I. N. I. C. A. Vom blawen Dunst der Welt. Wiedenselben zuverhüten / Gottzuweilen ein
liebes Kind frühzeitig aus diesem Leben hinweg nimpt.
Aus dem 4. Cap. des Büchleins der Weißheit / vers. 7. biß zum 15.
DEr Gerechte / ob er gleich zu zeitlich stirbt / ist er doch in der Ruhe.
(Denn das Alter ist ehrlich / nicht das lange lebt oder viel Jahr hat / Klugheit vnter
den Menschen ist das rechte grawe Haar / vnd ein vnbefleckt Leben / ist das rechte Alter)
Denn er gefält Gott wol / vnd ist jhm lieb / Vnd wird weggeuom -
men aus
dem Lebẽ vnter den Sündern / vnd wird hingerückt / daß die Boßheit seinen Verstand
nicht verkehre / noch falsche Lehre seine Seele betriege. Denn die bösen Exempel verführen
vnd verderben einem das Gute / vnd die reitzende Lust verkehret vnschüldige Hertzen. Er
ist bald vollkommen worden / vnd hat viel Jahr erfüllet / Denn seine Seele gefält Gott /
darumb eilet er mit jhm ans dem bösen Lebeu.
GEliebte in Christo / Es istExordium à compas
sione Christi. vnser geliebter Heyland Christus Jesus ein Hoherpriester
vnd Fürbitter im Himmel / der in der Epistel an die Hebreer am 4. Cap. also beschrieben
wird: Wir habenEbr. 4, 15. nicht einen
Hohenpriester /
der nicht kundte Mitleyden haben mit vnser Schwachheit
/ sondern der versucht ist allenthalben / gleich wie wir / doch ohne Sünde. In solchen
Worten wird der thewrer Heyland allen Leydtragenden Sündern lieb vnd werth gemacht / damit
/ daß er nicht ist ein gestrenger vngestümer HErr / sondern holdselig / der Mitleyden
haben kan mit vnser Schwachheit / Welches denn zu verstehen ist / nicht allein von den
sündlichen Gebrechen / damit wir in diesem Leben vns schleppen müssen / sondern auch von
allerley Noth vnd Hertzenleid / als in welchen er selbst recht wol geüber ist.
In den Tagen seines Fleisches hat er betrübte vnd geängstete Hertzen nimmermehr von sich
gestossen / sondern allezeit Mitleyden mit jhnen getragen. Er trug Joh. 11. Luc. 7, 12.nicht allein Mitleyden mit den
Schwestern des todten Lazari / seiner lieben vnnd vertrawten Freundinnen; sondern auch mit
der Wittwen zu Nain / mit welcher er vielleicht vorhin keine Kundschafft gehabt; da man
derselben einigen Sohn hinaus zum Grabe trägt; c. 8,
52.Es jammerte jhn derselben / vnd sprach zu jhr: Weine nicht. Also auch /
da Jairus mit seinen Gefreundten sein verstorbenes Töchterlein betrawrete / sprach er:
Matth. 14, 14. Marc. 8, 2.Weinet nicht
/ sie ist nicht gestorben / sondern sie schläfft. Da viel Volcks / theils daß sie jhn
hörten / theils daß sie von jhm geheilet würden / sich bey jhm auffhielte / vnd hatte
nichts zu essen / jammerte jhn desselben. Luc. 19,
41Ja auch da er bedenckt den künfftigen Zorn / der kommen solte über die
Jüden seine Feinde / weinet er über sie.
Solch mitleydendes Hertz hat
der trewe Heyland nicht abgeleget / nachdem er sich gesetzet hat zur Rechten Gattes;
sondern wir haben an jhn einen solchen Hohenpriester vnd Versühner / der mit vnser
Schwachheit Mitleyden haben kan.
Das rühret her erstlich aus einer Liebe / denn dieEjus causae. eyfrige Liebe kan ohne Bewegniß nicht zusehen / daß den
Geltebten Leyd wiederfahre. Beym Propheten Jeremia am 31. Cap. redet Gott seine betrübte
Gemeine also an: Ich habe dich je vnd je geliebet / darumbJer. 31, 3. hab ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte /
Wolan / ich wil dich wiederumb bawen / daß du solt gebawet heissen. Diß gilt auch einer
jeglichen betrübten Seelen / die kan hie erkennen den Vrsprung / beydes / daß Gott vns zu
sich ziehet / vnd sich auch vnser in Nöthen annimpt / nemblich die Liebe: Ich habe dich je
vnd je geliebet. Aus hertzlicher Liebe thut er vns gutes / Aus hertzlicher Liebe tröstet
er vns in Trübsal / vnd hilfft vns. Ich wil dich bawen / daß du solt gebawet heissen; Ich
wil dich wieder trösten / du Trostlose / daß es sol heissen / du seyst getröstet. Wenn der
gütigeJer. 31, 20. Gott am selbigen
Ort anzeigen wil / warumb er sich über Ephraim also sehr erbarme / daß jhn sein Hertz
breche über den Jammer Ephraims / gibt er diese Vrsach: Ist nicht Ephraim mein thewrer
Sohn / vnd mein trawtes Kind? Darumb bricht mir mein Hertz gegen jhm / daß ich mich sein
erbar -
men muß / spricht der HErr. Also beym Propheten Esa. 49, 15.Esaia am 49. Cap. Wenn er wil
anzeigen / warumb er Zions nicht vergessen kan in jhrem Vnglück; redet er also: Kan auch
ein Weib jhres Kindleins vergessen / daß sie sich nicht erbarme über den Sohn jhres Leibes
/ vnd ob sie desselben vergesse / so wil ich doch dein nicht vergessen. Wie es nun
vnmüglich / daß einẽ Vater nicht solte zu Hertzen gehen der kläglicher Jammer
seines Kindes / also kan GOttes mildreiches Hertz nicht zulassen / daß er solte ansehen
das Hertzleid seiner Kinder / vnd nicht mitleyden haben. Allermeist / dieweil das
väterliche Hertz in Gott gegen vns viel brünstiger ist / denn in jrrdischen Menschen.
Eine andere Vrsach wird angezeiget in vorangezogen Sprüchlein aus dem 4. Cap. an die
Ebreer; in dem von Christo gesagt wird? Er ist versucht allenthalben gleich wie wir / doch
ohne Sünde. Vnd in folgenden Capitel derselbigeu Epistel wird von jhm gesaget: Ebr. 5, 8.Wiewol er Gottes Sohn war / hat er
doch in dem / daß er leid / gehorsam gelernet. Er hat in seinen Leyden müssen empfinden /
wie schwer es menschlichen Hertzen sey / sich allerley Angst vnd Noth in höchster Gedult
zu vnterwerffen / vnd nach Gottes Willen alles Vnglück über sich ergehen lassen. Daher
fieng er an zu zittern vnd zu zagen / vnd kämpffte mit den Todt / vnd betet: Vater ists
müglich / so nim̃ diesen Kelch von mir. In dem allen ist er ohne Sünde befunden /
als der seinen Willen abgesaget / bereit alles zu leiden / was Gott der
Vater über jhn verhängen würde. Weil er nun selbst Hertzen Angst geschmeckt / kan er
desto mehr Mitleyden tragen mit angsthafftigen betrübten Hertzen.
Nun möcht man aber sagen: Er schickt vns ja selbstOccupatio. die Trübsal zu. Ist auch wol ein Vnglück in der Stadt / daß
der HErr nicht thue? Wahr ists / durch seine schickung oder zulassung geschicht alles /
doch sollen wir vns Gott nicht einbilden als einen harten Klotz / dem keine Noth zu
Hertzen gehet / er sihet vnser Noth / hat mitleiden vnd ist bereit zu trösten vnd zu
helffen. In dem fall ist vnser Gott gleich einem trewen Vater / der sein Kind steupet /
vnd jammert jhn doch das ängstliche Flehen seines Kindes / Vnser Wollfart er forderts /
wenn wir Christen seyn / daß Gott vns Trübsal zuschicke / solte er aber damit sein
barmhertziges Hertz ablegen? daß sey ferne. Deñ ob ein Weib jhres Kindes vergiesse
/ daß sie sich nicht erbarme über den Sohn jhres Leibes / so wil ich doch dein nicht
vergessen / spricht der HErr.
In betrachtung des mitleydenden Hertzen ChristiConsectarium primnm do cet, licitũ esse, aliquando lugere. vnd
vnsers Gottes / erkennen wir / daß zu viel gefodert haben die Heydnischen Philosophi,
Stoici genandt / wenn sie begehret / daß man weder durch Glück noch Vnglück sich sol
bewegen lassen / sondern alles gleich tragen vnd annehmen / ohne alle Bewegniß des
Gemüthes. Traget Christus im Himmel mitleyden mit der betrübten Seelen / wie solte ein
Christ nicht mitley den mit dem andern tragen? vnd wie solt eine fromme Seele über einen
kläglichen Fall nicht betrübet werden? Wer wil den verdencken / der hochbetrübten Mutter
des verstorbenen
Jünglings / den wir jetzt zu seinem Ruhbettlein
begleitet; so dieselbe trawret vnd klaget über den frühzeitigen Abtritt jhres Eltesten
Sohns / welchen sie selbst über 40. Meilen vorm viertel Jahr anhero gebracht / aus
Mütterlicher Trew vnd Vorsorge / vnd jhn Christlichen Hertzen anbefohlen? Wie solte sie
ohn bestürtzung zuhören / wenn jhr die Botschafft wird zu Hause gebracht werden? Ewer Sohn
ist gestorben? Allermeist / da die Wunden wegen jhres lieben Ehemanns vnd jüngsten Sohns /
die sie in kurtzer frist verlohren / noch nicht gar werden geheilet seyn. Da der Ertzvater
Jacob die Botschafft bekam: Wir haben einen bundten Rock im Blute gefunden / sihe Gen. 37, 32.ob es deines Sohns Josephs Rock
sey oder nicht; da zureiß er seine Kleider / vnd leget einen Sack vmb seine Lenden / vnd
trug Leyd vmb seinen Sohn lange Zeit / ob zwar alle seine Söhne vnd Töchter aufftraten /
jhn zu trösten / wolte er sich doch nicht trösten lassen / sondern sprach: Ich werde mit
Leyd hinunter fahren in die Gruben / zu meinem Sohn. Da er nachmahls seinen andern Sohn
Benjamin solte in Egypten schicken / wegerte er sich sehr / vnd bekandte seine Schwachheit
. 48, 38./ vnd sprach: Mein Sohn
sol nicht hinab ziehen / denn sein Bruder ist todt / vnd er ist allein überblieben / wenn
jhm ein Vnfall auff dem Wege begegnete / würdet jhr meine grawe Haar mit Hertzeleid in die
Gruben bringen. So wenig es diesen Altvater zu verdencken / daß er sich hertzlich
bekümmert über den vermeynten Verlust seiner Kinder / so we -
nig ists
dieser hochbetrübten Mutter zu verdencken / so sie Leyd traget über den tödtlichen Abtritt
der Ihrigen; Christliche Hertzen tragen in solchen Fällen hertzlich Mitleyden vnter
einander.
Es ist aber auch tröstlich bekümmerten Hertzen / daßAlterum consectarium consolatur lugentes. derselbe
Mitleyden mit vns trägt der alles in seinen Händen hat / wie es noch einem Trost gibt /
wenn auff Erden ein Mensch mit den andern Mitleyden hat / ob schon einer dem andern nicht
viel helffen kan / so ists viel tröstlicher / daß wir wissen / Christus im Himmel hab
Mitleyden mit vns. Darumb getrost / all jhr betrübte Seelen / es wird noch alles werden
gut / besser den jhrs hoffen thut. Wenn der Geist Gottes in offt erwenten Spruch das
mitleydendes Hertz vnsers Hohenpriesters vns fürgehalten / als daß selbsten in mangerley
Hertzenangst versucht ist / setzet er stracks darauff diese Vermahnung: Darumb lasset vns
hinzu tretten / mit Frewdigkeit zu dem Gnadenstuel / auff daß wir Barmhertzigkeit empfahen
/ vnd Gnade finden / auff die Zeit / wenn vns Hülff noth seyn wird. Nur zu deinen lieben
HErrn Christo / du betrübte Seele / klag jhm deine Noth / er wird dich nicht Trostloß
lassen. Wie der HERR tröstlich zugeredet dem Jairo vnnd seinen Befreundten / die das
verstorbene Mägdlein beweineten: Weinet nicht / sie ist nicht gestorben / sie schläfft;
Also tröstet er noch in seinem Wort alle fromme Eltern die vmb den tödtlichen Abtritt
jhrer Kinder hertzlich betrübet seyn. Weine nicht / dein Kind ist nicht gestorben / es
lebet. Welches denn gewiß vnd warhafftig also wird
befunden werden in
der Aufferstehung der Gerchten. Das gibt einen newen Trost denselben / die den Todesfall
der Ihrigen betrawren. Vnsere Todten sind nicht tod; sie scynd in der Ruhe / es gehet
jhnen wol / sie seynd lebendig vnd selig in Christo Doch müssen wir hie gewiß seyn / daß
vnsere Todten in Christo gelebet vnnd entschaffen seyn. Denn so gewisse Merckzeichen da
seynd / die bezcugen / daß der Mensch nicht in Christo gelebet / was kan da für Trost
seyn? Da findet sich abermahl ein newer Trost / welcher denen angehet die junger Leute
zeitigen Todt betrawren; denn weil böse Exempel vnd die Gewonheit der Welt einem leicht
vom rechten seeligen Leben in Christo köñen abziehen / ist das freylich auch ein
Trost / daß junge Leute / an denen wir gewisse Merckzeichen finden / daß sie in Christo
Jesu gelebet vnd entschaffen seyn / der Welt betrieglichen Verführung entgangen seyn / wie
deñ das Büchlein der Weißheit in vorgenom̃en Spruch / dieses Stück als
einen sonderbahren Trost anziehet: Der Gerechte ist Gott lieb / vnd wird weggenommen aus
dem Leben vnter den Sündern / vnnd wird hingerückt / daß die Boßheit seinen Verstand nicht
verkehre / denn die bösen Exempel verführen vnd verderben eim das gute / vnd die reitzende
Lust verkehret vnschuldige Hertzen. Es steckt im selbigen Sprüchlein zwar noch mehr Trost
/ als das junge Leute / die in Christo seelig abgeschieden / alt genung geworden / dieweil
sie die rechte Weißheit erlanget / Christlich zu leben / vnd seeliglich zu sterben; daß
sie bald vollkom̃en gewordẽ seyn durch einen seligẽ Todt / viel
voll -
kommener als weñ sie hie viel Jahr erreichet / vnd
endlich daß sie in der Ruhe vnnd Seligkett seyn; So hat mir doch gefallen / nachdem mir
dieser Spruch zum Leich-Text an die Hand gegeben / allein von dem blawenThema. Dnnst der Welt zu reden / wie Gott
zuweilen junge Leute aus Liebe dahin neme / auch darum̃ / daß die Boßheit jhren
Verstand nicht verkehre / vnd das gute verderbe; damit nicht allein die Betrübten hie
Trost finden / sondern auch wir allesampt / die wir noch im leben seyn / für den Betrug
der Welt gewarnet werden. GOtt gebe Gnade / daß solche Betrachtung beydes tröstlich vnnd
aufferbawlich seyn möge / durch die Krafft des heiligen Gejstes / in Christo Jesu /
Amen.
WEnn das Büchlein der Weißheit von den Frommen vnd Gerechten / die zeitlich sterben /
also redet:Summa. Er gefält Gott wol /
vnd ist jhm lieb / vnd wird weggenommen aus dem Leben / vnter den Sündern / vnd wird
hingerückt / daß die Boßheit seinen Verstand nicht verkehre / noch falsche Lehre seine
Seele betriege / denn die bösen Exempel verführen vnd verderben eim das gute / vnd die
reitzende Lust verkehret vnschuldige Hertzen; Damit wil es kürtzlich so viel sagen; die
sündliche Gewonheit der Welt kan ein frommes Hertz leichtlich verführen / vnd jhm einen
blawen Dunst in die Augen schlagen. Das sihet Gott / der alles zuvor weis / was künfftig
geschehen kan / darumb eilet er zuweilen mit einer lieben Seele aus diesem verführischen
Leben.
Membrum thematis primum
Hie ist zu erst der blawe Dunst des sündlichen Wesens zu besehen / dadurch wir nichts
anders verstehen / denn die grewliche Verführung vnd schändlichẽ Betrug des
Weltwesens / vnter einen guten vnd angenehmen De vit
ae mundi ob nubilae.Schein. Denn gleich wie ein blawes Glaß die Augen
betrieget / wenn man dadurch sihet / vnd macht das nichts in seiner eigentlichen Farbe
gesehen wird / sondern alles in einen blawcn Schein / so verkleidet sich auch das
Weltwesen in einen blawen Nebel / vnd stellet sich da vnter den Schein eines herrligen
vñ angenehmen Wesens / vnd damit betrieget vnd verführet es vnschuldige Hertzen /
vnd verkehret das gute.
1. An fit.
Daß ein solcher blawer Dunst stecke in der sündlichen Gewonheit der Welt / bezeuget nicht
allein hie das Büchlein der Weißheit / in dem es mit klaren Worten saget: Die bösen
Exempel verführn / vnd verderben eim das Gute / die Boßheit verkehret den Verstand / vnd
schläget den Vnschuldigen einen blawen Dunst in die Augen; Sondern es wird auch
fürgebildet in der Babylonischen Hure / die mit Gold vnd Apoc. 17, 2. 4.Edelsteinen bekleidet ist / vnd hat in der
Hand einen gülden Becher / voll Weins aber mit Gifft vermischet / damit macht sie truncken
alle die auff Erden wohnen. Wenn Psal. 10,
3.David im 10. Psalm vom Gottlosen Wesen der bösen Welt saget: Der Gottlose
rühmet sich seines Muthwillens; bekennet er damit / daß das gottlose Wesen den Schein
einer Herrligkeit mit sich führe / denn wie wolt sich der Gottlose seines Muthwillens
rühmen / wenn bey seinen Muthwillen kein blawer Dunst wäre /
vnd ein
Ruhm / der bey der Welt viel gilt? Was kan warhafftiger gesaget werden von den Leuten /
die der göttlichen Rechten feilen / als das David sagt im 119. Psalm.Ps. 119. 118. Ihr Triegerey ist eitel Lügen. Daher der
Apostel Paulus zum Ephesern am 4. Den alten Menschen / welchenEph. 4, 22. die Welt Menschen nicht wollen ablegen / also
beschreibet: Der durch Lüste in Irrthumb sich verderbet / oder: Der sich verderbet durch
die betriegliche Lüste. Ein Welt Mensch verderbet sich selbst für Gott / daß er nichts
gilt / in dem er laufft / wie jhn seine fleischliche Bewegung treiben / nach Weltweise vnd
Gewonheit / vnd das geschicht in einem Irrthumb / in dem solche Weise vnd Gewonheit für
köstlich gehalten wird. Das bezeugen auch die Exempel / die man leider täglich für Augen
sihet / daß man die leidige Welt wol vergleichen kan der listigen Huren Thamar / welche
jhren eigen Schwieger-Vater den tapffern Mann Juda dahinGen. 38, 13 gebracht / daß er sie beschlieffe; eutweder daß
sie gesuchet von heiligen Geschlecht Kinder zu bekommen; oder Rache zu üben gegen Juda /
der jhr nach seiner Verheissung seinen dritten Sohn nicht wolte zur Ehe geben. Vnd solch
jhr Vorhaben hat sie erlanget durch frembde angenommene Hurengestalt. Sitzet nicht die
Welt wie eine wol außgeputzte Hure auff allen Wegen / vnnd reitzet vnd locket alle die
fürüber gehen / auch den heiligen Samen? Es würde jhr aber viel tausendmahl mißlingen / so
sie würde erkandt werden.
Wenn wir nun wissen / daß warhafftig Triegerey2.
Unde sit. stecke in dem Weltwesen / sollen wir fürs ander bedencken /
woher der blawe Dunst komme / vnd wer der Meister sey in dieser
Triegerey. Es ist aber leicht zuerachten / daß es der sey / der in heiliger Schrifft vns
beschrieben wird / Eph. 6, 12.als ein
Fürst vnd Herr der Welt / der in der Finsterniß Apoc. 12, 9.dieser Welt herrschet / vnd die gantze Welt verführet. Davon
ist insonderheit zu mercken / was geschrieben stehet 2. Cor. 4, 4iu der 2. an die Corinther am 4. Daß der Gott dieser Welt /
die Sinne der Vngläubigen verblende / daß sie nicht sehen das helle Liecht des herrlichen
Evangelij Christi. Darumb / O Menschen Kinder; wenn jhr höret wie ewer Leben in Gottes
Wort verklaget vnd gestraffet wird / vnd jhr empfindet gleichwol noch allerhand
Entschuldigung in ewrem Sinn / die euch wehren / daß jhr dem Worte Gottes keine Folge
leistet; so gedencket nicht anders / als daß der lebendiger Teuffel euch in ewrem Kopffe
sitze / vnnd bemahle euch das Gehirn mit trieglichen Farben / vnd beraube euch damit allen
Sinn vnd alles Nachdencken / daß der heiliger Wille Gottes in seinen herrlichen Evangelio
euch verdeckt bleibe. Der Sathanas ist der Meister gewesen / welchen Gen. 3, 1. 13.der Eva einen blawen Dunst für die Augen
gemahlet / in dem sie von der verbottenen Frucht aß / wie sie den bekennen müste / da sie
von Gott gefraget ward; Warumb hastu das gethan? denn sie antwortet: Die Schlange betrog
mich also / daß ich aß. Also ist noch heute / der alle Welt durch einen blawen Dunst
betrieget / eben diese Schlange / der alte Drache / der da heisset Teuffel vnd Sathanas;
das werdet jhr auch beken -
nen müssen zu seiner Zeit / Ihr Welt Kinder;
denn haltet nur gewiß dafür / daß einmahl Gott in ewrem Gewissen die Frage anstellen wird:
Warumb hastu das gethan / da werdet jhr bekennen müssen: O die Schlange hat mich
betrogen.
Es ist aber nutz fürs dritte zu bedenckeubedencken / wie der3. Quomodeßat. Sathan mit seiner Färberey vmbgehe / vnd was für Farben er
vermischt / biß er einen blawen Dunst zu wege bringet. In dem wir mit solchen Gedancken
vmbgehen / ist mein Vorhaben nicht / alle Rencke vnd List zu erzehlen / die der Verführer
gebraucht / auch heilige Leute in eine grobe Sünde zu stürtzen; sondern nur / wie er mit
Weltkindern vmbgehe / indem er sie ans Weltwesen verbindet / vnd lässet sie doch bey
solchen Gedancken / als seyn sie gute Christen / vnd können auch seelig werden. Dazu
gebraucht der Sathan mancherley Farben / denn es bestehet der Betrug nicht darin allein /
daß man Sünde nicht für Sünde hält / sondern wenn schon das Gewissen überzeuget ist / es
gehe auff Vnwege / weis doch der Sathan dem Weltwesen eine solche Gestalt zu geben / daß
die Welt Menschen davon nicht mögen ablassen.
Etliche Hauptfarben zu nennen / nimbt dieser Künstler zu erst zur Hand eine goldgelbe
Farbe / vnd reichet den Menschen Kindern einen gülden Apffel zu / macht jhnen die Welt
lieb / als wäre es lauter Gold / da es doch nur Koth vnd Dreck ist. Die Welt bestehet in
der Augen Lust / Fleisches Lust / vnd hoffärtigem Wesen / damit nun der Sathan den
Menschen zu solchen Weltwesen ziehe / ist seine erste Sorge / wie das Menschliche Hertz
die
Welt recht lieb gewinne / dazu es auch selbst von Natur geneiget
ist. Er wendet vnser Augen auff Reichthumb / daß wir betrachten / wie Gold vnd Geld nicht
allein liebliche Schätze seyn / sondern auch wie es in der Welt viel kan vnd vermag. Er
wendet vnsere Augen zum Wolleben der Welt / wie es ein lustig Ding sey / Pancketiren /
Lachen / Spielen / vnd in allerhand Vppigkeit leben. Er wendet vnsere Augen auff Ehr /
Ruhm vnd Hoheit in der Welt / vnd daß es vns wol gefalle das Menschen viel von vns reden
vnd halten / vnnd vor allen bildet er vns hart ein / was reputation für ein köstlich Ding
sey / damit macht er vns denn gantz weltlich / daß vnser Hertz den weltlichen Dingen
anhange. Was ists aber / daß wir so sehr lieben / daß wir auch Gottes vnd des Himmels
darüber 1. Tim. 6, 17. Ps. 49,
18.vergessen? Ist der weltlicher Reichthumb nicht ein gantz vngewisser
Reichthumb? Vnd ob einer Reich wird / wird er doch in seinen sterben nichts mit nehmen.
Nacket ist er gebohren / nacket muß er dahin fahren; vnd als denn / Ezech. 7, 19.wehe dem der nicht reich ist in Gott / denn
jhr Silber vnd Gold wird sie nicht erretten am Tage des Zorns / jhre Seelen werden sie
davon nicht sättigen / noch jhren Bauch davon füllen / noch ists jhnen gewest ein Ergerniß
zu jhrer Missethat / wie der Prophet Ezech. redet im 7. cap. Also / was hat man von aller
weltlichen Lust vnd Vppigkeit? An manchen wird wahr / was Hiob sagt: Sie jauchtzen mit
Pauckẽ vñ Harffen / vñ sind frölich mit Pfeiffen / sie
werdẽ alt bey guten Tagen / vñ erschrecken kaum ein Au -
genblick für der Helle. Weñ man denn ein gantz JahrJob. 21, 12. 13. in weltlichen Wolleben zugebracht /
vñ folget nur ein Tag darauff / der den Leib kräncket mit grossen Schmertzen /
washilfft das lange Wolleben? Der Teuffel bietet dir hier an die üppige leichtfertige
Frewd vnd Lust / mit aller Behegligkeit / du aber denckest nicht / daß sie einmahl wil mit
ewiger Pein bezahlet seyn. Ists nicht ein Wort der WarheitLuc. 6, 25 / wenn Christus saget: Weh euch die jhr voll
seyd / denn euch wird hungern / Weh euch die jhr hie lachet / denn jhr werdet weinen vnd
heulen. Was ist den weltlichen Lust vnd Vppigkeit? Eitelkeit vnd Falschheit. Also was ist
reputation, Ansehn vnd Ruhm bey der Welt? Ists mehr als eitle Gedancken vnverständiger
Menschen / oder so es viel ist / ein Wind auff der Menschen Zungen? Es nutzet oder schadet
dem Menschen nicht mehr als er jhm selbst einbildet. Was ists denn zurechnen gegen dem /
daß ein Christ bey Gott werth vnd in ehren ist? O Eitelkeit! Ja nicht allein Eitelkeit vnd
Nichtigkeit / sondern schändlicher Betrug. Denn wie kan ein Mensch schändlicher betrogen
werden / als wenn er all sein Thun nach reputation vnd grossem Ansehen richtet / vnd doch
nichts weniger als solches erlanget? Da einer dich rühmet / kans seyn / daß wol zwantzig
dich verachten / vnd verlachen.
Hiervon köndte viel gesaget werden / es ist aber für dißmahl gnug / wenn im einem vnd
andern Stücke gezeiget wird / wie in Summa alles Weltwesen lauter Eitelkeit sey / da es
doch als lauter Gold von dem Fürsten der Welt bemahlet wird. Nach dem eusserlichen Anschen
ists herrlich vnd schön / wil mans aber beym Liecht besehen / so
ists eine taube Nuß / wil mans greiffẽ so ists ein Schatte / wil mans wegen so
ists ein Rauch. Die es hie nicht wollen erkennen / müssens zu seiner Zeit bekennen vnd
sagen / wie das Büchlein der Weißheit jhnen vorsinget: Sap. 5, 8.Was bringet vns nun der Pracht? was bringet vns
nun der Reichthumb / sampt dem Hochmuth? Es ist alles dahin gefahren wie ein Schatte / vnd
wie ein Geschrey das fürüber fähret. Also verspricht Gen. 29, 25der Sathan eine schöne Rahel / vnd führet vns zu eine viele
vngesialtere Creatur / als Lea war / vnd das erkennet man nicht ehe / als wenns liecht
wird.
Das ist das erste Kunststück des Sathans / daß er die eitele Welt mit einem gülden Rock
überziehet / damit erlanget er nicht allein / daß das Hertz weltlich werde / vnd der Welt
anhange / vnnd die Liebe zu Gott sampt aller geistlichen Begierde vnd Andacht verliere;
sondern er leget auch einen guten Grund zur völligen Verblendung. Denn wer die Welt lieb
gewonnen / dem ist auch lieb / was das Weltwesen befodert; vnd hingegen ist jhm
verdrießlich / was das Weltwesen verhindert / es möge Gott dazu sagen was er wolle. Darumb
muß der güldener Glantz der Welt / das Aaß seyn / daß der Sathan an sein Garn hanget / die
elende Menschen zu sich zu ziehen.
Die andere Farbe des betrieglichem Mahlers ist schneeweiß. Denn da die Sünde blutroth ist
/ weis er sie bald schneeweiß zu machen / vnd verschaffet das Laster für Tugend gehalten
wird. Zum Exempel / wer geitzig ist / wil den Namen nicht haben daß er geitzig ist /
sondern
bildet sich ein er sey sparrsam. Wenn denn ein solcher hundert
Predigen vom Geitz anhöret / bleibt er bey diesen Gedancken / das gehe jhn nicht an / er
sey nicht geitzig. Also ist mancher dessen Lust ist Völlerey vnd lustiges Leben / vnd wil
sich nicht bereden lassen / daß er lebe in einer verdampten Völlerey; sondern er wil noch
gelobet seyn als ein lieber geselliger Mensch / der ein lustiges Gemüth hat. Vnd das
wollustige Leben muß jhm nichts auders denn eine Erfrischung vnd Erquickung des Gemüthes
heissen. Viel die wol köndten Ruhe haben / verfolgen jhren Nechsten mit Rechten vnd
Fechten / vud muß doch nicht heissen / daß sie rachgierig seyn / sondern daß sie jhren
ehrlichen Nahmen verthedigen. Vnd ist fast keine Sünde die von Klüglingen in der Welt
nicht solte entschüldiget vnd beschöniget werden / wenn schon Pilatus Christum creutzigen
lässet / waschet er dennoch die Hände / vnd spricht: Ich habe keine Schuld.
Wer sich aber ja die Sünde nicht wil gantz weiß brennen lassen / bemühet sich der
Betrieger sie grawe zu färben / das ist denn seine dritte Farbe / damit die Sünde nicht
gar zu schwartz außsehe. Das ist / er verkleinert das sündliche Wesen / daß es gering
scheine; vnd solches allermeist durch Gewonheit vnd Vrtheil der Welt. Was die gemeine
Gewonheit thun kan / ist offenbar. Wenn man nicht leugnen kan das balgen vnd todschlagen
Sünbe sey / dennoch / wo es ein gemein Ding ist / macht die Gewonheit / daß es für eine
geringe Sünde geachtet wird / als ein ander Gebrechen der vnserm Fleisch anklebet. Ob
schon Hurerey vnd Ehbruch offenbarlich grobe Sünde
seyn / dadurch der
Geist Gottes betrübt vnd außgetrieben wird / dennoch / wo solche Vnreinigkeit gemein ist /
wirds für eine geringe anklebende Seuche gehalten / die Gott gerne duldet. Also ist
Trunckenheit an jhm selbst vnd in der Warheit eine grobe fleischliche Sünde / dennoch weil
sie bey vns gar gemein / wird sie durch tägliche Gewonheit geringschätzig gemachet.
Gleiche Krafft hat auch das gemeine Vrtheil der Welt / was von dem grössesten Hauffen für
herrlich gerühmet wird / das muß auch herrlich seyn vnd heissen. Wenn denn vorhin ein
Mensch also verblendet ist / das an jhm wahr wird / was die Schrifft saget: Sie haben
lieber die Ehre bey den Leuten / als die Ehre bey Gott; so kan nichts anders folgen / wo
die Leute ein Ding hoch achten / so muß er Hoheit darin suchen. Ists denn wider Gottes
Wort; so muß es heissen / das ist wol wahr / es kan aber alles so genaw nicht in acht
genommen werden / vnser HErr Gott muß noch viel an vns dulden / die Zeit kan ja andere
weise nicht leiden / man muß sich in die Zeit schicken / reputation kan ich nicht fallen
lassen. Hier gehets denn manchem wie dem Propheten von Juda / welcher von Gott ins
Königreich 1. Reg. 13.Israel gesand ward
/ zu predigen wider den abgöttischen Altar zu Bethel / mit dem Befehl / er solte stracks
wieder vmbkehren / vnd am selbigen Ort kein Brodt essen / vnd kein Wasser trincken. Denn
da er wieder weg gieng / nach dem Wort des HErrn / machte sich auff ein alter Prophet /
vnnd eilete jhm nach / vnd sprach zu jhm: Komm mit mir heim vnd jß Brodt. Er sprach: Ich
kan nicht / denn es ist mir verboten. Aber der alte Prophet
sprach
betrieglich zu jhm: Ich bin auch ein Prophet wie du / vnd ein Engel hat mit mir geredt
durch des HErrn Wort / vnd gesaget; Führe jhn wieder mit dir heim / daß er Brodt esse /
vnd Wasser trincke / dadurch wird der gute Praphet von Juda betrogen / vnd hernach zur
straffe vom Löwen erwürget. Also weiß mancher Gottes Willen / vnd gehet auff guten Wege;
es trifft jhn aber ein Welt Christ an / vnd spricht: Du wilst zu heilig seyn / ich bin
auch ein Christ / gedencke auch seelig zu werden / eben so wol als du / aber so kan ich
mich der Welt Weise nicht entschlagen. Spricht der Vnschuldiger: Gott hats verboten / man
sol so nicht leben. So antwortet ein Welt-Christ: Es ist wol wahr / die Priester schelten
darauff / aber wer kans halten? Es seynd viel vnter Priestern die es selbsten nicht
halten. Durch solche vnd dergleichen Gedancken / wird mancher auff Vnwege gebracht.
Hier auff folget die vierdte Farbe / die ist schwartz / damit fahrt er über das rechte
Christenthumb / vñ machts den weltlichen Hertzen schwer vnd ver drießlich. Da wird
denn der heiligen Wandel bey den Weltkindern veracht vnd verlacht / vnd Christi vnd seiner
heiligen Meynung wird grossen ansehnlichen Herrn gar disreputirlich / eben als wenn vnser
HErr Christus nicht gewust / worin rechte Ehre bestehe. Weils aber gemeiniglich die
fürnembsten seyn / denen der heiligen Wandel so schwartz gemahlet wird / redet Paulus in
der ersten an die Corinther am 1. also von jhnen: Nicht viel Weisen nach dem Fleisch
/1. Cor. 1. 26. 27.
28. nicht viel Gewaltige / nicht oiel Edle sind beruffeu / sondern was
thöricht ist für der Welt / das
hat Gott erwehlet / daß er die Weisen
zu schanden mache; vnd was schwach ist für der Welt / das hat Gott erwehlet / daß er zu
schanden mache was starck ist; vnd das niedlich für der Welt / vnd das verachte hat Gott
erwehlet / vnd das da nichts ist / daß er zu nicht mache / was etwas ist. Vnd dieselbe
Edle / Gewaltige vnd Weise / denen Gottseeligkeit hie so thöricht vorkompt / werden
einmahl bekennen müssen / es sey jhnen der heiligen Wandel gar zu schwartz für gemahlet /
wie den das Büchlein der Weißheit von den Verdampten zeuget / daß sie einmahl jhre
Thorheit bekennen / vnd von dem Gerechten also reden Sap. 5, 4.werden: Wir Narren hielten sein Leben für vnsinnig / vnd sein
End für schändlich Daher ermahnet die Schrifft bey zeit solche Weltweise Leute / in der
ersten an die Corinther am 3. Niemand betriege sich 1. Cor. 3, 18selbst / welcher sich vnter euch düncket weise seyn / der
werde ein Narr in dieser Welt / daß er möge weise seyn / denn dieser Welt Weißheit ist
Thorheit bey Gott. Ist so viel gesaget: Ihr grosse Herren wollet ja weise seyn / vnd alles
besser wissen als vnser HErr Gott. Denn was Gott von euch fodert / ist euch lauter
Thorheit; ich wil euch aber / lieben Herren / nicht verhelen / daß der Fürst dieser Welt
mit einen blawen Dunst ewre Augen beschmitzen / daß jhr für Thorheit achtet / was Gott mit
seinen Befehl geheiliget hat. Darumb gebe ich euch den Rath / weil ja für der Welt Gottes
heiliger Wandel muß Thorheit seyn / werdet Thoren in der Welt /
vnd
lasset fahren die eingebildete närrische reputation, so werdet jhr recht weise werden;
geschicht solches nicht / so sage ich euch / jhr seyd Thoren vnd bleibet Thoren. Welcher
sich vnter euch düncket weise seyn / der werde ein Narr in dieser Welt / daß er möge weise
seyn.
Letzlich über alle vorige Triegerey greifft der Ertzbösewicht zur rothen Farbe / vnd
tröstet die Weltkinder mit dem Blute Christi / damit jhr Gewissen nicht verunruhiget
werde. Da bläset er jhnen solche Gedancken ein: Wenn GOtt alles so genaw mit dem Menschen
nehmen wolte / hätte Christus nicht für vns sterben dürffen. Gott ist gnädig vnd
barmhertzig / vnd vergibt alle Sünde gern durch Christum. Gerade als hätte Gottes Sohn
sein thewres Blut dar umb für vns vergossen / daß wir mitten in Sünden Lauff köndten guten
Muth vnnd Fried mit Gott haben. Es hat ja das Blut Jesu Christi des Sohns1. Job. 1, 7. Gottes diese Krafft / daß es
vns reinige von allen vnsern Sünden / aber solch Evangelium gehöret nur für bußfertige
Hertzen / die zerbrochene vnd zerschlagene Gemüter haben. Wenn aber die Weltkinder / denen
jhr weltliches Leben nie leid geworden / die auch nie ernstlich vorgenommen / dasselbe
abzulegen; wenn dieselbe / sage ich mit Christi Blut sich trösten / das gehöret gewiß vnd
warhafftig zu dem blawen Dunst des Sathans.
Dieses seyn die vornembsten Farben / dadurch der4. Quo fine fiat. Verführer sich bemühet einen blawen Dunst den
Vnvorsichtigen für die Augen za mahlen / was aber der Sathan damit suche / ist leicht zu
erachten. Er wil vns von
Gott abziehen / vnnd vnter seiner Gewalt
bringen / das trawt er nicht zu erlangen / so er auffrichtig mit vns handelt vnd
offenbarlich alles in seiner eigentlichen Farbe sehen lässet. Solt man das sündliche
Weltwesen recht erkennen / nach Gottes Vrtheil / wie es sür Gott gilt / würde mancher zu
rücke bleiben. Darumb braucht der Sathan den blawen Dunst / damit er vns vnvorsichtig vnd
vnvermerckt in sein Netz bringe. Wenn er nun die Seelen von Gott zu sich gerissen / ist
der Jammer der darauff folget nicht außzusprechen / denn in dem ein solcher Welt ergebener
Mensch noch meynet er sey ein Christ / vnnd wolle auch seelig werden / verlieret er Gott /
Gottes Gunst vnd Gnade; er verlieret die Gaben des heiligen Gtistes / die jhm in der
Wiedergeburt gegeben / Glauben / Liebe vnd Andacht / denn die Welt Lüste vnnd Sorgen seynd
Dornbüsch / darunter der heilige Same ersticket. Er verlieret Gottes Schutz vnd das Gleit
der heiligen Engel / die Gemeinschafft der Heiligen. Er verlieret die Kindschafft Gottes /
Titel / Recht vnd sein gantz Erbtheil zum Himmelreich. Er verlieret den Frieden GOttes /
den Trost des heiligen Geistes / damit die Gemüther der Heiligen erfrischet / vnd in
Trübsal gestärcket werden. Dagegen schreibt er seinen Namen ins Buch des Verderbens / wird
ein Erbe des hellischen Fewers / fält in den ewigen Fluch. Vñ kürtzlich davon zu
reden / wie kan grösser Jammer seyn / als Christum verlieren / vnd sich dessen abgesagten
Feinde den hellischen Drachen vntergeben? das heisst ja redlich betrogen. Das sucht der
Widerwertiger mit seinem blawen Dunst / vnd wil nicht zugeben /
daß
ein Welt ergebner Mensch / diesen Verlust / Schaden vnd Jammer mercke.
Das ist etwas von dem blawen Dunst des verkehrten Weltwesens gesagt / wiewol nicht nach
Würden / doch zu so viel genung / daß ein Christ wisse vnd erkenne / daß warhafftig in den
gemeinen vngöttlichen Weltleben ein betrieglicher blawer Dunst stecke / dessen Meister der
Sathan ist / als ein Fürst der Welt / der in der Finsterniß herrschet; der auff
mannigfaltige weise das Weltwesen verkleidet / daß es von Weltkindern nicht recht erkandt
vnd betrachtet werde / damit sie vnvermercket aus Gottes Gnad vnd Gunst / in
vnaußsprechlichen Seelen Jammer fallen vnd verderben.
Darauff wird an jhn selbst offenbar / das andereMembrum alterum considerat obnubila lionem mnndi, ut causam praematu rae
mortu. Stücke vnserer vorgenommenen Betrachtung / Nemblich / wie Gott
zuweilen einer vnschuldigen Seelen aus Liebe / durch einen frühzeitigen Toat dahin nimpt /
damit sie durch den blawen Dunst der Welt nicht betrogen werde / denn so redet die
Weißheit von den Gerechten: Er gefält Gott wol / vnd ist jhn lieb / vnd wird weggenommen
aus dem Leben vnter den Sündern / vnd wird hingerücket / daß die Boßheit seinen Verstand
nicht verkehre / noch falsche Lehre seine Seele betriege. Welches überein kompt mit dem
das Esaias saget: Die Gerechten werden weggeraffetEsa 57, 1. für dem Vnglück; den vnter dem aller grössesten Vnglück die
verführische Boßheit der Welt zu zehlen ist.
Wenn nun Gott zuvor sihet / daß eine vnschuldige Seele / in gedachte Verführung gerathen
würde / vnd
verhinderts durch einen seeligen Todt / solte das nicht
für eine Liebe gehalten werden? Wer bedenckt den grewlichen Jammer / Verlust vnd Schaden /
der auff das leidige Weltleben folget / wird wol sehen / was für Gnade sey / wenn Gott
einen dafür durch den zeitlichen Todt behütet. Solte dem verräther Juda übel geschehen
seyn / wenn er in seiner Kindheit vnter andern vnschuldigen Kindern / vom Tyrannen Herode
getödtet wäre? Vnd solten eben denselben vnschuldigen Kindlein / vom Herode getödtet /
nicht viel besser geschehen seyn / als andern die bey Leben geblieben / vnd hernacher den
Fürsten des Lebens getödtet haben? Wolte man fragen / warumb Gott denn so viel Menschen zu
den Jahren kom̃en lasse / darinnen die Boßheit jhren Verstand verkehret / vnd das
gute verderbet / sintemahl er viele / solches Vnglück zu verhüten / zeitlich dahin nimpt /
so ist zu bedencken / daß Gottes Wege vnd Gerichte von vns wollen vngeurtheilt seyn. Da
Gott wolte seine Macht sehen lassen / verstockte er dem grossem König Pharao das Hertz /
vnd stund jhm doch frey zu solchem Spiel eine andere Person zu nehmen. Im Wercke der
Seeligkeit übet Gott manche Gnade an einen / die einem andern nicht vergönnet ist. Da muß
man sagen: Wer hat des HErrn Sinn erkandt? Gott weiß zum besten / wie er seine Kirche
regieren vnd führen sol.
Das seynd die beyden Stücke der vorgenommenen Betrachtung / da wir erstlich beschen den
blawen Dunst der Welt / vnd wie es damit zugehe; hernach zum andern die Liebe Gottes / der
vmb solcher Seelen Gefahr willen zuweilen eine vnschuldige Seele aus diesen Leben zeitlich
hinweg nimpt.
Das ist geprediget erstlich zu Trost derselben BetrübtenUsus 1. Cousolatorius. / die über
den frühezeitigen Todt der jhrigen Leyd tragen. Ob zwar was künfftiglich geschiht oder
geschehen köndte / allein Gott bekandt ist / dennoch wenn Gott von diesen bösen Leben
eilet mit einem Kinde / welches ein Vater oder Mutter mit eiffrigen Gebete der Gnaden
Gottes fürgetragen / was sollen wir den gedencken? was künfftig hätte geschehen können /
sage ich / das weiß Gott. Eins aber ist gewiß / daß das eiffrige Gebet gottseeliger Eltern
/ allermeist bey der heiligen Tauff jhrer Kinder / nicht vner höret bleibt / da sie bitten
/ daß Gott jhr Kind nicht allein in seine Gnade nehme / sondern auch beständig biß ans
Ende in feiner Gnade erhalte / vnd nicht fallen lasse in Vnglauben vnd sündlichen Wesen /
sondern durch seine Gnade kräfftiglich behüte für dem ewigen Verderben. Solches Gebet / so
es aus eiffrigen Hertzen kompt / solts wol vnerhöret bleiben? Es hätte nun künfftig
kom̃en mögen was da wolle / gutes oder böses / so seynd doch gottseelige Eltern
jhrer Erhörung gewiß / vnd haben erlanget was sie gebeten haben; nemblich / daß Gott die
jhrigen für Verführung vnd verdamlichen Leben behüte. Darumb sollen Christliche Eltern /
wenn jhre Kinder durch den zeitlichen Todt von diesen bösen Leben gefodert werden / also
gedencken: Sihe / ich habe diese Seele von Hertzen grund meinem Gott befohlen / allermeist
daß sie der Erlösung Jesu Christi ewiglich geniesen / vnd für ewigen Verderben behütet
werde: Ich habe gebeten / das geschehe / was zu Gottes Ehren / vnd meines Kindes
Seeligkeit das beste ist. Nun so zweiffle ich nicht / es ist meinem Kinde seeliger gewesen
/ sterben als leben. Hätte es
mir Gott bey Leben gelassen / wolte ich
gehoffet haben / Gott würde es dennoch wissen für gottlosen Wesen / vnd ewiger Verdamniß
zu behüten: Nun aber Gott mit jhm aus den bösen Leben geeilet / bin ich gewiß / daß mein
Kind aller Gefahr vnd Verführung des Bößwichts entgangen ist. Was zu der Seeligkeit meines
Kindes ist das beste gewesen / das hat mein Gott zum besten gewust.
Die Heyden haben sich vnternander damit getröstet / wenn jhnen zeitlich Kinder seynd
abgestorbon / daß sie vielen Vnglück entgangen / da doch noch ist vngewiß gewesen / ob ein
Kind Glücke oder Vnglücke erleben würde. Wo das nun etwas gilt / so frage ich; ob auch wol
könne ein grösser Vnglücke seyn / als wenn die weltliche Boßheit den heiligen Verstand
verkehret / vnd das gute verderbet? Kans denn helffen / bey bekümmerte Eltern / wenn sie
gedencken; dein Kind / wenn es gelebet hätte / hätte kön nen fallen in Schmach vnd
Verachtung / in Schmertzen vnd Trübsal; nun bin ich gleichwol gewiß / daß es allen Leyd
entgangen ist; kan das helffen / sage ich / so hilfft das viel mehr / so ich gedencke;
wenn mein Kind hätte länger gelebet / hätte es können gerathen ins falsche betriegliche
Weltwesen / vnd darinnen verlieren Christum vnd seine Sceligkeit; Nun weiß ich gewiß / die
betriegliche Boßheit der Welt wird mein Kind nicht verführen noch verderben. Darauff
können Christliche Eltern sich weiter trösten / vnd sagen; Mein Kind ist schon an den Orth
/ dahin ich gedencke; es wird nicht wieder zu mir kommen / sondern ich werde zu jhm
kommen.
2. Hortatotorius.
Fürs ander werden hie gewarnet alle / die Gott noch beym Leben erhalten hat / daß sie
sich hüten für böse Exem -
pel vnd Gewonheit / damit die Boßheit durch
falschen Schein jhre Sinne nicht verkchre / vñ daß arge geschwetz jhre Seele nicht
verführe. Denn wir wissen / wie vnser Seelen Feind der Sathanas / vns mit aller List vnd
Betriegerey zusetzet / also behende / daß viel tausend vnter den Christlichen Namen die
Seligkeit hoffen / die doch warhafftig in dem fleischliche verdamptẽ Weltwesen
ersoffen seyn. Daher denn Christus es zuvor gesaget / daß viel nicht werden ins Reich
Gottes kommen / die zu jhm sagen: HErr / HErr. Ach lieben Christen sehet ja zu / daß jhr
nicht vnter denselben begriffen seyd.
Der grösseste Hauff in der Christenheit gehet leider dahin ohn alles nachsinnen / vnd wie
der HErr klaget durch Esaiam am 44. cap. Sie gedencken nicht;Esa. 44, 20 ist das auch Triegerey / das meine Rechte Hand
treibet? Es bleibet wol dabey / was die Schrifft saget; So jemand die Welt lieb hat / in
dem ist nicht die1. Job. 2, 13. Rom 8, 9.
13. Liebe des Vaters Wer den Geist Christi nicht hat / der ist nicht sein.
Wo jhr nach dem Fleisch lebet / so werdet jhr sterben müssen / Wo jhr aber durch den Geist
des Fleisches Geschäffte tödtet / so werdet jhr leben. Das wollen weltliche Hertzen nicht
verstehen. Aber gedencket ihr Weltkinder / das einmahl ein Gericht kommen wird / da Gott
wird genawe Rechnung mit euch zu legen / nicht nach dem Weltlichen einbilden der Menschen
/ sondern nach dem Wort der Warheit. Ihr wollet jetzo wegen ewers Lebens keine Rechnung zu
legen / vnd verkehret alles in fleischliche Frewd vnd
Wollust / vnd
werdet nicht einmahl hertzlich betrübet / darumb wird euch der HErr richten / vnd den
blawen Dunst von ewren Augen wegnehmen / daß jhr ewre Thorheit sehet: da werdet jhr
bekennen; O Teuffel / wie hastu mich betrogen: Aber danck habt / warumb habt jhr auff ewer
Leben keine achtung gehabt / vnd keine Rechnung mit euch 1. Cor. 11, 31.zugeleget. Würdet jhr euch selbst richten /
so würdet jhr nicht vom HErrn gerichtet.
Wer nun klug ist der hütet sich für Sicherheit / daß er durch den Teuffel vnd die Welt
nicht betrogen werde. Nehmet zu Hertzen die vielfältige vnd trewhertzige Vermahnungen
Herbr. 3. 13. 14.des heiligen Geistes.
Zum Hebreern am 3. Ermahnet euch selbst / alle Tage / so lange es heute heisset / daß
nicht jemand vnter euch verstocket werde durch Betrug der Sünde / denn wir sind Christus
theilhafftig geworden / so wir anders das angefangẽ Wesen biß ans Ende feste
behaltẽ. In dem Christen auff jhren Wandel nicht gute acht haben / sondern lassen
jhnen vom Sathan einen blawen Dunst in die Augen schlagen / daß sie sich nicht recht
prüfen / so verlieret sich nicht allein das gute angefangene Wesen in Christo / sondern
sie können gar leicht verstockt werden. Darumb sehet wol zu / daß jhr nicht abtretet von
dem lebendigen Gott / vnd ermahnet euch alle Tage / so lange es heut heisset / daß nicht
jemand verstockt werde / durch Betrug der Sünde. Zun Eph. 5, 6.Ephesern am 5. stehet geschrieben: Lasset euch niemand
verführen mit vergeblichen Worten. Die
Weltkinder treibeu jhren Spott
mit der Gottesfurcht / reden hönisch davon / aber lasset euch nicht verführen mit
vergeblichen Worten. Gedencket das durch solches betriegliches einbilden der Zorn Gottes
komme über die Kinder des Vnglaubens. Durch den Apostel Jacobum im 1. Cap. werden wir also
ermahnet; Seyd ThäterJac. 1, 22. des Worts / vnd nicht Hörer allein / damit jhr euch
selbst betrieget. Ist so viel gesaget: Ihr lieben Christen / wo jhr Gottes Wort nur oben
hin anhöret / vnd nicht darnach trachtet / daß es ins Leben verwandelt werde / so
betrieget jhr euch selbst. Betrieget euch doch nicht selbst / vnd macht daraus kein
Schertz / was Gott redet. Durch den Apostel Petrum im 2. cap. der ersten Epistel ermahnet
vns der Geist Gottes mit solchen wortẽ:1. Petr. 2, 1. 2. Leget von euch ab alle Boßheit /
vnd allen Betrug / vnd alle Heucheley / vnd seyd begierig nach der vernünfftigen lautern
Milch / als die jetzt geborne Kindlein / auff daß jhr durch dieselbige zunehmet. Das
weltliche Vrtheil ist Betrug / vnd macht böse Christen vnd Heuchler. Das Wort Gottes aber
ist eine lautere vnverfälschte Milch / damit die newgeborne Seele ernchret wird vnd
zunimbt. Darumb kehret euch nicht zu dem betrieglichen Wort der Welt / sondern zu den
vnbetrieglichen Wort Gottes; Seyd jhr schon betrogen / wolan / so leget ab alle Boßheit /
Betrug vnd Heucheley / vnd er quicket euch wieder durch die vernünfftige lautere Milch des
Worts Gottes.
Ich zweiffle nicht / wenn ein Artzt vns ermahnete
von dieser oder
jenen Speise vns zu enthalten / es sey Gifft / so würden wir folgen; kämen zehen / vnd
sagten; enthalte dich dieser Speise / es ist Gifft / würden wir noch mehr gläuben vnd vns
enthalten. Nun aber zeuget Gott die höchste Warheit / nicht durch einen Legaten / sondern
durch viele: Es ist Betriegerey mit dem Weltwesen / es steckt Todt vnd Verderben drin /
hütet euch. Wollen wir den noch nicht gläuben?
Was sollen wir denn thun / daß wir für den Betrug der Welt sicher seyn? Es ist kein
besser Rath / als daß wir offt bey vns ein examen anstellen / vnd vns nach Gottes Wort
prüfen / ohne Heucheley. Dadurch wird des Sathans vnd der Welt Betrug offenbar werden.
Drumb ists auch gut / täglich eine Zeit zur geistlichen Andacht bestimmen / denn
geistliche Betrachtungen ernehren nicht allein die Begierde vnd den Eyffer zur
Gottesfurcht / sondern durch Erkäntniß göttliches Wolgefallens / bekommen wir Gelegenheit
vns selbst zu prüfen / ob wir auff rechten Wege seyn.
Wol dem der sich allwege fürchtet / spricht der Prov. 28. 14.weise König Salomon im 28. Capitel seiner Sprichwörtern /
vnd verstehet solches von dem / der in seinen Christenthumb sorgfältig wandelt / vnd auff
sein Thun vnd Leben achtung hat / ob er auch den alten Menschen mit seinen Lüsten außziehe
vnd ereutzige. Wol einẽ solchen Menschen / er ist ein seeliger Mensch / vñ
ist wider die Betriegligkeit der weltlichen Lüsten / vñ weltlichen Brüderschafften
vors. 5.wol verwahret. Böse Leute
mercken nicht auffs Recht / spricht auch der weise König am selbigen Orth /
Die aber nach dem HErrn fragen / mercken auff alles. Ist nun jemand der
nach dem HErrn fraget / vnd darumb bekümmert ist / wie er möge bleiben in rechter Furcht
des HErrn / der mercke wol auff all sein Thun vnd Leben / vnd prüfe sich stetiglich nach
Gottes Wort.
Wir schliessen mit David aus dem 119. Psalm: Ich habe den Weg der Warheit erwehlet /
AchPs. 119, 30. vers. 29. vers 37.
38. HErr / wende von mir den falschen Weg / vnd gönne mir dein Gesetz. Wende
meine Augen ab / daß sie nicht sehen nach vnnützer Lehre / sondern erquicke mich auff
deinem Wege / laß deinem Knecht deine Gebot fleissiglich für dein Wort halten / daß ich
dich fürchte / Amen.
DIe Christliche Gewonheit erfodert nun auch vonCommendatio defuncti. vns / etwas zu gedencken vom Christlichen Leben vnd
Wandel des seeligen Jünglinges CONRADI FINCKII; Es kan aber nur wenig davon gesagt werden
/ denn wir haben an jhm gehabt eine Blume die bald abgefallen. Er ist entsprossen von
Christlichen Eltern zu Tundern in Holstein / denn sein Vater ist gewesen Johan Fincke /
aus Westphalen von Minden bürtig / aber weiland wonhafftiger Bürger vnd vornehmer
Handelsmann zu Tundern; dessen Vater hat geheissen Ernst Fincke. Die Mutter des
verstorbenen Jünglings ist die viel Ehr vnd Tugendsame Frawe Margareta Meyers / geboren zu
Tonningen in Eyderstede; derselben Vater hat geheissen Cordt Meyer. Von die -
sen Christlichen Eltern ist er nicht allein durch die heilige Tauffe
Christo zugeführet / sondern auch mit aller Sorgfältigkeit aufferzogen / vnd zur
Gottseeligkeit angewiesen. Vnd weil sie bey diesem jhren Sohn eine Zuneigung zum studirn
gespüret / haben sie sich bemühet wolgeschickte vnd fleissige Praeceptores bey jhn zu
halten / durch deren vnterweisung er so weit gekommen / daß er endlich anhero nach Rostock
auff hiesige Vniversität gebracht worden! dahin jhn Seine liebe Mutter bey 40. Meilen
selbsten begleitet / aus Mütterlicher Sorgfältigkeit / vnd jhren Sohn Christlichen Hertzen
anvertrawet / insonderheit meinem hochgeehrten sehr werthen Herrn Collegen, Magistro
Casparo Mauritio Logices Professori Publico, als welcher jhn in sein Hauß / vnd an seinen
Tisch genommen. Nach derselben Zeugniß / hat dieser seeliger Mensch die zu Hauß
angefangene studia hie rühmlich fortzusetzen angefangen / also / daß er denen die mit jhn
vmbgangen / eine gute Hoffnung gemacht eines tüchtigen Mannes / der Gott vnd der Gemeine
Gottes kündte nützlich seyn. So wird auch an jhm gelobet Ehrbarkeit vnd Gottseeligkeit /
wie er denn seine studia täglich mit Gott s Wort sol angefangen vnd geschlossen haben.
Es hat aber diese Blume in vnsern Rosengarten nicht lange wolle blühen. Er ist balde
vollkommen worden. Denn nachdem er ein viertel Jahr hie gewesen / ist er mit einer
hitzigen Kranckheit befallen / da denn zwar an guter Auffsicht / wie auch an fleissiger
Sorge des Medici kein Mangel gewesen / dennoch hat die Kranckheit überhand genommen / also
/ daß er den negst verwichenen
Donnerstag / den 28. Octobris, am Tage
Simonis Judae, zwischen ein vnd zwey Vhr Nachmittage sanfft vnd seelig in Christo
eingeschlaffen / nachdem er den Tag zuvor durch das Sacrament des Leibes vnd Blutes Jesu
Christi vnsers HErrn / sich der Gnade Gottes versichert / vnnd in der Hoffnung des ewigen
Lebens gestärcket hatte.
Ist also der Lauff dieses Jünglings sehr kurtz gewesen / alldieweil er im Jahre 1631. im
Monat Martio, an diese sichtbare Welt gebohren / vnnd etwan siebenzehende halb Jahre
darinnen gewohnet. Nun ist kein zweiffel / es werde dieser zeitlicher Abtritt / das
liebreiche Mutter Hertze schmertzlich verwunden. Denn es hat diese hochbetrübte Fraw in
kurtzer. frist verlohren jhren Ehemann vnd jüngsten Sohn. Nun muß sie auch hören wie sie
jhres eltesten Sohns sol auff dieser Welt beraubet seyn / an welchen sie gehoffet einen
trewen Diener in dem Wort Christi zu erleben. So sie darumb trawret / ists jhr nicht zu
verdencken; es wird nicht ein Stücke vom Rock / sondern ein Stücke vom Hertzen hinweg
gerissen / wenn fromme vnd liebe Kinder dahin fahren.
Sie wird aber als eine Christliche Seele bedencken / daß es Gott sey / der jhren Sohn hat
abgefodert / der weiß zum besten / wir er die Seeligkeit dieser Seelen hat befodern
sollen. Denn Vnfall ist er entgangen / für Verführung darff das Mütterliche Hertz sich
nicht mehr besorgen. Er gefält Gott wol / vnd ist jhm lieb / vnd ist weggenommen aus dem
Leben vnter den Sündern / vnd ist hingerückt / daß die Boßheit seinen Verstand nicht
verkehre / noch falsche Rede seine Seele betriege. Seine Seele gefält
Gott / darumb hat er mit jhm geeilet aus dem bösen Leben. Nun ist er in der Ruhe / vnd ist
vollkommen worden.
Der gütiger Gott bewahre die Gebeine seines heiligen / vnd laß dieselbige grünen in der
Aufferstehung der Gerechten; Er tröste die Betrübten / vnd gebe vns allen Weißheit / das
Ende zu betrachten / daß wir sterben müssen / vnd erscheinen für dem Richterstuel Jesu
Christi; auff daß wir fürsichtig wandeln / vnd die Boßheit vnsere Sinne nicht verblende.
GOtt helffe in Gnaden / Amen.
S. D. G.