochen werde, es sey denn für eine gerechte und unvermeidliche Sache; dieß ist der aufrichtige Wunsch meines Vaterlandes, wie des Ihrigen. Möchte einst durch die Wirkung langen und glücklichen Friedens das ganze Menschengeschlecht während seines Wandelns auf Erden in Geist und Herz vereinigt werden, denn wir alle sind Kinder Eines Gottes, der im Himmel thront.“
Am 20 April trat im Coventgarden-Theater der „letzte der Kemble“ zum letztenmal auf, und zwar in seiner berühmten Rolle Hamlet, die er mit aller Vollendung seiner frühern Jahre spielte. Der Applaus, mit dem das Publicum dem betagten Mimen Lebewohl sagte, war allgemein und stürmisch. – Am 18. April landete, von Rotterdam kommend, die mehrerwähnte deutsche Schauspielergesellschaft, aus 94 Köpfen bestehend. Die Elsner haben sich nach den Vereinigten Staaten eingeschifft.
London, 17 April. Man ist hier in großer Verlegenheit, woran allerdings die geringe Menschenkenntniß oder der Leichtsinn Lord Palmerstons Schuld ist. Wir stehen auf dem Punkt mit der halben Welt zu brechen, ohne daß wir solcher Aufgabe gewachsen wären. Alt-England, sagt man, braucht bloß zu wollen, und es kann; allerdings! aber Alt-England ist verschwunden, und lebt nur noch in der Einbildung einiger Kurzsichtigen, die da nicht sehen, was um sie vorgeht. Wehe, wenn es so weit kommen sollte, den alten Namen, den alten Geist, das alte Gewicht hervorzusuchen. Man würde sich bald überzeugen, daß die Todten todt sind. Ist aber einmal der Nimbus verschwunden, so kehrt er nicht wieder. – Drei Fragen hat Lord Palmerston jetzt zu schlichten: China, Neapel, Aegypten. Alle drei behandelt er auf gleiche Weise, das heißt, mit gleichem Ungestüm, gleicher Leidenschaft. Alle drei, durch bloße Handelsinteressen ins Leben gerufen, sind durch unkundige und vorlaute Agenten total verdorben und so vorgetrieben worden, daß jetzt überall die Degenspitze durchblickt. Elliot hat, nach dem eigenen Geständniß der Minister, nicht die Umsicht, um ohne deutliche Instructionen zu handeln. Er hätte sonst manches verhindern, manches anders leiten können. Die nöthige Intelligenz scheint ihm aber, wie man aus den Debatten im Parlament entnehmen kann, zu fehlen, und dennoch blieb er auf seinem Posten. Temple, der im Gegentheil durch kleinliche, in alle Details eingehende Instructionen sich gebunden fühlte, fehlt es an dem Tacte, an jener Art geschmeidiger Festigkeit, die vor Allem den Diplomaten auszeichnen soll, um sich selbst zu bewegen, den Impuls mehr zu geben als zu empfangen. Er brachte es so weit, daß wir am Vorabend eines Conflicts mit Neapel stehen, der im besten Fall die Abweisung unserer industriellen Erzeugnisse aus dem gesammten Italien zur Folge haben könnte. Wahrlich kein kleiner Nachtheil, sobald der König von Neapel auf seinem Recht besteht, die andern italienischen Fürsten ihn dabei unterstützen, und um uns zu strafen, ein allgemeines Zollsystem aufstellen, das uns den italienischen Markt so gut als verschließen würde. Dieß ist keine bloß hingeworfene Idee; es ist davon schon wirklich die Rede gewesen. Lord Palmerston weiß es so gut als ich, und, man sollte es kaum glauben, er findet, daß Temple zu den Geschicktesten des Tags gehöre, und daß er die kräftigste Unterstützung verdiene. Nichtsdestoweniger hat er für gut erachtet, Lord Stopford directe Verhaltungsbefehle zukommen zu lassen, die ihn von dem Gesandten am sicilianischen Hof unabhängig lassen und ihn autorisiren, nach Umständen zu verfahren. Obrist Hodges, der in Serbien bewiesen hat, daß wenn es sich darum handelt, Jemand aufzufinden, um allen Einfluß in einem Lande zu verlieren, in einem Lande, das man zu gewinnen suchte, und auf welches weitaussehende Plane gebaut waren, er der beste und handfesteste Mann ist, dergleichen zu bewerkstelligen. – Hodges ward erkoren, um in einem kritischen Augenblick bei einem der routinirtesten, talentvollsten und muthigsten Fürsten accreditirt zu werden, und zwar in der Absicht, diesem einen andern Begriff von uns beizubringen, als er haben mochte, und auf gütlichem Wege von ihm zu erlangen, was zu erzwingen die Klugheit verbietet. Nun, dieser unglückbringende Bote hat es so weit gebracht, daß er die Schwelle desjenigen nicht mehr betritt, bei dem er sich einzunisten beauftragt war. Er hat mit Mehemed Ali förmlich gebrochen, der ihm zum Trotze alle Anordnungen zurücknimmt, die er allerdings nur scheinbar, aber dennoch aus Deferenz für die Pforte hatte eintreten lassen. Er hat ohne Umschweife erklärt, daß er es vorziehe, in offener Fehde mit uns zu seyn, als länger solche Anmaßungen zu dulden. Hodges schreibt deßwegen in seinem letzten Berichte, daß nichts Anderes übrig bleibe, als Mehemed Ali, der ihm die Thür geschlossen, dafür zu züchtigen. Man sollte meinen, Lord Palmerston, der sich zum zweitenmal in Hodges vergriffen, würde jetzt besser belehrt seyn. Keineswegs, er findet ihn ganz an seinem Platze, und will ihn dort halten, um so mehr, als er von der Ansicht ausgeht, daß Mehemed Ali doch nur durch Coërcitivmaaßregeln zu zähmen sey, die er in Gemeinschaft mit andern Mächten vorzunehmen gedenkt. Hierin wird er sich aber sehr getäuscht sehen, wenn es zum wirklichen Handeln kommt. – In solche Hände ist das Geschick Englands und damit gewissermaßen der gesammten Welt gelegt!
London, 22 April. In der Ferne glaubt man wohl, daß Alles bei uns in der schrecklichsten Unruhe und Bewegung seyn müsse: Krieg mit China und Neapel; die orientalischen Angelegenheiten immer noch unberichtigt; unsere Verhältnisse mit Persien gespannt, wo nicht feindselig; ein russisches Corps im Begriff bald wieder gegen Mittelasien aufzubrechen (?), und die Vereinigten Staaten lauter als je in ihren Forderungen an uns. Dabei Bewegung gegen die Getreidegesetze, Bewegung, unter der Geistlichkeit wenigstens, zur Herrschendmachung der Kirche, und in Irland Bewegung für die Auflösung der Union und Umsturz eben dieser Kirche. Und doch ist Alles ruhig, und dem Anscheine nach unbesorgt. Die Regierung ist thätig im Cabinet wie in den Arsenalen und Schiffswerften; Parteimänner sind thätig hier und da, entweder einzeln, um sich für die nächste Wahl in irgend einer Nachbarschaft Einfluß zu sichern oder zu erwerben, oder in Massen zur Erreichung irgend eines allgemeinen, oder besondern Zweckes. Vor allen ist es O'Connell. Lord Stanley's Angriff auf die populäre Partei in Irland, seine Bill, welche die Wähler derselben zu vernichten droht, scheint bei ihr alle Skrupel beseitigt zu haben, die sie sonst gegen eine Aufregung für Auflösung der Union zu hegen pflegten. O'Connell sagt jetzt unverhohlen, es gelte die Auflösung, und das brittische Parlament könne der Bewegung nur dadurch Einhalt thun, daß es Irland alle bisher vorenthaltenen Gerechtsame bewillige; und da er dieses weder hoffe noch wünsche, setzt er hinzu, so solle nur jeder, dem es nicht darum zu thun sey, daß Irland sein eigenes Parlament habe, von dem neuen Vereine weg bleiben. Auch sind die Leinster, Charleville und andere vornehme Whigs, die er vorher aufgefordert hatte, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen, weggeblieben. Die Agitation wird trotz dem fortgesetzt. Aber dennoch ist die Nation, wenigstens in England und Schottland, ohne alle Besorgniß: man gibt Feste, reißt ein und bauet auf, bildet neue Vereine und Gesellschaften aller Art, stiftet Schulen, Collegien, Krankenhäuser,
und für das Meiste findet sich auch ohne viele Schwierigkeit das Geld, wenn auch nicht ganz so leicht als vor der letzten Handelskrise. Jeder klagt zwar, die Regierung sey schwach, und es vergeht kein Tag, wo nicht irgend ein Toryjournal ein Beispiel von der Incapacität, Tyrannei oder Treulosigkeit eines einzelnen Ministers oder des ganzen Cabinets aufzuweisen hätte. Dieß dient dann zur Unterhaltung der Partei, und gibt in den Gesellschaften Stoff zum Schimpfen oder Klagen. Aber alles dieses verhindert nicht das praktische Vertrauen auf weisen Schutz für jedes einzelne Unternehmen, oder die festeste Zuversicht auf den glücklichen Ausgang aller Unterhandlungen oder Unternehmen, worin eben diese unfähige Regierung begriffen seyn mag. Die Toryjournale bemühen sich, den allgemein herrschenden Widerwillen gegen Krieg mit dem Gefühl des Unwillens über den verderblichen und unrechtlichen Opiumhandel zu einer Nationalgesinnung anzufachen, um dadurch das Ministerium ins Gedränge zu bringen. Aber dazu läßt es der Handelsgeist, der Stolz und die volkliche Eifersucht der Nation nicht kommen. Man denkt: wenn die Chinesen nun einmal durchaus Opium haben wollen, so möge der Vortheil davon eben so wohl uns als anderen handeltreibenden Völkern zufließen; und da die Chinesen es einmal gewagt, unsere Flagge zu beschimpfen, so gezieme sich's (und wäre es auch nur um des Beispiels willen), daß man sie dafür züchtige. Ja die Minister haben offenbar durch ihre entschlossene Erklärung, von der chinesischen Regierung Erlaß für das gewaltsam erpreßte Opium und Sicherung unseres Handelsinteresses für die Zukunft zu erzwingen, in der öffentlichen Meinung gewonnen; und die erste Nachricht von einem entscheidenden Siege über die Chinesen könnte sie populär machen.
Frankreich.
Paris, 25 April.
Am 24 April Morgens hatte einer telegraphischen Depesche im Moniteur zufolge die Prinzessin Victoria das französische Gebiet betreten. General Durosnel, Adjutant des Königs, der Präfect des Norddepartements und der provisorische Generalcommandant der 16ten Militärdivision hatten sie empfangen.
Der Constitutionnel antwortet auf die gestrigen Bemerkungen der Presse über die Vermittelung Frankreichs in dem Schwefelstreit. „Alles, was die Presse darüber gesagt hat, ist grundfalsch. Das französische Cabinet hat über keinen Punkt seine Meinung im voraus ausgesprochen. Es hat sich den beiden Parteien als Vermittler angeboten, ohne irgend eine Bedingung einzugehen, und in diesen Ausdrücken hat das englische Cabinet die Vermittelung angenommen. Wird nun der Hof von Neapel dieselbe gleichfalls annehmen? Dieß ist noch eine Frage; aber man kann sich trösten, wenn man vom Hofe von Neapel zurückgewiesen wird, nachdem man von England angenommen worden. Der Hof von Neapel kennt übrigens die Stellung, welche die französische Regierung in dieser Frage eingenommen. Seit 18 Monaten hatte sie auf die dringenden Vorstellungen der französischen Kaufleute die Abschaffung des Monopols verlangt. Die Auflösung des Contracts war sogar bereits zugestanden, als die Note des Hrn. Temple diese Sache für den König von Neapel zu einer Frage der Würde machte. Die Vermittelung unsers Cabinets betrifft namentlich diese letztere Frage, und es ist leicht begreiflich, daß es seine Meinung gegen Niemanden verpfändet hat.“
In der Sitzung der Deputirtenkammer am 24 April trat bei Discussion des Antrags des Hrn. Remilly nach einigen nicht zum Wesen der Sache gehörigen Zwischenvorfällen Hr. Lagrange für den Vorschlag auf die Tribune. Er forderte die Minister auf, ihn nicht zu bekämpfen, indem das Land sonst glauben könnte, sie wollten von den Mißbräuchen, deren Zerstörung dieser Antrag bezwecke, Vortheil ziehen; auch die Deputirten-Staatsbeamten seyen dabei interessirt, daß der Vorschlag in Erwägung gezogen werde, damit man nicht länger ihre Uneigennützigkeit bezweifeln könne. Hr. Lespée sprach gegen den Vorschlag, ohne daß ihm die Kammer einige Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Darauf ergriff Hr. Thiers das Wort, und entwarf zuerst eine Schilderung des französischen gesellschaftlichen Zustandes mit rechtfertigenden Erläuterungen über die Anwesenheit einer ziemlich bedeutenden Zahl von Staatsbeamten in der gesetzgebenden Versammlung. Er zeigte, aus welchen Ursachen die Staatsbeamten im englischen Unterhause selten seyen, und warum sie sich in weit größerem Verhältniß in den französischen Kammern vorfänden. Er behauptete, daß dagegen ihre Unabhängigkeit in Frankreich größer sey; übrigens erkannte er an, daß gerade deßwegen, weil eine natürliche Vorneigung im Lande stattfinde, Staatsbeamte zur Deputation zu wählen, es auch gut seyn dürfte, daß das Gesetz Schranken setze und das Uebermaaß verhindere. Die bis jetzt vorgeschlagenen Gegenmittel seyen von zweierlei Art. Entweder übe man strenge Mittel gegen die Staatsbeamten aus, wie in dem Vorschlage des Hrn. Gauguier und in dem des Hrn. Remilly; diese Mittel verwerfe die Regierung und bekämpfe jeden Entwurf, der sie ins Werk setzen wolle; oder aber es seyen directe Mittel, welche die Zahl beschränken, wie z. B. die Bestimmung einer verhältnißmäßigen Ziffer zu den 459 Deputirten, oder auch das Verbot in jedem Departement mehr als ein Viertel oder ein Drittel seiner Deputirten unter den Staatsbeamten zu wählen, oder endlich eine Ausdehnung der Unverträglichkeiten. Diese beiden letztern Mittel würden von der Regierung nicht zurückgewiesen werden; er behalte sich vor, sie zu prüfen und das beste im Einverständniß mit der Kammer und der von ihr zu diesem Zwecke etwa ernannten Commission zu wählen. Der Conseilpräsident schien hauptsächlich der Ausdehnung der Unverträglichkeiten den Vorzug zu geben. Nach ihm trat Hr. Dupin auf. Er ist der Ansicht, daß sich unter dem Antrag des Hrn. v. Remilly die Wahlreform verberge. Er fordert die Anhänger der Reform auf, sie offen auf der Tribune vorzulegen, damit man sie offen vertheidigen und bekämpfen könne. Er tadelt das Ministerium, sich auf diese Bahn verleiten zu lassen. Hr. Thiers eilte auf diese Rede nach der Tribune und erklärte von vorn herein, daß hier nicht von der Wahlreform die Rede sey, und daß man wohl wisse, daß falls sie vorgelegt werden sollte, die Regierung sie bekämpfen würde. Hr. Thiers machte sodann die Kammer darauf aufmerksam, daß seine Ansicht und die seiner Collegen, den Grund der vorliegenden Frage betreffend, bereits ausgesprochen sey. Hr. v. Remusat habe über den Vorschlag Gauguier einen günstigen Bericht in Bezug auf jede Maaßregel erstattet, welche eine vernünftige Beschränkung der Zahl der Staatsbeamten-Deputirten bezwecken würde. Er selbst (Thiers) habe dafür gestimmt, den Gauguier'schen Vorschlag in Erwägung zu ziehen. Andrerseits sey es nicht das gegenwärtige Ministerium, welches die Kammer in die Lage, worin es sich in Bezug auf diese Frage befinde, versetzt habe. Der Umstand, daß der Vorschlag des Hrn. Gauguier in Erwägung gezogen, die Erörterung, die darauf gefolgt sey, die starke Minorität, welche für den Vorschlag selbst gestimmt habe, die Aeußerungen des Hrn. Lepelletier d'Aulnay, so wie die des Siegelbewahrers vom 12 Mai, die fast völlige Einstimmigkeit der Bureaux zu Gunsten des Remilly'schen Vorschlags verpflichten die Kammer. Wenn sich Andere für stark genug halten, eine entgegengesetzte Majorität zu erhalten, so mögen sie es versuchen,
die gegenwärtigen Minister wollten aber nicht das Gegentheil von dem thun was sie auf den Bänken der Kammer gethan hätten. Diese Aeußerungen des Hrn. Thiers erweckten rauschenden und fast einstimmigen Beifall. Hr. Dupin erklärt hierauf, man könne ihm nicht übel nehmen, wenn er mit sich selbst consequent bleibe. Er wolle, daß man entweder offen die ganze Wahlfrage vorlege, oder er werde sich widersetzen, die Frage in Erwägung zu ziehen. Man rief zur Abstimmung, als noch Hr. Odilon-Barrot auftrat, und der Rechtlichkeit und dem Muthe des Ministeriums seine Huldigung darbrachte. Er wiederholte, daß hier nicht von der Wahlreform die Rede sey. Er habe, bevor er noch Hrn. v. Remilly selbst gehört, gleich am Tage nach dem Votum der geheimen Fonds, wo man den Vorschlag auf die conservativsten Männer, die Anhänger des Status quo gestützt habe, geglaubt, daß eine Art von Macchiavellismus dabei im Spiele sey, um die Meinungen einander gegenüber zu stellen; er habe geglaubt, daß es sich hier von einem Manöuvre der alten Majorität handle, die sich das unschuldige Vergnügen machen wollte, die verschiedenen Schattirungen, die sich einander angeschlossen, in Verlegenheit zu setzen. Dieses Manöuvre sey aber durch den Muth und die Aufrichtigkeit, die dem Conseilpräsidenten sehr zur Ehre gereichten, vereitelt. Er habe erklärt, daß seine Meinung als Minister dieselbe sey, wie er sie auf den Bänken der Opposition gehegt habe, und daß er sich dem Vorschlage, die Frage in Erwägung zu ziehen, nicht widersetze. Von diesem Augenblick an nehme die Frage einen neuen bedeutungsvollen Charakter an, und wenn es nach dieser so bestimmten Erklärung des neuen Cabinets in diesen Mauern Männer gebe, die noch mehr Muth und Rechtlichkeit in sich fühlen, so mögen sie sich zeigen, und die Staatsgewalt werde dann ihnen gehören. (Lebhafte Sensation.) Der Präsident ließ hierauf darüber abstimmen, ob der Vorschlag in Erwägung gezogen werden soll. Die Kammer votirte mit sehr starker, aus dem linken Centrum und der Linken bestehenden Majorität dafür.
In der Sitzung der Deputirtenkammer am 25 April wurden für die Deputation in das Schloß zur Gratulation am 1 Mai durch Loos unter Andern die Namen der HH. Laffitte und Arago gezogen. Die Petition eines Franzosen, Hrn. Molineau, von Amsterdam, welcher die Aufmerksamkeit der Kammer für die Folgen in Anspruch nimmt, welche der deutsche Zollverein für den französischen Handel habe, wird von der Commission zur Zuweisung an die Minister des Handels und der auswärtigen Angelegenheiten beantragt. Hr. Thiers erklärte, das Cabinet nehme diese Zuweisung an. „Unterhandlungen (sagt er) sind mit dem deutschen Zollverein begonnen und werden fortgesetzt werden. Man hat die französische Regierung beschuldigt, daß sie nichts gethan habe, das Zustandekommen dieses Zollvereins zu hindern. Dieser Tadel ist unbegründet, und es freut mich, die früheren Regierungen dießfalls in Schutz nehmen zu können. Welche Mittel hätten wir gehabt, diesen Verein zu hindern? Im Interesse aller Staaten, die denselben bilden, lag es, ihm beizutreten. Nord-, Mittel- und Süd-Deutschland vereinigten sich zu diesem Zweck. Vielleicht hätte man den Beitritt einiger Gränzstaaten Frankreichs hindern können, wenn man ihnen Concessionen gemacht hätte, z. B. Baden durch Verminderung des Einfuhrzolls auf das Schlachtvieh. Zur Rechtfertigung der vorhergehenden Verwaltungen muß ich sagen, daß zweimal Anerbietungen in diesem Sinn gemacht wurden; sie blieben ohne Resultat, weil Baden seine Forderungen zu hoch stellte. So viel über das Geschehene. Was mich betrifft, so bedaure ich keineswegs, daß wir mit den deutschen Staaten keine Handelsverträge geschlossen, denn hätte man damals Concessionen gemacht, so wären die Opfer, die wir jedem der einzelnen Staaten hätten bringen müssen, zu bedeutend gewesen. Besser war es, abzuwarten, bis der deutsche Zollverein sich gebildet. Indem man mit allen Vereinsstaaten zusammen unterhandelt, sieht man besser, welche Concessionen zu machen, welche zu verweigern sind. Die passende Gelegenheit ist jetzt da; wir können unterhandeln, müssen uns aber auf Zugeständnisse gefaßt machen, denn wenn wir in nichts nachgeben, thun dieß die deutschen Staaten auch nicht. Wir werden also die unumgänglich nothwendigen Concessionen hinsichtlich unsrer Zölle machen. Wir werden dieselben der Kammer vorlegen, und erklärt sich diese dafür, so werden wir auf dieser Basis unterhandeln; im andern Falle dürfen wir über Mangel an Absatzwegen nicht klagen. Frankreich könnte vom deutschen Zollverein eine Verminderung der Zölle auf seine Seidenwaaren, seine Weine, Tücher, Baumwollenzeuge erlangen, müßte aber dafür die Einfuhrzölle herabsetzen auf Eisen, Manufacturwaaren, Schlachtvieh ... (Murren.) Ich sage nicht, wie groß die Opfer seyn werden; denn ich kann auf der Rednerbühne keinen Handelsvertrag improvisiren. Ich wollte nur im Allgemeinen andeuten, hinsichtlich welcher Industriezweige wir Opfer bringen müßten, und für welch andere wir Begünstigungen hoffen dürften. Dabei wollte ich der Kammer bemerken, daß in Betreff des Zollwesens nichts zu erhalten ist, wenn man nichts dagegen gibt.“ (Beifall.) Die Kammer beschloß, diese Bittschrift nach dem Antrag der Commission dem Ministerium zu überweisen.
Die Deputirten versammelten sich am 25 auch in den Bureaux, um deren Präsidenten und Secretäre neu zu wählen. Unter 18 Ernennungen fielen 13 auf Mitglieder der Linken und des linken Centrums.
Die Pairskammer fuhr am 25 April in Erörterung des Entwurfs über Immobiliarverkäufe fort.
Der General Pelet, Pair von Frankreich, Director des Generaldepots des Kriegs, hat am 22 April Sr. Maj. die fünfte Lieferung der neuen französischen Karte vorgelegt, die aus den Blättern Epinal, Eure, Pontarlier, Gray, Bar le Duc, Troyes, Fontainebleau, Chartres, Rouen, Neufchatel, Evreux, Caen besteht, so wie den 7ten Band des Mémorial du dépôt général de la guerre, welcher den zweiten Theil der geometrischen Beschreibung Frankreichs begreift.
Paris, 25 April. Das Namensfest des Königs rückt heran, und noch herrscht tiefe Stille über die Feierlichkeiten, die es verherrlichen sollen, es sey denn, daß man hierzu die Vermählung des Herzogs von Nemours mit der Prinzessin Victoria bestimmt, die seit einigen Tagen auf französischem Gebiet angelangt ist. – Die letzten Beschlüsse der Kammer haben den systematischen Gegnern des Ministeriums einen harten Schlag beigebracht: es war so deutlich, daß sie von der Conversion der Rente wie von dem Vorschlage Remilly's, die Beamten in der Kammer betreffend, hofften, das Ministerium werde in die Falle gehen, und mit sich selbst oder seinen Anhängern der linken Seite in Widerspruch gerathen. Diese wohlwollende Hoffnung aber wurde die beidenmale durch eine aufrichtige und gewandte Dazwischenkunst des Ministerpräsidenten vereitelt. Der Grundsatz der Rentenverminderung ist ausgesprochen, eben so jener, daß die Vermehrung der Beamten in der Deputirtenkammer ein vorbeugendes Gesetz nothwendig mache. Hätte man die Conservativen auf ihr Gewissen fragen können, was sie wirklich wollen, so hätten sie antworten müssen: das Gegentheil. Und dennoch waren sie es, die jetzt das Ministerium in dieser doppelten Verhandlung herausgefordert hatten. Diese durchaus falsche Taktik, in der die persönliche Leidenschaft und die Mißgunst die leitenden Motive abgeben, mag noch öfter
zu ähnlichen Auftritten Anlaß geben, und dem Ministerium wird stets das leichte Mittel bleiben, seine Feinde zu beschämen: es braucht nur aufrichtig bei seiner aufgepflanzten Fahne zu verharren, und der klar ausgesprochenen öffentlichen Meinung zu folgen. Diese öffentliche Meinung, was auch die Ultrablätter dagegen sagen mögen, ist, daß seit Jahren kein Ministerium mehr Vertrauen eingeflößt hat, als das gegenwärtige, und daß dessen Vorstand, wie vorsichtig er sich in ruhigen Momenten zu verhalten strebe, bei irgend einem Streite, der die Ehre des Landes beträfe, mit Würde und Festigkeit auftreten würde. Im Innern selbst sind es vorerst die großen öffentlichen Arbeiten, Eisenbahnen u. s. w., auf welche die Nation zählt, so wie ferner eine kräftige Ermunterung und Unterstützung der Ansiedelung in Algier. Es gehörte mehr als Ungeschicklichkeit, es gehörte böser Wille dazu, eine so günstige Stellung nicht zu benutzen, dem Ministerpräsidenten aber möchte das eine so wenig als das andere vorzuwerfen seyn, sein eigenes Interesse, sein Ruhm sind hier die besten Schildhalter seiner Pflicht. Viele Personen hoffen noch, daß das Gesetz über die Conversion der Rente in der Pairskammer durchfallen werde, da es bekannt ist, daß die Pairs viele Capitalien auf dem großen Buche haben, und man außerdem meint, der König selbst sey gegen die Conversion. Indessen darf man nicht sehr auf die Willensfestigkeit der Pairskammer zählen; es liegen immer Gründe genug vor, die sie von einer systematischen, oder, was noch schlimmer ist, von einer interessirten Opposition abhalten werden, und was Ludwig Philipp angeht, so möge man nicht vergessen, daß er persönlich bei der Frage nicht betheiligt ist. – Der neueste Gesetzesentwurf Cousins, wegen Errichtung eines Lehrstuhls für slavische Litteratur, hat den legitimistischen Blättern Gelegenheit gegeben, ihren unmächtigen und grotesken Zorn wieder einmal auszulassen. Die France, das Lieblingsjournal des Pariser legitimistischen hohen Adels, fragt, was denn das sey, die slavische Sprache? wahrscheinlich ein Patois, das man, dahinten weit in ..... Ungarn spreche, und dafür wolle der Minister des Unterrichts einen eigenen Lehrstuhl errichten. So viel, was die geistige Cultur der France angeht. Moralische Bedeutung dieses angenehmen Blattes: 187 Abonnenten!
Paris, 25 April. Hr. Thiers hat sich gestern wiederum auf eine feine Art aus einer Schlinge gezogen, die für ihn verderblich zu werden drohte. Seine erste Rede, die von allen Parteien als äußerst schwach getadelt wird, war auf Schrauben gesetzt; er wollte das Terrain sondiren, um nach den Umständen sodann mit seinem Vertagungsprojecte hervorzurücken (man s. meinen Brief von gestern); indessen erkannte er während der Vorträge der auf ihn folgenden Sprecher, daß seine Rede keinen Beifall erhalten hatte; er fürchtete, die Linke, mit alleiniger Ausnahme einiger Freunde des Hrn. Barrot, möchte gegen ihn stimmen. Da machte er schnell eine Seitenwendung, und sprach ganz im Sinne der Motion des Hrn. v. Remilly, die dann mit großer Mehrheit in Berücksichtigung genommen wurde. Nunmehr wird dieselbe in einer andern Sitzung in ihren einzelnen Theilen näher geprüft; und Hr. Thiers, der kein Freund von ihr ist, weil sie das Cabinet mancher Springfedern beraubt, die Zahl seiner Anhänger zu vermehren, muß auf andere Mittel sinnen, um sie zu neutralisiren. – Die Ursache der geringen Mehrheit, womit das Gesetz über die Rentenconversion angenommen wurde, lag zunächst in der Verwerfung des Vorschlags, die Renten der Gemeinden und öffentlichen Anstalten von der Maaßregel auszunehmen; man zählt an 60 Deputirte, die deßhalb dem ganzen Gesetze schwarze Kugeln gegeben haben. Jene Anstalten sind in vielen Fällen durch Verordnungen und Instructionen der oberen Behörden genöthigt, ihre Gelder in Staatspapieren unterzubringen; deßhalb wollten viele Personen eine Ausnahme zu ihren Gunsten aufgestellt wissen. – Der Conseilpräsident hat nunmehr selbst mehreren seiner Collegen in der Kammer erzählt, er habe die nach Persien abgegangene Gesandtschaft zurückgerufen. Er fügte als Beweggrund, außer dem der Entfernung und der Kosten, bei, es sey eine Anzahl junger Leute dieser Gesandtschaft beigegeben; bekomme einer derselben in der Mitte eines solchen uncultivirten Volkes Händel und werde mißhandelt, so sey Frankreich genöthigt, um diese Insulte zu rächen, irgend eine kriegerische Demonstration zu machen, von der man nicht wissen könnte, wie weit sie führe.
Ustrialows Geschichte Rußlands.
Zwei Dinge müssen beim Durchlesen dieser Geschichte besonders auffallen, erstens die ganz veränderte Ansicht, welche dieselbe von der polnischen Geschichte gibt, und zweitens der Geist der Abgeschlossenheit von dem übrigen Europa, welcher sich darin ausspricht. Rußland stellt sich mit seiner Kirche und mit seinen Staatseinrichtungen dem ganzen europäischen Westen schroff gegenüber, und wenn der Verfasser nachweist, daß das russische Mittelalter von dem westeuropäischen wesentlich verschieden gewesen, und gar kein Feudalsystem je bestanden habe, so fühlt man unwillkürlich, daß damit auch das Fundament unserer westeuropäischen Cultur fehle, und der Grund der Verschiedenheit kein zufälliger sey, sondern in der frühern Entwicklung des Volks liege. Die Entwicklung des deutschen Feudalsystems ist in den Kriegszügen Karls des Großen zu suchen; es ist ursprünglich nichts als eine durch die Noth gebotene Corruption der alten allgemeinen Wehrverfassung. In Rußland ist allerdings durchaus von keinem Feudalsystem die Rede, aber die Erklärung dieser Erscheinung gibt der Verfasser nicht, denn er fängt seine Geschichte mit der Niederlassung der Normannen im slavischen Lande an, und entwirft uns von jenem Zeitpunkt an eine Geschichte des russischen Staats, aber keine des russischen Volks. Dieser Zug geht durch das ganze Buch und ist äußerst charakteristisch, denn man kann sich kaum anders denken, als daß diese Auffassung absichtlich ist. Seit dem dreizehnten Jahrhundert spielen die Großrussen die Hauptrolle; im ursprünglichen russischen Staate sind die Kleinrussen das Hauptvolk und Kiew war der Centralpunkt des russischen Reichs. Alle großrussischen Städte sind ursprünglich kleinrussische Colonien auf finnischem Gebiet. Als Batu hereinbrach, wurde das altrussische Reich und die alte Hauptstadt Kiew zerstört und verwüstet, und nur im nördlichen Rußland blieben ärmliche Fürstenthümer, welche wegen ihrer Schwäche und Unbedeutenheit mehr von dem wilden Feind verschont blieben, bis sie ein Jahrhundert später allmählich erstarkten und endlich mit der Horde einen Kampf wagen konnten. In der Zeit der Mongolenherrschaft bildete sich der großrussische Stamm aus, dessen Nationalität wesentlich in seiner Kirche lag, der von Europa gänzlich abgeschieden war, und fast nur mit mongolisch-tatarischen Horden, mit Litthauen und den schwachen finnischen Völkern in Verhältnissen stand. Den mongolisch-tatarischen Horden anfangs völlig unterworfen, hierauf mit ihnen gegen Litthauen
und Westrußland verbündet, dann allmählich mit ihnen im Kampfe, endlich ihr Sieger – das ist die Geschichte des großrussischen Stammes von der Mitte des dreizehnten bis zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts. Diesen Gang der Dinge hat Ustrialow, wenn auch etwas stark in großrussischem Sinn, sehr deutlich gezeichnet. Man ersieht namentlich daraus, wie nahe es daran war, daß der Sitz des russischen Reichs nach Litthauen verlegt wurde. Olgerds mehr als dreißigjährige und Witolds fast 40jährige Regierung sind in dieser Beziehung höchst merkwürdig, namentlich letztere, da Witold seinen Plan, Litthauen zum herrschenden Reiche zu machen und Moskowien zu unterwerfen, noch zu einer Zeit, wo Jagello bereits den polnischen Thron bestiegen hatte, mit einer staunenswerthen Consequenz verfolgte. Nicht mit Unrecht hat Narbutt in seiner Geschichte des litthauischen Volks dieser Regierung einen ganzen Band gewidmet. Weder Moskau noch Polen hemmten seinen Siegeslauf, sondern eine furchtbare Niederlage, welche die noch nicht erschlaffte Horde ihm an den Ufern der Worskla im Jahr 1399 beibrachte, brach seine Kraft für immer, und nach seinem Tode kam ganz Litthauen mit Podolien und Volhynien und bald auch Ostgalizien (Galitsch) mehr und mehr unter polnischen Einfluß, bis endlich eine völlige Vereinigung der Polen mit den Roth-, Klein- und Weißrussen erfolgte; so wurde Polen übermächtig, bis es seinerseits durch die innern Mängel seiner Organisation und durch den Zwiespalt, welchen die Bekämpfung der griechisch-russischen Kirche in Litthauen durch die katholische in dem herrschenden Polen erzeugte, zur Unmacht herabsank, während das moskowitische Reich durch die Einheit in der Regierung und in der Religion allmählich erstarkte.
Diesen für die Zukunft des ganzen östlichen Europa's so ungemein wichtigen und folgereichen Gang der Dinge hat Ustrialow mit großer Klarheit dargestellt, und hätte er denselben mit gleich sicherer Hand auch von dem Standpunkt der Stammverhältnisse, wie von dem der politischen Interessen und der Dynastien durchgeführt, so würde die Darstellung wenig zu wünschen übrig lassen. So erklärt sich aber aus seiner Darstellung wohl der Haß zwischen Polen und Russen, aber die Nuancirungen der einzelnen Stämme zwischen Großrussen und Polen fehlen, und es spricht sich in dieser Darstellung, wie in dem ganzen Staatsorganismus Rußlands jene Uniformitätssucht, jene Unterdrückung des Einzelnen und Localen aus, an der freilich nicht Rußland allein leidet. Allerdings darf man nicht vergessen, daß der große Kampf zwischen Polen und Rußland bald alles Einzelne verschlang. Der Kampf dauerte über dritthalbhundert Jahre, vom Tode Witolds (1430) bis zur Erstürmung von Praga am Ende des vorigen Jahrhunderts, und noch im vorigen Jahrhundert hätte Polen eben so wohl den Herrn in Moskau spielen können, als Rußland ihn in Warschau gespielt hat. Die Besorgnisse der russischen Regierung und der beiderseitige Haß sind somit hinreichend erklärt.
In diesem Kampfe mit Polen liegt auch die Erklärung nicht nur des ganzen politischen Verfahrens der russischen Regierung, sondern auch der innern Staatseinrichtungen. Die griechisch-russische Kirche war das Mittel, wodurch man die Länder jenseits des Dnieper wieder an sich zog. Polen setzte seine Bemühungen fort, die Staatseinheit durch die kirchliche zu befestigen, und wenn ihm dieß Bestreben auch großentheils mit dem Adel von Litthauen, Weißrußland, Podolien, Volhynien und Galizien gelang, so mißlang es doch völlig beim Volke, welches, wenn auch dem Aeußern nach der Autorität des Papstes unterworfen, doch in allen wesentlichen Punkten der griechisch-russischen Kirche getreu blieb. Es gab eine Zeit in Rußland, wo das geistliche Regiment nicht schwächer war, als das weltliche, wo ein Kampf zwischen Czar und Patriarch sich entspinnen konnte, wie im deutschen Mittelalter zwischen Kaiser und Papst, und wo eine japanische Doppelherrschaft factisch bereits bestand. Es war dieß die Zeit, wo Rußland gegen das damals mächtige Polen politisch viel zu schwach war, aber die Macht, welche ihm die kirchlichen Verhältnisse gaben, recht wohl fühlte. Nikon ist in jener Zeit der bedeutendste Mann, und Ustrialow gibt hinreichend zu verstehen, daß derselbe damals auch die politischen Verhältnisse des Reichs leitete. Indeß waren die Zeitumstände überhaupt, so wie die Anwesenheit des Patriarchen in der czarischen Residenz hierarchischen Bestrebungen nicht sonderlich günstig, Nikon selbst mußte der czarischen Gewalt weichen, aber Peter hielt es für gerathen, das Patriarchat ganz aufzuheben, aus Furcht, es möchte einmal der weltlichen Herrschaft über den Kopf wachsen; er ersetzte es durch ein Collegium, die sogenannte allerheiligste Synode. Indeß war es ihm nur darum zu thun, die geistliche Macht gegenüber der weltlichen zu beschränken, sonst gewährte er ihr jede mögliche Entwicklung und Entfaltung, denn sie war die festeste Stütze und Bundesgenossin der weltlichen nach außen und innen. Man muß jene Zeit der ersten Romanows bis auf Peter studiren, wenn man die jetzige gerecht und billig beurtheilen will. Peter führte sein Reich mit Einemmal in die Reihe der europäischen Mächte ein, aber nur in Beziehung auf die äußere Politik; er gab ihm die Künste und Wissenschaften Europa's, aber nicht den Meinungskampf, aus dem die Bewegung der Geister und die Fortschritte in Kunst und Wissenschaft hervorgegangen; er wollte die Frucht des Siegs ohne den Kampf. Dieß ging, so lange die Russen in materieller Hinsicht viel zu lernen hatten. Sobald dieß nicht mehr oder nur in geringem Grade der Fall war, mußte der geistige Verkehr mit Europa die schlummernden Kräfte wecken und eine innere Reibung hervorbringen; dieß geschah namentlich seit der Einverleibung Polens, wo ein sprachverwandtes, aber mit westeuropäischen Ideen gesäugtes Volk mit Rußland in den innigsten Verkehr trat. Rußland hat noch auf geraume Zeit keine demokratischen Bewegungen zu fürchten, wohl aber ein Streben der Aristokratie nach unabhängiger Stellung; Rußland ist durch den Schutz seiner Glaubensverwandten im östlichen Polen, d. h. in Litthauen, Podolien und Volhynien groß geworden, und stützte sich dabei auf die Geistlichkeit und die große Volksmasse; der Adel war in ganz Litthauen, Volhynien, Podolien und Ostgalizien polonisirt worden; man mußte darauf hinarbeiten, ihn wieder russisch zu machen. Hierin liegt die Erklärung der von Uwarow, dem Minister des Unterrichts, ausgesprochenen, und von Ustrialow, dessen Werk als Compendium in den Unterrichtsanstalten dienen soll, wohl beherzigten Worte, daß das Unterrichtswesen im Geist der unumschränkten Alleinherrschaft, der russisch-griechischen Kirche und der Nationalität geleitet werden solle.
Es ist dieß bis zu einem gewissen Grad unvermeidlich für Rußland geworden, und wenn gleich diese Nothwendigkeit manche harte Maaßregeln keineswegs entschuldigt, so erklärt sie doch im Allgemeinen die abgeschlossene Richtung. Man hat die Künste und Wissenschaften Europa's wie eine Art Raub davon geführt, und will die nationale geistige Entwicklung des Volks wieder da anknüpfen, wo Peter sie ursprünglich gefunden; man will diese Entwicklung möglichst national machen und lassen, um dem fremden Einfluß vorzubeugen, da das westeuropäische Element zersetzend auf einen solchen Zustand einwirken muß, wie er noch in Rußland existirt. Die russische Regierung hält, wohl nicht mit Unrecht, die Mehrzahl ihres Volks für keineswegs reif, einen Principienstreit, vielleicht eine Glaubensspaltung zu ertragen, und so verfiel sie auf das freilich kaum minder
gefährliche Mittel, eine Einheit des Glaubens durch politische Mittel allmählich herbeizuführen, und dazu ist freilich eine strenge Absperrung gegen außen das erste Erforderniß. Daß das System zum mindesten eine lange Zeit einen günstigen Erfolg für sich haben wird, davon kann sich jeder überzeugen, der die Geschichte Rußlands vor Peter kennt, und zu dieser Kenntniß hat Ustrialow nicht wenig beigetragen, wenn er gleich, wie natürlich, Manches mit Stillschweigen übergehen oder nur mit halben Worten sagen muß.
Die czechoslavischen Dichter.
Von der ungarischen Gränze. Hoher Beachtung werth ist das litterarische Streben, welches in unserer Zeit unter den österreichischen Slaven rege wird und wovon die Blätter der Allgemeinen Zeitung bereits einige Andeutungen mittheilten, in denen jedoch die neuere Poesie der Westslaven gänzlich außer Acht gelassen wurde. – Der Wissenschaft konnte es bisher, bei aller Aufopferung tüchtiger Männer, in geringerem Grade gelingen, Einfluß im Volke zu gewinnen; es fehlen die Vermittelungsglieder, die höhern Lehranstalten, deren sieben Millionen zur natürlichen nationalen Bildung ganz entbehren; desto empfänglicheren, durch den Geist der Zeit bearbeiteten Boden fand das Wort des Dichters, das die Leidenschaft, die Begeisterung, die Vaterlandsliebe, die Liebe zum Volke nähren und eine große Geschichtsepoche der thatlosen, unfreundlichen, den edlen Aufschwung tödtenden Gegenwart entgegen halten konnte. So erhielten die czechoslavischen Dichter eine sociale Bedeutung, und keiner unter ihnen eine größere als Johann Kollar. Wie dieser Mann für den größten Dichter der neuern czechischen Litteratur gilt, so ist er auch unstreitig der einflußreichste Slave Oesterreichs. Seine Ideen haben am tiefsten Wurzel gefaßt; sie vorzugsweise haben das slavische Bewußtseyn geweckt. Keiner hat männlicher, ausdauernder die Uebergriffe des Patriotismus der Race bekämpft; keiner härter die Schmach der Indolenz und den Abfall vom eigenen Blute gestraft. Kollar – evangelischer Prediger in Pesth – ist ein Gelehrter und hat dieß durch mehrere Werke dargethan, aber so gediegen diese, und überhaupt so ausgebreitet seine historischen und philologischen Kenntnisse sind, seinen Ruhm gründete sein lyrisch-episches Gedicht „die Tochter des Ruhms“ (Slavy dcera). In Sonetten, die ein schöner, tief poetischer Gedanke, jener der Liebe, zu einem Ganzen verbindet, besingt er den Ruhm der Slaven und ihre tausendjährigen Leiden; sein Geist überblickt von hoher Karpathenkuppe die weiten Slavenländer der Wolga, Weichsel, Donau und Moldau, wo die Brüder wohnen; ihrem Leben, jeder ihrer schönen Thaten weiht er sein Lied; aber sein Geist schaudert zurück vor den Frevelthaten des Feindes; er sieht die mißhandelten, die gemordeten Geschlechter der Wenden, und kann sie nicht zählen; er sieht die Fremden auf den Trümmern von Arkona, auf den Gräbern der Brüder, die sie geknechtet. – Kollars Vers ist harmoniereich, seine Sprache wohlklingend, aber der Klang seines Reimes oft so weich und mild, daß er fast im Gegensatze steht zu seinem Stoff.
Wie Kollar ist sein Landsmann Johann Holy ein ächter Dichter, doch ohne Kollars Gedankenreichthum und Lebensfrische. Ein milder, aber naturkräftiger Sinn, eine elegische Wehmuth, Keuschheit der Gesinnung und der That, eine volksthümliche Gedankenverbindung zeichnen die Schöpfungen Holy's aus, deren objective Darstellungsform jedoch eine gewisse epische Breite fast durchgehends charakterisirt. Er gab zuerst Uebersetzungen einiger Gedichte des Virgil, Theokrit, Homer, Ovid, Tyrtäus und Horaz (Tyrnau 1824), dann eine Uebersetzung der Aeneis (1828) heraus. Sein Geist wandte sich nun der vaterländischen Geschichte zu; er wählte aus der schönsten Periode der Slowaken, dem groß-mährischen Reiche, „Swatopluk“ zum Helden eines großen epischen Gedichts (Swatopluk, ein Heldengedicht in zwölf Gesängen, Tyrnau 1833). In einem zweiten Epos ist es die Verbreitung der christlichen Lehre durch die griechischen Apostel Konstantin (Cyrill) und Method, und in einem dritten „Slaw,“ gedruckt in dem in Pesth erscheinenden Taschenbuche „Zora“ auf 1838 – ist es der Heldensinn und der Kampf der Väter, die ihn zu Gesängen begeistern. In dem genannten Taschenbuche theilt er auch Elegien und in frühern Jahrgängen Idyllen mit, die zur Folie die einfache Lebensweise der Karpathensöhne haben.
Holy, katholischer Pfarrer zu Madunitz im Graner Erzbisthum, schreibt im slovenischen Dialekte, während Kollar, wie die ungarischen Protestanten überhaupt, sich der böhmischen Schriftsprache bedient. Es ist dieß ein Hinderniß einer größern Verbreitung seiner Werke, aber indem er ein urkräftiges, vom Einfluß des Fremden noch unberührtes Volkselement hervorhebt, und dieses, begünstigt durch den vorherrschenden Sinn nach engerer Vereinigung, sich im Laufe der Zeit mit der czechischen Schriftsprache zu amalgamiren hat, kann der Ausdruck und die Litteratur nur gewinnen.
Tiefer auf die Gesinnung wirkte der Augustinermönch und Professor der Philosophie zu Brünn, Matthäus Klácel. Das Erscheinen des ersten Bandes seiner lyrischen Gedichte, Brünn 1836, erregte eine ungewöhnliche Aufmerksamkeit. Aber es war nicht sowohl der poetische Werth der Oden, die hier geboten wurden, als ihre sittliche Kraft, welche die Bewegung hervorbrachte. Mit Catonischer Strenge strebt er gegen das Böse, gegen die Schmach der Entartung; er warnt mit hohem Ernste die Jugend vor Verunreinigung ihres Blutes, das dem Vaterlande gehöre; dem Göttlichen, der Wahrheit sey die Seele zuzuwenden. Der zweite, später erschienene Band von diesen Gedichten scheint nicht dieselbe Aufnahme gefunden zu haben. Klácel ist ein Mann von scharfem Verstande, ein genialer Kopf voll Ideen, aber es fehlt ihm plastische Kraft und der Sinn für künstlerische Vollendung der Sprache. An die philosophische Gedankenbildung gewöhnt, treten seine Ideen, statt in Bildern, in Begriffen hervor.
Feiner gebildet, als Klácel, ohne dessen tiefen Ideengang, aber phantasie- und gemüthreicher, weicher, elastischer, erscheint uns J. Erasmus Wocel, dessen Hauptwerk „Prèmyslowci“ (die Premysliden), ein episches Gedicht, im Jahr 1839 in Prag erschien. Böhmen hat auf engem Raum eine große Geschichte, reich an Gedanken, Thaten, Heldengröße. Und in der Auffassung und Darstellung dieses reichen Lebens beurkundet sich Wocel als edler Freund des Vaterlandes, des Volkes. Böhmen soll vorwärts schreiten in der nationalen Entwicklung; darum umfaßt ihn inmitten seines Gedichts – das im ernsten Balladenton erzählt von den Thaten der Premysliden und der großen czechischen Rittergeschlechter, der Sternberge, Waldsteine, Czernine, Kollowrate, Podubrade, von den Kämpfen in der Lombardei, von den Siegen über die Tartaren und Magyaren, von dem Zuge zum baltischen Meere – wehmuthsvoller Schmerz, und er trägt die Sehnsucht und das Leid der Gegenwart in seinen Gesang und leise tönt die Klage nach den Tagen des Ruhms. Aus der Periode, welche sich Wocel gewählt, hat er stets dichterische Momente erfaßt; er zeichnet in einzelnen Gedichten, woraus das Ganze besteht, und oft mit wechselndem Versmaaße, ein vollendetes Bild, das
unsere Phantasie mächtig ergreift; einige Pinselstriche, und dem Blicke erscheint eine lebenvolle Landschaft und darin die kühnen Heldengestalten, die Schlacht, das Abenteuer; ein junger Mönch in düsterer Beleuchtung, der die Legende und vom Verbrechen des fürstlichen Vaters schreibt; ein hoher Saal und das königliche Festgepränge, und dazwischen tönt das alte Heldenlied vom Tartarenbesieger Jaroslaw. Obwohl die Gedichte größtentheils episch gehalten sind, so werden sie doch hie und da durch einen lyrischen Erguß, ein Schlachtlied, durch ein einfaches Lied der Liebe, eine Elegie, die um die alten Götter klagt, wohltönend unterbrochen. Wocels Sprache ist gebildet, doch der Vers nicht geschmeidig genug.
Fr. Ladislaw Celakowsky zu Prag, ein tüchtiges Talent, ein fester, fast starrer czechischer Charakter, übt die vollkommenste Herrschaft über die Sprache, wie dieß jedes seiner Werke und die geschmackvollen Uebersetzungen zeigen; sein Vers ist schön, künstlerisch geformt, wie bei keinem. Er liebt sein Vaterland; jede Zeile spricht davon. Aber als kalter Verstandesdichter kann er nicht begeistern, und muß sich begnügen, eine große litterarische Thätigkeit zu seyn, die unsere ganze Achtung erzwingt. Vorzüglich sind seine Nachklänge russischer Lieder, und seine in diesem Jahr erschienenen „Nachklänge böhmischer Lieder;“ er zeigt hier, wie tief er den dichtenden Volksgeist und das Volkslied zu verstehen, wie meisterhaft er dasselbe nachzubilden vermag. Celakowsky scheint die neuere Zeit wenig berührt zu haben, wenig die Bewegung, welche bei den Westslaven außerhalb der Litteratur, die ihr nicht genügen kann, ihre Strömung nimmt, die jedoch gleich achtsam ist auf die Stimmen der Männer der Wissenschaft wie der Poesie, die ihren Geist, ihre Ideen zu sich zu ziehen, ja ihnen vielleicht kühnere Bedeutung zu geben sucht, als die Litteratur zugestehen dürfte.
Mehr oder weniger Einfluß gewannen unter den lebenden Dichtern die Dramatiker Klicpera zugleich guter Erzähler), Machácek (ein braver Uebersetzer von Schiller), Turinsky, dann auch Stèpanek, dessen Producte zwar von keinem besondern Werthe sind, dem aber die böhmische Bühne ihr Emporblühen verdankt; ferner der Satyriker und Lustspieldichter Chalaupka; der Humorist J. Langer; der classische Uebersetzer Winaricky; der Liederdichter Chmetensky; der Novellist und (wiewohl mit nicht besonderm Glücke) Dramatiker Tyl, ein bewegliches Talent, das bei größerer Ruhe gereifter erschiene; er erzählt gewandt, angenehm, und hat vielleicht das größte Publicum in Böhmen; bei der Eile aber, mit der er seine Arbeiten vollendet, tritt bis jetzt keine besonders hervor.
Vom Nachwuchs erregen Hoffnungen: Ljudewit und Karl Stur, Skultety, Rubes, ein populärer Dichter, dessen „Declamationen“ viel Beifall finden, Stule, Pichl, Tomjcek, Filipek, Baron Villany und Andere. Mit J. K. Mácha erlosch die bedeutendste dichterische Persönlichkeit Böhmens; man hat von ihm nur ein kleines Gedicht „der Mai“ (Prag 1836), nach dessen Erscheinen der junge Mann starb; aber man erkennt darin eine ungewöhnliche Originalität, jene Art poetischer Kraft, welche aus tieferer moderner Weltanschauung fließt und Byron und Puschkin groß gemacht hat. Wenn bis jetzt der Dichter durch seinen patriotischen Enthusiasmus auf die Zustände der czechischen Gesellschaft eingewirkt hat, mit Màcha wäre die Dichtkunst selbst, das Genie in die Schranken getreten. Mácha am nächsten, doch nur was die Dichtungsweise betrifft, steht Karl Sabinsky.
So schreitet der Westslave muthig vorwärts; man wird seiner Anstrengung die Anerkennung nicht versagen, wenn man beachtet, daß er nur die Aufopferung und keine höhere Bildungsanstalt in seiner Sprache kennt (die Lehrkanzeln der böhmischen Sprache in Prag, Olmütz und Wien dienen dem Staatsbeamten) und die höhere Gesellschaft seinem Streben bis jetzt wenig Beachtung gezollt hat. Kein Land Europa's zeigt ein ähnliches Verhältniß.
[1565]
Erklärung.
Seit einer langen Reihe von Jahren meine Muße nur allein dem rein geschichtlich-vaterländischen Fache zuwendend, habe ich alle Aufsätze dieser Art in inländischen Journalen mit meiner bekannten Namens-Chiffer: Sch. bezeichnet. Ich finde mich demnach veranlaßt zu erklären, daß ich übrigens an keiner Tags- oder Zeitungslitteratur Antheil nehme, zugleich aber denjenigen als einen Verleumder bezeichne, welcher, mich absichtlich zu gefährden, das Gegentheil behaupten sollte, vorbehaltlich des Rechtsweges, wenn er mir mit Namen bekannt wird.
München, im April 1840.
Johann von Nepomuk Schmidt.
[1524]
Les personnes auxquelles l'usage du café ou du chocolat est défendu, celles dont l'estomac reclame un déjeûner léger et nourrissant, trouveront dans le Racahout des Arabes l'alimentation la plus agréable et la plus salutaire; cet aliment est aussi très convenable aux dames, aux enfans et à toutes les personnes faibles ou nerveuses.
[1501]
A vendre, ensuite de décès du Propriétaire, les bâtiments et terrains qui composent le Domaine du Château de Bex.
Situé dans une contrée connue par la douceur de son climat, la beauté des sites, sa fertilité et la variété de ses productions, ce domaine réunit la plupart des avantages et conditions qui peuvent tenter soit un amateur du genre pittoresque et champêtre, soit un agronome qui désirerait y suivre diverses exploitations et mettre à profit les nouvelles constructions ou établissements qui y ont été créés, joints aux perfectionnements de culture mis en œuvre depuis près de douze ans par le dernier propriétaire, sur l'échelle la plus large et avec les plus grands soins. – Ce domaine qui, s'il y avait lieu, et suivant les convenances pourrait aisément être morcelé, se compose de bâtiments de maîtres avec leurs dépendances, bâtiments ruraux, moulins ou usines, pièces ou mas de terrains divers, le tout pouvant être classé de la manière suivante.
1) Le Château ou Maison d'habitation avec environ vingt-cinq poses de terrain avoisinant, en près, vergers, champs et plantages, la majeure partie formant Enclos; édifice d'un abord élégant et facile, très solidement construit, partie moderne, partie un peu plus ancienne mais formant un très bon ensemble, restauré en 1828, présente un logement vaste et des plus comfortables comme habitation d'été et d'hiver; – ce logement se compose au 1er étage d'une chambre à manger, deux salons correspondans, vestibule décoré dans le goût du siècle passé, cuisine avec ses dépendances et chambre de domestiques, le tout très convenablement distribué avec issues indépendantes; au 2e étage six pièces ou chambres à coucher de maîtres, de plus ou moins grandes dimensions, débouchant dans un vestibule commun; au 3e étage quatre pièces (chambres à coucher de maîtres) et deux mansardes pour les domestiques; enfin un grenier soit étendage assez vaste, et dans le bas de la maison de très bonne: caves meublées pour environ quinze chars et susceptibles de l'être pour cinquante au moins avec bouteillers, fruitiers, fromagère etc.
En arrière, à deux pas du château soit au fond de la cour, corps de logis séparé pour dépendances diverses telles que bucher, buanderie, four, grenier et chambres à resserrer, atelier de tour et menuiserie, pigeonnier et volière, serre à légume et chambre d'outils etc.; derrière ces bâtiments, le jardin potager. – En face et sur le devant du château se trouvent disposées les avenues qui y conduisent, embellies par de belles eaux (jet d'eau et fontaine), un parterre de fleurs variées, une serre chaude nouvellement construite renfermant une collection de plantes et végétaux fort bien choisis et entretenus.
Les bâtiments ruraux situés à cinquante pas du château, et sur le chemin public, ont été réparés il y a peu d'années; ils se composent d'un vaste batiment servant de grange, pouvant contenir dans sa partie supérieure (outre un logément non achevé) près de douze-cents quintaux (soit cent cinquante toises) de fourrages divers; dans la partie inférieure se trouvent deux vastes remises, ecurie pour six chevaux, aire de grange, et étable pour huit à dix pièces de gros bétail; autour de la dite grange et convenablement disposés, basse-cours, hangard, étables à porcs etc.; un cours abondant de très bonne eau traverse cette partie du domaine bornant ces bâtiments sur le derrière.
2) Les Moulins ou Usines qui, bien qu'avoisinant le château pourraient aisément être entièrement détachés du reste du domaine, se composent de trois corps de logis différents, mais réunis et attenant les uns aux autres, présentant dans leur ensemble, outre deux logements et un vaste grenier, un moulin composé de trois paires de meules, une gruère, une huilerie à coins, un battoir à blé, un battoir à chanvre, un moulin à fruit, pressoirs, magasins etc.
Toutes ces constructions et mécanismes divers, établis depuis peu d'années, avec beaucoup de soin et maintenus en
parfait état, sont susceptibles, étant bien dirigés, de rendre un fort bel intérêt; à un cours d'eau abondant en toutes saisons, il y aurait facilité et convenance d'ajouter la propriété d'environ une pose de terrains attenants, dépendant actuellement du château.
3) Le petit Domaine de la Croix à vingt minutes du château dans un site des plus champêtres et sur lequel existe un bâtiment de ferme auquel on vient d'ajouter un petit logement de maître, se compose d'environ cinq poses de Prés, six ouvriers de vignes environnées de murs neufs et en très bon état, et d'une forêt de chataigners d'environ deux poses.
4) Au-dessus du dit domaine de la Croix, y attenant, et dominant toute la contrée, une forêt de chataigners d'environ quatre poses, sur laquelle existent les ruines et la tour encore bien conservée de l'antique château de Duin, position d'où l'on jouit d'un point de vue des plus remarquables.
5) Environ quatorze poses de très belles forêts de hêtres et melèzes, en deux mas distincts situés l'un et l'autre à demi-lieue du château.
6) Enfin diverses pièces de terrain détachées et plus ou moins distantes du domaine principal, qu'il serait facultatif de conserver ou de vendre séparément, présentant dans leur ensemble, environ une pose de vignes, six poses de prés et deux poses de pré flachère.
La contenance totale des terrains composant le domaine pourrait ainsi être évaluée à près de soixante poses.
Les personnes, qui désireraient de plus amples informations au sujet du dit domaine sont priées de vouloir ben s'adresser à Monsieur Victor Ausset à Bex, ou à Monsieur le Syndic Couvreu à Vevey.
NB. Bex (Canton de Vaud, Suisse), est situé à quatre lieues de Villeneuve, soit des rives du Lac de Genève, à neuf lieues de Lausanne, et vingt lieues de Genève; le trajet de cette dernière ville à Bex, se fait aisément dans un seul jour (en 8 heures) au moyen des bateaux à vapeur et correspondance de voitures.
[1531-33]
Häuser-Verkauf.
Auf creditorschaftliches Andringen wird
1) das Haus Nr. 2 in der Ludwigstraße, mit ebener Erde vier Stock hoch, nebst Anbau, Hofraum und laufendem Wasser, worauf 20,000 fl. Ewiggeld und 35,846 fl. 12 kr. Hypotheken ruhen, welches mit 29,300 fl. der Brandassecuranz einverleibt, und auf 38,000 fl. bewerthet ist;
2) das Haus Nr. 38 in der Briennerstraße, mit ebener Erde vier Stock hoch, gut gemauerten Kellern, dann zwei gemauerten Hintergebäuden (Stallung und Remisen), einem Garten, in welchem englische Anlagen und einige Sommersaletchen sich befinden, – Hofraum und laufendem Wasser, worauf 35,000 fl. Ewiggeld und 51,500 fl. Hypotheken ruhen, welches mit 50,000 fl. der Brandassecuranz einverleibt, und auf 60,000 fl. bewerthet ist, der öffentlichen Versteigerung auf
Dienstag den 2 Junius l. J.,
Vormittags 9-12 Uhr,
im Gerichtslocale Commissionszimmer Nr. 2 anmit untergestellt.
Kaufsliebhaber werden hiezu mit dem Bemerken vorgeladen, daß nur vorbehaltlich der creditorschaftlichen Genehmigung der Zuschlag des einen oder andern Hauses an den Meistbietenden erfolgen kann.
München, den 22 April 1840.
Königl. Kreis- und Stadtgericht München.
Graf v. Lerchenfeld, Dir.
Hutter.
[1529]
Todeserklärung.
Nachdem innerhalb des in der Edictalladung vom 17 Julius 1817 (Nr. 96 der Beilage zur Allg. Zeitung vom Jahre 1817) fürgesetzten Termins weder Johann Jacob Stark, Sohn des Tuchscheerers Georg Michael Stark aus Augsburg, noch allenfallsige Descendenten sich gemeldet haben, so wird der genannte Johann Jacob Stark, geboren am 19 März 1770, für todt erklärt, und dessen in 2416 fl. 9 kr. 2 pf. bestehendes Vermögen nach dem Eintritte der Rechtskraft gegenwärtiger Erklärung seinen Erben ohne Caution ausgeantwortet werden.
Augsburg, am 18 April 1840.
Königliches Kreis- und Stadtgericht.
Lic. Kellerer, Dir.
v. Gemünden.
[1562-64]
Aufforderung.
Christian Albrecht Karl Ludwig von der Tann, welcher als großherzoglich Hessen-Darmstädt'scher Fähndrich den russischen Feldzug mitgemacht hat, seitdem aber vermißt wird, und keine Kunde von seinem Leben gegeben hat, oder dessen allenfallsige Leibeserben werden aufgefordert, sich
innerhalb drei Monaten,
längstens bis zum
1 August
dieses Jahres, dahier zur Empfangnahme des ersterem gebührenden Vermögens mit den seit seiner Entfernung angefallenen Zinsen zu melden, widrigenfalls derselbe für todt erklärt und sein Vermögen den legitimirten Intestaterben ohne Caution überlassen werden würde.
Decret. Schweinfurt, 21 April 1840.
Königl. Kreis- und Stadtgericht.
Seuffert.
Stolle.
[1073-75]
Oeffentliche Vorladung.
Michael Denzler von Röbersdorf ist schon vor dem Jahre 1795 abwesend, ohne von seinem Aufenthalte Nachricht zu geben; es werden daher derselbe oder dessen etwaige Leibeserben aufgefordert, sich zur Uebernahme des in 733 fl. 52 3/4 kr. bestehenden Vermögens
bis zum 7 September l. J.
hierorts zu stellen, widrigenfalls dasselbe an die bekannten Erben gegen Caution ausgehändigt wird.
Bamberg, den 6 März 1840.
Königliches Landgericht Bamberg II.
Boveri, Landrichter.
[1466-68]
Concurs Eröffnung.
Franz Xav. Stelzhammer'sches Vermögen.
Von dem Magistrat der k. k. lf. Stadt Braunau im Innkreise wird hiemit bekannt gemacht: es sey in die Eröffnung eines Concurses über das sämmtliche bewegliche und das im Lande ob der Enns gelegene unbewegliche Vermögen des Fr. Xaver Stelzhammer, b. Silberarbeiters in Braunau, gewilligt worden.
Daher wird Jedermann, welcher an den genannten Verschuldeten eine Forderung zu stellen berechtigt zu seyn glaubt, hiemit aufgefordert,
bis 8 Mai d. J.
die Anmeldung derselben in Gestalt einer förmlichen Klage wider den Hrn. Dr. Peitler als aufgestellten Concursmassevertreter bei diesem Magistrat um so gewisser einzureichen, und in demselben nicht nur die Richtigkeit seiner Forderung, sondern auch das Recht, kraft dessen er in diese oder jene Classe gesetzt zu werden begehrt, zu erweisen, widrigens nach Verfließung des bestimmten Termins Niemand mehr gehört werden, und diejenigen, die ihre Forderungen bis dahin nicht angemeldet haben, in Rücksicht des gesammten oben bezeichneten Vermögens ohne Ausnahme auch dann abgewiesen seyn sollen, wenn ihnen wirklich ein Compensationsrecht gebührte, oder wenn sie auch ein eigenes Gut von der Masse zu fordern hätten, oder wenn ihre Forderung auf ein liegendes Gut des Verschuldeten vorgemerkt wäre, so daß solche Gläubiger, wenn sie etwa in die Masse schuldig seyn sollten, die Schuld ungehindert des Compensations-, Eigenthums- oder Pfandrechts, das ihnen sonst zu Statten gekommen wäre, abzutragen verhalten werden würden.
Zugleich wird zur Wahl der Gläubigerausschüsse, dann des Masseverwalters und zur allenfälligen gütlichen Ausgleichung dieser Concurssache auf
den 9 Mai d. J.
um 9 Uhr Vormittags, eine Tagsatzung angeordnet, bei welcher die sämmtlichen Gläubiger zu erscheinen haben, widrigens die Ausbleibenden mit der Mehrheit für einverstanden erachtet werden würden.
Braunau, am 22 März 1840.
Eggmüller, Bürgermeister.
Haala, Synd.
[1567-68]
Oeffentliche Bekanntmachung und Aufforderung.
Am 17 März l. J. starb die Wittwe des Peter Haas von Lampertheim, Ottilie, geborne Michel, kinderlos mit Hinterlassung eines Testaments, worin sie die Ehefrau des Peter Weidnauer IV von Lampertheim zur alleinigen Erbin ihres Nachlasses einsetzte. Die nächsten Verwandten der Verlebten konnten bis jetzt nicht ermittelt werden. Ihre Mutter, eine geborne Mades, soll von Heppenheim, ihr Vater Johann Michel aus der Gegend von Nürnberg gewesen seyn. Bei dem Mangel aller weiteren Notizen werden alle diejenigen, welche Erb- oder sonstige Ansprüche an den Nachlaß geltend machen, oder das Testament anfechten wollen, hiermit öffentlich aufgefordert, dieß um so gewisser
binnen acht Wochen
zu thun, als sonst der ganze Nachlaß der erwähnten Testamentserbin überwiesen werden wird.
Lorsch, am 20 April 1840.
Großh. hess. Landgericht daselbst.
Euler.
[1534-36]
Aufforderung.
Konrad Scherer von Zeutern hat hier vorgetragen:
„Auf mehrere meiner Liegenschaften in der Gemarkung Zeutern ist eine Forderung des Hofraths Lippert von Bruchsal mit 73 fl. eingetragen, welche mein Vater Johann Adam Scherer und dessen Ehefrau Katharina, geb. Wipf, am 18 Februar 1800 von diesem angeliehen haben sollen.
Die zum Unterpfand gegebenen Liegenschaften, nämlich: 20 Nuthen Weinberg im Gutlisberg einerseits selbst, andererseits Sebastian Klaus, Tax 25 fl. 1 Vrtl. 20 Rth. im Schweisenberg einerseits Rain andererseits Salome Dafferner, Tax 35 fl. 1 Vrtl. im Sommersberg einerseits Rain andererseits Adam Löbel, Tax 65 fl. 1 Vrtl. im Schlösselberg einerseits Johannes Kneller andererseits Aufstößer, Tax 21 fl., habe ich unterdessen von meinen verstorbenen Eltern ererbt, und sie sind auf meinen Namen im Grund- u. Gewährbuch übertragen.
Auch der Darleiher Hofrath Lippert ist schon vor mehreren Jahren gestorben, und es ist mir unbekannt, wer dessen Erben sind.
Da nun die Pfandurkunde sich nicht auffinden läßt und das Forderungsrecht jedenfalls dadurch verjährt ist, daß es über 30 Jahre nicht geltend gemacht wurde, so bitte ich in Bezug auf L. R. S. 2159 u. 60 und §. 773 d. P. O. die unbekannten Rechtsnachfolger des Darleihers öffentlich vorzuladen und nach gepflogener Verhandlung
oder nach fruchtlosem Ablauf der in der Vorladung anberaumten Frist zu Recht zu erkennen, – der oben benannte Eintrag im Unterpfandsbuche der Gemeinde Zeutern sey zu streichen.
In Folge dieses Antrags werden die unbekannten Erben des obengenannten Unterpfandsgläubigers aufgefordert, ihre Ansprüche auf obige ihrem Erblasser verpfändete Liegenschaften
innerhalb zwei Monaten
dahier geltend zu machen, widrigenfalls nach dem Antrag des Konrad Scherer der Strich des Eintrags im Pfandbuche verfügt werden wird.
Bruchsal, den 8 April 1840.
Großh. badisches Oberamt Bruchsal.
Stempf.
[1539]
Erwiederung.
Die Matth. Rieger'sche Buchhandlung in Augsburg würde sich die in Nr. 109 der Allgemeinen Zeitung befindliche Anfrage vom 15 April, die österr. militärische Zeitschrift betreffend, als ganz unnöthig haben ersparen können, wenn dieselbe ihre Bestellung auf ein Exemplar dieser Zeitschrift für 1840 wirklich im Januar d. J., wie dort gesagt ist, bei mir gemacht hätte. Denn sie würde dann längst im Besitze des ersten Heftes seyn, und auch die Fortsetzung regelmäßig zugesandt erhalten haben, wie es bei allen jenen Buchhandlungen der Fall ist, welche die Aufforderung bei Anzeige der letzten Hefte des Jahrganges 1839, auch namentlich in der Allgemeinen Zeitung, „die Bestellungen recht zeitig einzusenden,“ beachtet haben. So aber erhielt ich die erste mir von der Matth. Rieger'schen Buchhandlung zugekommene Bestellung auf Zettel vom 14 März datirt, über Leipzig in den ersten Tagen dieses Monats, wo die Sendung mit dem dritten Heft der militärischen Zeitschrift bereits abgegangen war, und seitdem kam mir noch ein Erinnerungszettel auf eben dem Wege vom 1 April datirt zu. Dieses sind die einzigen Mittheilungen, welche ich in dieser Angelegenheit von der Matth. Rieger'schen Buchhandlung erhalten habe, und es ist also nicht meine Schuld, sondern lediglich die ihrige, daß sie noch nicht im Besitze des gewünschten Exemplares der Zeitschrift ist. Auch würde es weit zweckmäßiger, als diese öffentliche Anfrage gewesen seyn, wenn die Matth. Rieger'sche Buchhandlung sich bei der Dringlichkeit der Bestellung in einem directen Briefe an mich gewendet, und mir den Auftrag gegeben hätte, ihr die ersten Hefte von hier direct mit Postwagen zuzusenden, da hingegen sie jetzt die Bestellung auf dem gewöhnlichen langsamern Wege erwarten muß.
Wien, den 22 April 1840.
J. G. Heubner.
[102]
In der Unterzeichneten ist erschienen und an alle Buchhandlungen versandt worden:
Hohenstaufen.
Ein Cyclus von Liedern und Gedichten
von Albert Knapp.
Mit 6 lithographirten Abbildungen.
8. Velinpapier. brosch. Preis 3 fl. 24 kr. oder 2 Rthlr.
Der Hr. Verf. suchte in dieser Schrift sowohl die vornehmsten Data der glorreichen hohenstaufischen Geschichte, als auch die herrliche Umgegend jenes Berges, nebst mehreren dazu gehörigen Denkmalen des Mittelalters, dem deutschen Leser in verschiedenartiger Form darzustellen. Die Hauptgesichtspunkte zur Betrachtung jenes denkwürdigen Zeitabschnittes sind in der Vorrede hervorgehoben, und werden den Unkundigern das Verständniß der einzelnen Partien erleichtern. Wenn dieses Buch sich namentlich den Besuchern des herrlichen Hohenstaufen zum freundlichen Begleiter anbietet, so werden dieselben gerade auf jener begeisternden und doch so tiefe Wehmuth erregenden Höhe die mit dem Lichte des Christenthums beleuchtete Natur und Geschichte wohl um so weniger verschmähen. – Stuttgart und Tübingen.
J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
[103]
In der Unterzeichneten ist erschienen und an alle Buchhandlungen versandt worden:
Vorhalle zur griechischen Geschichte und Mythologie.
Von Johann Uschold,
Professor am k. bayer. Gymnasium zu Straubing.
Zweiter Theil.
Gr. 8. Preis 2 fl. 42 kr. oder 1 Rthlr. 16 gr.
Inhalt: 1) Die Thiersymbolik. 2) Einfluß der Thiersymbolik auf den Cultus. 3) Ueber die symbolische Bedeutung einiger Bäume. 4) Die symbolische Bedeutung des Tanzes. 5) Die symbolische Bedeutung der Kampfspiele. 6) Ueber den doppelten Wirkungskreis des Sonnengottes. 7) Ueber das Verhältniß des Apollon zum Dionysos. 8) Ueber das feindliche Verhältniß einiger Brüder. 9) Ueber den Streit des Lykargos mit Dionysos. 10) Ueber den Kampf des Herakles mit Eurytos. 11) Ueber den Kampf der Hera mit Herakles. 12) Ueber den Kampf der Pallas und Hera mit Poseidon. 13) Ueber die symbolische Bedeutung vieler Kriege. 14) Ueber die Erfindung der Buchstabenschrift durch Hermes. 15) Ueber Atlas als Himmelsträger. 16) Andeutungen über die Moiren, Horen und Charitinen. 17) Andeutungen über die Nymphen. 18) Ueber die Freier der Penelopeia. 19) Das Gefolge des Dionysos. 20) Die Homerischen Aethiopen. 21) Die Phäaken. 22) Die Hyperboreer. 23) Die Amazonen. 24) Die Kyklopen. 25) Die Telchinen und Heliaden. 26) Die Kureten und Korybanten. 27) Die Idäischen Daktylen.
Der Verfasser dieser Schrift hat durch seine Geschichte des trojanischen Krieges bereits bewiesen, wie sehr er mit dem griechischen Alterthum vertraut ist. Während er sich aber in jener Schrift auf den gefeierten Krieg und die zunächst mit demselben in Verbindung stehenden Stoffe beschränkte, verbreitet er sich in dieser Vorhalle über alle jene dunklen Sagen, welche bisher wenig beachtet wurden, mit einer solchen Gründlichkeit, daß dieselben dadurch nicht bloß ihre volle Bedeutung bekommen, sondern überhaupt die ganze Urgeschichte und Mythologie der Griechen neues Licht und eine sichere Grundlage gewinnt. Daher zweifeln wir nicht, daß dieses Werk zur Lösung vieler bisher streitigen Punkte wesentlich beitragen und bei der einfachen Darstellung des Verfassers und dem hohen Interesse des Gegenstandes allen Freunden der Litteratur, besonders jener des classischen Alterthums, eben so viel Vergnügen gewähren dürfte, als den Gelehrten vom Fache.
Stuttgart und Tübingen.
J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
[1483]
So eben ist erschienen:
J. Ritschel v. Hartenbachs
neues System, geographische Karten zugleich mit ihrem Colorit auf der Buchdruckerpresse herzustellen. 1 Rthlr.
Der als Xylograph und Typograph rühmlichst bekannte Verfasser hat in diesem Buche die wichtige Erfindung zur 4ten Säcularfeier der Buchdruckerkunst seinen Kunstgenossen und allen Freunden der Typographie uneigennützig offen dargelegt.
Leipzig, im April 1840.
Jul. Wunder.
[1475]
Medicinisch-Chirurgisch-Therapeutisches Wörterbuch.
Herausgegeben durch einen Verein von Aerzten.
Bevorwortet vom Geheimen Medicinalrath, Professor Dr. Barez.
Von diesem das Gebiet der gesammten praktischen Medicin umfassenden Werke liegt nun bereits der I. und II. Band vollständig, so wie des III. Bandes 1ste und 2te Lieferung vor. Bis zum Julius d. J. folgen noch 2-3 Doppel-Lieferungen, mit denen dann das Ganze geschlossen ist.
Bei dieser Gelegenheit darf nicht ungesagt bleiben, wie diess Werk durchaus nicht mit andern medicinischen Encyklopädien in Collision tritt, da es seine ganz eigenthümliche Richtung verfolgt. Diejenigen denen beim Erscheinen der ersten Lieferungen nur diese oder noch gar nichts von dem Buche zu Gesicht gekommen ist, werden ersucht, sich die Einsicht der beiden completen, sauber gebundenen Bände zu verschaffen, um die Ueberzeugung zu gewinnen, wie diess mit dem grössten Fleiss und der beharrlichsten Ausdauer bearbeitete Werk dem Arzte die Stelle einer bändereichen und kostspieligen medicinischen Bibliothek vertritt, und so namentlich dem von litterarischen Hülfsmitteln Entfernten vom unschätzbarsten Nutzen ist. Aber auch jedem Mediciner muss ein Werk, in dem er unter jeder Krankheitsgattung die von den berühmtesten Aerzten aller Zeiten und Nationen angewendeten Cur-Arten in übersichtlicher Ordnung zusammengestellt findet, eine ungemein willkommene Erscheinung seyn, da er ohne im Geringsten von seiner kostbaren Zeit zu opfern, in jedem Augenblick vergleichen kann, was dieser oder jener berühmte Vorgänger oder Zeitgenosse gegen diesen oder jenen Krankheitsfall mit Erfolg angewendet hat.
Ein Werk, das sonach dem Käufer nach allen Seiten hin die unschätzbarsten Vortheile gewährt, mag wohl mit Recht ein nicht genug zu empfehlendes genannt werden.
Berlin, im April 1840.
Alexander Duncker.
[1435]
Im Verlage von G. J. Manz in Regensburg ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Bihler, F. v. S., Volkspredigten auf alle Sonntage und Feste des Kirchenjahres, nebst einigen Gelegenheits-Predigten. 4ter (und letzter) Theil. 8. geh. 54 kr. oder 14 gr. (1-3ter kosten 2 fl. 42 kr. oder 1 Thlr. 18 gr.)
Ueber den Werth dieser Predigten ist in allen kathol. Journalen nur das günstigste Urtheil; so z. B. sagt die Sion (1839. 9s Heft): „Sie enthalten gesunde, kräftige Nahrung ohne alle magenverderbende Süßigkeiten in lebendiger, kernhafter Sprache, ohne besondern rhetorischen Apparat frappante Wendungen und kunstreichen Periodenbau. Sie sind, was sie heißen, „Volkspredigten,“ dem gemeinen Manne ebenso verständlich als für Andere nicht zu gemein u. s. w.“
Lenzen, geb. Sebregondi, Maria, der Sieg des Glaubens. Eine Erzählung aus dem zweiten Jahrhundert. gr. 12. geh. 1 fl. oder 15 gr.
Eine für gebildete Leser sehr zu empfehlende Erzählung; wir sind gewiß, daß sie Niemand unbefriedigt aus der Hand legen wird.
Christhold, G., Stunden der Andacht. Für Gebildete. 1ster Bd. Auch u. d. Titel: Gott in Sich und in seinen Geschöpfen. Mit 1 Stahlstiche. gr. 12. geh. 1 fl. 36 kr. oder 1 Thlr.
Ein in der Litteratur rühmlichst bekannter Autor bietet hiermit der frommen Lesewelt ein Andachtsbuch im ächt christlichen Sinne dar.
[1358]
Neu erscheint in meinem Verlage und ist in allen Buchhandlungen zu erhalten:
Schubert (Gotthilf Heinr. v.),
Die Symbolik des Traumes.
Dritte, verbesserte und vermehrte Auflage. Mit einem Anhange aus dem Nachlasse eines Visionärs: des J. F. Oberlin, gewesenen Pfarrers im Steinthale, und einem Fragment über die Sprache des Wachens. Gr. 8. 1 Thlr. 12 gr.
Für den Werth und das hohe Interesse der Schrift sprechen am besten die wiederholten Auflagen. Diese dritte Auflage kann mit Recht eine verbesserte und vermehrte genannt werden.
Einzeln ist auch zu haben:
Berichte eines Visionärs über den Zustand der Seelen nach dem Tode. Aus dem Nachlasse Johann Friedrich Oberlins, gewesenen Pfarrers im Steinthale, mitgetheilt von G. H. v Schubert, nebst einem Fragment: die Sprache des Wachens. Gr. 8. 1837. 12 gr.
Leipzig, im März 1840.
F. A. Brockhaus.
[1438-39]
Verkauf einer Bierbrauerei.
Es ist in der Stadt Nürnberg eine sehr frequente, mit allen nöthigen Utensilien, dann Schiff und Geschirr versehene Bierbrauerei aus freier Hand zu verkaufen. Zu dieser Brauerei gehört ein in der schönsten Lage der Stadt situirtes Haus, dann ein sehr guter Felsenkeller, und hat sich dieselbe schon seit vielen Jahren einer sehr soliden Kundschaft zu erfreuen. Bemerkt wird, daß ein großer Theil des Kaufschillings gegen erste Hypothek auf den zu verkaufenden Realitäten liegen bleiben kann, und wollen sich Kauflustige unter der Chiffer W. G. in portofreien Briefen an die Expedition der Allgem. Zeitung wenden.
[104]
Schillers Leben.
Aus Gelegenheit mehrerer angekündigter Lebensbeschreibungen Schillers erlaubt sich die Unterzeichnete auf nachstehendes in ihrem Verlag erschienene Werk wiederholt aufmerksam zu machen:
Schillers Leben,
verfaßt aus Erinnerungen der Familie, seinen eigenen Briefen und den Nachrichten seines Freundes Körner.
2 Theile. 8. Preis 3 fl. 48 kr. oder 2 Rthlr. 8 gr.
Diese Nachrichten von Schillers Leben sind aus dem Nachlasse seiner Wittwe geschöpft, in welchem sich viele Notizen über dasselbe, meistens Erinnerungen aus Gesprächen mit ihm, welche sie selbst in ein Ganzes zu fassen gedachte, vorfanden. Diese Nachklänge der Liebe, Erinnerungen aus Schillers Jugendzeit, von seiner ältern Schwester mitgetheilt, und die Nachrichten seines vertrautesten Jugendfreundes, lieferten manche Züge zur Vollendung der Darstellung eines Lebens, das der Welt lieb und wichtig geworden ist.
Das deutsche Publicum, an dessen Herz sich seine Jugend warf, und das sein Vertrauen so schön rechtfertigte, wird auch diese Schillers Andenken gewidmeten Blätter mit Liebe aufnehmen. Die Eintheilung derselben zerfällt in folgende Abschnitte:
I. Eltern, Kindheit, Studien, Jugend. II. Aufenthalt in Mannheim, in der Umgegend und in Bauerbach. III. Rückkehr nach Mannheim. IV. Leipzig, Dresden, Weimar. V. Neigung. Rudolstadt. VI. Rückkehr nach Weimar vom Spätjahr 1788 bis zum Frühling 1789. VII. Anstellung in Jena. Verheirathung. VIII. Häusliches Leben. Krankheit. Reise nach Schwaben. IX. Rückkehr nach Jena. Die Horen. Verbindung mit Goethe. X. Erste Vorstellung des Wallenstein, Aufenthalt in Weimar. XI. Letzte Lebensjahre und Tod. XII. Allgemeines über Schillers Charakter und Persönlichkeit.
Stuttgart und Tübingen, October 1839.
J. G. Cotta'sche Buchhandlung.
[136]
Empfehlung von Herden, Oefen und sonstigen Eisen-Waaren.
Durch Zusendungen von in- und ausländischen Gießereien bin ich in den Stand gesetzt, einem verehrlichen Publicum das Schönste, Leichteste und Nützlichste im Gebiete von Gußwaaren anzubieten, und durch das Quantum, das ich beziehe, ist es mir möglich, den HH. Eisenhändlern so billige Offerte zu machen, als die Eisenwerke selbst. – Kunstherde zum Einmauern finden sich bei mir in großer Verschiedenheit, von solchen für die kleinsten Haushaltungen bis zu den größten Wirthschaftsherden mit allen erforderlichen Einrichtungen. Meine tragbaren Sparherde erfreuen sich in den Preisen von 9 fl. bis 35 fl. des ungetheiltesten Beifalls, und finden selbst in den entferntesten Gegenden der Erde Absatz, indem sie allen Anforderungen der Köche entsprechen. – Mein bekanntes, wohl assortirtes Ofenlager zu Holz- und Steinkohlen-Feuerung vermehre ich fortwährend mit allen neuen zweckmäßigen und eleganten Modellen. – Ueber diese Oefen und Herde, so wie über alle möglichen Koch- und Heiz-Einrichtungen stehen auf Verlangen Zeichnungen, Berechnungen und Vorschläge mit Vergnügen zu Dienst, und ich werde immer suchen, die Ideen und Wünsche des Bestellers der Zweckmäßigkeit des Verlangten anzupassen. – Unter meinen sonstigen Waaren bemerke ich als besonders empfehlenswerth: sämmtliches Gesundheits- und Küchengeschirr, worunter ganz neu die holzersparenden Kaffee-Röster, ferner eiserne Sessel, Grabmonumente, Crucifixe, Dachrinnen, Kamine, Krahnen, Abtritte, Tröge und Raufen in Stallungen, Fensterrahmen, Gitter, äußerst leichte Kessel, Deichel, Blitzableiter, ganz stählerne Bestecke, Wagenachsen und -Büchsen aller Größe.
Eine besondere Aufmerksamkeit widme ich allen gegossenen Maschinentheilen, sowohl einzeln als für ganze Werke, nach einkommenden oder zu fertigenden Modellen, roh oder ausgearbeitet, wozu der hiesige Ort Vortheile darbietet, die sich selten so auf einem Platze vereinigt finden. Durch Verbindung mit einem tüchtigen Mechaniker bin ich im Stande, jedes Werk, durch Wasser-, Dampf- oder thierische Kraft betrieben, bestens auszuführen. Namentlich ann ich die beliebten Kunstmühlen mit besonderm Vortheil liefern, deren Leistungen hier an Ort und Stelle eingesehen werden können.
Für das mir in all diesem bisher so reichlich geschenkte Zutrauen verbindlich dankend, bitte ich um wohlwollende Fortsetzung derselben, und werde solches gewiß in jeder Beziehung rechtfertigen.
Immanuel Steudel in Eßlingen a. N., Königreich Würtemberg.