Johannes und Eſther .
(Im Frühling zu leſen.)
4*
Chriſtnacht.
Durch die Fenſter ſeh' ich's flimmern,
Goldengruͤn und Kerzenſchein,
Jauchzend hoͤr' ich durch die Laden
Helle Kinderſtimmen ſchrein.
Schmetternde Poſaunen ſchallen
Von dem Kirchenthurm herab:
Lobt den Vater in der Hoͤhe,
Der der Welt das Kindlein gab!
Herz, mein Herz, wie biſt ſo ſelig?
Herz, mein Herz, und ſo allein?
Unſre Gaben, unſre Wuͤnſche,
Duͤrfen wir ſie Keinem weihn?
Eine weiß ich wohl zu finden,
Der ich Vieles goͤnnen mag;
Offen ſteht mir ihre Pforte,
Und es kennt mich ihr Gemach.
Aber in dem ſtillen Hauſe
Brennt kein feſtlich helles Licht,
Und im ſchwarzen Wochenkleide
Sitzt ſie da und freut ſich nicht.
Ach, ihr iſt er nicht geboren,
Der in dieſer ſel'gen Nacht
Freud' und Fried' und Wohlgefallen
Hat zu uns herabgebracht.
Seine Liebe, ſeine Leiden
Dringen nicht zu ihr hinein:
Ueber ihre zarte Seele
Herrſchet ein Geſetz von Stein.
Gebet in der Chriſtnacht.
O Liebe, die am Kreuze rang,
O Liebe, die den Tod bezwang
Fuͤr alle Menſchenkinder,
Gedenk' in dieſer ſel'gen Nacht,
Die dich zu uns herabgebracht,
Der Seelen, die dir fehlen!
O Liebe, die den Stern geſandt
Hinaus in's ferne Morgenland,
Die Koͤnige zu rufen;
Die laut durch ihres Boten Mund
Sich gab den armen Hirten kund,
Wie biſt du ſtill geworden?
Noch eine fromme Hirtin liegt
In blinden Schlummer eingewiegt,
Und traͤumt von gruͤnen Baͤumen.
Singt nicht vor ihrem Fenſterlein
Ein Engel: Eſther, laß mich ein,
Der Heiland iſt geboren?
Vereinigung.
Wenn ich nur darf in deine Augen ſchauen,
In deine klaren, treuen, frommen Sterne,
So fuͤhl' ich weichen das geheime Grauen,
Das Lieb' und Liebe haͤlt in ſtummer Ferne.
Und unſre Herzen wollen ſich begegnen
In langen Blicken, die mit Thraͤnen ringen,
Und unſre Liebe will ein Engel ſegnen:
Er ſchlaͤgt um uns die weichen, warmen Schwingen.
Nach ſeinem Namen wag' ich nicht zu fragen,
Noch nach dem Namen deſſen, der ihn ſendet;
Ich darf ja wieder weinen, wieder klagen:
Fuͤrwahr, mich hat kein eitler Wahn geblendet!
Die Paſſionsblume.
Hochgebenedeite Pflanze,
Deren ſchoͤner Bluͤthenſtern
Uns in mildem, weißen Glanze
Zeigt das Marterthum des Herrn;
Voller Bluͤthen ſeh' ich immer
Dich vor ihrem Fenſter ſtehn:
Willſt du denn, als eitler Schimmer,
Nur in Farb' und Duft vergehn?
Ward dir kein geheimes Leben,
Unverwelklicher Natur,
Von dem Heiland eingegeben,
Der dich pflanzt' in unſre Flur,
Als ein Bild von ſeinen Leiden,
Seinem bittern Liebestod,
Daß daran wir ſollen weiden
Unſre Seel' in Luſt und Noth?
Haſt du nicht in ſtillen Stunden,
Heil'ge Blum', ihr zugehaucht
Das Geheimniß von den Wunden,
Von dem Dorn, in Blut getaucht?
Eſther ſchlaͤft, und Traͤume ſchließen
Auf der reinen Seele Schrein:
Laß aus deinem Sterne fließen
Einen Strahl zu ihr hinein!
Purim.
Was meint ſie mit dem Aſchenkleide
An dieſem freudenreichen Tag,
Wo Alles gern in Sammt und Seide,
In Gold und Steinen prangen mag?
Es ſchwimmt das feſtlich bunte Zimmer
In hoher Kerzen Duft und Schein:
Sie ſchleicht ſich aus der Freude Schimmer,
Und ſteht am Fenſter ganz allein.
Da legt ſich, wie ein weißer Schleier,
Des Mondes Strahl um ihr Geſicht,
Und eine ſtille, tiefe Feier
Aus ihren ſel'gen Augen ſpricht.
O waͤr' ich aus den Truggeſtalten
Der wilden, blinden Maskenluſt,
Und duͤrfte meine Haͤnde falten
Entlarvt im Tempel ihrer Bruſt!
Vor ihrem Fenſter.
Wie freut es mich, in dunkeln Abendſtunden
Vor deinem hellen Fenſter ſtill zu ſtehn!
Den Vorhang find' ich hoch hinaufgewunden,
Frei darf mein Blick in ſeinen Himmel ſehn.
Die Blumen, die ſich an die Rahmen ſchmiegen,
Umſchlingen mir dein Bild mit ihrem Kranz,
Und meines Odems Hauche uͤberfliegen
Mit truͤbem Nebelduft der Scheiben Glanz.
Da ſitzeſt du, ſo ſtill und unbefangen,
Das ſchoͤne Haupt geſtuͤtzt auf deinen Arm,
Und ich bin dir ſo nah mit Luſt und Bangen,
Mit meiner Wuͤnſche ungeſtuͤmem Schwarm.
Du ſchaueſt her: es wiſſen deine Augen
Vom ſuͤßen Zauber ihrer Blicke nicht,
Wie meine ſich aus ihnen trunken ſaugen,
Und hell ergluͤhen nur von ihrem Licht.
Du ahneſt nicht, wie ſich mein ganzes Leben
Gleich einem Mond um deine Sonne dreht,
Der bald ſich will auf ſtolzen Strahlen heben,
Bald tief gebeugt in Thraͤnen untergeht.
Still, ſtill, mein Herz! Was meint dein wildes
Schlagen?
Schau uͤber dich, der Himmel iſt nicht fern;
Und Flammen, die aus Sternen fallen, tragen
Der Menſchen Seufzer vor den Thron des Herrn.
Die Lauberhuͤtte.
Sei mir gegruͤßt, du Holde,
In deinem gruͤnen Zelt!
Hier ſeh' ich erſt dich bluͤhen,
Hier bluͤhet deine Welt.
Mir iſt's, als ob ich traͤte
In ein gelobtes Land,
Als ob der Lauf der Zeiten
Sich habe umgewandt.
Entlaubt ſind unſre Baͤume,
Verbluͤht iſt unſer Feld:
Hier ſeh' ich Lenz und Sommer
Als Bruͤder froh geſellt.
Der Herbſt will auch nicht fehlen
In dieſem ſchoͤnen Haus,
Und ſucht fuͤr ſeine Fruͤchte
Sich Blumenzweiglein aus.
So pruͤfen Duft und Schimmer
Wetteifernd ihre Macht:
Es flammen hohe Kerzen
Wie Sterne durch die Nacht.
Und aus den blanken Becken
Steigt Weihrauch ſtolz empor:
Da trauert manche Roſe,
Weil ſie den Rang verlor.
Du ſiehſt mich an, Geliebte,
Und mir verſagt das Wort:
Du wirſt mich nicht verſtehen
An dieſem Zauberort.
Wie, ſollteſt du mir folgen
In truͤbe, kalte Luft,
Aus deinem Vaterlande
Voll Gluth und Glanz und Duft?
Der Perlenkranz.
Ein Kraͤnzlein moͤcht' ich ſehen
Gewunden um dein Haupt,
Nicht bunt von Sommerblumen,
Nicht immergruͤn belaubt.
Von hellen, weißen Perlen
Soll es geflochten ſein:
Durch deine ſchwarzen Locken
Fließt es wie Sternenſchein.
Neige dein Haupt, du Liebe,
Loͤſ' auf dein langes Haar!
Kennſt du die Perlenkrone,
Durchſichtig, waſſerklar?
5
Bebt Ahnung dir im Herzen?
O glaube, was ſie ſpricht.
Laß auf dein Haupt mich weinen:
Tauft denn die Thraͤne nicht?
Maria.
Maria moͤcht' ich dich begruͤßen,
Mein Herz hat ſtets dich ſo genannt. —
Seh' ich ein klares Baͤchlein fließen,
Setz' ich mich ſtill an ſeinen Rand:
Maria, rieſeln ſeine Wogen,
Maria ſoll ihr Name ſein;
Ein weißes Taͤubchen kommt geflogen,
Schwebt uͤber mir im Sonnenſchein.
Geliebte, haſt du nichts vernommen,
Wie Orgelton und Waſſerfall?
Der heil'ge Jordan kommt geſchwommen
Durch Berg und Meer mit Jubelſchall.
Der Geiſt des Herrn ſchwingt ſein Gefieder
Und ruft: Wo iſt die Tochter mein?
Tauch' in die Liebesfluthen nieder:
Maria ſoll dein Name ſein!
5*
An Johannes.
Aus deiner Bruſt hab' ich empor geſungen
Verſchwieg'ner Liebesflammen Luſt und Schmerz,
Und von den Klaͤngen fuͤhl' ich nun durchdrungen
Mit tiefer Regung faſt mein eignes Herz.
Der Fruͤhling naht: ſchon traͤgt man aus dem Hauſe
Die Blumen an das freie Tageslicht;
Und laͤnger bleiben auch in ihrer Klauſe
Die Winterbluͤthen meiner Muſe nicht.
Gedeihen muß die Lenzluft ihnen geben
Und junges Gruͤn und friſchen Knoſpendrang,
Auf daß ſie ſich befreunden mit dem Leben,
Und werben nach der Leute Lob und Dank.
So ziehn ſie aus im Duft und Glanz des Maien,
Bekraͤnzt mit ſchwarzem Leid und bunter Luſt;
Und will der Winter ſie mit Schnee beſtreuen,
So fluͤchten ſie zuruͤck in deine Bruſt.
Die Monate.
Florenz, im September 1818.
An Ludwig Sigismund Ruhl.
Ich zog mit dir aus Roma's heil'gen Mauern,
Den Ruͤcken jenen Fluren zugewendet,
Wo ſich der Himmel nimmer muͤde ſpendet
Mit ſeines Fuͤllhorns friſchen Blumenſchauern.
Da faßte ploͤtzlich dich ein heißes Trauern,
Das uͤber ihren Strom dir nachgeſendet
Die Stadt, der du, ich weiß nicht was, verpfaͤndet:
Ich hoͤrte deine Seufzer mit Bedauern.
Germania, mach' auf dich ohne Weilen,
Geſchmuͤckt mit aller deiner Reize Waffen,
Den hart gefeiten Fluͤchtling zu begruͤßen!
Heiß der zwoͤlf Monde Schaar voraus dir eilen,
Und was ein jeder Beſtes kann erſchaffen,
Leg' er als Angebind' ihm gern zu Fuͤßen.
Januar.
Ich bringe dir in weißen kalten Haͤnden
Ein warmes Haus, erhellt von tauſend Kerzen,
Bewohnt von bunten Spielen, Taͤnzen, Scherzen,
Von Amoretten auch, die Pfeile ſenden.
Sie flattern auf und ab an allen Enden,
Die Jungfrau ſchaut beſorgt nach ihrem Herzen,
Die Andre ſchon nach Einem, der den Schmerzen
Der Wunde moͤchte ſuͤßen Balſam ſpenden.
Als huͤlfreich hab' ich immer dich erfunden,
Vor Allem, wo es gilt den ſchwachen Schoͤnen,
Drum, denk' ich, wird ſie nicht bis morgen klagen.
Bald ſind verrauſcht des Feſtes heiße Stunden,
Schon hoͤr' ich Hufſchlag vor dem Thore droͤhnen:
Reich' ihr den Arm und fuͤhre ſie zum Wagen!
Februar.
Erkennſt du mich in meinem bunten Kleide,
Mit meiner Pritſche, meinem Schellenhut,
Mit meinem unermuͤdlich krauſen Muth,
Voll Scherz und Rank und Witz und Schadenfreude?
Doch zapft man hier, zu meinem großen Leide,
Mir jaͤhrlich ab ein Becken wildes Blut:
Humanitas meint es mit mir nicht gut,
Und ſchwaͤrzt mich an mit unhumanem Neide.
Ich darf nicht mehr frei durch die Straße wandern,
In enge Saͤle ſchließen ſie mich ein,
Und wollen gar, ich ſoll vernuͤnftig ſein.
Wie thut mir's weh um dich vor allen Andern!
Ich moͤchte gern dich roͤmiſch luſtig ſehn,
Und muͤßt' ich ſelbſt dabei zu Grunde gehn.
Maͤrz.
Mit einem Strauß von Blumen, die mit Schneee
Die kleinen weißen Kelche gern bedecken,
Moͤcht' ich, wie ſie, mich deinem Blick verſtecken,
Weil ich allein ſo aͤrmlich vor dir ſtehe.
Wohin ich auch nach beſſern Gaben ſpaͤhe,
Nur Keim und Knospe ſind' ich aller Ecken;
Wohl moͤcht' ich Laub und Bluͤthe dir erwecken,
Doch fuͤrcht' ich ſehr, mein Hauch thaͤt' ihnen wehe.
So nimm denn, was ich bringe, als zum Pfande
Der ſchoͤnen Zeit, die ich nur darf verkuͤnden,
Daher ſie mich den Mond der Hoffnung nennen.
Und wenn der Wonnemond regiert im Lande,
Wirſt du Erfuͤllung auf den Fluren finden,
Und ungeloͤſcht ſoll dir kein Wunſch verbrennen.
April.
Leichtſinnig, launig, neckiſch, ausgelaſſen,
Wandl' ich in jeder Stunde Leib und Sinn:
Kaum weiß ich ſelbſt, wie ich beſchaffen bin,
Wie ſollen mich die fremden Leute faſſen?
Hier werf' ich einen Schneeball durch die Gaſſen,
Dort ſchweb' ich blau in jungen Duͤften hin,
Bald ſtreich' ich ſanft der Schoͤnen weiches Kinn,
Bald ſagen ſie, ich waͤre grob im Spaßen.
Gern wollt' ich dir noch Vieles von mir ſagen,
Doch druͤckt mich des Sonettes enges Band,
Das mir die Muſe um den Mund geſchlagen.
Sie ſprach: Ich kenne dich als ungezogen,
Und jener Herr hat in dem welſchen Land
Der beſten Sitt' als Kavalier gepflogen.
Mai.
Ich moͤchte ſchweigend, Lieber, dich umfangen,
Gehuͤllt in ſuͤße, bange Daͤmmerungen:
Es wird ſo viel zu meinem Preis geſungen,
Daß mir die Luſt am Liede faſt vergangen.
Waͤrſt du ſo heiß von ſeligem Verlangen,
Wie eine Lilie, deren weiße Zungen
Den langen Tag nach kuͤhlem Troſt gerungen,
Bis daß ſie muͤd' und matt zur Erde hangen:
Komm her zu mir, ich gebe dir zu trinken,
So viel du magſt, mein treuer deutſcher Zecher,
Aus meinem bodenloſen Liebesbecher!
Siehſt du die hellen Thauestropfen blinken
Dort an den Lilien in der Morgenſonne?
Wie maͤßig ſchaltet ihr mit meiner Wonne!
Juni.
Ich trag' ein Kleid von weichen Roſenherzen,
Ich ſchlaf' in einem Bett' von Roſenduft,
Bis mich der roſenrothe Morgen ruft,
Ein Stuͤndlein in den Knospen zu verſcherzen.
Der Mittag liebt ein herzlicheres Herzen,
Dringt heiß bis in des Kelches tiefſte Kluft:
Da fliegt manch Roſenblaͤttchen durch die Luft,
Und ſeufzt von Minneluſt und Minneſchmerzen.
Der Abend kommt, den Blumen Troſt zu geben,
Die matt und blaß in ſeinem Thau ſich baden,
Bis allen ihren Zorn ſie ausgekuͤhlt.
Behagt dir, Freund, dies rothe Roſenleben,
So ſei von mir auf morgen eingeladen,
Denn alle Tage wird ſolch Spiel geſpielt.
8
Juli.
Auf kuͤhlen Bergen, an des Meeres Strande,
Iſt dir ein heitrer Gartenſitz bereitet,
Nicht allzu eng, auch nicht zu weit verbreitet:
Man liebt ſich einzuſchraͤnken auf dem Lande.
Ein junger Quell im Bett von weichem Sande
Iſt zierlich durch die Gaͤnge hingeleitet,
Bis er betrogen in ein Becken gleitet,
Das ihm verſteckt der Blumenhain am Rande.
Da muß er, eingezwaͤngt in ſchlanker Saͤule,
Aufſteigen aus dem runden Marmormunde,
Und auf der Hoͤhe ſich in Schaum zerſtaͤuben.
Das Moosbeet winkt zu mittaͤglicher Weile:
Es ſchlummert Alles, nur im klaren Grunde
Seh' ich die goldnen Fiſchlein Spiele treiben.
Auguſt.
Wann durch das Feld die blanken Senſen klingen,
Wann ſich die hohen goldnen Halme neigen,
Wann um den Aehrenkranz in wilden Reigen
Die Schnitter mit den Schnitterinnen ſpringen:
Dann will ein Jeder um die Stirne ſchlingen
Ein buntes Band, und ſich als Maͤher zeigen;
Wer iſt ſo arm, daß er ſich nicht zu eigen
Ein Saatenfeld und Saamen koͤnnt' erringen?
Die Hoffnung pfluͤgt fuͤr Alle das Gefilde,
Und flinke Wuͤnſche ſtreun mit vollen Haͤnden
Die Koͤrner in den weichen Schooß der Erden.
Dir iſt das Jahr mit den zwoͤlf Monden milde,
Drum will ich dir die ſchaͤrfſte Sichel ſpenden,
Die nimmer ſtumpf ſoll in der Ernte werden.
8*
September.
Ich gruͤße dich mit hellem Waldhornklange;
Hirſchfaͤnger, Buͤchſe, Netz und gruͤnes Kleid,
Ein Roß, zu jedem kecken Sprung bereit,
Verehr' ich dir, und wuͤnſche Gluͤck zum Fange.
Friſch auf! Um das Revier ſei mir nicht bange:
Ich habe Eichenwaͤlder tief und breit,
Mit Bahnen rings durchhauen fuͤr die Waid,
Und Hirſch' und Rehe, wie ich ſie verlange.
Den Hut geſchmuͤckt mit einem gruͤnen Reiſe,
Die Haͤnde purpurroth von edlem Schweiße,
Die Wagen krachend unter ihrer Laſt:
So ziehe heim mit deinen Jagdgeſellen,
Wenn du nicht erſt ein Wort noch zu beſtellen
Hier bei der ſchoͤnen Foͤrſterstochter haſt.
October.
Vom alten Rhein ſiehſt du daher mich ſchweben,
Auf einem kuͤhlen, klaren Mondenſtrahl,
Mit einem vollen, ſchaͤumenden Pokal,
Die heiße Stirn umweht von friſchen Reben.
Es wogt ein unergruͤndlich tiefes Leben
In meiner Beere guͤldenem Kryſtall:
Willſt du's entfeſſeln, laß in hellem Schall
Zwei Bruderbecher an einander beben.
Und unterthaͤnig dieſem Zauberklange,
Schwingt flugs ein unzaͤhlbares Elfenchor
Aus Silberperlen ſprudelnd ſich empor.
Den Rand umhuͤpfen ſie in buntem Drange,
Mit Spieß und Degen, Saitenſpiel und Kranz,
Bockshorn und Eulenohr und Drachenſchwanz.
November.
Zu rechter Zeit hab' ich dir's angeſehen,
Daß du, auf Tanz und Jagd und Becherklingen,
Verlangen fuͤhlſt nach wuͤrdigeren Dingen,
Womit ich gleich dir kann zu Dienſten ſtehen.
Durch Leipzigs volle Laden ging ich ſpaͤhen,
Was uns die deutſchen Preſſen Neues bringen:
Die Bogen, die noch auf den Seilen hingen,
Sie mußten ungetrocknet mit mir gehen.
Sparoͤfen kauft' ich auch und Sorgenſtuͤhle,
Kaffee und Knaſter, von der beſten Sorte,
Und lange runde Bernſteinpfeifenſpitzen.
Entreiß dich, Freund, dem eitlen Weltgewuͤhle:
Ich fuͤhre zu der Weisheit heil'gen Pforte
Die Juͤnger, ohne ſehr ſie zu erhitzen.
December.
Mit Peitſchenknall und lautem Schellenklange
Meld' ich mich dir, und ſchuͤttle weiße Flocken
Durch alle Straßen hin aus meinen Locken:
Dich, hoff' ich, macht das Ungethuͤm nicht bange.
Es ſchnaubt der Renner an des Schlittens Stange,
Das blanke Halsband ſchuͤtteln deine Doggen,
Die Dame huͤllt in warme Flaumenſocken
Den zarten Fuß, und denkt: Er bleibt ſo lange.
Was zauderſt du? Sitz' auf, mein Freund, geſchwinde!
Und ſei mir auf der Fahrt nicht zu verwegen,
Muß ich im Namen deiner Schoͤnen bitten.
Den ſuͤßen, warmen Odem wehn die Winde
Und manche weiche Locke dir entgegen:
Halt kurz das Roß, und ſieh auf deinen Schlitten!