Meine Herren!
Aufgefordert, den Vortrag des heutigen Abends zu halten,
muſste ich mich — bei der Kürze der mir für Vorbereitung
zur Disposition stehenden Zeit — zu einem mir nahe-
liegenden Thema entschlieſsen: Entwickelung der Ver-
kehrs-Verhältnisse in Berlin — natürlich von einem
retrospectiven Standpunkt aus beleuchtet! An bereitliegendem
Material zur Erfüllung dieser Aufgabe fehlte es nicht; es ist
im Gegentheil für diesen Zweck in zu groſser Menge vor-
handen, aber die Vortragsbausteine zur Baustelle zu bringen,
sie zu ordnen und zusammenzufügen, konnte ohne thätigste
Mitwirkung von Freunden — ich nenne die Herren Gottheiner
und Wattmann — nicht gelingen; diesen dafür, — d. h. für
mehr als ich selbst leisten konnte, — zu danken ist der Zweck
dieser Anführung.
Die Uebersicht, welche ich über die Entwickelung der
Verkehrs-Verhältnisse Berlins zu geben gedenke, soll etwa
den Zeitraum von Einführung der Eisenbahnen bis heute um-
fassen. —
Doch sei mir vorher ein kurzer Rückblick auf eine
frühere Zeit gestattet.
Ein Vergleich zwischen Wien und Berlin, von Herrn
Kriegsrath v. Cölln, einem Reisenden im Anfang dieses Jahr-
hunderts, erstattet, möge, wenn auch in etwas abgeschwächter
Form, hierzu dienen.
Es heiſst dort: „Wien liegt in einem fruchtbaren Garten,
von hohen Bergen umschlossen, unter denen der Schneeberg
in Steiermark sein stets beschneites Haupt majestätisch empor-
hebt.
1*
„Berlin liegt dagegen in den Sandwüsten Arabiens; man
mag nun hineinkommen, von welcher Seite man will, aus
Ost oder West, aus Süd oder Nord, so wird man von den
keuchenden Postpferden in einem Sandmeer fortgeschleppt;
im Sommer brennt die Sonne auf diesem Sande doppelt stark
und einige von Raupen abgefressene Kiefernstämme geben
den einzigen dürftigen Schatten, der zu finden ist. Von
Bergen findet das Auge weit und breit keine Spur, und wo
man etwa Wasser findet, da ist es ein Sumpf, um den eine
Schaar von Kiebitzen ihren angenehmen Gesang erhebt. Was
man auf den Feldern erblickt, sind einzelne Kornhalme, deren
Samen hier die Vögel verloren zu haben scheinen.
„Man freut sich, wenn man endlich die Thurmspitzen
von Berlin erblickt; jetzt kommt aber nahe an der Barrière
dem Reisenden ein pestilenzialischer Geruch entgegen, denn
die Berliner laden allen ihren Unrath nahe vor den Tho-
ren ab.
„Hat man im Thore die unleidliche Revision der Accise-
beamten überstanden und dem wachthabenden Officier seine
hundert Fragen beantwortet, damit er die öffentliche Neu-
gierde befriedige, so sieht man sich in die Mitte ärmlicher
Hütten, Wiesen und Felder versetzt (es wäre denn, man
passirte in die Thore der Friedrichsstadt ein); oft sieht man
aber nichts, denn der kleinste Zephir erregt einen so uner-
träglichen Staub, daſs man die Augen fest zudrücken muſs.
„Wien hat keinen Palast oder ein öffentliches Gebäude
aufzuweisen, welches man mit dem Schlosse oder mit dem
Opern- und Zeughause, mit dem Heinrichschen Palais u. a.
in Berlin zusammenstellen könnte. Mit einem Wort: Wien
ist in Rücksicht der Bauart, der Regularität und Breite der
Straſsen mit Berlin garnicht zu vergleichen und wird dadurch
weit übertroffen.
„Dennoch hat Wien einen Vorzug auch in dieser Hin-
sicht, den man in Berlin völlig vermiſst.
„Das Pflaster ist in Wien aus Quadersteinen aufgeführt,
und man findet hier keine stinkende und unreine Rinnsteine
wie in Berlin, da diese dort sämtlich verdeckt sind.“
Sehen wir nun zu, wie sich die Verhältnisse umgestaltet
haben, und ob diese damals wohl berechtigten Klagen es
auch noch heute sind.
Nicht eine Entschuldigung, wohl aber eine Erklärung
für Versäumtes und spät erst Geschehenes ist in der raschen
Bevölkerungszunahme Berlins und seinem dadurch bedingten
räumlichen Wachsthum zu erblicken.
Mit einigem Schreck lese ich heute in dem Werk
„Ueber die Reinigung und Entwässerung der Stadt Berlin“
von Geh. Ob.-Baurath Wiebe, 1861, an dessen Abfassung ich
persönlich betheiligt war, und in welchem für ein Canali-
sations-Project die Einwohnerzahl auf 750 000 angenommen
wurde, die Worte:
„Diese Zunahme der Bevölkerung, um beinahe 59 v. H.,
dürfte so reichlich bemessen sein, daſs eine baldige Ueber-
schreitung derselben nicht leicht anzunehmen ist.“!!
Die Ausdehnung der Stadt, wie sie mit der Zeit
stattgefunden, erläutert dieser Stadtplan. —
(Demonstration.)
Unter denjenigen Arbeiten, welche zum Zwecke der
Verkehrs-Erleichterung obenan stehen, sind die Straſsen-
Durchbrüche und Straſsen-Verbreiterungen zu nennen. Die
erste Grundlage für ein planmäſsiges Vorgehen nach dieser
Richtung ist der in den 50er Jahren auf Veranlassung des
Herrn Ministers v. d. Heydt aufgestellte Bebauungsplan. Als
polizeiliche Verordnung hat er im wesentlichen eine negative
Bedeutung; er verbietet, — verbietet eine Bebauung auf
demjenigen Gebiet, welches zu Straſsen-Anlagen und Straſsen-
Verbreiterungen gebraucht wird. Aenderungen an ihm werden,
dem veränderten Bedürfniſs entsprechend, jederzeit mit Aller-
höchster Genehmigung vorgenommen. Für die Initiative zu
diesem Werk gebührt der Staatsverwaltung uneingeschränkte
Anerkennung. —
An Straſsendurchlegungen und Verbreiterungen sind
in den Jahren 1851—60 ausgeführt und haben gekostet:
desgl. in den Jahren 1861—76.
Geplant wird jetzt eine Verbreiterung der Königstraſse
und Freilegung des Schloſsplatzes bis zum Nordgiebel des
Königl. Marstall-Gebäudes.
(Demonstration.)
Wenn ich nunmehr zu der Befestigung — Pflasterung
— der Straſsen übergehe, so sei mir gestattet, zunächst eines
kurzen Gespräches Erwähnung zu thun, welches in dem Werke
„Friedrich Saſs: Berlin in seiner neuesten Zeit und Entwicklung“,
Leipzig 1846, angegeben ist:
„Als Eduard Gans im Jahre 1825 in Brüssel war, traf
er dort mit dem Grafen Sieyés zusammen. Sieyés fragte:
„Auch ich bin zu meiner Zeit in Berlin gewesen. Es sind
aber 27 Jahre her, und zwar als Gesandter der Französischen
Republik. Sind jetzt noch so viele Gegensätze als sonst vor-
handen?“
„Wie,“ meinte Gans, „Gegensätze? Bei uns ist, so viel
ich glaube, dieses Wort gar nicht anzuwenden.“
„Ich habe,“ erwiderte Sieyés, „die stärksten daselbst vor-
gefunden; breite, zum Theil wohlgebaute Straſsen und das
ärgste Pflaster, das man in einer groſsen Stadt zu finden
vermöchte; Jakobiner, die bei uns alles recht fanden, was
Robespiere, Couthon, Marat Schreckliches vollführten, und in
ihrem Lande zugleich die zahmsten und titelsüchtigsten Narren
waren, die man antreffen konnte, usw.“
In dem Werke: „Berlin im neunzehnten Jahrhundert“
von Adolph Streckfuſs. (II. Band Seite 508—509), berichtet
derselbe:
„Im Jahre 1825 sprach der König den Wunsch aus, daſs
in den besseren Stadtgegenden die sogenannten Trottoirs,
breite Granitbahnen, gelegt würden. Zuerst wurden vier
Straſsen, die Leipziger-, die Jäger-, die neue Friedrich- und
die Königstraſse als solche bezeichnet, in welchen der König
die Anlage der Trottoirs vorzugsweise wünsche; er gab das
Versprechen, daſs, wenn die Bürger sich bereit erklärten,
Trottoirs zu legen, daſs dann auch vor allen Königlichen
Gebäuden der Bürgersteig in gleicher Weise auf Königliche
Kosten verbessert werden solle.“
„Der Magistrat bestrebte sich, den Wünschen des Königs
zu entsprechen. Nicht nur in vier Straſsen, sondern auch in
einer Anzahl anderer bedeutender Verkehrswege gelang es,
auch in der Breitenstraſse, der Brüderstraſse, auf dem Schloſs-
platz usw. die Hauseigenthümer zu den von ihnen geforderten
Opfern zu gewinnen.“
„Durch eine Königliche Cabinets-Ordre vom 18. Mai 1828
wurde demnächst bestimmt, daſs überall, wo nach sach-
verständigem Ermessen die Instandsetzung der Bürgersteige
in den Straſsen Berlins und an den Plätzen polizeilich noth-
wendig erachtet werde, die Hauseigenthümer angehalten
werden sollten, Trottoirs von Granitplatten anzulegen.“
„Unter dem 26. Mai 1829 beschloſs die Commune, daſs
die Hauseigenthümer nur mit ⅓ der Kosten herangezogen
werden sollten, daſs aber ⅔ derselben durch eine neu ein-
zuführende Steuer, die Hundesteuer, aufgebracht werden
müſsten, daſs ferner die Legung der Trottoirs, soweit der
aus der Hundesteuer flieſsende Fonds reiche, straſsenweise
ausgeführt werde.“
Durch die Einführung dieses Reglements gelang es bis
zum Jahre 1840, die meisten irgend belebten Straſsen der
Stadt mit Trottoirs zu versehen.
Nach diesem Reglement, das mit ganz geringen Ab-
weichungen bis zum Jahre 1862 Geltung behielt, waren bis
zum Jahre 1860 ausgeführt:
Unbelegte Bürgersteige verblieben
innerhalb der Ringmauer in 70 Straſsen mit rot. 26 000 m
und auſserhalb der Ringmauer in 33 bebauten
Die auf Verbesserung der Bürgersteige verwendeten
Zuschüsse betrugen seit dem Jahre 1835—1860 rot. 700 000 ℳ.
Im Jahre 1862 hat das Reglement eine Abänderung dahin
erfahren, daſs statt einer Reihe Granitplatten von 3′ Breite,
deren zwei in einer Gesamtbreite von 2 m, und auſserdem die
Legung von granitnen Bordschwellen verlangt wird; daſs die
letzteren durchweg untermauert werden müssen, ist eine
weitere Forderung, die durch eine neu unterm 17. Januar 1873
veröffentlichte Polizeiverordnung bezüglich Regulirung der
Bürgersteige hinzugekommen ist; dieselbe bestimmt auſserdem,
daſs die nicht mit Platten zu belegenden Theile der Bürger-
steige mit Mosaikpflaster zu befestigen sind, und erklärt
die Befestigung der Bürgersteige mit Asphalt als zulässig.
In Folge dieser von der Polizeibehörde und den Gemeinde-
behörden durchgeführten Maſsregeln ist es dahin gekommen,
daſs gegenwärtig kaum noch irgend eine regulirte Straſse in
Berlin einer Trottoiranlage entbehrt. Die seitens der Stadt
den Grundbesitzern gewährte Beihülfe hat betragen in den
Jahren 1861—1876 — rot. 1 593 000 ℳ.
Das Straſsendammpflaster, wie schon gesagt, stand
hinter dem der übrigen Groſsstädte unseres Erdtheils, — ja,
hinter dem vieler Mittelstädte, weit zurück.
Es lag dies wohl zum gröſsten Theil an den eigen-
thümlichen Ressortverhältnissen in Bezug auf die Unterhaltung
der Straſsen.
Diese war bis zum Jahre 1820 eine Obliegenheit der
Staatsverwaltung; nach mehrjährigen Verhandlungen kam im
Jahre 1838 zwischen der letzteren und der Stadtgemeinde
ein Abkommen zu Stande, wonach der Staat auch in Zukunft
alle vor dem 1. Januar 1837 vorhanden gewesenen öffentlichen
Straſsen und Plätze zu unterhalten verpflichtet blieb, während
die Stadt die Kosten für Neuherstellung und Unterhaltung
aller von dem genannten Zeitpunkte anzulegenden Straſsen
übernahm.
Der Staat unterzog sich hiermit einer Last, die auf die
Unterhaltung einer Straſsenfläche von etwa 1 565 000 qm fest
begrenzt war, wärend die seitens der Stadt eingegangene
Verpflichtung eine gänzlich unbegrenzte blieb; so war bei-
spielsweise der Flächeninhalt der in städtischer Unterhaltung
befindlichen gepflasterten Dammflächen im Jahre 1850 bereits
auf rot. 225 400 qm herangewachsen und hat sich bis zum
Jahre 1876 auf rot. 1 772 000 qm erhöht.
In den älteren vom Staate zu unterhaltenden Straſsen lag
zu einem groſsen Theile Rundsteinpflaster; nur in wenigen
Hauptstraſsen war Fiscus dazu übergegangen, rechtwinklig
bearbeitete Steine, vornehmlich aus märkischen Findlingen,
hier und da auch aus sächsischem Porphyr, zu verwenden,
und erst seit dem Jahre 1866 hatte man sich entschlossen,
bei Umpflasterung verkehrsreicher fiscalischer Straſsen diesen
durchgehends eine Unterbettung von Kies zu geben.
Die Stadt hatte bei der Anlage neuer Straſsen anfänglich
polygonale geschlagene Feld- oder Bruchsteine zur Verwen-
dung gebracht, sich dann aber, namentlich seit dem Ende
der sechziger Jahre, dazu entschlossen, bei ihren Pflaste-
rungen, wo es sich um wichtigere Straſsenzüge handelte,
regelrecht bearbeitete Bruchsteine aus sächsischem oder pfäl-
zischem Porphyr und aus belgischem Diorit zu verwenden
und diese stets auf eine 20 cm starke Kiesbettung zu legen.
Trotz aller dieser wohlgemeinten Versuche war es nicht
möglich, das Berliner Pflaster auf einen besseren Fuſs zu
bringen, so lange noch die tiefen Berliner Rinnsteine be-
stehen bleiben muſsten, da diese es verhinderten, dem Pflaster
einen seitlichen widerstandsfähigen Halt zu verschaffen, und so-
lange man sich nicht dazu verstand, den Steinen eine feste, un-
verrückbare Unterbettung zu geben. Zu der letzteren Anord-
nung, verbunden mit der Verwendung regelmäſsig gearbeiteter
Bruchsteine von eng begrenzten Abmessungen, vermochte
oder konnte die Staatsregierung bei der Abhängigkeit der ihr
zu Gebote stehenden Mittel von den Bewilligungen des Land-
tages sich nicht entschlieſsen.
Eine Wendung zum Besseren konnte daher erst ein-
treten, nachdem am 31. December 1875 der bekannte
zwischen Staatsregierung und Stadt vereinbarte Vertrag, nach
welchem letztere für eine jährliche Rente von rot. 556 000 ℳ
die gesamte Straſsen- und Brücken-Baulast in Berlin über-
nimmt, zum Abschluſs gelangt war.
Die gesamte am 1. Januar 1876 in der Unterhaltung der
Städtischen Bauverwaltung vereinigte Dammfläche der ge-
pflasterten Straſsen betrug in runden Zahlen 3 337 000 qm,
welche nur zum allergeringsten Theil ein besseres Pflaster
aufzuweisen hatten.
Am 1. April 1892 bezifferte sich dagegen die Damm-
fläche der gepflasterten öffentlichen Straſsen und Plätze auf
sodaſs mit Steinen geringerer Güte noch eine Fläche von
etwa 2 205 000 qm verblieb, deren Ersatz durch besseres
Pflaster als die Aufgabe der städtischen Bauverwaltung in den
nächsten 10—20 Jahren zu betrachten sein dürfte.
Nach Vorstehendem hat sich die Fläche der gepflasterten
Straſsen seit 1876 um etwa 55 v. H. vermehrt, und die von
der Stadtgemeinde für Pflasterungen mit besserem Material
und für die Unterhaltung des gesamten Pflasters aufgewendeten
Kosten haben in dem Zeitraum vom 1. April 1876 bis 1. April
1892 nach einer überschläglichen Ermittlung etwa betragen
51 000 000 ℳ oder pro Jahr etwa 3 200 000 ℳ; im Jahre 1850
zahlte die Stadt 6500 ℳ!!
Als geringste Breite neuanzulegender Straſsen gilt seit
Aufstellung des Bebauungsplanes das Maſs von 19 m. Daneben
gehören für gröſsere ausgedehnte Straſsenzüge Breiten von
22, 26, 30, 33, 38 m und darüber bis 68 m nicht zu den
Seltenheiten. Bei Vertheilung der Straſsenfläche zwischen
Bürgersteig und Damm wurde in der Regel mit Ausnahme
solcher Straſsen, in denen Mittelpromenaden sich herstellen
lassen, so verfahren, daſs etwa je ein Fünftel der Gesamt-
breite auf die beiderseitigen Bürgersteige, und der Rest von
3 Fünfteln auf den Fahrdamm entfiel. Es entstanden auf
solche Weise in vielen Straſsen Straſsendämme von 12 und
15 m, die für den dort vorhandenen bezw. zu erwartenden
Verkehr mehr als ausreichend waren, und die Commune
durch Herstellung und Unterhaltung dieses Pflasters un-
nöthigerweise belasteten.
Demgegenüber hat sich namentlich in den letzten Jahren,
in denen sich die unterirdischen Leitungen, die im Straſsen-
körper Raum beanspruchen, durch Erweiterung der Gas- und
Wasserleitungen, durch Hinzutreten der Entwässerungscanäle
und Röhren, durch Rohrpost-, Telegraphen-, Telephon- und
Lichtkabelleitungen in früher nicht geahnter Weise vermehrt
haben, das Bedürfniſs herausgestellt, diese Leitungen thunlichst
unter den Bürgersteigen unterzubringen, und zu diesem
Behufe den dazu erforderlichen Raum durch Verbreiterung
der Bürgersteige, soweit es irgend ohne Schädigung des
Fuhrwerksverkehrs angänglich ist, auf Kosten der übermäſsig
breiten Fahrdämme zu beschaffen.
In eminentem Sinne hat zur Verkehrs-Verbesserung in
Berlin die Canalisation der Stadt beigetragen, denn sie hat
jeden Straſsendamm um etwa 1,2, ja 3 m nutzbar verbreitert.
Aber wohl nur wenige Unternehmungen haben sich eines
so herzlichen Widerstandes zu erfreuen gehabt, als gerade diese.
Wie die Zustände etwa beschaffen waren, möge man
aus einigen Sätzen einer Polizei-Verordnung vom 29. März
1836 ersehen. Es heiſst dort:
1. Der Bürgersteig, der Rinnstein und der Straſsendamm
müssen vor jedem Grundstück in dem bewohnten Theile der
Stadt wöchentlich zweimal, an jedem Mittwoch und Sonn-
abend, während der Sommermonate in den Stunden von
6—8 Uhr, längs der ganzen Frontlinie des Grundstückes und
der Straſsendamm auf die Hälfte seiner Breite sorgfältig ge-
reinigt werden. Der Rinnstein ist bis auf die Sohle auszu-
schippen, die vorgefundenen Unreinlichkeiten sind in Haufen
zusammenzubringen und jedenfalls noch im Laufe des Tages
von der Straſse fortzuschaffen. Um bei trockener Witterung
den schädlichen Staub zu vermeiden, muſs beim Fegen des
Dammes und des Bürgersteiges zureichendes Besprengen mit
Wasser angewendet werden u. s. w.
2. Jede Verunreinigung der Straſsen durch Heraus-
werfen von Schutt, Müll, Scherben u. s. w. wie das Ausgieſsen
von Flüssigkeiten aus den Fenstern und das Ausleeren der
Schmutzeimer auf den Straſsen oder in die Rinnsteine wird
hiemit gemessenst untersagt.
3. Müssen die Höfe u. s. w.
Berlin, 19. III. 1836.
Königl. Preuſs. Gouvernement und Polizei-Präsidium.
v. Tippelskirch. Gerlach.
Namentlich erregten die Bestrebungen, die Unrathstoffe
schleunigst aus der Stadt zu entfernen, in ausgedehntem
Maſse den Unwillen der Sanitäts-Beamten, — und das
Streben, die sämtlichen Dungstoffe landwirthschaftlich nutzbar
2
zu machen, den Unwillen der Landwirthe. Die öffentliche
Meinung war — wie so oft — ein Spielball, den sich Sonder-
interesse und Unkenntniſs der Dinge lustig zuwarfen.
Eine Zeitung sprach die Frage aus, ob Virchow und Ho-
brecht mehr in ein Zuchthaus oder in ein Irrenhaus gehörten.
Namentlich war es die Berieselung, welche angegriffen
wurde. So berichtet die Spenersche Zeitung vom 31. October
1871, Faucher habe in seinem vortrefflichen Buche über die
inneren Eisenbahnen Londons gesagt:
Daſs es mit der Berieselung nichts ist, kann
doch jetzt nur noch der Eigensinn verkennen. Es
sind ja samt und sonders ganz lächerlich verlau-
fene Spielereien gewesen.
Eine Blumenlese aus einem „Aufruf an alle Mit-
bürger, denen das Wohl der Stadt wahrhaft am
Herzen liegt, die insbesondere die Ursachen der
immer heftiger werdenden Epidemien verringern
wollen“ (März 1872?) lautet also:
„In jüngster Zeit haben sich die Vertreter dieser Idee
(Canalisation) sogar zu dem kühnen Gedanken aufgeschwun-
gen, daſs es auch der volkswirthschaftlich richtigste Weg sei,
gleichgültig, ob dabei alle Gesetze der Chemie, Physik, Me-
chanik und Volkswirthschaft auf den Kopf gestellt werden.
Die Wissenschaft muſs umkehren, weil die Canali-
sationsmänner es wollen“ u. s. w.
Der Bau der Canalisation von Berlin begann im Jahre
1874. Dem Bau des Radial-System III, dessen Pumpstation
in der Schöneberger Straſse liegt, folgten nach einander
Radial-System I, II, IV, V, VI, VII, VIII, IX. X und XII.
Ausgeführt sind bis jetzt im ganzen 706 400 lfd. m Straſsen-
leitungen und angeschlossen an die Canalisation wurden
22 550 bebaute Grundstücke.
Entsprechend dem Ausbau der Canalisation im Innern
der Stadt wurden die Rieselfelder aptirt.
Begonnen wurde im Jahre 1875 mit dem Gute Osdorf.
Heute ist die Stadt Eigenthümerin von etwa 8200 ha Riesel-
güter, von denen ca. 5000 ha aptirt sind.
Herausgepumpt werden nach den Rieselfeldern, die theils
im Süden, theils im Norden von Berlin liegen, täglich im
Durchschnitt etwa 150 000 cbm, von denen etwa 90 000 cbm
auf den Süden, 60 000 cbm auf den Norden kommen. Die
ersteren sind in med. ca. 25 m, die letzteren ca. 35 m hoch
zu heben. Diese Arbeit wird geleistet von Pumpmaschinen
in einer Gesamtstärke von 5056 HP. Das Wasser gelangt
nach den Rieselfeldern durch Druckrohre von 1000 und
750 mm Dm., die eine Gesamtlänge von 86 400 lfd. m haben.
Von besonderer Bedeutung für den Verkehr ist ferner
die Straſsen-Beleuchtung; sie kann in einer Darstellung
der Verkehrs-Entwicklung nicht unbeachtet bleiben.
Auch hierüber giebt uns Streckfuſs einige interessante
Notizen aus früherer Zeit. Es heiſst dort:
„Erst im Jahre 1803 war das Erleuchtungswesen regel-
mäſsig geordnet worden. Ganz Berlin erhielt eine Beleuchtung,
während vorher in den meisten Straſsen fast vollständige
Dunkelheit geherrscht hatte. Es wurden groſse Laternen mit
Reverberen und jede mit zwei Lampen aufgestellt.“
„Eine besonders dazu errichtete Erleuchtungs-Invaliden-
Compagnie von 60 Mann mit einem Feldwebel und 5 Unter-
officieren besorgte, unter der Oberaufsicht eines Officiers,
das Anstecken und Reinigen der Lampen. Die Compagnie
zeichnete sich durch eine eigene Uniform, blaue Jacken mit
dunkelrothem Kragen, braune, lange Beinkleider, kurze Stiefel
und runde Hüte mit einem Schilde aus.“
„Die jährliche Erleuchtung Berlins kostete über 38 000 Thlr.,
wozu der König 22 853 Thlr. angewiesen hatte.“
2*
„Nur in den Hauptstraſsen waren Laternen in genügender
Zahl angebracht, in den Nebenstraſsen aber so vereinzelt,
daſs sie mehr dazu beitrugen, die Augen zu blenden, als die
Straſsen zu erleuchten; sie wurden auſserdem mit so wenig
Oel versehen, daſs sie spätestens gegen 12 Uhr in der Nacht
erloschen. Wer dann durch die Straſsen wandern wollte,
muſste sich mit einer eigenen Laterne versehen, wenn er
nicht in Gefahr gerathen wollte, übergefahren zu werden
oder in die tiefen Rinnsteine und Schmutzlöcher zu stürzen.“
„Am 21. April 1825 schloſs das Ministerium des Innern
und der Polizei mit einer englischen Gesellschaft einen Vertrag,
durch welchen diese sich verpflichtete, den gröſsten Theil der
innerhalb der Ringmauern Berlins belegenen Straſsen und
Plätze durch Gas zu erleuchten.“
„Nach diesem Vertrage belief sich die Zahl der auf-
zustellenden Laternen im Ganzen auf 2719, von denen 1789
durch Gas, 930 mit Oel erleuchtet werden sollten.
„Am 19. September 1826 strahlten unter den Linden die
ersten Gasflammen ihr Licht aus, und damals glaubten die
Berliner, als sie in dichten Schaaren von den Linden bis zur
Schloſsbrücke auf und ab wandelten und die prächtigen Gas-
flammen anstaunten, es sei etwas Rechtes geschehen.“
Da bald darauf aber die durch die Gesellschaft her-
gestellte Beleuchtung den Anforderungen der Behörden nicht
entsprach, wurde die Stadtverwaltung von der Regierung
aufgefordert, nach Ablauf des Vertrages die Straſsenbeleuchtung
am 1. Januar 1847 selbst zu übernehmen. Dieses geschieht.
Die Gesellschaft behielt das Recht gemäſs ihrem Vertrage
in denjenigen Straſsen, in welchen sie am 1. Januar 1847
Leitungen liegen hatte, auch fernerhin Gas an Private zu
verkaufen, und sie übt dieses Recht heute noch aus, indem sie
drei Gasanstalten im Betrieb hat.
Die Stadt baute in den Jahren 1845—47 zwei Gasanstalten
und zwei Gasbehälteranstalten. Als die Stadt den Betrieb der
Beleuchtung übernahm, brannten 1863 Gasflammen und
1067 Oellampen. Im Jahre 1849 nach Fertigstellung der
Beleuchtungseinrichtung brannten 3216 Gasflammen und
46 Oellampen. Die Länge der Gasleitungen betrug insgesamt
180 km.
Im Jahre 1864 wurden die wenigen vorhandenen Oel-
lampen durch Petroleumlampen ersetzt
Die Verwendung elektrischer Lampen hatte in dem Gas-
fach Bestrebungen angeregt, durch Benutzung gröſserer Gas-
flammen gröſsere Lichtstärke zu erzielen; ein erster Versuch
fand auf dem Pariser Platz am 1. August 1881 mit 74 groſsen
Gasbrennern statt.
Mit Anwendung des elektrischen Lichtes wurde ein
erster Versuch durch die Firma Siemens u. Halske am 11. Aug.
1880 und zwar mit 4 Lampen auf dem Pariser Platz an-
gestellt. Im Herbst 1882 wurden der Potsdamer Platz und
die Leipziger Straſse durch 36 elektrische Bogenlampen er-
leuchtet. Der Betrieb erfolgte anfangs durch Siemens u.
Halske, sodann von 1886 an durch dle Berliner Elektricitäts-
werke. — Kosten 29 000 ℳ jährlich. Am 31. August 1888
trat die Beleuchtung der Linden durch 104 Bogenlampen
ein. Kosten hierfür 96 000 ℳ jährlich.
Im technischen Sinn wird die Canalisation, deren ich
schon Erwähnung gethan, erst durch das Vorhandensein einer
Wasserleitung ermöglicht.
Entstehen und Fortschritt derselben darf daher hier nicht
unbeachtet bleiben.
Auch hier erlaube ich mir den Inhalt einer Bekannt-
machung des Königl. Pol.-Präs. vom 15. März 1836, welche
für die damaligen Zustände bezeichnend ist, voranzuschicken:
Polizeiliche Bekanntmachung.
Die Bestimmung der hiesigen Feuerordnung, nach welcher
bei ausbrechendem Feuer die Bewohner der Nachbarschaft
verpflichtet sind, mit Wasser gefüllte Zober und Tienen vor
die Hausthüren zu stellen, und wenn der Brand abends oder
nachts ausbricht, in der nächsten Umgebung der Brandstelle
brennende Lichte an die straſsenwärts gelegenen Fenster zu
stellen, werden hierdurch usw. in Erinnerung gebracht.
Berlin, 15. III. 1836.
Königl. Pol.-Präsid. Gerlach.
In Bezug auf die Gewinnung von gutem Trink- und
Verbrauchswasser befand sich Berlin bis in die Mitte unseres
Jahrhunderts hinein, infolge seiner Bodenbeschaffenheit vor
vielen anderen Städten Europas in überaus günstiger Lage,
indem es in seinem Grundwasser eine durch eine groſse An-
zahl von Hof- und Straſsenbrunnen erschlossene sehr ergiebige
Quelle besaſs.
Die allmähliche Verschlechterung des Brunnenwassers,
verbunden mit dem sich von Jahr zu Jahr steigenden Be-
dürfnisse, den Inhalt der tiefen Rinnsteine und Zungenrinn-
steine durch kräftige Wasserspülung zu beseitigen, lieſs be-
reits mit dem Beginn des uns beschäftigenden Zeitabschnittes
die Frage über die Anlage einer künstlichen Wasserver-
sorgung der Stadt in lebhaften Schwung kommen. Die dar-
über geführten Verhandlungen und Berathungen führten aber
erst im Jahre 1852 zu einem Ziel, indem der damalige
Polizei-Präsident von Hinkeldey mit einem englischen Con-
sortium einen Vertrag über das Unternehmen, Berlin mit
flieſsendem Wasser zu versehen, abschloſs. Es gelang
im Frühjahr 1856 auf dem vor dem Stralauer Thor zu
einem Pumpwerk und einer Filteranlage hergerichteten
Grundstücke den Betrieb zu eröffnen. Das Anlagecapital,
anfänglich auf 1 Million Thaler geschätzt, muſste nach und
nach auf 4 000 000 Thaler erhöht worden. Die Erträgnisse
des Werkes waren zunächst mehr als unbedeutende; erst vom
Jahre 1861 an war es imstande, eine Dividende von 1 v. H.
abzuwerfen, die sich dann allerdings bis zum Jahre 1872 auf
11¼ v. H. steigerte.
Da in Bezug auf die Spülung der Rinnsteine und auch in
sonstiger Beziehung die englische Gesellschaft den über-
nommenen VerpflichtungeuVerpflichtungen nicht nachkam, ja nicht nach-
kommen konnte, so entschloſs sich die Stadtgemeinde im
Jahre 1873, das ganze Werk mit sämtlichem Zubehör und
Leitungen für den Preis von 8 375 000 Mark zu erwerben
und in eigene Verwaltung zu übernehmen. Im Jahre 1874
wurden die Mittel zur Anlegung einer groſsartigen Schöpf-
und Brunnenanlage an dem Wasserbecken des Tegeler Sees,
deren Gesamtkosten auf 19 934 000 Mark veranschlagt waren,
zunächst in Höhe von 12 600 000 Mark bewilligt. Die Gröſse
des neuen Werkes war auf die Zunahme der Einwohnerschaft
bis zu 1 Million berechnet und das zu beschaffende Wasser-
quantum auf 1000 Secunden/Liter festgesetzt.
Die Eröffnung des Tegeler Werkes, zunächst zur Hälfte,
erfolgte anno 1877.
Die Gesamtanlage der Tegeler Wasserwerke, wie sie in
dem Entwurfe von 1874 den städtischen Behörden unterbreitet
worden war, wurde in den Jahren 1886 bis 1888 zum Ab-
schluſs gebracht; es war dadureh die Möglichkeit gegeben,
die Stadt Berlin in einem Zeitraum von 24 Stunden mit
86 400 cbm durch Sandfilter gereinigten Wassers zu versehen.
Indessen vor und während des Baues war man sich schon
darüber klar, daſs die in Ausführung begriffenen Werke nicht
genügten, den Wasserbedarf der Stadt über das Jahr 1888
hinaus zu decken. Eingehende Erhebungen lieſsen den süd-
östlich von Berlin belegenen Müggelsee als die geeignetste
Schöpfquelle erkennen. Das im Frühjahr 1888 durch die
städtischen Behörden für eine Wasserwerksanlage am Müggel-
see genehmigte Project sieht eine Entnahme von in maximo
2 cbm in der Secunde aus dem Müggelsee vor, sodaſs voll-
ständig ausgeführt die neuen Werke in 24 Stunden 172 800 cbm
filtrirten Wassers, und die Anlagen in Tegel und am Müggel-
see zusammen 259 000 cbm Wasser pro 24 Stunden nach
Berlin zu liefern imstande sein würden, und somit nach den
bisherigen Erfahrungen der Bedarf von 2½ Millionen Ein-
wohnern gedeckt werden könnte.
Die hierfür erforderlichen Aufwendungen beziffern sich
überschläglich auf 20 Millionen Mark, sodaſs nach Fertig-
stellung der jetzt im Bau begriffenen Anlagen, deren Betriebs-
eröffnung im Laufe des Jahres bevorsteht, die von der Stadt-
gemeinde für die Versorgung Berlins mit reinem Wasser an-
gekauften bezw. neu angelegten Werke einen Kostenaufwand
von mindestens etwa 48 000 000 Mark erfordert haben.
Die Entwicklung der Chausseen in der Umgegend von
Berlin war im allgemeinen, obwohl diese Art der Kunst-
straſsen lange bekannt und anderweitig viel angewendet war,
eine langsame.
Die Verbindung der Hauptstadt mit den Provinzen
und mit den übrigen deutschen Staaten sowie dem Auslande
wurde bis in das vierte Jahrzehnt des neunzehnten Jahr-
hunderts hinein allein durch die Landstraſsen gebildet.
Dieselben waren, wenigstens in der näheren Umgebung
Berlins, bis gegen das Ende des 18. Jahrhunderts unbefestigt;
erst um 1790 herum wurden auf Befehl Königs Friedrich
Wilhelm II. die von Berlin nach Potsdam und Charlotten-
burg führenden Straſsen kunstmäſsig befestigt und 1799 wurde
auf Veranlassung Friedrich Wilhelms III. ein Rescript er-
lassen, das die Absicht aussprach, die Hauptstraſsen um
Berlin herum auf die Länge einer Meile chaussiren zu lassen.
In der That wurden nach diesem Erlaſs die Frankfurter
Chaussee bis Friedrichsfelde, die Tegeler Chaussee
bis zum 1. Meilenstein und die nach Freienwalde
führende Straſse nach Weiſsensee in der Zeit von
1800—1803 mit chausseemäſsiger Befestigung versehen; aber
die Kriegsunruhen, welche von da ab ganz Europa erschüt-
terten, unterbrachen das eben begonnene Werk vollständig,
und die Erschöpfung, welche nach Beendigung der Kriegs-
jahre auf dem preuſsischen Staate, ganz besonders auf der
Provinz Brandenburg und der Stadt Berlin lastete, lieſs auf
eine groſse Reihe von Jahren hinaus an eine Wiederaufnahme
der Arbeiten nicht denken.
Der Gedanke, Berlin mit den ihn umgebenden Orten
durch chaussirte Straſsen zu verbinden, wurde zuerst von
den dabei am meisten interessirten benachbarten Gemeinden
ländlicher und städtischer Art, gröſseren und kleineren Grund-
bssitzern u. s. w. aufgenommen, welche bemüht waren, in
Form von Actien das Capital zum Ausbau der Straſsen auf-
zubringen, während dasselbe aus den von den Chausseen
zu erwartenden Einnahmen verzinst und amortisirt werden
sollte.
Die Stadt Berlin wurde hierbei nicht selten von den sich
bildenden Vereinen um Unterstützung bezw. Betheiligung
angegangen.
Uebrigens waren die genannten Bestrebungen keines-
weges von leichtem oder raschem Erfolg gekrönt. Nur bei
einem einzigen Unternehmen, welches die Chaussee vor dem
Schönhauser und Prenzlauer Thore (nach Pankow und Fran-
zösisch-Buchholz) betraf, glückte es im Jahre 1825, nach
fünfjähriger Bemühung, das erforderliche Capital zusammen-
zubringen und die Befestigung der Straſsen im Sommer des
gedachten Jahres zu vollenden. Bei anderen Landstraſsen
ist es erst nach dreiſsig- und vierzigjährigen Anstrengungen
gelungen, das gewünschte Ziel zu erreichen, so beispiels-
weise bei der Landsberger Chaussee (vom Landsberger
Thor über Alt-Landsberg nach Proetzel), bei welcher
die im Jahre 1821 eingeleiteten Verhandlungen erst im Jahre
1852 zum Abschluſs gediehen, so die Chaussee vom Rosen-
thaler Thor nach Reinickendorf, zu deren Anlage be-
reits im Jahre 1822 die staatliche Genehmigung ertheilt wurde,
die aber erst in den Jahren 1848/49 durch die Stadt unter
Gewährung eines Staatszuschusses zur Ausführung gelangte.
Die im Jahre 1860 von der Stadtgemeinde Berlin zu
unterhaltenden Chausseen und chaussirten Straſsen besaſsen
eine Längenausdehnung von etwa 21 500 m, im Jahre 1877
von 26 700 m.
Infolge des unter dem 8. Juli 1875 publicirten Gesetzes
über die Dotation der Provincial- und Kreisverbände, dem-
zufolge die Stadt Berlin die bisher von der Königlichen
Ministerial-Baucommission unterhaltenen Landstraſsen und die
Chaussee im Thiergarten gegen eine jährlich zu zahlende
Rente in Höhe von 235 315 ℳ zu übernehmen gehalten war,
hob sich der Gesamtbestand der von der Commune Berlin
zu unterhaltenden Chausseen und chaussirten Straſsen auf
eine Länge von 70 600 m.
Unter Berücksichtigung der inzwischen bewirkten Pflaste-
rungen mit Steinen und Asphalt betrug die Länge der als
Chausseen noch zu unterhaltenden Straſsen am 1. April 1892:
67 540 m mit 407 500 qm befestigter Fahrbahn.
Die für diese Art der Straſsenunterhaltung aufgewen-
deten Kosten haben in den Jahren vom 1. April 1877 bis
1. April 1892 sich beziffert auf:
rot. 5 029 000 ℳ, oder auf rot. 335 300 ℳ jährlich,
während bis dahin die jährlich für Unterhaltung der Chausseen
aufzubringende Ausgabe etwa 55 000 ℳ betragen hat.
Nachdem ich in Vorgesagtem die Verkehrsstraſsen und
-wege skizzirt, glaube ich nunmehr zu den Beförderungs-
mitteln übergehen zu dürfen; unter diesen stehen, auch der
Zeit nach, Droschken und Omnibusse obenan.
Auch hier sei mir gegönnt, zunächst Artikel der Vossi-
schen Zeitung aus früheren Jahren anführen zu dürfen,
welche die damaligen Zustände aufs beste illustriren.
Ueber die Droschken, welche in besserer Gestalt
damals wohl zuerst eingeführt wurden, heiſst es dort unter
dem 27. 1. 37.:
„Es scheint daher, daſs für die öffentlichen Fuhrwerke
im Innern der Stadt ebenfalls keine weitere Beschränkung
vonseiten der Behörde nöthig sein dürfte als diejenige, welche
seither bei den Wagen beobachtet wurde, die sich an den
Thoren Berlins aufstellen. Man lasse jeden Wagenbesitzer,
gleichviel ob er einen oder mehrere Wagen aufzustellen hat,
nach Ablauf des Droschkenprivilegii zu jeder Zeit zu; man
schreibe keine Taxe vor usw.“
Ein Artikel über die Einrichtung von Omnibussen vom
3. 3. 37 lautet:
„Dem in dieser Zeitung Nr. 48 enthaltenen Aufsatze,
welcher die Veranstaltung von Gesamt-Fuhrwerken für das
berlinsche Publicum betrifft, muſs in der Hauptsache völlig
beigestimmt werden, daſs die Einrichtung solcher Personen-
Fuhrwerke wünschenswerther und besser sei, die zu bestimm-
ten Zeitpunkten gewisse am meisten belaufene Straſsen un-
fehlbar durchfahren, und für eine billigst zu bestimmende
Bezahlung die Fahrlustigen an zu bestimmenden Orten auf-
nehmen und absetzen müssen. Wie es scheint, wird aber
dieser Zweck nur auf die nachfolgend angegebene Weise
erreicht werden können. 1) Nach Verhältniſs der Durch-
kreuzungen, in welchen das Durchschneiden Berlins von den
nöthig scheinenden Straſsen für das in Rede stehende Personen-
Fuhrwerk erforderlich gehalten werden wird, müssen 1, 2
oder sogar 3 Central-Bureaus eingerichtet werden, deren
Standpunkte am besten in der Mitte der anzuordnenden
Durchschnitt-Linie sein wird. 2) An jedem Ende dieser
Durchschnitt-Linien erhält eine Personen-Fahranstalt ihren
Standpunkt angewiesen und fährt das Publicum nur nach
dem betreffenden Centralpunkte hin, wo der von der andern
Seite entgegenkommende Personenwagen diejenigen aufnimmt,
die dorthin weiter fahren wollen, während die von entgegen-
gesetzter Seite gekommenen und weiter verlangenden Personen
des Behufs den erst gedachten Wagen besteigen. 3) Auf der
etwa 3 oder 4000 Schritt langen Strecke bis zum betreffenden
Central-Bureau werden auf jede — circa 1000 Schritt ent-
haltende — Entfernung Halt-Plätze bestimmt. (Jeder dieser
Zwischenräume wird wahrscheinlich mit ½ Sgr. zureichend
bezahlt werden, sodaſs die Fahrt durch ganz Berlin oder
z. B. von Tivoli bis zum Invalidenhause 6 Sgr. kosten würde.)
6) Die Central-Bureaus haben keine Geldeinnahme und keine
Sorge für die Fuhrwerks-Beschaffung, sondern nur die Auf-
sicht über die zu beobachtende Ordnung, wobei ihnen Gens-
darmen zu Hülfe gegeben werden können.“
Im Laufe des Sommers 1837 scheint nun auch ein
erheblicher Fortschritt in dem Droschkenfuhrwesen eingetreten
zu sein, den uns ein Artikel der Vossischen Zeitung vom
3. October 1837 folgendermaſsen schildert:
„Wer seit Sonntag, wo die neuen Droschken fahren, noch
einen Unterschied zwischen Berlin und London findet, muſs
ebenso unpratriotisch als parteiisch sein. Wer hat nicht über
das Gewühl der Wagen und derer, die fahren wollten, er-
staunen müssen? Es war nicht heiſs, nicht kalt, kein Sonnen-
brand, kein Regen, unsere alten Droschken hätten zu Dutzen-
den gestanden und sich todt ennuyirt, aber die neuen! Das
war eine andere Welt, wie rasselten und fuhren die durch
alle Straſsen, alle Wege des Thiergartens! Wie Hühner,
denen man das Futter ausstreut, eilten die Berliner von allen
Seiten zusammen, wo sich eine neue Droschke leer erblicken
lieſs, und wollten hinein. —“
„Kritiker gab es auch, und einer lieſs sich so vernehmen:
Wenn das Droschken sind, was sind denn jetzt Chaisen?
Man wird ja zuletzt ganz dumm gemacht!“ —
„Blöde waren indessen die Berliner nicht mit Einsteigen.
Der Punkt von den gratis mitzunehmenden Kindern unter
zwölf Jahren hatte ihnen besonders in der Ankündigung ge-
gefallen. Die Kinderköpfe guckten aus den Droschken wie
auf Raphaels Bildern die Engelsköpfchen aus den Wolken.
Eine Dame kam mit ihrer ganzen Pensionsanstalt, sieben
Mann weiblichen Geschlechts hoch, und verlangte für eine
Person zu fahren und alle sieben Passagiere unter zwölf
Jahren gratis mitzunehmen. Der Kutscher sträubte sich,
doch sie hatte das Zeitungsblatt in der Hand und bewies ihr
Recht. Es war ein curioser Rechtshandel.“
Im Jahre 1837 waren 130 Droschken
„ „ 1860 „ 1000 „
„ „ 1876 „ 4242 „
„ „ 1888 „ 4695 „
„ „ 1891 „ 5600 „ in Berlin.
1846 existirte ein Omnibusverkehr auf 5 Linien mit 20 Wagen.
1860 „ „ „ „ 13 „ „ 47 „
1864 „ „ „ „ 39 „ „ 393 „
1865 „ „ „ „ 36 „ „ 305 „
1866 „ „ „ „ 25 „ „ 192 „
1876 „ „ „ „ 16 „ „ 177 „
1885 „ „ „ „ — „ „ 138 „
1891 „ „ „ „ — „ „ 255 „
Befördert wurden anno 1891 28 Mill. Personen.
Als erste Pferdebahn wurde im Jahre 1865 am 25. August
die Berlin-Charlottenburger Pferdebahn mit 20 Wagen eröffnet.
Bis 1873 blieb diese die einzige Pferdebahn. 1872 erhielt
die „Groſse Berliner Pferdebahn-Actiengesellschaft“ die Con-
cession für den Ausbau des Pferdebahnnetzes. Am 8. Juli
1873 fand die Eröffnung der ersten von dieser Gesellschaft
gebauten Strecke statt.
1873 waren im Betrieb 22 Wagen auf 12 000 m Gleis,
1876 „ „ „ 196 „ „ 90 000 „ „
1881 „ „ „ 558 „ „ 172 000 „ „
1888 „ „ „ 966 „ „ 285 000 „ „
1891 „ „ „ 1220 „ „ 312 000 „ „
auf denen im letztgenannten Jahr 145 Mill. Personen beför-
dert wurden.
Es existiren jetzt in Berlin 3 Pferdebahn-Actien-Gesell-
schaften:
1. die Berlin-Charlottenburger Pferdeeisenbahn-Gesellschaft,
2. „ Groſse Berliner „ „ „
3. „ Neue Berliner „ „ „
Dampfstraſsenbahnen innerhalb des Weichbildes von Berlin
sind nicht vorhanden, dagegen führen vom Westen Berlins Dampf-
straſsenbahnen nach dem Grunewald (seit 1885) und nach
Wilmersdorf und Steglitz (seit 1888).
Der Personenverkehr nach den an der Spree belegenen
Vororten wird auſserdem noch durch Personendampfer bewirkt,
und zwar von der Spree-Havel-Dampfschiffahrtsgesellschaft
Stern. Diese, 1888 gegründet, erwarb die der Stralauer
Dampfschiffahrtsgesellschaft sowie der Berliner Dampfschiff-
fahrtsgesellschaft gehörenden Personendampfer. Im Jahre
1891 hat sie vermittelst 33 Dampfer 446 000 Personen be-
fördert.
Ich gehe nunmehr zu dem wichtigsten Verkehrsmittel,
zu den Eisenbahnen, über.
Auch hier lieſs sich zunächst die öffentliche Meinung
mit der bekannten Sicherheit zur Sache vernehmen.
In dem Preuſsischen Bürgerblatt Nr. 38 vom Jahre
1835 heiſst es:
„Zuletzt ist für Eisenbahnen erforderlich, daſs sie gerade
sind. Sie können nicht um Ecken herumgeführt, oder auch
nur im Bogen angelegt werden, indem sonst die Wagen durch
die Schnelligkeit ihres Laufes bei der Krümmung aus der Bahn
hinausgeschleudert werden würden.“
Ferner in der Cameralistischen Zeitung Nr. 24 vom
Jahre 1837:
„Wir wollen auch hierin einige Andeutungen folgen lassen,
die bei dem Ankauf von Actien nicht ohne Nutzen sein
dürften.“
„Je kürzer die Bahn, desto sicherer der Gewinn, usw.“
„Eine Eigenthümlichkeit der Eisenbahnen ist noch
die, daſs nur die Personenfrequenz Gewinn bringt,
und der Waarentransport wenig berücksichtigt werden
darf. Hiergegen ist nicht zu streiten, da dieser Satz durch
eine mehrfältige Erfahrung in England bereits dargethan ist,
und auch in Deutschland, die Bahn von Linz nach Budweiſs
in Böhmen, auf welcher nur wenige Personen fahren, bis
jetzt nur Deficit gebracht hat.“
Wie beschränkt der Verkehr auf den ersten Bahnen sich
gestaltete, und welche Besorgnisse man in Bezug auf den
Verkehr hatte, geht daraus hervor, daſs der Betrieb bei Nacht
untersagt war; in der Vossischen Zeitung vom 25. Februar
1839 lesen wir unter Berlin:
„Sicherem Vernehmen nach erwartet die Direction der
Berlin-Potsdamer Eisenbahn-Gesellschaft, auf ihr Gesuch vom
25. v. Mts. die höhere Erlaubniſs zur Einrichtung von Fahrten
im Dunkeln mit Pferden. Nach erlangter Erlaubniſs wird
beabsichtigt, zunächst morgens vor Abgang der Dampf-
fahrten, einmal, und abends zweimal, von jeder der zwei
Residenzstädte aus, mit Pferden zu fahren. — Die Beförderung
soll auch mit Pferden, nach einem dieserhalb contractlich
gesicherten Verhältnisse, bei zweimaligem Relais, in 1½ Stunden,
und also fast eben so rasch als durch Dampffahrten im Dunkeln
stattfinden.“
Des Ferneren lesen wir in der Vossischen Zeitung vom
22. Juni 1839 folgende Bekanntmachungen (Billetverkauf):
„Zu den Steglitzer Fahrten erfolgt der Billetverkauf eine
Stunde vor der Abfahrt auf dem Vorplatz links am Bahnhofe
in der Hirschelstraſse, sowohl für die Hin- als Rückfahrt, und
wird darauf aufmerksam gemacht, sich für letztere die
Billets gleich mit zu besorgen, da in Steglitz keine
Casse befindlich ist.“
In der ersten Zeit des Eisenbahnbetriebes der Berlin-
Potsdamer Bahn waren nämlich Billets am Bahnhof überhaupt
nicht zu verkaufen, vielmehr nur in der Gropiusschen Buch-
handlung.
Die Vossische Zeitung vom 27. September 1839 enthält
folgende Bekanntmachung:
Direction der Berlin-Potsdamer Eisenbahn-
Gesellschaft.
Berlin, 26. September 1839.
„Da die jedesmalige Heizung einer kleinen Locomotive
nicht viel mehr kostet, als wir bisher für ein Pferd pro Fahrt
bezahlten, so fallen künftig die Fahrten mit Pferden ganz weg.“
Als Beweis der verschiedenartigen Besorgnisse sei
folgender Stadtverordnetenbeschluſs, Berlin, 19. November
1840, angeführt:
„Der Stadtverordnete Herr Denant hat in einer uns über-
reichten Vorstellung auf die nachtheiligen Folgen aufmerksam
gemacht, welche für das hiesige Publicum rücksichts der
Holzpreise daraus entstehen können, daſs die Eisenbahn-
gesellschaften die Heizung mit Steinkohlen und Coacs auf-
geben und dafür die Holzfeuerung gewählt haben.
Wir halten diesen Gegenstand der Beachtung sehr werth,
und indem wir uns beehren, Einem Hochedlen Magistrat Ab-
schrift jener Vorstellung zu übersenden, ersuchen wir er-
gebenst, solche einer Berathung gefälligst unterwerfen und
die Frage erörtern zu wollen, was zur Abwendung der ge-
fürchteten Nachtheile sich etwa seitens der Communalbehörden
thun lasse.
Stadtverordnete zu Berlin.
gez. Deſselmann. L. Becker.
An
Einen Hochedlen Magistrat
hiesiger Residenz.
Diese Frage beschäftigt längere Zeit den Magistrat und
wird endlich durch ein 30 Seiten langes Gutachten des Stadt-
raths Risch erledigt, der empfiehlt, keine Maſsregeln zu
ergreifen.
Nachdem die Neugierde des Publicums in Hinsicht auf
die Eisenbahnen befriedigt war, scheint der Verkehr abge-
nommen zu haben:
Die Vossische Zeitung vom 6. Januar 1843 schreibt:
Auf der Berlin-Potsdamer Eisenbahn sind gefahren:
1839. 664 828 Personen. Einnahme 178 108 Thlr.
1840. 660 162 „ „ 174 935 „
1841. 579 481 „ „ 157 958 „
1842. 500 906 „ „ 145 490 „
Für den Straſsen-Verkehr führten zunächst die zahl-
reichen Niveau-Uebergänge der Eisenbahnen mancherlei Be-
lästigungen mit sich.
In dem Bericht über die Gemeinde-Verwaltung der Stadt
Berlin in den Jahren 1861 bis 1876 heiſst es:
Die Polizeibehörde versuchte, die Stockungen des Straſsen-
verkehrs auf ein bestimmtes Zeitmaſs einzuschränken, indem
sie für die Berlin-Potsdam-Magdeburger und Anhalter Eisen-
bahn bestimmte, daſs auſserhalb des fahrplanmäſsigen Be-
triebes die Sperrung der beiden UferstraſseuUferstraſsen des Landwehr-
canals in der Regel nicht öfter als viermal in der Stunde
stattfinden, daſs keine Sperrung länger als 7 Minuten dauern
dürfe und zwischen je zwei Sperrungen mindestens ein Zeit-
raum von 5 Minuten liegen müsse.
Erst im Jahre 1867 trat eine Besserung dadurch ein,
daſs die beiden Bahnverwaltungen sich damit einverstanden
erklärten, die in dem oben angeführten Regulativ auf 7 Mi-
nuten bemessene Sperrungsdauer auf 4 Minuten herabzusetzen.
Ein weiteres war nicht zu erreichen. Erst die Verhandlungen
aus Veranlassung der für den Potsdamer sowohl als für den
Anhalter Bahnhof projectirten Erweiterungsbauten gaben die
Möglichkeit, so viel zu erreichen, daſs die Gesellschaften sich
verpflichteten, die Niveaukreuzungen am Schöneberger und
Tempelhofer Ufer in Unterführungen der Straſsen umzu-
wandeln. Diese Verpflichtung ist in den Jahren 1870/71
bezw. im Jahre 1879 erfüllt worden.
Auch bei der Stettiner Bahn muſsten die Züge behufs
Rangirens über das ursprüngliche Bahnhofsterrain hinaus-
gehen und zu diesem Zwecke wurde dann die Straſsenkreu-
zung an der Liesenstraſse für den Verkehr geschlossen.
Im Jahre 1876 entschlossen sich die Staatsbehörden,
von der Bahngesellschaft eine solche Umgestaltung der Gleise
zu verlangen, daſs das Rangiren der Züge auf dem Niveau-
übergange gänzlich beseitigt würde.
Bei den in neuerer Zeit angelegten Bahnen: der Ost-
bahn, der Görlitzer, der Berlin-Lehrter, der Dresdener, sind
Niveaukreuzungen von Hause aus vermieden worden.
Die in den Jahren 1850 und 1851 hergestellte, jetzt
beseitigte Verbindungsbahn, welche den Stettiner mit dem
Hamburger, dem Potsdamer, dem Anhaltischen und dem
Bahnhofe der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn verband,
war fast in ihrer ganzen Ausdehnung in den Straſsendamm
bestehender, zum Theil sehr frequenter Straſsen eingelegt, so-
daſs sie Straſsen, wie die Invalidenstraſse, den Platz vor dem
Brandenburger Thore, den Potsdamer und den Askanischen
Platz für einen groſsen Theil des Tages und der Nacht ihrer
eigentlichen Bestimmung entziehen muſste.
Beschwerden wurden abschlägig beschieden; ein solcher
Bescheid war folgendermaſsen motivirt: „Auch die seiner Zeit
auſserhalb der Stadt angelegten Bahnhöfe liegen bereits im
Innern der Stadt und mit ihnen einige nicht unbedeutende
Strecken der einmündenden Eisenbahnen. Bei der fort-
schreitenden Ausdehnung Berlins wird dies noch in weit
3
höherem Maſse stattfinden, der Straſsen- und Bahnverkehr
auf langen Strecken nebeneinander herlaufen, und der letztere
damit das Fremdartige, wie den Anschein des Gefährlichen
verlieren, welcher jetzt noch so häufig den Wunsch, ihn von
den Straſsen entfernt zu sehen, hervorruft.“
Doch schon nach Jahresfrist anerkannten die Staats-
behörden selbst die Unmöglichkeit des Fortbestehens dieser
Verbindungsbahn und beschlossen, dieselbe in ihrer ganzen
Ausdehnung nach der Peripherie des städtischen Weich-
bildes hinauszulegen und derselben eine solche Richtung und
Höhenlage zu geben, daſs Niveaukreuzungen möglichst ver-
mieden würden. Das Gesetz vom 9. März 1867 genehmigte
den Bau dieser neuen Verbindungsbahn. Sie ist am 17. Juli
1871 eröffnet, sodaſs an diesem Tage der Verkehr auf den
Straſsen Berlins von einer Fessel befreit wurde, die ihm
zwanzig Jahre hindurch einige seiner Hauptadern auf die
empfindlichste Weise unterbunden hatte.
In Bezug auf die Eisenbahnen selbst sind folgende
Daten zu bemerken:
Am 30. October 1838 Berlin-Potsdamer Bahn eröffnet;
1846 bis Magdeburg verlängert. 1870—72 Umbau des Pots-
damer Bahnhofs, Hochlegung des Bahnhofs und Ueberführung
über die Uferstraſsen am Landwehrcanal.
Am 10. September 1841 Sächsische (Anhalter) Bahn
eröffnet; 1879 Bahnhof umgebaut und höher gelegt. Ueber-
führung der Gleise über die Canalstraſsen bewirkt.
Am 30. Juli 1842 Stettiner Bahn eröffnet; Bahnhofs-
umbau 1879. Ueberführung der Gleise bezw. Unterführung
der Acker- und Gartenstraſse 1891/92.
Am 23. October 1842 Niederschlesisch-Märkische
Bahn eröffnet.
Am 15. December 1846 Hamburger Bahn eröffnet.
Am 31. December 1867 Berlin-Görlitzer Bahn er-
öffnet.
Am 1. October 1867 Ostbahnanschluſs nach Berlin
fertiggestellt; 1846 war schon mit dem Bau als erste auf
Staatskosten gebaute Bahn begonnen.
Am 1. November 1871 Lehrter Bahn eröffnet.
1875. Berlin-Dresdner Bahn und Berliner Nord-
bahn eröffnet.
1850/51. Alte Berliner Ringbahn gebaut.
Am 17. Juni 1871 Neue Ringbahn eröffnet und die
alte Ringbahn cassirt.
Am 7. Februar 1882 Stadtbahn eröffnet.
Eine bedeutende Umwälzung hat die Stadtbahn im Fern-
verkehr bewirkt. Der Ostbahnhof ist ganz eingegangen, die
Züge wurden auf die Stadtbahn geführt. Der Niederschlesisch-
Märkische Bahnhof wurde in den Schlesischen Bahnhof um-
gebaut. Die Schnellzüge der Lehrter, Hamburger und Pots-
damer Bahn wurden auf die Stadtbahn geführt. — Neuerdings
sind einzelne dieser Maſsregeln rückgängig gemacht wegen
Ueberlastung der Stadtbahn.
Nach Inbetriebsetzung der Stadtbahn sind der Bahnhof
Thiergarten und Bahnhof Warschauer Straſse gebaut, auch
der Bahnhof Zoologischer Garten in einen Fernbahnhof um-
gebaut.
Ueber den colossalen Verkehr auf den Eisenbahnen stehen
mir im einzelnen Zahlen nicht zu Gebote, nur den Ver-
kehr auf der Stadtbahn habe ich 1888 mit 22 Millionen
Personen und 1891 mit 47 Millionen Personen (Stadt- und
Ringbahn einschl. Grunewald) angegeben gefunden.
Neben den in Berlin mündenden Landstraſsen bildete die
Spree und ihre Verzweigungen mit den Fluſsgebieten der
Oder und der Elbe die Hauptverbindung mit den östlichen
Provinzen und der Nord- und Ostsee.
Seit Menschen Gedenken spaltete der Strom sich vor
seinem Eintritt in das alte Stadtgebiet von Berlin und Kölln
in zwei Arme, die sich nach kurzem Laufe von etwa 1500 m
wieder vereinigten. Der nördliche war durch ein mit einer
Mühlenanlage verbundenes Stauwerk der Schiffahrt ver-
schlossen, während der südliche, der sogenannte Schleusen-
canal, welcher mit einer um 1450 errichteten, im Laufe der
Zeit mehrfach umgebauten Schleuse versehen ist, bis in die
Mitte dieses Jahrhunderts hinein die einzige Schiffahrtsver-
bindung zwischen Ober- und Unterspree, und so zwischen
Elbe und Oder geblieben ist.
Diesem unscheinbaren, häufig in seiner Bedeutung ver-
kannten und namentlich von Nichtberlinern belächelten Fluſs
verdankt die Hauptstadt des deutschen Reiches nicht zum
kleinsten Theile ihr Wachsthum und ihre Blüthe.
Die Zahl der auf der Spree innerhalb Berlins verkehren-
den Fahrzeuge belief sich im Jahre 1804 auf etwa 24 700 Stück
oder bei etwa 182 000 Einwohnern auf 13,5 Stück pro 100 Ein-
wohner und im Jahre 1840 auf etwa 48 350 Stück oder bei
etwa 328 700 Einwohnern auf 14,7 Stück pro 100 Einwohner.
Im Jahre 1845 wurde mit dem Bau des etwa 10,3 km
langen Schiffahrtscanals begonnen, welcher auf der Südseite der
Stadt oberhalb des Oberbaumes mittels einer Schiffsschleuse
und Freiarche sich abzweigte, und, indem er im allgemeinen
dem Lauf des alten Landwehrgrabens folgte, sich unmittelbar
oberhalb Charlottenburgs ebenfalls mittels Schiffsschleuse und
Freiarche mit der Unterspree wieder vereinigte.
Zwischen der Potsdamer und Anhaltischen Eisenbahn
wurde dieser Canal mit einem Hafen für etwa 35 Schiffe aus-
gestattet. Diese Anlagen waren 1850 vollendet.
Noch während der Ausführung des Landwehrcanales
wurde der sogenannte Spandauer Schiffahrtscanal, welcher
oberhalb Spandau in das Oberwasser der Havel mündet, be-
gonnen und bis zum Jahre 1859 beendet. Unmittelbar an
seinem Austritte aus der Spree erhielt der neue Wasserweg
eine zu einer Hafenanlage für 40 Schiffe, dem Humboldt-
Hafen, ausgebildete Erweiterung, der in Entfernung von
etwa 1200 m eine zweite derartige etwa gleich groſse An-
lage, der Nordhafen, folgte.
Im Jahre 1882 stellte die Königliche Staatsregierung eine
Erweiterung des Landwehrcanales her, indem sie die flachen
Erdböschungen durch schwach geneigte Revetementsmauern
ersetzte und so Raum für vier nebeneinander liegende bezw.
aneinander vorbeifahrende Fahrzeuge schaffte.
Im Jahre 1879 war die Königliche Staatsregierung daran-
gegangen, unter Zustimmung des Landtages die Märkischen
Wasserstraſsen zu erweitern und insbesondere durch die Regu-
lirung der Spree unterhalb Charlottenburgs gröſseren Kähnen
von 8—10 000 Ctr. Tragfähigkeit den Weg ins Innere der
Stadt Berlin bis zum Neuen Packhof zu öffnen; sie hatte sich
dann ferner im Jahre 1886 durch den Landtag einen Credit
in Höhe von 12 600 000 ℳ bewilligen lassen, um durch Her-
stellung des Oder-Spree-Canales die Schiffsverbindung von
der Oder nach der Oberspree auch für Fahrzeuge gröſsester
Abmessung nutzbar zu machen. Aber trotzdem war durch
diese groſsartigen Bauanlagen jenen noch immer nicht die
Möglichkeit gewährt, aus der Oberspree in die Unterspree
und umgekehrt zu gelangen, und die dem äuſserst wichtigen
Durchgangsverkehr von der Elbe (Hamburg und Magdeburg)
nach der oberen Oder (Breslau und Cosel) durch den Auf-
stau der Spree innerhalb Berlins gezogene Schranke war
noch immer nicht beseitigt. Die Regulirung der Spree inner-
halb des Berliner Weichbildes, welche auf gemeinschaftliche
Kosten der Königlichen Staatsregierung und der Stadtgemeinde
Berlin im Jahre 1888 begonnen, und im groſsen und ganzen
im Laufe des gegenwärtigen Jahres ihre Beendigung finden
wird, hilft diesem Uebelstande ab.
Die Kosten des gesamten Entwurfes sind auf 11 000 000 ℳ
veranschlagt, davon entfallen 4 600 000 ℳ auf Arbeiten,
welche, wie die Verbreiterung des Mühlendammes, der Fischer-
brücke, der Mühlenwegbrücken usw. dem Landverkehr zu
gute kommen und deshalb von der Stadtgemeinde allein ge-
tragen werden, während der Rest von 6 400 000 ℳ, welche
zur Verbesserung der Wasserstraſse verwendet werden sollen,
zu gleichen Theilen der Königlichen Staatsregierung und der
Stadt zur Last fällt.
Welchen Einfluſs seit dem Beginne des uns beschäfti-
genden Zeitabschnittes die Schiffahrt für die Entwicklung von
Berlin gehabt hat, möge aus folgenden Angaben über die
Zunahme der auf den Wasserstraſsen Berlins verkehrenden
Schiffe und die durch letztere beförderten Waren erkannt
werden:
Die im Jahre 1840 im Innern Berlins die Spree befah-
renden Schiffsgefäſse sind, wie oben bereits angegeben, auf
etwa 48 350 Stück ermittelt worden, die durch dieselben be-
förderten Waren betrugen gegen 21 200 000 Ctr. Im Jahre
1890 dagegen war die Zahl der Fahrzeuge auf etwa 92 000
Stück angewachsen, und die von ihnen aufgenommene
Ladung hatte ein Gewicht von etwa 100 000 000 Ctrn. In
dem Zeitlauf von 48 Jahren hatte sich demnach die Zahl der
Schiffsgefäſse beinahe verdoppelt, während das Gewicht der
ihnen anvertraut gewesenen Ladung sich fast um das Fünf-
fache gehoben hatte.
Für die Anlage eines neuen Hafens, der am linken Ufer
des Landwehrcanales, auf den Ländereien des ehemaligen
Urbans, seine Stelle finden soll, haben inzwischen die städti-
schen Behörden die Mittel in Höhe von 3 800 000 ℳ bewilligt
und zu seiner Ausführung Auftrag gegeben. Dieser Hafen
soll etwa 70 Schiffen Raum gewähren.
Ein erhebliches Hinderniſs in einer von lebhaftem
Straſsenverkehr durchzogenen Stadt bilden die natürlichen
und künstlichen Wasserläufe. Wie wir vorher gesehen, war
Berlin seit Jahrhunderten mit solchen Wasserstraſsen reichlich
gesegnet, und auch das jetzige Jahrhundert hat es nicht daran
fehlen lassen, die Zahl derselben zu vermehren.
Ein kurz vor dem Beginn des uns beschäftigenden Zeit-
abschnittes erschienenes, lexicographisch geordnetes Handbuch
für Berlin und Potsdam giebt die Zahl der in Berlin selbst
befindlichen Brücken auf etwa 40 an, zu denen noch 20 Brücken
über die Spree, den Landwehrgraben und die Panke in der
nächsten Umgebung der Hauptstadt hinzuzurechnen sind.
Diese Brücken waren mit geringen Ausnahmen vom
Staate errichtet und auch von diesem in baulichen Würden
gehalten. Daſs dieselben in Bezug auf ihr Aeuſseres und ihre
Construction sich besonders auszeichneten, lieſs sich mit Aus-
schluſs der Langen Brücke, der seitdem verschwundenen
Herkulesbrücke, der Königsbrücke und der Schloſsbrücke,
und etwa noch der Weidendammer- und Friedrichsbrücke,
nicht behaupten. Die gröſseste Mehrzahl der Brücken, vor-
nehmlich die über die schiffbaren Wasserstraſsen, war als
hölzerne Lochbrücken construirt, oder besaſs einen auf
massiven Pfeilern ruhenden hölzernen Ueberbau; dazu waren
sie sämtlich mit beweglichen Klappen versehen, um bei ihrer
den angrenzenden Straſsen entsprechend tiefen Lage bei
höheren Wasserständen die Schiffsfahrzeuge durchzulassen.
Auch die Breitenabmessungen dieser Brücken waren
häufig sehr geringe und erreichten vielfach bei weitem nicht
die Breite der Straſsen, in deren Zuge sie sich befanden; so
hatte beispielsweise die Weidendammerbrücke einschlieſslich
der Bürgersteige nur eine Breite von 10 m, die Ebertsbrücke
eine solche von 8,45 m, die auf den Klappen sich bis auf
5,65 m verschmälerte.
Erst bei dem Bau des Spandauer Schiffahrtscanals ging
man dazu über, die ihn überschreitenden Brücken so hoch
zu legen, daſs die Schiffe unter denselben bei jedem Wasser-
stande passiren konnten, und die seitdem über die Wasser-
läufe Berlins errichteten Brückenbauwerke sind fast ohne
Ausnahme mit festem Ueberbau versehen worden, wie z. B.
die in den Jahren 1858—65 vom Staate erbauten Alsen- und
Moltkebrücke und die von der Stadt in den Jahren 1870—74
über die Oberspree errichtete Schillingsbrücke.
Durch den bei der Besprechung der öffentlichen Straſsen
bereits erwähnten, zwischen dem preuſsischen Staatsfiscus und
der Stadtgemeinde geschlossenen Vertrag, wonach die ge-
samte Straſsen- und Brückenbaulast gegen eine jährliche, vom
Staate zu zahlende Rente von rot. 556 400 Mark, die später
durch eine einmalige Zahlung von 11 128 000 Mark abgelöst
worden ist, vom 1. Januar 1876 an die Stadtgemeinde über-
ging, wurde für alle Zukunft der Stadt die Verpflichtung auf-
erlegt, die Kosten sowohl für die bauliche Erhaltung aller
im Weichbilde Berlins befindlichen Brücken als auch die für
etwa neu zu errichtende Bauwerke zu übernehmen.
Besaſs die Stadtgemeinde in ihrer Unterhaltung bis zu
dem gedachten Zeitpunkte nicht mehr als 1 Brücke über die
Spree, 3 über den Landwehr- und Luisenstädtischen Canal,
3 über den Grünen Graben und 14 über die Panke und
sonstige offene Gräben, so traten mit Abschluſs des Vertrages
hinzu 25 Brücken über die Spree, 16 über den Grünen Graben,
5 über den Königsgraben, 21 über den Landwehr- und den
Luisenstädtischen Canal, 4 über den Spandauer Schiffahrts-
Canal und 21 über die Panke und sonstige kleinere Gewässer.
Eine erste Folge davon war, daſs die zur Unterhaltung
der Brücken jährlich aufzuwendende Summe, welche im
Jahre 1875 sich noch auf 4605 Mark gestellt hatte, im
Jahre 1876 bis auf 156 000 Mark anschwoll und seitdem
etwa zwischen 65 000 und 110 000 Mark jährlich geschwankt
hat; die weitere, aber viel folgenschwerere Consequenz war
aber die, daſs die Stadt sofort zu einem Neubau der meisten
der von ihr übernommenen Brücken zu schreiten sich ge-
zwungen sah, da dieselben zum Theil baufällig waren und
durchweg nicht mehr genügten. In welcher Weise die Ge-
meindeverwaltung dieser ihr durch den Vertrag von 1875
übertragenen Obliegenheit nachgekommen ist, mag daraus
geschlossen werden, daſs sie seit dieser Zeit, abgesehen von
verschiedenen Brücken über die Panke und der Verbreiterung
einiger noch mit Klappen versehenen Brücken, zur Ausführung
gebracht hat:
7 Brücken über die Spree,
4 Brücken über den Landwehrcanal,
2 Brücken über den Luisenstädtischen Canal,
1 Brücke über den Spandauer Schiffahrtscanal und
4 Fuſsgängerbrücken über die verschiedenen genann-
ten Wasserläufe,
daſs ferner in Ausführung sich befinden über die Spree: die
Mühlendammbrücke, die Mühlenwegbrücke, die Fischerbrücke,
die Waisenbrücke, die Friedrichsbrücke und die Ebertsbrücke,
und über den Landwehrcanal die Cottbuser Brücke, Bauten,
deren Beendigung noch im Laufe dieses Jahres zu erwarten
ist. Die Kosten der in der Zeit seit 1876 neuerbauten Brücken
über die schiffbaren Wasserstraſsen Berlins haben betragen
in runder Zahl 9 900 000 Mark, die Kosten der im Bau be-
griffenen werden sich auf etwa 4 500 000 — 5 000 000 Mark
stellen, sodaſs in den Jahren von 1876 bis Ende 1893 für
Verbesserung der Brücken seitens der Stadt ein Betrag von
14—15 000 000 Mark aufgewendet sein wird.
M. H.! Ich komme zum Schluſs.
Förderndes Eingreifen und eine allzeit bewiesene Wohl-
geneigtheit der preuſsischen Fürsten — ein unbeirrtes Vor-
angehen der Königlichen Staatsbehörden — endlich Opfer-
willigkeit der städtischen Behörden haben in dem kurzen
Zeitraum eines halben Jahrhunderts in Berlin geschaffen, was
in seiner Gröſse vielleicht beispiellos dasteht, und thatsächlich
die Bewunderung Einsichtiger hervorruft. Wenn in der Zu-
kunft das richtige Verständniſs für die eigenen, wahren
Interessen auf keiner Seite erlahmt, nicht Miſstrauen das be-
stehende Vertrauen ersetzt — das Sich-Vertragen und damit
der Vertrag das Ziel aller Betheiligten bleibt — dann wird
auch wie bisher Verkehr, Wohlhabenheit und Leistungsfähig-
keit, — nicht nur zum Nutzen der Gemeinde, sondern des
ganzen Landes und zur Förderung jedes vaterländischen
Zweckes in der Landes- und Reichshauptstadt zunehmen.